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ZWEITE
BEETHOVENIANA.
NACHGELASSENE AUFSATZE
VON
GUSTAV NOTTEBOHM.
LEIPZIG,
VERLAG VON C. F. PETERS.
1887.
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JJie folgenden Aufsätze haben sich im Nachlasse Notte-
bohm's vorgefunden. Ein Theil davon wurde seinem wesent-
lichsten Inhalte nach bereits in Zeitschriften mitgetheilt (I — XLII
und theilweise auch LVI im »Musikalischen Wochenblatt«
der Jahre 1875 — 1879, XLIII in der »Allgemeinen musika-
lischen Zeitung« vom Jahre 1873), erscheint aber hier viel-
fach umgearbeitet und erweitert. Die Einleitung musste nach
vorhandenen Andeutungen zusammengestellt werden. Der
letzte Aufsatz ist Fragment; er wird aber hier mitgetheilt,
weil er doch zu einem Ergebniss führt. Bezüglich XLIII ist
die Notiz Nottebohm's erwähnenswerth: »Wenn sich nach-
weisen lässt, dass der türkische Marsch und der Derwisch-
Chor in der Musik zur „Weihe des Hauses" vorkamen, so muss
der Aufsatz geändert werden. Es giebt dann keinen Zweifel
mehr: Alle Nummern der „Ruinen von Athen" kamen in der
„Weihe des Hauses" vor«.
E. Mandyczewski.
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in 2011 with funding from
University of Toronto
http://www.archive.org/details/zweitebeethovenOOnott
INHALT.
Seite
Einleitung VII
I. Sechs Skizzenhefte aus den Jahren 1825 und 1826 ... 1
II. Skizzen zur Ouvertüre Op 115 14
III. Skizzen zu den Trios Op. 1 Nr. 2 und 3 21
IV. Skizzen zu den Sonaten Op. 10 29
V. Das Rondo der Sonate Op. 13 42
VI. Skizzen zur Sonate Op. 14 Nr. 1 45
VIT. Skizzen zu den letzten Sätzen der Quartette Op. 18
Nr. 1 und Nr. 6 60
VLQ. Skizzen zum Clavierconcert in C dur (Op. 15) 64
EX. Skizzen zum Clavierconcert in B dur (Op. 19) 69
X. Aenderungen zum Clavierconcert in G dur 74
XL Skizzen zu den Quartetten Op. 59 79
Xu. Skizzen zum Quartett Op. 74 91
Xm. Skizzen zur Sonate Op. 81a 96
XIV. Skizzen zur 7. und 8. Symphonie 101
XV. Das Lied »An die Hoffnung« Op. 94 119
XVI. Skizzen zur Sonate Op. 106 123
XVII. Skizzen zu den »Ruinen von Athen« 138
XVIII. Die Bagatellen Op. 119 146
XIX. Skizzen zur zweiten Messe 148
XX. Skizzen zur neunten Symphonie 157
XXL Die Bagatellen Op. 126 193
XXII. Skizzen zum zweiten Satz des Quartetts Op. 127 . . . 210
XXHI. Vergriffene Allemanden 221
XXIV. Ein unvollendetes Clavierconcert 223
XXV. Aufzeichnungen zu einer Oper »Macbeth« 225
XXVI. Eine unvollendete Symphonie 228
XXVII. Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1800 230
XXVHL Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1808 252
XXIX. Skizzen aus dem Jahre 1809 255
XXX. Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1810 276
XXXI. Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1812 288
XXXII. Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1814 293
VI
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xxxiv.
xxxv.
xxxvi.
xxxvn.
xxxvm.
xxxix.
XL.
XLI.
xlh.
xLin.
XLIV.
XLV.
XLVI.
xLvn.
xLvm.
XLIX.
L.
LI.
LH
Lm.
->LIV.
LV.
LVI.
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LVII.
LVIII.
LIX.
LX.
LXI.
Lxn.
lxqi.
LXIV.
LXV.
Seite
Ein anderes Skizzenbuch aus dem Jahre 1814 .... 307
Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1815 314
Ein Skizzenbuch aus den Jahren 1815 und 1816 . . . 321
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1817 349
Ciavierspiel 356
Ein Spesenbuch 364
Eine Skizze zum letzten Satz der Sonate Op. 90 . . . 366
Skizzen zur Pastoral - Symphonie 369
Skizzen zur Sonate Op. 22 379
Skizzen zu den Ciaviervariationen über ein Original-
thema in G dur 382
Die Musik zur »Weihe des Hauses« 385
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1804 409
Drei Skizzenhefte aus den Jahren 1819 bis 1822 . . . 460
Zwei Skizzenbücher aus den Jahren 1798 und 1799 . . 476
Ein anderes Skizzenbuch aus dem Jahre i808 .... 495
Der dritte Satz der Sonate in Es dur Op. 7 508
Einige Entwürfe zum Quintett Op. 16 513
Entwürfe zum Trio Op. 11 und zu unbekannten Stücken 515
Skizzen zum Octett Op. 103 517
MetronomischeBezeichnung der ersten elf Streichquartette 519
Ein unvollendetes Quintett 522
Der erste Entwurf zum Finale des Quartetts Op. 130 . 524
Eine Bagatelle in 4-moll 526
Skizzen zur Symphonie in C moll und zu einigen anderen
Werken (Op. 61, 69) 528
Skizzen zur »Adelaide« und zu einigen andern Stücken 535
Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1824 540
Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1816 552
Entwürfe zu Clärchens Liedern 556
Frühe Compositionen 561
Skizzen zu den Variationen Op. 120 .... 568
Liegengebliebene Arbeiten 573
Ein Brief-Concept 581
Die Ciavierstimme zu Op. 61 586
Einleitung.
Was diese Aufsätze sollen? Um es kurz zu sagen, es
sollen (mit Ausnahme einiger, die ein anderes Ziel verfolgen)
biographische Beiträge sein, das Wort „biographisch" nur auf
den schaffenden Künstler bezogen, und „Beiträge", beinahe
ausschliesslich aus Arbeitsbüchern und Skizzenblättern Beet-
hoven's geschöpft.
Dass diese Arbeitsbücher und Blätter zu einer Kenntniss
der Kunst Beethoven's und zur Geschichte seiner Werke in be-
deutendem Grade beitragen können, darf als bekannt ange-
nommen werden. Ihre Beitragsfähigkeit lässt sich, wenn man
von Nebendingen absieht, als eine dreifache bezeichnen. Erstlich
kann mit ihrer Hilfe die genaue Compositionszeit sehr vieler
Werke, die Zeit, in der sie begonnen und beendigt wurden,
bestimmt werden; dann machen sie uns in nicht ausgeführten
Skizzen, in liegengebliebenen Arbeiten und in allerhand Be-
merkungen mit künstlerischen Absichten Beethoven's bekannt,
von denen wir auf einem anderen Wege nichts erfahren; endlich
gewähren sie bis auf einen gewissen Punkt einen Blick in
Beethoven's Werkstätte.
Beethoven ist der einzige von unseren grossen Componisten,
bei dem man den Vortheil hat, zur Erlangung solcher Ergebnisse
Skizzenbticher benutzen zu können. Von allen unseren anderen
grossen Componisten ist es nicht bekannt, dass sie so skizzirt
und so Skizzenbticher geführt haben, wie es Beethoven that.
Man kann mit Sicherheit behaupten, dass sie gar nicht oder
im Vergleich mit Beethoven sehr wenig skizzirt haben. Dass
Beethoven Skizzenbticher brauchte, hängt mit der Art seines
vm
Schaffens zusammen. Beethoven hat langsam und mühsam ge-
arbeitet. Die Gedanken kamen eruptionsweise zum Vorschein
und mussten vielfach gewendet werden, bevor sie die endgiltige
Form erhielten. Berücksichtigt man nun noch, dass Beethoven
immer oder fast immer an einigen Werken zugleich arbeitete,
so wird man es begreiflich finden, dass das Gedächtniss dem
im Inneren unablässig vor sich gehenden Bildungs- und Um-
bildungsprocessnichtimmer folgen konnte, und dass dieNöthigung
eintrat, das Gefundene schriftlich festzuhalten. Das Skizziren,
das Führen von Skizzenbüchern wurde zur Gewohnheit, zum
Bedürfniss, das kleinste Stück musste entworfen sein, bevor
es in's Reine geschrieben wurde. Beethoven hat seine Skizzen-
bücher überwacht, d. h. er hat früher geschriebene später durch-
gesehen. Stellen, die ihn anzogen, wurden dann abgeschrieben,
und Compositionsarbeiten, die früher liegen gelassen wurden,
wieder aufgenommen und zum Theil beendigt. Auf diese Weise
sind das „Opferlied" op. 121b, die Ouvertüre op. 115 und ein
Theil der Bagatellen op. 119 fertig geworden. Bei der Com-
position grösserer Werke wurde die meiste Zeit aufs Skizziren
verwendet. Erklärlich ist es, wenn Beethoven verhältnissmässig
wenig Werke geschrieben hat. Er war wenigstens dreissig
Jahre lang unablässig thätig, hat aber in dieser Zeit nicht so
viel Werke hervorgebracht, als irgend einer von unseren anderen
grossen Meistern in einer kürzeren Zeit. Hätte Beethoven so
leicht und schnell gearbeitet, als beispielsweise Haydn und
Mozart, so mtisste die Anzahl seiner Compositionen wenigstens
um die Hälfte grösser sein, als sie es wirklich ist.
Ohne das Geheimniss des Genius zu verrathen, geben die
Skizzen Beethoven's eine Vorstellung von seinem Produciren.
Sie veranschaulichen das bruchstückweise Entstehen und lang-
same Heranwachsen einer Composition. Für uns nun hat diese
Art des Schaffens etwas Räthselhaftes. Das Räthselhafte liegt
in erster und letzter Instanz in dem Kampf Beethoven's mit
seinem Dämon, in dem Ringen mit seinem Genius. In diesen
Skizzenbtichern hat der Dämon gehaust. Der Dämon aber ist
entwichen. Der Geist, der ein Werk dictirte, erscheint nicht
in den Skizzen. Die Skizzen offenbaren nicht das Gesetz, von
dem sich Beethoven beim Schaffen leiten Hess. Von der Idee,
die nur im Kunstwerk selbst zur Erscheinung kommt, können
sie keine Vorstellung geben. Nicht den ganzen Process des
Schaffens, sondern nur einzelne, unzusammenhängende Vorgänge
daraus können sie vor Augen legen. Was man organische
Entwicklung eines Kunstwerkes nennt, liegt den Skizzen fern.
Damit ist gesagt, dass sie zum Verständniss und rechten
Genuss eines Kunstwerkes nicht beitragen. Gewiss, zum Ver-
ständniss eines Kunstwerkes sind sie überflüssig, aber nicht
zum Verständniss des Künstlers, wenn dieses ein vollständiges,
umfassendes sein soll; denn sie sagen etwas aus, was das fertige
Kunstwerk, in dem jede aD die Vergangenheit erinnernde Spur
abgestreift ist, verschweigt. Und dieses Etwas, dieser Ueber-
schuss, den die Skizzen bieten, fallt der Biographie des Künstlers
Beethoven, der Geschichte seines künstlerischen Entwicklungs-
ganges anheim.
Der Verfasser war bei seiner Arbeit von der Beschaffen-
heit und Ergibigkeit seiner Vorlagen abhängig. Das vorhandene
Material war je nach seiner Ergibigkeit verschieden anzufassen.
An einer Stelle gab es ein chronologisches Ergebüiss zu ver-
zeichnen, an einer anderen war ein kurzer Ueberblick über
Beethoven's Thätigkeit innerhalb eines gewissen Zeitraumes,
und an einer dritten ein Einblick in die Gedankenwerkstatt
Beethoven's vergönnt Bei den zu beschreibenden Skizzen-
btichern war nirgends eine vollständige Wiedergabe der darin
vorkommenden Skizzen geboten; überall genügte eine Auswahl,
eine Wiedergabe der hervortretendsten Themen und Anfänge
eines Satzes. Die Natur des Gegenstandes verlangte überall
eine möglichst kurze und sachliche Darstellung. Bei der Dar-
legung der Skizzen waren weitläufige Erklärungen, ästhetisirende
Bemerkungen u. dgl. möglichst fern zu halten. In der Meinung,
dass vieles Erklären zur Klarheit kaum beitragen würde, lässt
der Verfasser den Leser bei den Skizzen oft allein, ohne eine
Bemerkung über deren Bedeutung, Beziehung u. dgl zu machen.
Die Erscheinungen, welche die Skizzenbticher Beethoven's bieten,
wiederholen sich, und es würde eine überflüssige Mühe sein,
bei jeder nach dieser oder nach jener Richtung einschlagenden
X
Skizze immer die eine oder die andere Bemerkung oder Er-
klärung zu wiederholen. Ueberdies sprechen die Skizzen so
deutlich, dass Jeder, der Augen für solche Dinge hat, sehen
muss, was da vorgeht.
In allen Skizzenbüchern Beethoven's kommen unbenutzte
Entwürfe vor. Es wurde dies nicht jedesmal bemerkt, sondern
oft nur darauf aufmerksam gemacht, wenn etwas Besonderes
mit den liegengebliebenen Skizzen verbunden war, wenn ihrer
sehr viele waren, oder wenn sie beachtenswerthe Ueber-
schriften hatten.
Kürzungen in der Schreibweise wurden getreu beibehalten,
auch solche wie Seite 232 Takt 26, wo die ersten zwei
Viertelnoten zusammengehören und zugleich angeschlagen werden
sollen. Beethoven hat in seinen Skizzen manche Noten eine
Stufe zu hoch oder zu tief geschrieben; Stellen, bei denen
kein Zweifel oblag, sind geändert worden. Es war aber nicht
rathsam, dies überall zu thun. Der Leser muss die Sache nicht
überall streng nehmen, er muss sich an die Flüchtigkeit und
Schnelligkeit erinnnern, mit der die Skizzen geschrieben wurden.
Stellen, die in unserer Wiedergabe zweifelhaft sind oder un-
richtig sein können, sind mit (?) bezeichnet. Eintritte der
Varianten wurden theils mit +, theils mit „oder" angedeutet.
Das „etc." rührt jedesmal von Beethoven her; mit „u. s. w."
bezeichnen wir unsere Kürzung.
I.
Sechs Skizzenhefte aus den Jahren 1825 u. 1826,
früher im Besitz von Anton Schindler, jetzt in der königl.
Bibliothek zu Berlin befindlich, gewähren einen Einblick in
die Entstehung einiger der letzten Quartette. Die Hefte haben
Kleinquerfonnat und gehören chronologisch zusammen; eins
schliesst sich dem andern unmittelbar an*). Wir verzeichnen
hier die fertig gewordenen Compositum cn, die in den Heften
der Reihe nach berührt werden.
Im 1. Heft: 3., 4. und 5. Satz des Quartetts Op. 130 (in
B-dur) und Fuge Op. 133.
Im 2. Heft: 4. und 5. Satz des Quartetts Op. 130; Fuge
Op. 133; Kanon »Si non per portas und Kanon »Freu dich
des Lebens, (früherer Entwurf). Der erste Kanon ist gedruckt,
der zweite nicht.
Im 3. Heft: 5. Satz des Quartetts Op. 130; Fuge Op. 133;
fugirtes Adagio, Allegro in f-Takt (D-dur), Variationen und
Finale des Quartetts Op. 131 (in Cis-moll); Kanon Freu dich
des Lebens < (späterer Entwurf).
Im 4. Heft: Variationen, Presto (E-dur) und Finale des
Quartetts Op. 131.
Im 5. Heft: Variationen, Presto und Finale des Quartetts
Op. 131.
*) Die Hefte sind nicht in der richtigen Reihenfolge gebunden.
Fünf stehen in unrichtiger Reihenfolge. (5, 2, 1. 3, 4) in einem Bande,
und das sechste ist mit einem Heft aus etwas späterer Zeit zusammen
gebunden. Oben nehmen wir die richtige Ordnung an.
1
Im 6. Heft: fugirtes Adagio, Variationen, Presto, Adagio
in f-Takt (Gis-moll) und Finale des Quartetts Op. 131.
Aus Daten, welche sich an die vorkommenden Kanons
knüpfen, und aus Briefen geht hervor, dass das 2. Heft
spätestens im September 1825, das 3. spätestens im December
1825 gebraucht wurde und dass alle sechs Hefte der Zeit
von frühestens März 1825 bis spätestens Mai 1826 angehören*).
Ans der Stellung der Skizzen geht hervor, dass Beethoven
gleichzeitig an den letzten vier Sätzen des Quartetts Op. 130
und an der Fuge Op. 133, ferner gleichzeitig an allen grösseren
Sätzen des Quartetts Op. 131 arbeitete und dass letzteres erst
begonnen wurde, als das in B-dur in den Skizzen fertig war.
Da das Quartett in B-dur zwischen September und November
1825 in Partitur geschrieben wurde, so kann das in Cis-moll
in der nämlichen Zeit oder etwas früher begonnen worden
sein. Spätestens im September 1826 war letzteres fertig.
*) Der Kanon »Si non per portas« wurde am 26. September 1825
und der Kanon »Freu dich des Lebens « am 16. December 1825 ins Reine
geschrieben. Hierauf gründet sich die Angabe, dass das 2. Heft, in dem
der erste Kanon vorkommt, spätestens im September 1825, und das
3. Heft, in dem der andere Kanon vorkommt, spätestens im December
1825 benutzt wurde.
Die entscheidenden Briefstellen stellen wir hier zusammen.
Beethoven schreibt am 19. März 1825 an Neate: »Quant mix Qua-
inors .... fem ai achevc le premier, et je suis ä preseni ä composer le
secotut, qyi, comme le troisieme, sera acheve dans peu de temps.« Das
hier gemeinte erste Quartett ist das aus Es-dur (Op. 127), das zweite
das in A-moll, das dritte das in B-dur. Da in den vorliegenden Heften
keine Skizzen zum Quartett in A-moll vorkommen, so kann das 1. Heft
nicht vor März 1825 in Angriff genommen worden sein.
In einem Briefe vom 29. August 1825 an den Neffen heisst es: »Das
•Jte Quartett enthält auch 6 Stücke und wirklich wird es in 10 höchstens
12 Tagen ganz vollendet sein.«
Am 20. Mai 1826 schreibt Beethoven an den Verleger Schott in
Betreff des Quartetts in Cis-moll: »Auch war damals (am 6. April 1826)
das Quartett noch nicht vollendet, welches jetzt beendigt ist.« Druck-
fertig wurde das Quartett nicht vor Juli, und erst am 29. September 1826
konnte Beethoven an Schott schreiben: .»Das Quartett aus Cis-moll
werden Sie hoffentlich schon haben.«
Von den Skizzen zum Quartett in B-dur heben wir zu-
nächst eine zum dritten Satz
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Der Satz, dessen Anfang* wir hier in B-dur sehen, war ur-
sprünglich für das Quartett in A-moll bestimmt. In einem
Skizzenheft aus etwas früherer Zeit ist er in A-dur concipirt.*)
In den vorliegenden Heften erscheint er, bald nach obigem
Entwurf, in G-dur.
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*) Vgl. »Beethoveniana«. S. 53.
Die Melodie der Cavatinc ist, wie so manche andere, erst
nach wiederholten Ansätzen und stückweise entstanden. Wir
verzeichnen hier den Anfang einer der ersten grösseren Skizzen
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und hier den einer etwas später geschriebenen Skizze.
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In kleinen Skizzen
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weiden einzelne Stellen der endgiltigen Form näher gebracht.
Die Fuge Op. 133, die bekanntlich ursprünglich zum
Quartett in B-dur gehörte, hat, wie man sich denken kann,
viel Arbeit gekostet. Das Thema gehört einer etwas früheren
Zeit an. Es hat in seinen ersten vier Noten Aehnlichkeit
mit dem in der Einleitung des Quartetts in A-moll auftreten-
den Durchführungsmotiv und ist gleichzeitig mit dem ersten
Satz jenes Quartetts entstanden. Skizzen dazu werden ander-
wärts vorgelegt*). In den vorliegenden Skizzenheften ist
die Arbeit zunächst auf die Gewinnung von Gegenthemen ge-
richtet. Beethoven stellt deren viele auf, und eines lautet
anders, als das andere. Man sehe hier,
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*) Siehe den Artikel LVII1.
hier (wo es auf Achtelnoten abgesehen ist)
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Während dieser Arbeit wurden auch Engführungen
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und andere Künstlichkeiten gesucht und Durchführungen ins
Auge gefasst.
Das Fugenthema zu Anfang des Quartetts in Cis-moll hat
erst nach einigen Ansätzen feste Gestalt urld seine endgiltige
Fassung angenommen. Die erste Skizze
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beweist, auch wenn Schreibfehler bei einigen Noten darin an-
zunehmen sind, dass, als sie geschrieben wurde, das Thema
noch nicht festgestellt war. Unter den etwas später geschrie-
benen Skizzen, welche mit der gedruckten Fassung ziemlich
oder ganz übereinstimmen, machen sich reale Beantwortungen
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des Themas (in der Oberquinte oder LJnterquarte von der
ersten Note an) bemerkbar.
Die Melodie zu Anfang des folgenden Satzes ist in der
ersten Skizze
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im Wesentlichen mit der gedruckten Form überein, nur lautet
eine Note anders, und dann sind die Motive, aus denen es
besteht, zum Tbeil anders, in eine andere Octave gelegt. Der
zweite Theil des Themas entstand später.
Der Hauptsatz des Prestos lautet in der ersten grösseren Skizze
Thema
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einfacher und kürzer, als im Druck. Das im zweiten Theil
vorkommende Spiel mit den aus den ersten Takten des Themas
gewonnenen Motiven entstand erst bei fortgesetzter Arbeit.
Auch andere Stellen und Melodien
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lauteten ursprünglich anders, als jetzt.
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Die Skizzen zum nächstfolgenden Adagio, von denen eine so
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anfängt, entkräften die Behauptung von Fetis, die Hauptmelo-
die sei einem alten französischen Liede entnommen.*) Beet-
hoven würde, nachdem er jene Skizze geschrieben hatte, nicht
zwei Noten geändert haben und, wie er es in den Quartetten
Op. 59 gethan hat, es gewiss hinzu geschrieben haben, wenn
er eine fremde Melodie benutzt hätte.
Die Hauptthemen des letzten Satzes des Quartetts in Cis-
moll mussten einige Wandlungen durchmachen, bis sie so wur-
den, wie wir sie kennen. Der erste Entwurf
Finale. Cismoll
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p 7 u. s. w.
zeigt noch gar keine Aehnlichkeit mit der gedruckten Form.
In zwei später und unmittelbar nacheinander geschriebenen
Skizzen, von denen die erste so,
die andere so lautet,
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*) »Celui-ci, dont la phrasc melodique principale est tiree d'uue
aucienne ckanson franc.aise, est« .... (»Revue musicalo«, 1830, 2. Serie,
Tome I, 361.
10
ist die kleine Periode, mit der der Satz beginnt, gefunden,
nicht aber die darauf folgende Melodie. Die beiden Skizzen
bringen hier verschiedene Melodien. Beethoven ändert nun
die Takt- und Tonart, und da erscheint jene Melodie in ihrer
ursprünglichen Fassung.
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später nach c ismoll
Beethoven versucht den Anfang auch im f-Takt imd kehrt
dann zur früheren Taktart zurück. Jene Melodie erhielt, wie
eine zum Durchftthrungstheil gehörende Skizze beweist,
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ihre endgiltige Form nach und nach und erst im weitern Ver-
lauf der Arbeit.
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Nun sind noch andere in den Heften vorkommende Skiz-
zen anzuführen.
Zwischen Arbeiten zur Fuge Op. 130 erscheint folgende
Stelle.
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uns geht es kan -ni - ba-lisch wohl als wie fünfhundert Sau- en
Wenn man diese Noten nicht alle so genau nimmt, wie sie
da stehen, und sich eine kleine Aenderung erlaubt, so ge-
winnt man einen zweistimmigen Kanon im Einklang. Vielleicht
war es auch auf einen solchen abgesehen.
Bald darauf erscheint ein früher erwähnter Kanon
Canon
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u. s. w.
Si non perpor-tas per mu-ros
und ein Ansatz zu einem grösseren Gesangstück.
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Zu Anfang des 3. Heftes finden sich andere liegengeblie-
bene Entwürfe, von denen einige so anfangen:
Presto.
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Sämmtliche Entwürfe füllen ungefähr acht (kleine) Seiten, und
da nehmen die zu der Ouvertüre über den Namen »Bach« den
meisten Raum (etwa 6 Seiten) ein. Bei der ersten Skizze ist
von Schindlers Hand bemerkt: »Scherzo zur 10 ten Sympho-
nie«. Bei der letzten Skizze steht: »Andante zur 10. Sympho-
nie (in As)«. Das sind also die Skizzen, welche zur Ent-
stehung der Fabel von der zehnten Symphonie Anlass gegeben
haben. Man hat in den Skizzen das entwicklungsfähige Em-
bryo einer neuen Symphonie sehen wollen und die Sache so
dargestellt, als wenn, falls Beethoven eine zehnte Symphonie
geschrieben haben würde, er von jenen Notirungen ausge-
gangen wäre. Man braucht nicht viel in den Skizzenbüchern
Beethoven's zu blättern, um eine solche Ansicht unhaltbar,
wenigstens aller Wahrscheinlichkeit entbehrend zu finden. Wir
sehen in jenen Skizzen nur augenblickliche Einfälle, wie sie
bei Beethoven zu Tausenden vorkommen, und die eben so
dazu bestimmt waren, liegen zu bleiben, wie die vielen un-
ausgeführt gebliebenen Skizzen, die in andern Skizzenbüchern
zu finden sind. Was Marx (L. v. Beethoven's Leben und
Schaffen, II, 290) sagt, Beethoven habe sich mit einer zehnten
Symphonie getragen, ist zu viel gesagt. Das Tragen mit einer
Composition ist mit einer anhaltenden Beschäftigung damit ver-
bunden. Davon kann man aber hier nicht sprechen. Jene
Skizzen sind nicht fortgesetzt worden. In den folgenden Hef-
ten zeigt sich keine Spur mehr davon. Hätte Beethoven so
viel Symphonien geschrieben, als er angefangen hat, so be-
13
süssen wir ihrer wenigstens fünfzig. Skizzen zu einer Ouver-
türe über den Namen »Bach« sind schon in den Jahren 1823
und 1824 aufgeschrieben worden. Hätte Beethoven sie alle
ausgeführt, so hätten wir drei verschiedene Bach-Ouverturen.
Dass Beethoven wiederholt auf den Gedanken zurückkam, eine
solche Ouvertüre zu schreiben, beweist, dass es damit ernst-
licher gemeint war, als mit jener Symphonie.
Bald nach jenen Skizzen schreibt Beethoven:
Ein Schritt
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Marsch
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Schindler bezeichnet (Hirschbach's Repertorium« v. J. 1844,
S. 2) das Stück als einen Scherz auf Duport, den damaligen
Administrator des Kärnthnerthorthcaters, und bemerkt: »Mit
diesem Marsch wollte sicli Beethoven bei diesem Administra-
tor wegen Iloberlassung des Kärnthnerthortheaters bestens em-
pfehlen, damit er ihm nicht wieder so grosse Schwierigkeiten
mache, als das Jahr vorher, wo die 9. Symphonie und die
grosse Messe zur Aufführung gebracht werden sollten.« Uns
ist der Scherz nicht verständlich.
Noch ist ein früher erwähnter zweistimmiger Kanon im
Einklänge anzuführen.
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dich, freu dick des
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Le - bens, des Le - bens, des Le - bens.
Dieser Kanon (in seiner letzten Fassung) bildet die Scheide
zwischen den Skizzen zum Quartett in ß-clur (mit der Fuge
Op. 133) und zu dem in Cis-moll.
II.
Skizzen zur Ouvertüre Op. 115.
Es haben sich in den letzten Jahren an verschiedenen
Orten Entwürfe gefunden, welche geeignet sind, das in einem
früheren Artikel über die Ouvertüre Op. 115 Gesagte zu ver-
vollständigen.*) Wir fassen das gesaramte Material, wie es
nun vorliegt, hier zusammen und nehmen es in chronologischer
Ordnung vor.
Die ersten Würfe geschahen um die Mitte des Jahres
1809, zur Zeit, als die Franzosen in Wien waren.**) Hier
beginnt die Geschichte der Ouvertüre. Wir legen den An-
fang der nur aus abgebrochenen Skizzen bestehenden Arbeit
hier vor.
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*) S. Beethoveniana, S. 37.
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und diese Skizze.
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Die vorgelegten Skizzen beweisen, dass, bevor sie geschrieben
wurden, das Thema der Ouvertüre noch nicht gefunden war.
Man kann in ihnen beobachten, wie einige Motive sich nach
und nach vordrängen, wie andere zurücktreten und wie das
Thema langsam, aber immer deutlicher zum Vorschein kommt.
Die zwischen den Skizzen vorkommende Bemerkung lässt über
deren Bestimmung keinen Zweifel und auch darüber nicht,
dass Beethoven nicht daran dachte, für den Namenstag
unsers Kaisern,« wie es im Autograph heisst, eine Ouvertüre
zu schreiben.
Die Arbeit blieb nun liegen. Spätestens im Jahre 1811
wurde sie wieder aufgenommen, zuerst in G-dur,
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*) Diese zwei Skizzen stehen auf zwei in der königl. Bibliothek zu
Berlin befindlichen Bogen.
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Diese letzte Skizze, von der wir nur den Anfang und auch
diesen nicht vollständig- hergesetzt haben (weggelassen sind
Takt 38 bis 67 der Skizze), zieht sich ohne Unterbrechung
lange fort. Die Modulation wendet sich im ersten Theil nach
G-dur, in welcher Tonart dann das Seitenthema eintritt. Man
sieht, die Grundbestandtheile der Ouvertüre Op. 115, wie sie
gedruckt ist, sind gefunden. Beethoven hat angefangen, die
Skizze auszuführen. Bruchstücke der angefangenen Partitur
sind vorhanden.*) Ein Bruchstück ist anderwärts (Beetho-
veniana S. 39) mitgetheilt. Ein anderes (für die 1. Violine)
stehe hier.
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•) Vgl. den Artikel XVII.
19
Was in diesen Bruchstücken steht, kommt mit einigen Ab-
weichungen auch in der zuletzt angeführten Skizze vor. Dass
das Ganze eine Ouvertüre werden sollte, kann nun nicht be-
zweifelt werden.
Zum dritten Mal wurde die Arbeit vorgenommen im Jahre
1812. Hier sollte Schiller 's Hvmne an die Freude einge woben
werden.*) Auch wird die Tonart C-dur gewählt. Ueber
diese Arbeit ist an einem andern Orte (Beethoveniana S. 40)
berichtet worden.
Aus der vierten Vornahme endlich ist die gedruckte
Ouvertüre hervorgegangen. Skizzen dazu finden sich in drei
Skizzenbüchern, von denen zwei dem Jahre 1814, eines dem
Jahre 1815 angehört**). Die ersten Skizzen, die dieser Vor-
nahme angehören, haben noch den f-Takt. Einige Zeit später
geschriebene
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nicht mehr. Eine andere Aenderung betrifft das im Thema
wiederkehrende, in den bis zum Jahre 1812 geschriebenen
lautende Motiv, das in den ersten im
Skizzen so
Jahr 1814 geschriebenen Skizzen so fa J jF ~*~] umgebildet
ist. Wir vermuthen, dass Beethoven das Motiv nur aus dem
Grunde änderte, um eine Aehnlichkeit mit Stellen im dritten
*) Vgl. den Artikel XXXI.
**) Vgl. die Artikel XXXH— XXXIV.
20
>atz der inzwischen fertig gewordenen siebenten Symphonie
KU vermeiden.*)
Die letzten Stellen,
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die der Arbeit zur Ouvertüre angehören, wurden ungefähr im
März 1815 geschrieben.**) Dieses Datum steht mit dem zu
Anfang des Autographs angegebenen Datum (1. October 1814)
im Widerspruch. Dieser Widerspruch ist zu lösen. Beethoven
hat das Datum beigefügt, als er die Partitur zu schreiben an-
fing, hat aber, weil die Aufführung der Ouvertüre am Namens-
tag des Kaisers unterblieb, die Reinschrift unterbrochen und
erst nach einigen oder mehreren Monaten wieder aufgenom-
men, bei welcher Arbei dann jene Stellen, die sämmtlich nur
gegen den Schluss der Ouvertüre vorkommen oder da ver-
wendet wurden, versuchsweise hingeschrieben wurden.
Das kurze Ergebniss der Skizzen ist: Beethoven hat drei-
mal zur Arbeit angesetzt und wieder abgesetzt, und erst beim
vierten Male ist der ursprüngliche Gedanke, eine Ouvertüre
zu schreiben, zur Ausführung gekommen. Zwischen der ersten
und der letzten Note, die geschrieben wurde, liegen gegen
sechs Jahre.
*) Vgl. den Artikel XIV.
Mehr Stellen im Artikel XXXIV
III.
Skizzen zu den Trios Op. 1 Nr. 2 und 3.
Die zu den genannten Trios vorhandenen Skizzen sind
nur geeignet, uns einzelne Themen und einige längere Stellen
in einer früheren Fassung zu zeigen.*)
Das Hauptthema des ersten Allegros des Trios in G-dur
hatte anfangs eine weniger ruhige Führung, als es jetzt hat.
Ursprünglich lautete es so
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und etwas später so.
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*) Die vorzulegenden Skizzen stehen theils auf in der königl. Biblio-
thek zu Berlin befindlichen losen Bogen und Blättern, theils in einem
im britischen Museum befindlichen, aus vielen einzelnen Bogen und
Blättern zusammengehefteten Skizzenheft. Letzteres hat auch bei meh-
reren andern Werken als Grundlage gedient und wird in den folgenden
Artikeln wiederholt erwähnt werden
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Der dritte Satz desselben Trios war ursprünglich
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anders und zum Theil kürzer gefasst, als jetzt. Wie man
sieht, hat Beethoven hier dem Satz die Ueberschrift »Me-
li netto gegeben. In der ältesten Ausgabe ist der Satz in
zwei Stimmen als -Scherzo«, in einer als »Menuetto« bezeich-
net. In jenen scheint ursprünglich auch »Menuetto« gestanden
zu haben. Jedenfalls rührt die spätere Bezeichnung »Scherzo«
von Beethoven her.
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Das Trio zum dritten Satz lautete ursprünglich
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die Melodie, die im Druck kurz vor dem Schluss des ersten
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auf einem andern Blatte befindlichen, spätestens im Jahre
179.'} geschriebenen Skizze
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Sammtliche Skizzen zum letzten Satz sind im C-Takt ge-
schrieben. Damit wird die Mittheilung Wegeler's (Biogr. Not.
S. 29), Beethoven habe statt des ursprünglichen A - Taktes
später den §-Takt gewählt, bestätigt.
Eine der ersten Skizzen zum dritten Satz des Trios in
C-moll lautet so:
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kommende Melodie war ursprünglich in langsamerem Tempo
als Anfang eines Claviersttickes gedacht.
Andante. Rondomässig.
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in einer andern Taktart, als sie gedruckt ist, gedacht. Jeden-
falls hat Beethoven in diesem Satz und auch im letzten Satz
des Trios in G-dur Melodien vereinigt, die ursprünglich nicht
zusammen gehören.
Die chronologische Ausheute, welche die Skizzen liefern,
ist ziemlich gering. Gleichzeitig mit der zuerst mitgetheilten
Skizze zum Trio in G-dur entstand eine Skizze zum »Opfer-
lied«, und dürften heide Skizzen dem Jahre 1794 angehören.
(Vgl. des Verfassers »Beethoveniana«, S. 51.) Die zuletzt mit-
getheilten zwei Skizzen zum Trio in C-moll wurden spätestens
1793 geschrieben. Auf der zweiten Seite eines Blattes, wel-
ches auf der ersten Seite Entwürfe zum letzten Satz des Trios
in G-dur enthält, stehen Entwürfe zum ersten und dritten Satz
des Trios in C-moll. Von diesen Entwürfen, von denen wir
nur einen zum dritten Satz des letztgenannten Trios gehören-
den mitgetheilt haben, kommen die zum Trio in G-dur der
gedruckten Fassung sehr nahe, die zum Trio in C-moll aber
nicht. Diese Erscheinung ist geeignet, die schon an sich un-
wahrscheinliche Angabe Schindlers (Biogr. I, 50), das Trio in
C-moll sei von den drei Trios op. 1 das zu allererst vollen-
dete, zu entkräften. Gegen die Annahme Thayer's (Biogr. I,
239 f.), die Trios op. 1 seien spätestens im Jahre 1793 oder
noch in Bonn fertig geworden, kann eine andere Erscheinung
geltend gemacht werden. Die zuerst mitgetheilten zwei Skizzen
zum 3. und 4. Satz des Trios iu G-dur stehen auf den ersten
zwei Seiten eines Bogens, der auf den folgenden zwei Seiten
Arbeiten enthält, die dem Unterricht Beethoven's bei Albrechts-
berger angehören, und welche in zwei zweistimmigen Fugen
und in dem Anfang einer dreistimmigen Fuge bestehen. Letz-
tere müssen also später geschrieben sein, als die vorhergehen-
den Skizzen. Dass eine lange Zeit zwischen der Beschreibung
der ersten und letzten Seite des Bogens hingegangen sei oder
dass Beethoven den halbbeschriebenen Bogen von Bonn nach
Wien mitgebracht habe, ist nicht wahrscheinlich. Wahrschein-
lich ist, dass eine Arbeit durch die andere unterbrochen wurde
und dass der Bogen zur Hand lag, als die Fugen geschrieben
wurden. Letztere wurden im Jahre 1794 geschrieben. (Vgl.
28
des Verfassers »Beethoven's Studien», I, 202 f.) Berücksich-
tigt man nun, dass jene Skizzen noch weit von der endgil-
tigen Form sind, so kann man nicht annehmen, das Trio sei
lange vor der Zeit, in der die Fugen geschrieben wurden,
fertig geworden; man muss im Gegentheil annehmen, es sei
nach jener Zeit fertig geworden. Damit lässt sich das an
dem zuletzt erwähnten Orte gewonnene Datum, nach welchem
das Trio in G-dur Ende 1794 noch nicht fertig sein konnte,
in Einklang bringen. In der chronologischen Bestimmung der
Trios op. 1 wird immerhin einiges unsicher bleiben, nament-
lich in Betreff des Trios in Es-dur. Skizzen zu diesem Trio
haben sich nicht gefunden.
IV.
Skizzen zu den Sonaten Op. 10
finden sich auf einer ziemlichen Anzahl loser Bogen und Blätter,
die theils in der königl. Bibliothek zu Berlin, theils im bri-
tischen Museum aufbewahrt werden. Alle Sätze der Sonaten
werden mehr oder weniger in den Skizzen berührt. Aus der
Stellung der Skizzen geht hervor, dass die drei Sonaten in
der Reihenfolge componirt wurden, in der sie gedruckt sind.
Ausserdem liefern die Skizzen einige andere chronologische
Ergebnisse.
Skizzen zum dritten Thcil des ersten Satzes der Sonate
in C-moll,
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aus denen hervorgeht, dass, als sie geschrieben wurden, der
Satz bald fertig war, finden sich auf den oberen Zeilen der
ersten Seite eines Bogens, der auf den unteren Zeilen der
ersten Seite und auf den folgenden drei Seiten Entwürfe zu
andern Compositionen enthält. Die berührten Compositionen
sind der Reihe nach: die ungedruckte Arie »Soll ein Schuh
nicht drücken
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das for-dert Kirnst
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die im November 1798 erschienenen Variationen für Ciavier
über das Thema »Mich brennt ein heisses Fieber«,
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die ungedruckten Variationen für zwei Oboen und ein eng-
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und wieder die genannte Arie.*) Ohne Zweifel wurden diese
Skizzen ziemlich zu einer und derselben Zeit und in der Folge
geschrieben, in der sie erscheinen. Den sichersten Anhalts-
punkt zur Bestimmung der Zeit, in der sie geschrieben wur-
den, bieten die Variationen über das Thema aus Mozart's »Don
Juan«. Diese wurden am 23. December 1797 in einer Aka-
*) Der Text der Arie ist dem von Ignaz Umlauf componirten und
zum ersten Mal am 22. Juni 1779 im Wiener Hoftheater aufgeführten
SingBpiel »Die pucefarbenen Schuhe oder die schöne Schusterin« ent-
nommen. Das Singspiel war lange beliebt und wurde noch in den
Jahren 1795 und 1796 in Wien wiederholt gegeben. Ob Beethoven's
Composition bei einer Aufführung gesungen wurde, ist nicht festgestellt.
Die Tonart der Arie ist B-dur. Die Skizzen stehen in C-dur. Beethoven
hat also transponirt. Die Annahme (z. B. in Thayer's chronol. Verz.
Nr. 14), die Arie sei um 1791 componirt, ist mit dem Ergebniss der
Skizzen nicht zu vereinigen.
31
demie der Wiener Tonkünstlergesellschaft gespielt.*) Dass die
Variationen mehrere Jahre vor der Aufführung componirt wor-
den seien, ist nicht anzunehmen. Wahrscheinlich wurden sie
eigens für die Akademie geschrieben, konnten also nicht lange
fertig sein, als sie gespielt wurden. Demnach lässt sich die
Zeit von etwa Mitte 1796 bis Ende 1797 als diejenige an-
nehmen, der die erwähnten Skizzen angehören.
Arbeiten zum zweiten Satz der ersten Sonate
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für Ciavier in C-moll,
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*) Auf dem Concertzettel, der an jenem Tage von der Wiener Ton-
künstlergesellschaft im k. k. National-Hoftheater gegebenen Akademie,
ist als achte Nummer angegeben:
»Terzett mit Variationen aus der Oper Don Juan auf zwey
Hautboen und dem englischen Hörn, von der Composition des
Herrn van Bethofen, ausgeführt von den Herren Czerwenka,
Reuter und Teimer, beyde letztere in wirkl. Diensten Sr. fürstl.
Durchlaucht des regierenden Fürsten von Schwarzenberg.«
Die an einigen Orten (z. B. in Thayer's chronol. Verz. Nr. 52) zu fin-
dende Angabe, es sei damals das Blastrio Op. 87 zur Aufführuüg ge-
kommen, beruht auf einer Verwechselung.
32
und hat Beethoven an beiden Stücken abwechselnd gearbeitet.
Das angedruckte Stück ist später von Beethoven als »Baga-
telle- bezeichnet worden. Es scheint zweifellos zu sein, dass
es ursprünglich zum Intermezzo der Sonate bestimmt war, und
gewiss ist es in einer Bemerkung:
Zu den neuen Sonaten ganze kurze Menuetten. Zu der
aus dem cmoll bleibt das presto auch.
gemeint, die an einem andern Orte steht und spätestens im
April 1797 (gleichzeitig mit dem zweiten Satz des Quintetts
Op. 16) geschrieben wurde.
Anderwärts treffen Arbeiten zum letzten Satz der Sonate
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zusammen mit Entwürfen zu einem unbekannten Stück, eben-
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Es ist möglich, dass dieses Stück ursprünglich dieselbe Be-
stimmung hatte, wie jene Bagatelle.*) Die Skizze zum Sonaten-
satz beweist, dass die Arbeit schon ziemlich vorgerückt war.
Sie gilt dem zweiten Theil, der aber nach der Skizze viel
länger werden sollte, als ihn der Druck bringt. Auch nach
einer andern Skizze
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*) Beethoven hat später noch ein anderes »Intermezzo zur Sonate
aus C-moll« angefangen. Wir werden demselben an einem anderen
Orte begegnen. (Siehe Artikel XLVI.)
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Beethoven rauss wohl seine guten Gründe gehabt haben, dass
er dem Theil schliesslich eine kurze Fassung gab.
An den drei Sätzen der Sonate in F-dur hat Beethoven
gleichzeitig gearbeitet. Hervorzuheben ist eine auf eine Stelle
im zweiten Theil des ersten Satzes sich beziehende Skizze
mit einer Variante
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die ein Motiv enthält, das Beethoven erst nach wiederholten
Versuchen fallen gelassen hat.*) Bei einer andern Skizze zum
zweiten Satz steht die Bemerkung:
Die Menuetten zu den Sonaten ins künftige nicht länger
als von 16 bis 24 T. —
Die erste grössere Skizze zum ersten Satz der dritten Sonate
Sonata terza.
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*) Dieses Motiv benutzte Beethoven bei der Ausarbeitung des oben
(S. 33) erwähnten Ciavierstücks in C-moll. Die ausgeführte Composition
(autograph in der königl. Bibliothek in Berlin) ist erst in neuester Zeit
bekannt geworden und erscheint zugleich mit mehreren anderen in den
folgenden Artikeln als ungedruckt bezeichneten Compositionen im
Supplementband der Breitkopf & Härtel'schen Gesammtausgabe der
Werke von L. v. Beethoven. — Anm. d. Herausgebers.
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ist von der endgiltigen Fassung noch sehr entfernt. Der Schluss
der Skizze gilt dem Schluss des Satzes. Worauf aber das
Ganze gerichtet ist, ob die ersten Takte dem Anfang des
Satzes oder einer späteren Stelle gelten, wird sich, wenn man
berücksichtigt, dass Beethoven der Skizze eine Ueberschrift
und Vorzeichnung gegeben hat und dass einige Unterbrechungen
(durch »etc.«) darin vorkommen, mit Bestimmtheit nicht sagen
lassen. Ausser dem Hauptmotiv und einigen daraus gebildeten
Gängen und Abschnitten enthält die Skizze wenig Stellen (z. B.
das Takt 29 erscheinende Motiv und der Takt 32 eintretende
Lauf), die an Stellen des gedruckten Stückes erinnern können.
Nahe dem Druck kommt eine an einem andern Orte sich be-
findende Skizze.
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Sie weicht vom Druck am meisten an der Stelle (Takt 13 bis
20) ab, wo sich die Modulation nach der Dominante von
H-moll wendet. Man wird finden, dass im Druck das Ziel
auf kürzerem Wege und wirksamer erreicht wird. In der
Skizze braucht Beethoven zwei Abschnitte, im Druck nur einen.
Gleichzeitig mit dieser Skizze erscheint ein Entwurf zum
zweiten Satz der Sonate.
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beibehalten. In einer später geschriebenen Skizze zum An-
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39
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den Weise melodisch weiter gefuhrt. Bemerkenswerth ist noch
eine frühere Fassung des Ueberganges zum dritten Theil
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und eine frühere Fassung der Schlusstakte des Satzes.
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Während Beethoven an der Sonate in D-dur arbeitete,
hat er sich, ausser mit der vorhergehenden Sonate in F-dur,
noch mit andern Stücken beschäftigt. Zu erwähnen sind der
Reihe nach: Entwürfe zum letzten Satz des Sextetts Op. 71;
Corni.
Clarinetti.
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Entwürfe von mehreren Ländlern, von denen einer
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den sechsten von den »7 ländlerischen Tänzen« betrifft; ein
Entwurf zum ersten Satz des Clavierconcertes in C-moll, der
zwar nicht benutzt ist, aber doch beweist, dass Beethoven
schon damals mit genanntem Werke beschäftigt war;*) eine
nicht bekannte Cadenz zum ersten Satz des Clavierconcerte&
in C-dur.
Die Sonaten Op. 10 müssen zu Anfang Juli 1798 fertig
gewesen sein, weil zu dieser Zeit eine Subscription darauf
eröffnet wurde. Hiernach und nach den früher mitgetheilten
Ergebnissen ist im weitesten Umfange die Zeit von Mitte 1796
bis Mitte 1798 als die Zeit ihrer Composition anzunehmen. In
dieselbe Zeit ist auch die Entstehung der andern Stücke zu
*) Das Autograph trägt die Jahreszahl »1800«
41
setzen, zu denen sich Skizzen vorfanden und die damals fertig
werden konnten. Diese Stücke sind der Reihe nach:
Variationen für Pianaforte über das Thema »Mich brennt
ein heisses Fieber«,
Variationen für 2 Oboen und englisches Hörn (unge-
druckt),
Arie »Soll ein Schuh nicht drücken« (ungedruckt),
Bagatelle in C-moll für Ciavier (ungedruckt),
Letzter Satz des Sextetts Op. 71 und
Nr. 6 der 7 ländlerischen Tänze.
V.
Das Rondo der Sonate Op. 13
war ursprünglich nicht für Ciavier, sondern für verschiedene
Instrumente, dem Anschein nach für Ciavier und Violine ge-
dacht. Dies geht aus zwei an verschiedenen Orten sich he-
•findenden Skizzen hervor, von denen eine so:
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des letzten Satzes des Streich trios in G-dur Op. 9 Nr. 1.
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Rondo sei ursprünglich zum Finale des Streichtrios in C-moll
bestimmt gewesen, welcher Ansicht jedoch aus andern Grün-
den nicht beizutreten ist. Die andere zum Eondo gehörende
Skizze wurde später oder etwas später geschrieben, als der
erste Satz der Sonatine für Ciavier in G-moll Op. 49 Nr. 1.
Dies geht daraus hervor, dass die Skizze auf den unteren
Zeilen eines Blattes vorkommt, das auf den oberen Zeilen mit
der Ueberschrift »Sonatine par L. v. Bthvn« die ersten 7 Takte
jenes Sonatinensatzes enthält und ursprünglich zur Reinschrift
der Sonatine dienen sollte. Alle angeführten Skizzen fallen
spätestens in das Jahr 1798, wurden also wenigstens ein Jahr
vor dem Erscheinen der Sonate Op. 13 geschrieben.
Man kann noch bemerken, dass die Noten, welche die
Skizzen zu den Sätzen der Streichtrios haben, in der Ausgabe
um die Hälfte verringert sind.
VI.
Skizzen zur Sonate Op. 14 Nr. 1
finden sich an zwei verschiedenen Orten. Auf der ersten Seite
von zwei zusammengehörenden Bogen, die in der königl. Bib-
liothek zu Berlin aufbewahrt werden und die auf den folgen-
den 7 Seiten Arbeiten zu den drei Sätzen der Sonate Op. 12
Nr. 2 und zu unbekannten Stücken enthalten, steht eine
grössere Skizze,
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die von der Sonate Op. 14 Nr. 1, wie wir sie kennen, nur
den Anfang des ersten Satzes bringt, im weitern Verlauf aber
von der gedruckten Fassung abweicht. Das Hauptthema ist,
abgesehen von einigen unwesentlichen Abweichungen, voll-
ständig ausgeprägt. Der Bindebogen, der von der letzten Note
des 3. Taktes zur folgenden Note gezogen ist und den die
Ausgabe nicht hat, findet sich auch in einer späteren Skizze.
Wenn man einzelne Stellen des skizzirten Stückes ins Auge
fasst, so kann es fraglich erscheinen, ob es für Ciavier oder
für mehrere Instrumente gedacht ist. Beethoven hat die Sonate
später für vier Streichinstrumente gesetzt, und es ist nicht un-
möglich, dass eine solche Verwendbarkeit schon bei der Con-
ception ins Auge gefasst war.
Von den vorhandenen Skizzen ist. die mitgetheilte die
früheste. Später geschriebene Skizzen stehen in einem im
britischen Museum befindlichen Skizzenbuch. Auf der letzten
Seite eines Bogens, der auf den vorhergehenden Seiten Ar-
beiten zum 2. und 3. Satz des Concertes in B-dur enthält,
kommen Skizzen zu allen Sätzen der Sonate vor. Die Skizzen
beweisen, dass einige Stellen erst zuletzt gefunden wurden und
dass andere wiederholt umgewandelt werden mussten, bis sie
die endgiltige Form erhielten. Von der ersten Skizze, die in
der Mitte der Hauptpartie des ersten Satzes beginnt,
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Schluss vorkommende Stellen beibehalten. Die Seitenpartie
und der Uebergang dazu ist noch nicht gefunden. In der
folgenden Skizze
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Melodie, mit der sie eröffnet wird, einige Züge, die entfernt
an die jetzige Fassung erinnern. Sonst ist eine Annäherung
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an die gedruckte Form nur beim Uebergang zur Seitenpartie
und bei einer gegen den Schluss auftretenden Melodie bemerk-
bar. Die nächste Skizze
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bringt die zwei Melodien der Seitenpartie im Wesentlichen so,
wie wir sie kennen. Nur bei der zweiten Melodie zeigt sich
eine Verschiedenheit zwischen Skizze und Druck, eine Ver-
schiedenheit, die, wenn man nur die Bildung der Melodie im
Auge hat, unbedeutend erscheint, die aber, wenn dabei eine
andere Stelle in Betracht gezogen wird, der Beachtung werth
ist Das in der Melodie verwendete eintaktige Motiv ist näm-
lich in der Skizze dasselbe, das im 4. Takt des Hauptthemas
aufgestellt ist, im Druck aber und in den noch folgenden
Skizzen erscheint es verändert und ist jene Uebereinstimmung
aufgehoben. Warum Beethoven geändert hat, lässt sich mit
Gewissheit nicht sagen. Es ist möglich, dass er, um dem
Satze ein vorwaltend anmuthiges und leichtes Gepräge zu
geben, um in der Reihe der vorzuführenden Bilder für jedes
derselben Verschiedenheit zu gewinnen, jene thematische Ueber-
einstimmung fallen Hess. In der dann folgenden Schlusspartie
wird eine früher gefundene Melodie verlassen. Die letzten
vier Takte der Skizze entsprechen der endgiltigen Form. Be-
merken lässt sich noch, dass in der zweiten Melodie der Seiten-
partie das dreigestrichene Fis vermieden ist. In der ältesten
Ausgabe der Sonate steht es. Daraus kann man schliessen,
dass die Instrumente inzwischen damit versehen worden waren.
Der zweite Theil des ersten Satzes ist so ziemlich nach
diesem Entwurf
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Möglicherweise war dieser eine Takt Schuld, dass Beethoven
später ein anderes melodisches Motiv zur Durchführung ver-
suchte.
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im weitern Verlauf. In der zweiten Hälfte wird das ursprüng-
liche Motiv ganz verlassen.
Der dritte Theil sollte, wie aus einigen hier zu über-
gehenden Skizzen hervorgeht, ursprünglich eben so beginnen,
wie der erste Theil, nämlich mit dem Hauptthema in der rech-
ten und mit begleitenden Achtelnoten in der linken Hand;
bald darauf sollte das Hauptmotiv in C-dur gebracht und
mit aufwärts steigenden Tonleitern in der linken Hand be-
gleitet werden. In dieser Skizze,
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die sich auf den ganzen dritten Theil erstreckt, geschieht der
Uebergang nach C-dur auf anderem Wege, als im Druck. Die
durch zwei Octaven gehenden Tonleitern, welche in der Skizze
im 11. Takt in der linken Hand eintreten, hat Beethoven, wie
aus dem Druck zu ersehen, später beim Anfang des dritten
Theils benutzt und sie dagegen an der Stelle, wo sie ursprüng-
lich standen, auf eine Octave beschränkt. Im weitern Verlauf
kommt die Skizze auf frühere Fassungen zurück. Später ge-
schriebene Skizzen bringen den ersten Satz in allen Theilen
der endgiltigen Form nahe oder stimmen damit überein.
Man wird aus den mitgeth eilten Skizzen ersehen, dass
die meisten Bestandtheile des Satzes von Grund aus neu ge-
schaffen oder umgewandelt werden mussten, bis das Ganze
zur Reife gediehen war. Bei den folgenden Sätzen ist die
Zahl der Stellen, die Schwierigkeiten machten, geringer, und
scheint die Arbeit im Ganzen rascher und leichter von Statten
gegangen sein.
Der zweite Satz ist in der eisten Skizze
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von der endgiltigen Form noch weit entfernt. Man glaubt,
die Skizze zu einem gewöhnlichen Menuett vor sich zu haben.
Die Anfangsmotive sind kenntlich angedeutet, aber von den
sinnigen Wendungen und elegischen Zügen des gedruckten
Stückes zeigt sich keine Spur. Gleich darauf setzt Beethoven
wieder an,
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und hier ißt der erste Theil gefunden. Nur fehlt in der Mitte
ein Auftakt. Dagegen zeigt der zweite Theil eine von der
gedruckten fast ganz abweichende Fassung. Sein Anfang hat
etwas Mattes. Wir suchen den Grund hauptsächlich darin,
(Um er wie der erste Theil aus langen rhythmischen Gliedern
besteht. Später hat Beethoven den zweiten Theil mit zwei-
taktifren rhythmischen Abschnitten begonnen und dadurch jene
Einförmigkeit vermieden. Das am Schluss der Skizze ange-
deutete Trio hat Beethoven in andern Skizzen
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nach ( lern, letztenmal.
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bemerkbar. Hier ist der in G-dur beginnenden Mittelpartie
ein ganz anderes Motiv zu Grunde gelegt, als im Druck. An-
dere später geschriebene Skizzen nähern sich schnell der end-
giltigen Form.
Aus der Stellung aller im Bisherigen berührten Skizzen
ergiebt sich, dass Beethoven an den drei Sätzen der Sonate
gleichzeitig gearbeitet hat. Gleichzeitig oder nicht lange vor-
her wurde auch an den letzten Sätzen des Concertes in B-dur
gearbeitet, und die Sonate Op. 12 Nr. 2 (in A-dur) war fertig
oder der Beendigung nahe, als die Ciaviersonate in E-dur an
gefangen wurde. Das Concert war (in erster Fassung) fertig
im März 1795 und kann nicht viel früher fertig geworden
sein. Demnach lässt sich als die Zeit, der sämmtliche Skizzen
angehören, spätestens das Jahr 1795 annehmen.
VIT.
Skizzen zu den letzten Sätzen der Quartette
Op. 18 Nr. 1 und Nr. 6.
Auf mehreren Bogen und Blättern , die theils zusammen-
gehören, theils nicht, finden sich Arbeiten zu den genannten
Quartettsätzen und zu andern Compositionen.*) Wir verzeichnen
hier einen Entwurf zum letzten Satz des Quartetts in G-dur.
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* Die Manuacripte waren früher bei G. Petter in Wien.
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Skizze zu einem Allegro,
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das ursprünglich zum letzten Satz des Quartetts in B-dur be-
stimmt war und in dem, ähnlich wie im gedruckten Stück,
das Thema der Malinconia
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Satzes in einer früheren
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und in einer etwas späteren Fassung.
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Die andern Compositionen , die von diesen und andern
Quartett-Skizzen berührt werden, sind: die Sonate für Ciavier
in B-dur Op. 22, der dritte und letzte Satz des Quartetts in
F-dur Op. 18 Nr. 1, die Variationen für Ciavier über ein
Originalthema in G-dur. Ein Theil der diese Compositionen
betreffenden Skizzen wird an geeigneter Stelle vorgelegt wer-
den.*) Zu bemerken ist hier noch, dass die Entwürfe zum
letzten Satz des Quartetts in F-dur
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U. 8. W.
von Anfang an der endgiltigen Form ziemlich nahe kommen
und später geschrieben wurden, als andere Skizzen, denen wir
später in einem Skizzenbuch begegnen werden.**)
Das chronologische Ergebniss der Quartett-Skizzen ist bei
ihrer Lückenhaftigkeit gering. Mit Sicherheit lässt sich nur
so viel sagen, dass gleichzeitig am Scherzo des ersten Quar-
tetts und am ersten Satz der Sonate Op. 22 gearbeitet wurde,
dass während der Arbeit zum letzten Satz des zweiten Quar-
tetts die Variationen für Ciavier in G-dur, während der Ar-
*) Siehe die Artikel XLI und XLII.
*♦) Siehe den Artikel XLVI.
63
beit zum letzten Satz des sechsten Quartetts das Rondo der
Sonate Op. 22 angefangen wurden. Vermuthlich gehört ein
Theil der Skizzen dem Jahre 1799, ein anderer dem Jahre
1800 an.
Ausser den bisher erwähnten Skizzen findet sich an einem
andern Orte eine dem Anschein nach für Ciavier gedachte, un-
ausgeführt gebliebene Skizze,
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in der ein Rondothema vorkommt, dass Beethoven später in
anderer Takt- und Tonart im fünften Quartett in der Coda
der Variationen als Gegenthema verwendet hat. Die Skizze
wurde 1794 oder 1795 geschrieben.
VIII.
Skizzen zum Clavierconcert in C-dur (Op. 15)
sind nur in geringer Anzahl und auf einzelnen Bogen und
Blättern vorhanden.*) Hervorzuheben ist eine die endgiltige
Fassung noch nicnt erreichende Skizze zum Anfang des ersten
Satzes,
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*) Die vorzulegenden Skizzen befinden sich meistens in dem bei
Op. 1 erwähnten Skizzenbuch im britischen Museum.
65
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in welchem das nur in seinem Anfangsmotiv mit der end-
giltigen Form übereinstimmende Thema in Des-dur aufgestellt
ist, und eine auf den letzten Satz zu beziehende Stelle,
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aus der hervorgeht, dass das Stück ursprünglich in einer an-
dern Taktart concipirt war. Die letzte Skizze steht mit einigen
andern Stellen, die die Arbeiten zum Concert ebenfalls noch
06
in ihrem ersten Stadium zeigen, auf der zweiten Seite eines
Bozens, der auf der früher geschriebenen ersten Seite Arbeiten
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zu einer Cadenz zum ersten Satz des Concertes in B-dur und
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Ha das Lied alle Jahr nur einmal gemacht wird, so darf es schon
etwas schwer seht.
zu einem unbekannten Liede mit einer Bemerkung enthält.
Aus dem Vorkommen jener Arbeiten zu einer Cadenz ergiebt
sich, dass das Concert in B-dur fertig war, als das in C-dur
componirt wurde. Das ist das einzige chronologische Ergeb-
niss, dass sich aus den Skizzen gewinnen lässt, ein Ergebniss,
das schon auf anderm Wege bekannt ist.*)
Das Jahr der Composition des Concertes lässt sich mit
Sicherheit nicht angeben. Will man einer Mittheilung Wege-
ler's folgen, so muss man annehmen, das Concert sei während
dessen Anwesenheit in Wien (Ende 1794 bis Mitte 1796) com-
ponirt und gespielt worden. Doch ist diese Mittheilung mit
Vorsicht aufzunehmen. Wegeier kann das Concert in B-dur
'■) Dass das Concert in C-dur später componirt wurde, als das in
B-dor, sagt Beethoven selbst. In einem am 22. April 1801 an Breitkopf
&: Härtel geschriebenen Briefe heisst es: »ich merke dabei bloss an, dass
bei Hofmeister eines von meinen ersten Konzerten herauskommt und
folglich nicht zu den besten von meinen Arbeiten gehört, bei Mollo
ebenfall« ein zwar später verfertigtes Konzert« u. s. w. — Das Concert
in B-dur erschien gegen finde 1801 bei Hoffmeister und Kühnel in
Leipzig, das in C-dur im März 1801 bei T. Mollo <te Comp, in Wien.
(>7
mit dem in C-dur verwechselt haben.*) Einen nach einer
Seite hin sicheren Anhaltspunkt bietet ein Skizzenblatt, das
auf der ersten Seite und auf der oberen Hälfte der zweiten
Seite, einen Entwurf zu einer Cadenz zum ersten Satz des
Concertes in C-dur der hier im Auszuge folgt,
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*) Wegeier erzählt (Biogr. Notizen S. 36): »Erst am Nachmittag
des zweiten Tages vor der Aufführung seines ersten Concertes (C-dur)
schrieb er das Rondo und zwar unter ziemlich heftigen Kolikschmerzen,
woran er häufig litt. Ich half durch kleine Mittel, so viel ich konnte.
Im Vorzimmer sassen vier Copisten, denen er jedes fertige Blatt einzeln
übergab. — Bei der ersten Probe, die am Tage darauf in Beethoven's
Zimmer statt hatte, stand das Klavier für die Blaseinstrumente einen
halben Ton zu tief. Beethoven Hess auf der Stelle diese und so auch
die übrigen, statt nach a, nach b stimmen und spielte seine Stimme aus
Cis.« Wie eine Probe mit ganzem Orchester, d. i. mit Trompeten und
Pauken, in einem »Zimmer« gehalten werden konnte, kann man sich
nicht gut vorstellen. Eine solche Oertlichkeit war zu einer Probe des
B-dur-Concertes eher geeignet. In diesem kommen l^eine Trompeten
und Pauken und auch keine Clarinetten vor. Auch ist nicht zu über-
sehen, dass mehr als 40 Jahre vergaDgen waren, als Wegeier jene Worte
aus der Erinnerung niederschrieb. Wegeier, der, wie er selbst (Vorrede
S. XIII) sagt, »in Hinsicht auf Musik nur ein schwacher Dilettant «war
und der, wie es 0. Jahn erwiesen hat, die Namen »Leonorc« und »Fi-
delio& miteinander verwechseln konnte, konnte auch leicht das zuerst
erschienene Concert mit dem zuerst coinponirten verwechseln.
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und auf der untern Hälfte der zweiten Seite Entwürfe zum
letzten Satz der Sonate in D-dur Op. 10 Nr. 3 enthält.*) Aus
dem Zusammentreffen dieser Arbeiten ergiebt sich, dass das
Concert im Juli 1798, als Beethoven zur Herausgabe der
Sonaten Op. 10 schritt, fertig war.
*) Das in der königl. Bibliothek zu Berlin befindliche Skizzenblatt
ist schon bei den Sonaten Op. 10 benutzt worden.
TX.
Skizzen zum Clavierconcert in B-dur (Op. 19).
Auf den ersten drei Seiten und auf den oberen Zeilen
der 4. Seite eines Bogens, der auf den unteren Zeilen der
4. Seite Arbeiten zu allen Sätzen der Sonate in E-dur Op. 14
Nr. 1 enthält, stehen Entwürfe zum 2. und 3. Satz des Con-
certs in B-dur. Ein ziemlich lang ausgeführter Entwurf zum
Rondo des Concerts, dem wir den Anfang
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und eine später vorkommende Stelle entnehmen,
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ist von der endgiltigen Form noch ziemlich weit entfernt und
gehört zu den frühesten von den vorhandenen Skizzen. Aus
dem Zusammentreffen der Sätze des Concerts mit den Sätzen
der Sonate ergiebt sich, dass das Concert begonnen wurde,
bevor die Sonate fertig war.
Ein anderer Bogen enthält auf allen vier Seiten Entwürfe
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11. 8. W.
zu allen drei Sätzen des Concerts. Diese Erscheinung- beweist,
dass die drei Sätze des Concerts ursprünglich zusammenge-
hören und dass nicht, wie man vermuthen könnte, das nach
Beethoven's Tode erschienene Rondo in B-dur für Pianoforte
und Orchester ursprünglich zum Concert gehört hat.*) Der-
*) Skizzen zu erwähntem Rondo
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finden sich auf leer gebliebenen Zeilen unter einer in Partitur und der
Handschrift nach noch in Bonn geschriebenen Romanze in E-moll für
Ciavier, Flöte und Fagott concertant mit Begleitung von 2 Violinen,
2 Violen. Basso und 2 Oboen. Die »Romance cantabile« , die so anhebt,
Cembalo
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ist das mittlere Fragment eines grösseren Stückes. Im Äuctions-Katalog
dos Nachlasses Beethoven's ist unter Nr. 179 verzeichnet:
Unbekanntes Trio für Pianoforte, Flöte und Fagott.
Frühere Arbeit noch in Cöln.
Ob dies das vollständige Stück war, muss dahingestellt bleiben. Die
Skizzen zum Rondo gehören ihrer Handschrift nach einer späteren Zeit
an. Wir möchten sie spätestens in das Jahr 1795 setzen.
71
selbe Bogen enthält auf den oberen sechs Systemen der dritten
Seite zwei kleine, dem Untern cht bei Albrechtsberger ange-
hörende Nachahmungssätze, die, wie die Stellang und die ver-
schiedene Tinte beweist, früher geschrieben wurden, als die
sie umgebenden Skizzen.*) Die Nachahmungssätze können
frühestens zu Anfang des Jahres 1794 geschrieben sein. Die
Skizzen zum Concert entstanden also später. Dass viel Zeit
zwischen der Niederschrift der Nachahmungssätze und der
Skizzen vergangen sei, ist nicht anzunehmen. Am 29. März
1795 muss das Concert fertig gewesen sein, weil, so viel bis
jetzt bekannt ist, Beethoven an diesem Tage (in Wien) zum
ersten Mal ein Concert von seiner Composition öffentlich spielte
und dann, weil von den (in Wien) componirten Concerten das
in B-dur das erste ist und Beethoven damals schwerlich ein
anderes Concert spielen konnte.**)
Die Akademie, in der Beethoven am 29. März 1795
spielte, war von der Wiener Tonkünstlergesellschaft veran-
staltet worden. Der gedruckte Zettel ist vorhanden, und da
wird als zweite Nummer angeführt:
»Ein neues Konzert auf dem Piano-Forte gespielt von
dem Meister Herrn Ludwig von Beethoven, und von
seiner Erfindung.«
In den Sitzungs-Protokollen der genannten Gesellschaft
heisst es:
» . . . . wobei den ersten Abend (Sonntags den
29. März 1795) Hr. Betthoven ein Concert auf dem
Pianoforte spielte, den 2ten Abend Hr. Matouschek
ein Concert auf dem Fagott producirte und Hr. Bett-
hoven auf dem Pianoforte phantasirte.«
*) Ich paginire die Seiten des Bogens vom Beginn der Skizzen an.
Die Seite 2 stehenden Skizzen werden auf den unteren Systemen der
3. Seite fortgesetzt.
**) Es ist noch ein ungedrucktes Concert vorhanden, das Beethoven
»im Alter von 12 Jahren« (1784) schrieb. Von diesem muss abgesehen
werden. Es ist gar unwahrscheinlich, dass Beethoven es noch in Wien
gespielt habe.
72
Ferner wird in der Wiener Zeitung vom 1. April 1795
über jene Akademie u. A. berichtet:
»Zum Zwischenspiel hat am ersten Abend der be-
rühmte Herr Ludwig van Beethoven mit einem von
ihm selbst verfassten ganz neuen Konzerte auf dem
Pianoforte den ungeteilten Beifall des Publikums gc-
ärndtet.«
Damit sind die zuverlässigen Nachrichten aus jener Zeit
über Beethoven's Antheil an der stattgefundenen Akademie
erschöpft. Nun ist in Thayer's Biographic (I, 238 f., 286,
294) zu lesen, das am 29. März 1795 gespielte Concert sei
das in C-dur gewesen. Diese Angabe lässt sich nicht be-
gründen. Wie man sieht, ist in jenen Mittheilungen nirgends
die Tonart des gespielten Concertes angegeben. Will man
entscheiden, welches Concert Beethoven gespielt haben könne,
so kann die Vermuthung nur auf das in B-dur fallen. Dieses
war damals fertig, wenigstens konnte es fertig sein. Dass
aber das Concert in C-dur damals fertig war oder fertig sein
konnte, lässt sich nicht beweisen.
So viel sich aus vorhandenen Concertzetteln und aus über-
lieferten Nachrichten mit Sicherheit entnehmen lässt, spielte
Beethoven (in Wien) wieder ein Concert von seiner Composi-
tion am 18. December 1795 und am 27. October 1798. Bei
keiner dieser Aufführungen wird gesagt, dass die vorgetragene
Composition neu war. Man kann also vermuthen, dass wie-
derum das B-dur-Concert zum Vortrag kam. Ein am 8. Januar
1796 gespieltes Concert war, wie wir aus anderwärts vorzu-
legenden Gründen vermuthen, von Mozart. Erst am 2. April
1800, so wird berichtet, trug Beethoven in einer Akademie
im Burgtheater wieder ein neues Concert von seiner Composi-
tion vor. Dies kann das C-dur-Concert gewesen sein. Wenig-
stens lässt sich damit die Angabe Schindler's (Biogr. T, 57),
die erste Auffuhrung des Concertes Op. 15 habe zur Früh-
lingszeit 1800 im Kärntlmerthortheater stattgefunden, in Ueber-
einstimmung bringen.
W. J. Tomaschek berichtet (Libussa v. J. 1845, S. 374),
Beethoren habe das B-dur-Concert 1798 in Prag componirt.
73
Diese Angabe kann nicht ganz ohne Grund sein. Richtig ist,
dass Beethoven i. J. 1798 mit einer Umarbeitung des Concer-
tes beschäftigt war.*) Tomaschek kann Beethoven bei dieser
Arbeit angetroffen haben und verleitet worden sein, das Werk,
dem die Arbeit galt, für neu zu halten.
Von den noch übrigen, auf einzelnen Blättern vorkommen-
den Skizzen zum B-dur-Concert mag eine hier Platz finden**)
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*) Vgl. den Artikel über die Skizzenbücher aus den Jahren 1708
und 1799.
**) Die in diesem Artikel benutzten Skizzen stehen einschliesslich
des Fragments der Romanze, sämmtlich in dem wiederholt erwähnten
Skizzenbuch im britischen Museum.
X.
Aendenmgen zum Clavierconcert in (i-dur.
Als Beethoven sein Pianoforteconcert in G-dur schrieb,
reicliten die Claviere in der Höhe bis zum vicrgestrichenen
C.*) Bald nach dem Erscheinen des Concerts und schon Ende
1808 hatte sich der Umfang" bis zum viergestrichcnen F er-
weitert. Beethoven hat von dieser Erweiterung Gebrauch ge-
macht. In einer geschriebenen Partitur des Concerts finden
sich bei manchen Stellen Varianten und Andeutungen, bei
denen theils der erweiterte Umfang, theils, ohne Rücksicht auf
solche Erweiterung, eine andere Fassung, theils der Vortrag
ins Auge gefasst ist. Die meisten Stellen sind flüchtig ge-
schrieben, was den Gedanken, sie seien zum Druck, etwa für
eine neue Ausgabe bestimmt gewesen, nicht aufkommen lässt.
Es scheint vielmehr, dass Beethoven, am Claviere sitzend, sie
entweder für sich selbst und behufs einer öffentlichen Auf-
führung, oder, was wahrscheinlicher ist, für einen Clavierspieler,
*) Man darf hierbei nicht nach den neueren Ausgaben des Con-
certs urtheilen, wo auf Grund der Analogie mehrere Stellen höher ge-
legt sind, als sie von Beethoven geschrieben wurden. In der im August
1808 im Kunst- und Industrie-Comptoir in Wien erschienenen Original-
ausgabe des Concerts ist das viergestrichene C nicht überschritten. Eine
andere Ausgabe hat Beethoven nicht veranstaltet. Zur Vergleichung
mit den neueren Ausgaben mag hier die ursprüngliche Fassung der von
der rechten Hand zu spielenden Stelle im 53. Takt vor Schluss des ersten
Satzes stehen.
75
dem er das Concert behufs des öffentlichen Vortrags einstudirte
aufschrieb. Ist das Erste der Fall, so kann die mündliche
Mittheilung- Carl Czerny's, Beethoven habe das G-dur-Concert
öffentlich sehr »muth willig« gespielt und bei Passagen viel
mehr Noten angebracht, als da standen, eine Erklärung finden.
Im andern Falle fällt die Vermuthung auf den Clavierspieler
Friedrich Stein, der das Concert im Januar 1809 öffentlich
spielen sollte, damit aber, wie Ferd. Ries (Biogr. Notizen
S. 114) erzählt, nicht fertig wurde. Dass das Concert ausser
der Aufführung am 22. December 1808, wo Beethoven es selbst
spielte, ein zweites Mal während seiner Lebenszeit in Wien
öffentlich gespielt wurde, ist nicht bekannt.*)
Wenn auch zu bezweifeln ist, dass Beethoven alle notirten
Aenderungen und Vortragszeichen bei einer neuen Ausgabe
benutzt haben würde, so sind sie doch der Beachtung werth
und sind wenigstens einige von ihnen zur Benutzung geeignet.
Wir stellen von den lesbaren Aenderungen und Zuthaten hier
die wichtigsten zusammen und bezeichnen nach der Breitkopf
u. Härtel'schen Partitur die Stellen, zu denen sie gehören.
Einige Aenderungen, bei denen nur der Anfang einer Stelle
angegeben ist, gelten auch für die Fortsetzung, und andere,
die sich nur auf die rechte Hand beziehen, sind auch auf die
linke Hand auszudehnen.
Seite 16, Takt 7 und 8. Vortragsbezeichnung: ri-tar-dan-do.
Seite 18, Takt 5 und 6. Beigefügte Noten für die linke
Hand und geänderte Vortragsbezeichnung:
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*) So viel sich ermitteln Hess, ist das Concert in Wien erst am
1. April 1830 wieder öffentlich gespielt worden.
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Seite 22, Takt 3 bis 8. Variante und Vortragsbezeichnung:
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Seite 23, Takt 1. Das 4 Takte vorher vorgeschriebene
»ritardando« wird aufgehoben durch: a tempo.
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Seite 25, Takt 2. Variante für die rechte Hand:
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Seite 25, Takt 8.
Variante:
Seite 28, Takt 1. Variante: H
Seite 34, Takt 3. Beim 2. Viertel des Taktes steht: rit.
Seite 34, letzter Takt bis Seite 36, Takt 1. Variante,
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mit den letzten Noten einer Cadenz beginnend:
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Seite 37, Takt 4. Variante: EE:
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Seite 41, Takt 19. Triller über den Noten: zzfcyft^n
Seite 47, Takt 5 und 6. Beigefügte Bogenbezeichnung:
-I F
*
78
Seite 47, Takt 9 ff. Bogen und Triller hinzu:
U&i tr
Seite 57 7 Takt 14 bis 18. Beigefügte Triller
es rics r:
i
sempre Ped. dimin. — —
Seite 59, Takt 18. Variante:
£ £ Jz +Z #. fi
=! — ; — j — I — ^=* —
Seite 62, Takt 2 und 3. Staccatostriche und Bogen hinzu:
dimin.
Seite 63, Takt 8 bis 13. Variante:
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1&
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+. A & jä ä
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§
Seite 66, Takt 18. jßfr f f f f ^ffefe^
Variante:
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Seite 67, Takt 9 bis 11. Variante:
8va-
Seite 68, Takt 1 und 2. Variante:
1 . 1
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XI.
Skizzen zu den Quartetten Op. 59.
In einem (bei Ernst Mendelssohn-Bartholdy in Berlin be-
findlichen) Skizzenbuch , das fast durchweg mit Arbeiten zur
Oper vLeonore« angefüllt ist. findet sich auf zwei Blättern, die
aber ausser dem Zusammenhang dieses Skizzenbuches stehen*)
und durch Zufall oder aus Versehen hineingerathen sind, die
Fortsetzung einer anderwärts begonnenen Arbeit zu den letzten
drei Sätzen des Quartetts in F-dur. Die meisten von diesen
Skizzen beziehen sich auf den zweiten Satz und betreffen die
Durch- und Weiterführung der zu Grunde liegenden Motive
und Themen, wobei denn einige dieser Motive, wie folgende
Auswahl zeigt.
r^i J7 M ü
^^^-^zM^ ^Fi 1 ^
Hl— W4
M — ri
?+*• *-♦,
^fiüi^i
Nf *?.f*.
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Vgl. den Artikel XLIV.
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noch nieht in der Gestalt erscheinen, in der wir sie kennen.
Der Satz zeigt schon in den Skizzen das Musivische, das er
im Druck hat; doch wird man bemerken, dass gewisse Eigen-
tümlichkeiten des Beethoven'schen Styls (rhythmische Ver-
rückungen, plötzliche Ausweichungen u. s. w.) weniger darin
ausgeprägt sind, als im Druck. Den Schluss des Satzes hat
Beethoven zweimal entworfen, einmal so
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und gleich darauf so.
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1 1 tr g:
I
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S^5
Beide Entwürfe sind von Grund aus verschieden, und die ge-
druckte Fassung lautet wieder anders. Dass das Anfangs-
motiv des Satzes in den vorletzten Takten der letzten Skizze
anders lautet als früher, beruht wohl auf einem Schreibfehler.
Am obern Rande eines Blattes finden sich die Worte: »Schrann
Mantel«, und bald darauf, neben einer Skizze auf derselben
Seite, schreibt Beethoven, das erste Wort verbessernd: »Schramm«.
Hiess ein Schneider so, dem Beethoven seinen Mantel gegeben
hatte?*)
*) Der Name » Schramm« kommt in Wien ziemlich häufig vor, nicht
aber »Schrann«. Thayer (Biogr. II, 398) liest: »Schwann Mantel« und
versteht unter ersterem Worte ein Gasthaus (»Schwan«), das Beethoven
öfters besuchte.
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82
Wir nehmen nun andere (im Archiv der Gesellschaft der
Musikfreunde in Wien befindliche) Skizzenblätter vor. Hier
»cigt uns ein Entwurf mit einer Variante
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83
den Anfang des dritten Satzes des ersten Quartetts in früheren
Fassungen. Man sieht, dass die Gestaltung des Hauptthemas
von seinem Anfang ausgegangen ist, dass die ersten Takte
früher ihre endgiltige Form erreichten, als die späteren, und
dass die Schlussformeln des Vorder- und Nachsatzes einige
Mtthe gemacht haben. Auf der letzten Seite des Bogens, der
diese und andere nur zum Adagio des Quartetts gehörende
Entwürfe enthält, stehen die Worte:
Eilten Trauerweiden oder Akazien - Baum aufs Grab
meines Bruders
Carl Czerny erzählt (Pianoforte-Schule , 4. Theil, S. 62), Beet-
hoven sei auf die Idee des Adagios des Quartetts in E-moll
(Op. 59 Nr. 2) gekommen, »als er einmal Nachts lange den ge-
stirnten Himmel betrachtete und an die Harmonie der Sphären
dachte.« Lassen sich nicht mit eben so viel Recht die obigen
Worte auf das Adagio des Quartetts in F-dur anwenden?
Das Hauptmotiv des ersten Satzes des Quartetts in E-moll
war ursprünglich kürzer. Man sehe diese früher
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84
Zwischen Skizzen zum ersten Satz erscheinen auch die
ersten Ansätze zum Adagio
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das wahrscheinlich ursprünglich zum dritten Satz des Quar-
tetts bestimmt war. Der jetzige dritte Satz entstand später
und wird in den vorhandenen Skizzen nicht berührt.
Das Thema des letzten Satzes des zweiten Quartetts ist
in den ersten Entwürfen noch sehr entfernt von der endgiltigen
Form und hat diese und seine einzelnen Bestandtheile erst
nach wiederholten Ansätzen gefunden. Man muss die Skizzen
sehen, wie sie nacheinander geschrieben wurden, zuerst diese,
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dann diese,
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Während der Arbeit am zweiten und dritten Satz des
Quartetts in C-dur entstand auch das Thema des zweiten
Satzes der Symphonie in A-dur.
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tetts. Beethoven fängt so an:
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87
Gleich darauf schreibt er:
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Finale V moll.
In dieser letzten Skizze haben wir die ersten Takte des
Menuetts und des dazu gehörenden Trios. Nur sind die Ton-
arten andere, als im Druck. Aus der am Schluss beigefügten
Notiz geht hervor, dass der letzte Satz des Quartetts, von dem
jedoch damals noch nichts fertig war, in C-moll stehen sollte.
Beide Skizzen sind mit Bleistift geschrieben und stehen auf
einem Blatte, das, wie mau aus den noch jetzt sichtbaren
Falten schliessen kann, Beethoven in der Tasche mit sich
herumgetragen hat. Die erste Idee zum dritten Satz ist also
wohl ausser dem Hause gefasst worden. Beethoven hat dann,
wie wir nach der Beschaffenheit der Skizzen annehmen müssen,
zu Hause angekommen, die gefundenen ersten Takte auf dem-
selben Blatte mit Tinte etwas weiter geführt, andere Stellen
angedeutet und dann die so entstandenen Stellen auf einem
andern Blatte in eine grössere Skizze
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zusammeiigefasst. Bald darauf erscheint das Stück in einer
zum Theil andern Fassung
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und, mit Ausnahme des zweiten Theils des Trios, welcher in
der Skizze in As-dur anfängt, in den Tonarten, welche es im
Druck hat. Ob diese später im Trio vorgenommene Aende-
rung der Tonart mit Rücksicht auf die Spielbarkeit oder aus
einem formellen Grunde geschah, muss dahingestellt bleiben.
Der Grund, warum die Haupttonart geändert wurde, ist klar.
Das dem letzten Satz des dritten Quartetts zu Grunde
liegende Thema hat ursprünglich vom vierten Takt an anders
gelautet, als es jetzt lautet. Es ist aber schwer, diese ur-
sprüngliche Fassung festzustellen. Ueber einer abgebrochenen
Skizze
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findet sich eine Bemerkung:
Eben so wie du dich hier in den Strudel der Gesellschaft
stürzest, eben so möglich ist's Opern trotz allen gesell-
schaftlichen Hindernissen zu schreiben — Kein Geheimniss
sey dein Nichthören mehr — auch bey der Kunst.
Skizze und Bemerkung sind mit Bleistift geschrieben und
stehen auf einem Bogen, der, nach den vorhandenen Falten
zu schliessen, ebenfalls in der Tasche getragen worden ist.
Man meint es der Bemerkung ohnedies anzusehen, dass sie
ausser dem Arbeitszimmer geschrieben wurde.
90
Aus der Stellung der vorhandenen Skizzen geht hervor,
dass das Quartett in F-dur zuerst entstand und dass Beet-
hoven gleichzeitig an den letzten Sätzen des ersten Quartetts
und am zweiten Quartett, ferner gleichzeitig am zweiten und
dritten Quartett arbeitete. Zwischen Skizzen zum zweiten Quar-
tett erscheinen Ansätze
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noch einmal noch einmal noch einmal macht' ich, eh 1 in die
zur Composition des Matthisson'schen Liedes »Wunsch«. Beet-
hoven hat das Lied auch zu anderer Zeit und wiederholt vor-
genommen, aber nie beendigt. Zwischen Skizzen zum Finale
des dritten Quartetts, aus denen zu entnehmen ist, dass der
Satz bald fertig war, erscheinen Entwürfe zu den 32 Varia-
tionen für Ciavier in C-moll. Wir werden dieselben an einem
andern Orte vorlegen.
Noch gedenken wir der zwei russischen Melodien, die
Beethoven in den Quartetten verwendet hat. Dieselben lauten
in einer von Iwan Pratsch herausgegebenen Sammlung russi-
scher Volkslieder, die, wie aus einer in einem Exemplar vor-
kommenden, von Beethoven geschriebenen Randbemerkung her-
vorgeht, Beethoven gekannt hat, wie folgt:
Molto andante.
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Dass Beethoven die Melodien gerade der genannten und keiner
andern Sammlung entnommen habe, lässt sich nicht behaupten.
XII.
Skizzen zum Quartett Op. 74.
Aus den vorhandenen Skizzen geht hervor, dass die vier
Sätze des Quartetts in der Folge angefangen und fertig wur-
den, in der sie im Druck erscheinen. Sämrntliche Skizzen
wurden im Jahr 1809 geschrieben. Während der Arbeit ent-
standen auch die zwei letzten Sätze der Sonate in Es-dur
Op. 81a.*)
In den vorhandenen Skizzen zeigt sich die Arbeit zum
ersten und zweiten Satz des Quartetts ziemlich vorgeschritten.
Die Arbeit muss also anderwärts begonnen worden sein. Die
Skizzen zum ersten Satz betreffen meistens den zweiten Theil
desselben, erreichen aber nicht überall die endgiltige Fassung.
So enthält z. B. diese abgebrochene Skizze
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zu Anfang des zweiten Theils vier Takte, welche später aus-
geschieden wurden. Am Rande einer Seite, welche Arbeiten
zum ersten Satz enthält, steht die Bemerkung: »Beim goldnen
Kreutz«.*)
In einer der ersten Skizzen zum zweiten Satz
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wird der Anfang desselben in einer bei den meisten Stellen mit
dem Druck übereinstimmenden Fassung aufgestellt .*) Auffallend
ist, wie Beethoven bei einer schönen Stelle, deren endgiltige
Fassung in der Skizze (Takt 17 bis 20) gefunden ist, schwan-
ken konnte. Er bemerkt nämlich, nachdem jene Skizze ge-
schrieben war:
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Bemerkenswert!] ist auch eine Skizze,
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sollte, als im Druck.
Der dritte Satz sollte ursprünglich so
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*) Beethoven hat sich in Skizzen nicht selten verschrieben. Auch
in obiger Skizze ist an der Richtigkeit mehrerer Noten, die in der Vor-
lage sehr deutlich geschrieben sind, zu zweifeln. So meinen wir, dass
Takt 13 die 1. und 2. Note und Takt 14 die 3. und 4. Note in der Skizze
so lauten müssen, wie im Druck. Zweifelhaft sind auch die untern
Noten im 29. und 30. Takt.
94
anfangen. Für den Mittelsatz werden zwei Themen aufge-
stellt, eins hier,
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die, ungeachtet ihrer Verschiedenheit von den in der Partitur
vorkommenden Themen, doch in Betreff der gewählten Noten-
gattung eine Aehnlichkeit damit zeigen. Man kann auch be-
merken, dass Beethoven den Anfang der letzten Skizze in ent-
gegengesetzter Bewegung benutzt hat.
Auch das aus so einfachen Elementen bestehende Varia-
tionenthema musste einige Wandlungen durchmachen, bis es
seine endgiltige Form fand. Zuerst sollte das Thema
Variationen. M oderato .
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ganz anders lauten, als jetzt. Dieser Anfang wird verworfen.
Bald darauf erscheint das jetzige Thema in seiner ursprüng-
lichen Fassung,
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eine andere Fassung versucht.
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Fassung hingeschrieben.
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Die dann folgenden Skizzen beschäftigen sich grösstcnthcils
mit den Variationen und nähern sich immer mehr der gedruck-
ten Lesart.
XIII.
Skizzen zur Sonate Op. 81 a .
Aus den Skizzen geht hervor, dass zuerst der erste Satz
und nach einer Unterbrechung von ungefähr einem halben
Jahre die andern Sätze entstanden. Sämmtliche Skizzen fallen
ins Jahr 1809, und müssen die zu den zwei letzten Sätzen
eine ziemlich geraume Zeit vor dem auf dem Originalmanu-
script angegebenen Tage geschrieben sein.*)
Ein Entwurf zum Anfang des ersten Satzes
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*) Der erste Satz trägt im Autograph die Ueberschrift : »Das Lebe-
wohl. Wien am 4ten Mai 1809 bei der Abreise S. Kaiserl. Hoheit des
Verehrten Erzherzogs Rudolf«. Die Ueberschrift der andern Sätze
lautet: »Die Ankunft S. Kais. Hoheit des verehrten Erzh. Rudolf den
30. Januar 1810«. Die angegebenen Daten sind nur als die der Abreise
und der Rückkunft des Erzherzogs zu nehmen. Die Reise des Erzher-
zogs wurde durch die Annäherung des französischen Heeres veranlasst.
Die Franzosen langten in den Vorstädten Wiens an am 9. Mai 1809 und
verliessen Wien am 20. November 1809. Die Familie des österreichi-
schen Kaisers flüchtete Anfang Mai 1809 nach Ofen und kehrte von da
Ende Januar 1810 nach Wien zurück. (Vgl. Wiener Zeitung vom
31. Januar 1810.) Vgl. den Artikel XXIX.
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zeigt eine wesentliche Abweichung vom Druck nur beim Schluss
der Einleitung. Der Druck hat hier einen Takt mehr. Der
Anfang der Schlusspartie des ersten Theils hat in einer der
ersten Skizzen
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Tonika-Harmonie zusammentreten, findet sich in den Skizzen
nicht. Sie entstand also später, möglicherweise erst bei der
Reinschrift Hier eine Skizze,
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Die Arbeit zum zweiten Satz beginnt mit einem Ansatz,
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Aus den Skizzen zum dritten Satz sind ihrer Vortrags-
bezeichnung wegen einige Stellen hervorzuheben.
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Zwischen den Arbeiten zum ersten Satz findet sich die
Bemerkung:
Der Abschied (durchstrichen: Das Lebewohl) — am
4ten Mai — gewidmet und aus dem Herzen geschrieben
S. K. H.
Ohne Zweifel ist das die Ueberschrift, die Beethoven dem
ersten Satz zu geben gedachte. Zwischen den Arbeiten zu
den letzten Sätzen finden sich die Worte:
Abschied — Abwesenheit — Ankunft
Beethoven gedachte die drei Sätze so zu tiberschreiben.
XIV.
Skizzen zur 7. und 8. Symphonie
füllen den grössten Theil eines früher bei G. Petter in Wien be-
findlichen Skizzenbuchs. Das Skizzenbuch ist nicht vollständig.
Hin und wieder fehlen Blätter. Einige Skizzen finden keine
Fortsetzung u. s. w. Mit voller Sicherheit lässt sich also der
Gang der Arbeit nicht verfolgen. Betrachtet man die Skizzen,
wie sie vorliegen, im Ganzen und sieht man ab von einzelneu
Kreuzungen, so gelangt man zu dem Ergebniss, dass die 8.
Symphonie gleich nach der 7. in Angriff genommen wurde
und dass die einzelnen Sätze dieser Symphonie ziemlich in
der Folge, wenn auch nicht begonnen, so doch heranwuchsen
und fertig wurden, in der wir sie kennen.*)
Es ist schwer, genau zu bestimmen, wo die Skizzen zur
7. Symphonie anfangen. Bevor die ersten Skizzen zum Vor-
schein kommen, in denen wir eine ausgesprochene Aehnlich-
keit mit Stellen im ersten Satz dieser Symphonie erkennen,
erscheinen Versuche mit verschiedenen rhythmischen Motiven,
die im Verlauf der Arbeit theils beibehalten und umgebildet,
theils nach und nach fallen gelassen werden, so dass man jene
Versuche, je nachdem man sie betrachtet, zu den Vorarbeiten
zur Symphonie rechnen kann oder nicht. Von jenen Motiven
macht sich z. B. in diesen Skizzen
*) Zur Bestimmung der Zeit, in welcher die Skizzen geschrieben
wurden, können die zu Anfang der Original-Manuscripte der Sympho-
nien angegebenen Daten dienen. Die 7. Symphonie ist überschrieben:
»1812, 13ten Mai«; die 8.: »Linz im Monath October 1812«.
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der im ersten Satz herrschende Daktylus bemerkbar. In einer
bald darauf erscheinenden Skizze (S. 7),
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die, nach den vorausgegangenen Versuchen zu schliessen, als
ein verworfener Ansatz zum ersten Satz der 7. Symphonie be-
trachtet werden kann, macht sich ein anderes Motiv geltend,
das nicht in gedachtem ersten Satz, sondern, unwesentlich ver-
ändert, im dritten Satz derselben Symphonie verwendet ist.
Nach diesen und andern sämmtlich im f-Takt stehenden
Skizzen und Anläufen erscheinen zuerst hier (S. 8)
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und gleich darauf hier
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Thema.
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die ersten bestimmten Anklänge an die ersten zwei Takte des
Haupttheraas des ersten Satzes. Nach und neben diesem An-
fangsmotiv taucht, erst weniger kenntlich,
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dann deutlicher,
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ein im zweiten Theil des Hauptthemas vorkommendes Motiv
auf. Die meisten der nun folgenden Skizzen sind auf die
Aus- und Weiterbildung der gefundenen Motive gerichtet. Man
sehe hier,
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und hier.
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Das Hauptthema schält sich nur langsam heraus. Vollständig,
jedoch mit einzelnen Abweichungen von der gedruckten Fas-
sung, erscheint es erst nach einer Arbeit von ungefähr sechs
Seiten.
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Von jetzt an klärt sich die Arbeit immer mehr. Mit dem
ersten Satz wächst auch die Introduetion heran. Wir ver-
zeichnen: ein darin vorkommendes melodisches Sätzchen in
seiner ersten Fassung,
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den Anfang einer auf die ganze Introduetion sich erstrecken-
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und die erste Skizze zum Uebergang von der Introduetion zum
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einer früheren Zeit an. Es findet sich in dieser Gestalt
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107
zwischen Arbeiten zum zweiten und dritten Satz des Quartetts
in C-dur (0p. 59 Nr. 3), entstand also ungefähr sechs Jahre
vor der Composition der 7. Symphonie. Die Vermuthung liegt
nahe, Beethoven habe es ursprünglich in jenem Quartett an
Stelle des jetzigen zweiten Satzes verwenden wollen. Noch
während der Arbeit am ersten Satz der Symphonie hat Beet-
hoven das Thema wieder aufgenommen. Hier der Anfang
einer der ersten grösseren Skizzen (S. 23).
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Die ersten Skizzen zum dritten Satz der Symphonie wur-
den noch während der Arbeit an den vorhergehenden Sätzen
geschrieben. Sie kommen der gedruckten Form wenig nahe.
Diese Skizze (S. 26)
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zeigt eine Uebereinstimmung mit dem Druck nur in den ersten
Takten, wo das aus den Vorarbeiten zur Symphonie bekannte
Motiv aufgegriffen ist. Das aus drei Viertelnoten bestehende
108
Motiv, das in der Partitur eine wichtige Rolle spielt , kommt
zwar auch in der Skizze vor; nur ist es hier nicht, wie dort,
einige Takte hindurch beständig abwärts, sondern abwechselnd
ab- und aufwärts sreführt. Diese Skizze
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Ausser den erwähnten zwei Motiven macht sich in der
Partitur noch ein drittes, ein aus einer »Halb- und einer Viertel-
note bestehendes Motiv ( J \ ) geltend. Beethoven hat es
namentlich zu Anfang des zweiten Theiles, wo es mehrere
109
Takte hindurch in gleicher Lage und auf verschiedenen Stufen
wiederholt wird, auf charakteristische Weise verwendet. Das-
selbe Motiv und eine ähnliche Verwendung findet sich in einer
im Jahre 1809, also einige Jahre vor der Composition der
Symphonie in A-dur entworfenen Ouvertüre, die aber nicht
so ausgeführt wurde, wie sie damals entworfen war.*) Es
gentigt hier, den Anfang einer dazu gehörenden Skizze her-
zusetzen.
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Auf diese liegengebliebene Arbeit aus dem Jahre 1809 ist
Beethoven in vorliegendem Skizzenbuch und bevor der dritte
Satz der 7. Symphonie in allen Theilen fertig skizzirt war,
zurückgekommen. Die Vermuthung liegt nahe, die Erinnerung
an jene Arbeit und an jene Verwendung des Motivs sei bei
der Composition des dritten Satzes der 7. Symphonie mitbe-
teiligt gewesen.
Zum letzten Satz der Symphonie entwirft Beethoven zuerst
folgendes Thema (S. 9).
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*) Zu verweisen ist auf den Artikel »Skizzen zur Ouvertüre Op. 115«.
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110
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lichen Fassung.
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Diese zwei Skizzen finden sich noch zwischen Arbeiten zu den
ersten drei Sätzen der Symphonie. Nach deren Beendigung
wird, mit geringen Unterbrechungen, der vierte Satz allein
vorgenommen. Zunächst wird der zweite Theil des Themas
gefunden.
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Die dem Hauptthema folgende Partie sollte ursprünglich so,
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dann, der endgiltigen Fassung ziemlich entsprechend, so
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anfangen. Der bei dieser Skizze angedeutete Modulationsgang
Isl in der Partitur innegehalten, aber nicht mit der skizzirten
Melodie, sondern mit andern Themen.
111
Wir haben nun die Arbeiten zur 8. Symphonie vorzu-
nehmen. Dass während der Skizzirungen zur 7. Symphonie
wenig oder nichts von der achten feststand und dass Beet-
hoven während jener Arbeit doch daran dachte, der Sym-
phonie in A-dur eine neue folgen zu lassen, geht aus einer
Andeutung hervor, welche zwischen Skizzen zum zweiten Satz
der 7. Symphonie vorkommt und welche lautet: »2te Sinfonie
Dmoll«. Prophetischer klingen die zwischen den Skizzen zur
8. Symphonie vorkommenden Bemerkungen: »Sinfonia in Dmoll
— 3te Sinf.«
Die ersten Skizzen zum ersten Satz der 8. Symphonie
(S. 70 f.) sind meistens klein und grösstentheils auf die Ge-
staltung der Themen gerichtet. Wie weit sie von der end-
giltigen Fassung waren, kann man an diesen sehen (S. 71 f.).
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Das Hauptthema des zweiten Satzes der Symphonie kommt
bekanntlich in einem auf den Mechaniker Mälzel und seinen
Taktmesser geschriebenen Kanon vor. Dieser Kanon soll im
Frühjahr 1812, also vor der Composition der 8. Symphonie
entstanden sein. Das Skizzenbuch widerspricht dieser Angabe
nicht. Die vorkommenden Skizzen (S. 104 bis 110) sind nir-
gends auf die Bildung- jenes Themas, sondern, wie man z. B.
an dieser flüchtig: geschriebenen Skizze (S. 104) sehen kann.
Thema.
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nen Motive gerichtet, lassen also eine frühere Entstehung- des
Themas wohl annehmen.
114
Die schöne Melodie zu Anfang- des dritten Satzes scheint
schnell gefunden zu sein. In den ersten Skizzen, z. B. in
dieser (S. 106),
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zwei Takte. Spätere Skizzen, z. B. diese (S. 108),
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sollte die Figuralstimme ursprünglich Sechzehntelnoten be-
kommen. Bald darauf entschied sich Beethoven, wie aus der
nachträglich beigefügten Bemerkung »acc: Triolen« hervorgeht,
für eine ruhigere Begleitung. Noch in der letzten Skizze
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Zum Hauptthema des letzten Satzes wird wiederholt an-
gesetzt. Beethoven schreibt zuerst (S. 82) so,
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Interessant ist es zu sehen, wie die kleine Periode zu Anfang
des Satzes sich bei wiederholter Vornahme zu der doppelten
Anzahl von Takttheilen erweitert. Noch wollen wir Kenntniss
nehmen von einem zwischen diesen Skizzen vorkommenden,
für Ciavier gedachten Entwurf (S. 104),
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in dem Beethoven durch das im Werden begriffene Anfangs-
motiv jenes Symphoniesatzes zu einer Abschweifung veran-
lasst wird.
Nicht alle Sätze der beiden Symphonien haben im Skizzen-
buch ihre endgiltige Fassung gefunden. Namentlich zum 3.
Satz der siebenten und zu den drei letzten Sätzen der achten
Symphonie mag die Arbeit auf andern Blättern fortgesetzt
worden sein.
Auf den übrigen Inhalt und auf andere Ergebnisse des
Skizzenbuchs braucht hier nicht eingegangen zu werden. Wir
verweisen deshalb auf einen andern Artikel.*) Hier mag die
Bemerkung genügen, dass die achte Symphonie zum grossen
Theil in den böhmischen Bädern, wo sich Beethoven im
Sommer 1812 aufhielt, skizzirt wurde. In Linz kam das Werk
zum Abschluss.**)
*) S. den Artikel XXXI.
**) Die Leipziger Allg. Musik. Zeitung vom 2. September 1812
schreibt. »L. v. Beethoven, welcher zur Bade- und Brunnen-Cur erst in
Töplitz, dann in Carlsbad sich aufhielt und nun in Eger ist, hat
wieder zwei neue Symphonien geschrieben.« Diese Angabe ist in Be-
treff der 8. Symphonie, wie das auf dem Autograph derselben stehende
Datum zeigt, verfrüht.
XV.
Das Lied »An die Hoffnung« Op. 94.
Ein Bogen, den Beethoven, wie aus der Faltung hervor-
geht, in der Tasche mit sich herum getragen und also ausser
dem Hause benutzt hat, enthält auf der 1. Seite Andeutungen
zur ersten Abtheilung der »Schlacht bei Vittoria« (Op. 91),
auf der 2. bis 4. Seite mit Bleistift geschriebene Entwürfe zu
erwähntem Liede, von welchen wir nur einen Theil der les-
baren hersetzen,
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und zwischen diesen Liedskizzen und ebenfalls auf der 4. Seite
drei theils in geschlossener Form, theils in Partitur geschrie-
bene Entwürfe zu dem Kanon »Kurz ist der Schmerz« in
F-moll. Hier der zweite
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Aus der Stellung der Skizzen geht hervor, dass das Lied
begonnen wurde, als die ^Schlacht bei Vittoria« bereits ange-
fangen, möglicherweise schon fertig war, und dass am Liede
und am Kanon ziemlich gleichzeitig gearbeitet wurde. Die
121
»Schlacht bei Vittoria« wurde zwischen August und November
1813 componirt. Der Kanon war am 23. November 1813
fertig, weil er an diesem Tage in ein Stammbuch geschrieben
wurde. Die Skizzen zum Liede erstrecken sich auf den ganzen
Text und kommen der gedruckten Form theils so nahe, theils
stimmen sie so sehr damit überein, dass Beethoven gleich zur
Reinschrift schreiten konnte. Nach Allem ist als die Com-
positionszeit des Liedes die Zeit zwischen August und Ende
1813 anzunehmen.
Franz Wild, früher Sänger am Hoftheater in Wien, er-
zählte, Beethoven habe das Lied für ihn geschrieben.*) Das
ist nicht zu glauben.**) Beethoven war nicht der Mann,
Sängern von Beruf derartige Aufmerksamkeiten zu erweisen.
Gegen Wild's Behauptung spricht vor Allem der Umstand, dass
das Lied nicht nur, wie die Skizzen zeigen, für Sopran ge-
dacht ist, sondern dass auch die Singstimme im Sopran-
schlüssel gedruckt wurde. Wahr ist, dass Wild das Lied am
25. April 1816 öffentlich sang. Es war aber schon kurz vor-
her erschienen. Wäre jene Behauptung wahr, so müsste das
Lied erst 1816 oder 1815 componirt sein. Und diese Com-
positionszeit verträgt sich nicht mit dem aus den Skizzen ge-
wonnenen Datum. Wir suchen die Anregung zur Composition
anderswo und näher.
Das Lied ist der Fürstin Karoline Kinsky gewidmet, deren
Gemahl Ferdinand am 3. November 1812 in Folge eines
Sturzes vom Pferde starb. Fürst Ferdinand Kinsky war einer
von den Dreien, welche im Jahre 1809 für Beethoven einen
jährlichen Gehalt von 4000 Gulden aussetzten, und hieran
hatte er sich mit der grössten Summe (1800 Gulden jährlich)
betheiligt. Vergegenwärtigt man sich das Verhältniss, das
nach dem Tode des Fürsten zwischen Beethoven und der
Wittwe seines Gönners eintreten musste; berücksichtigt man
*) S. Thayer's Chronolog. Verz. S. 132.
**) Dass die Aussagen des genannten Sängers mit Vorsicht, ja mit
Unglauben aufzunehmen sind, beweist seine mit der obigen verbundene
Aeusserung, Beethoven habe ihm gegenüber die Absicht ausgesprochen,
die »Adelaide« zu instrumentiren. Das glaube, wer will.
122
den Inhalt des zur Composition gewählten Textes; lässt man
Beetkoven's zur Mitempfindung geneigte Natur und endlich
die Widmung nicht ausser Augen; so kann man kaum zwei-
feln, dass das Lied eine durch jenen Todesfall hervorgerufene
Gelegenheitscomposition ist. Man würde Beethoven wenig
Edelmuth zutrauen, wollte man glauben, die Schwierigkeiten,
welche er nach dem Tode des Fürsten wegen der Fortbe-
ziehung seines Gehaltes hatte, hätten ihn abhalten können,
eine solche Composition zu schreiben. Mit dem Datum, das
sich an den Todesfall knüpft, lässt sich das aus den Skizzen
gewonnene Ergebniss, das Lied sei in der zweiten Hälfte des
Jahres 1813 componirt, in Einklang bringen.
XVI.
Skizzen zur Sonate Op. 106
finden sich in einem Skizzenbuch aus dem Jahre 1817, in zwei
nicht ganz vollständigen, beim Verfasser befindlichen Taschen-
skizzenheften aus dem Jahre 1818 und auf mehreren an ver-
schiedenen Orten befindlichen Bogen und Blättern. Die erst-
genannten Vorlagen enthalten die ersten Entwürfe zu allen
Sätzen der Sonate. Von den später und zuletzt geschriebenen
Entwürfen müssen welche verloren gegangen sein. Nament-
lich fehlen Entwürfe zum Adagio. Die vier Sätze der Sonate
wurden in der Folge begonnen, in der sie im Druck aufein-
ander folgen. Während der Composition des ersten Satzes
wurde der zweite, dann der dritte, und während der Composi-
tion des zweiten imd dritten Satzes der letzte Satz (Intro-
duction und Fuge) begonnen. Grössere, zusammenhängende
Skizzen kommen nur in geringer Anzahl vor. Meistens sieht
man abgebrochene Stellen von höchstens acht Takten.
Die ersten Skizzen zum ersten Satz der Sonate
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Wir sehen meistens unbekannte, unbenutzte Motive, und nur
ein Motiv macht sich bemerkbar, in dem das jetzige Haupt-
motiv versteckt erscheint und das in später geschriebenen
Skizzen,
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aber auch hier nur allmählich, durch rhythmische Umgestal-
tung, durch Beifügung eines Octavensprungs u. s. w. seine
endgiltige Form erlangt. Nach und nach kommen auch an-
dere Themen und Bestandteile des Satzes zum Vorschein.
Am ersten bemerkbar macht sich eine in den Schlusspartien
verwendete Melodie. Die zuletzt mitgetheilten Skizzen bringen
Anfangsnoten derselben. In dieser auf die ganze zweite Hälfte
des ersten Theils sich erstreckenden Skizze
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sind die meisten Motive und Themen, zum Theil in ihrer ur-
sprünglichen Gestalt, vereinigt. (Bei dem Takt 36 eintreten-
den Motiv hat man sich den Bassschlüssel vorgesetzt zu denken.
Später ist wieder der G-Schlüssel anzuwenden. Die Stelle ist,
wie andere, zweifelhaft.) Die Arbeit zieht sich nun noch un-
gefähr 70 Seiten lang fort. Wir entnehmen ihr eine ursprüng-
lich zum Fugato im zweiten Theil gehörende Stelle,
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zum Anfang des dntten Theils und einen Entwurf
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zum Schluss des Satzes. In jener Skizze zum Anfang des
dritten Theils sind die ersten drei Takte aus dem Grunde
beachtenswerth , weil sie dazu beitragen, einen an eine im
Druck vorkommende Stelle sich knüpfenden Zweifel zu heben.
Zwischen diesen Entwürfen finden sich verschiedene An-
deutungen und Entwürfe, die eine Beziehung zur Sonate
Op. 106 zulassen. Zunächst zu verzeichnen sind: ein Ansatz,
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der möglicherweise zu einem der folgenden Sätze der Sonate
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dieses anfangs durchgeführt u. später 4 stimmiger Chor
128
dem bald ein zweiter folgt,
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welch beide letztere Ansätze höchstwahrscheinlich einer fin-
den Namenstag des Erzherzogs Rudolf (17. April) zu schrei-
benden Composition gelten. Dass Beethoven eine von den
Skizzen ausgeführt habe, ist nicht bekannt und nicht wahr-
scheinlich. Beide Ansätze kommen, wie man es etwas bei der
zuletzt mitgetheilten Skizze sehen kann, zwischen Arbeiten
zum zweiten Theil des ersten Satzes der Sonate vor. Diese
Umgebung, die theilweise Aehnlichkeit der Ansätze nntj|em
Hauptmotiv des ersten Satzes der Sonate, die Gleichheit der
Ton- und Taktart und dann der Umstand, dass, wie es in
einem Briefe Beethoven's an den Erzherzog heisst, die ersten
zwei Sätze der Sonate »an« dem Namenstag des Erzherzogs
geschrieben sind, können uns veranlassen, in jenen Ansätzen
eine Anticipation der Widmung der Sonate zu erblicken und
zu glauben, dass jener Glückwunsch bei der Composition des
ersten Satzes der Sonate mit im Spiele war und die Arbeit
zeitigen half.*)
*) Erwähnte Briefstelle lautet: »Zu den zwei Stücken von meiner
Handschrift an J. K. H. Namenstag geschrieben sind noch zwei andere
gekommen, wovon das letztere ein grosses Fugato, so dass es eine grosse
Sonate ausmacht, welche nun bald erscheinen wird, und schon lange
aus meinem Herzen J. K. H. ganz zugedacht ist; hieran ist das neueste
Ereigniss J. K. H. nicht im mindesten Schuld.« Der Brief ist ohne
Datum. Die Zeit, in der er geschrieben, lässt sich aber annähernd be-
stimmen. Unter dem erwähnten »neuesten Ereigniss« kann nur die am
4. Juni 1819 erfolgte Ernennung des Erzherzogs znm Erzbischof von
Olmiitz gemeint sein. Mit diesem Datum lassen sich die Daten, welche
sich an andere, hier übergangene Briefstellen knüpfen, in Einklang
bringen. Der Brief muss also bald nach dem 4. Juni 1819 geschrieben
sein. Da es nun ferner sicher ist, dass die zwei ersten Sätze der Sonate
— denn keine andern können zu Anfang der angeführten Briefstelle ge-
rn* int sein — am 17. April, dem Namenstag des Jahres 1818 noch nicht
fertig sein konnten, so bleibt nur der Namenstag des Jahres 1819 übrig,
;<n dem, wie Beethoven sagt, die Stücke geschrieben wurden.
129
Zwischen den Ansätzen und zwischen den fortgesetzten
Arbeiten zum Sonatensatz erscheint ein Entwurf
Zuerst Memiet. Ende
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Adagio Fismoll oder
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zur Fortsetzung der Sonate, der, wenn auch nicht den Noten,
so doch den Worten nach fast ganz zur Ausfahrung gekommen
ist. Später folgt ein auf den letzten Satz zu beziehender
Entwurf
Zwischensatz oder Abschnitt
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mit dem Anfang eines zum zweiten Satz bestimmten Menuetts
in B-moll und mit einer Bemerkung, in der Beethoven von
dem früheren Plane in Betreff der Einrichtung des Finales
abgeht.
130
Noch bevor der erste Satz im Entwürfe fertig war, ge-
schahen hier
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die ersten, die endgiltige Form anbahnenden und sie erreichen-
den Züge zum Thema des zweiten Satzes der Sonate. Nach
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sollte das Hauptmotiv auf verschiedene Weise geändert oder
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war es gleich auf einen Kanon abgesehen. Auch stand es
bald fest, dass am Schluss
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die Tonart H-moll, jedoch nur kurz und vorübergehend be-
rührt werden sollte. Auf den Gedanken, dem kanonischen
Trio in B-moll ein rascheres Sätzchen in gleicher Tonart
folgen zu lassen, ist Beethoven später gekommen. Verschie-
dene Ansätze finden sich dazu, die sich aber alle im J-Takt
und in Achtelnoten bewegen. Hier ist ein Entwurf.
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Eine der zuletzt geschriebenen Skizzen ist diese.
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132
Beim Wiederholen
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Sie bringt fast nur die Anfangstakte des ersten und zweiten
Theils und das Ende des Satzes. Beachtenswerth ist das bei
der Tremolo-Stelle stehende pp. Der Druck hat da kein Vor-
tragszeichen. Vielleicht wollte Beethoven die Auffassung dem
Spieler überlassen. Bemerkenswerth ist auch die Verdoppe-
lung der Note D im letzten Takt. Beethoven hat da den
Noten noch Buchstaben beigefügt. Es scheint, dass er Be-
denken trug, hier, wie im Druck, den t-Accord zu nehmen.
Die Skizze ist ursprünglich mit Bleistift geschrieben, ist dann
mit Tinte überzogen worden und befindet sich, zwischen Ar-
beiten zum letzten Satz, in einem der eingangs erwähnten
Taschenskizzenhefte, welches Beethoven im Sommer 1818 bei
seinem Aufenthalt in Mödling brauchte.*) Innerhalb der Skizze
finden sich folgende Bemerkungen:
Ein kleines Haus allda so klein, dass man allein nur
ein wenig Raum hat —
Nur einige Tage in dieser göttl. Briel —
Sehnsucht oder Verlangen — Befreiung od. Erfüllung
" In einem Tagebuch Beethoven's aus dem Jahre 1818 steht: »Am
19. Mai in Mödling eingetroffen.
133
Diese Worte wurden gleichzeitig mit der Skizze geschrieben.
Aus diesem Zusammentreffen geht hervor, dass die Skizze bei
den Wanderungen in der Briel niedergeschrieben wurde.*)
Die ersten Skizzen zum dritten Satz der Sonate sind kurz
und sehen ziemlich chaotisch aus. Es dauert lange, bis aus
dem Chaos feste Gestalten heraustreten, bis sich aus den immer
anders lautenden und abgerissenen Stellen rhythmisch ge-
gliederte und ausgebildete Themen entwickeln. Man sehe hier,
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*) Brie! (oder Brühl) heisst ein Thal bei Mödling.
134
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Die letzte Skizze ist eine der ersten, welche bestimmte An-
klänge an die jetzige Anfangsmelodie enthält. Aber noch be-
vor sie geschrieben wurde, war (2 Seiten früher)
schon der Schluss des Satzes (in Fis-dur) ins Auge gefasst.
Man sieht, Beethoven hat aus dem Ganzen heraus gearbeitet
und die Sache an allen Ecken und Enden angefasst. In später
geschriebenen Skizzen klärt sich die Arbeit immer mehr und
mehr. Wir setzen die zuerst vorkommende grössere Skizze
zum Hauptthema
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in der Beethoven verscliiedenc Fassungen einer gegen den
Schlüge des Satzes vorkommenden Stelle versucht. Im Druck
hat Beethoven die erste Fassung gewählt.
Die Einleitung zur Fuge wurde, jedoch mit Uebergehung
der Zwischenspiele, in einem Zuge entworfen.
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136
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Man stelle sich diese Skizze mit grossen und weit auseinander
stehenden Noten geschrieben vor, so dass der abwärts gehende
Terzenzirkel, nämlich die vom hohen F bis zum tiefen D
immer abwechselnd eine grosse und eine kleine Terz abwärts
schreitende Unterstimme recht vor Augen tritt. In Beethoven's
Handschrift füllt die Skizze mehr als eine halbe Seite.
Zur Fuge, die natürlich früher begonnen wurde, als die ihr
vorhergehende Einleitung, hat Beethoven die verschiedensten
Themen aufgestellt. Die zuerst aufgestellten Themen, z. B. dieses,
letztes
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das geschrieben wurde, als das Adagio erst im Entstehen be-
griffen war, und das wir uns in einem langsamen Tempo und
nur zum Eingang des letzten Satzes bestimmt denken, ent-
halten nichts, was an das jetzige Thema erinnern könnte, und
beweisen höchstens, dass beim letzten Satz die Fugenform an-
gewendet werden sollte. Das jetzige Thema entstand erst,
als der dritte Satz bald fertig war. Wir legen einige Ent-
würfe vor, die es in einer früheren Gestalt zeigen.
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137
In den früher erwähnten Taschenskizzenheften, welche
Beethoven bei seinem Aufenthalt in Mödling im Sommer 1818
brauchte, finden sich zwischen Arbeiten zum letzten Satz der
Sonate, der Reihe nach einige auf den Wanderungen um Möd-
ling entstandene Stellen,
Auf dem Wege Abends zwischen den und auf den Bergen
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und ein ziemlich vollständiger Entwurf
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zu dem kleinen Claviersttick in B-dur, welches Beethoven (vgl.
Thematisches Verzeichniss S. 152) am 14. August 1818 auf
Aufforderung schrieb.
Aus den hier und anderwärts*) gewonnenen Daten ergiebt
sich, dass die Sonate Op. 106 frühestens im November 1817
begomien wurde, dass die zwei ersten Sätze im Sommer 1818
und die zwei letzten spätestens im März 1819 fertig waren.
*) Zu verweisen ist auf den Artikel XXXVI und auf die Briefe
Beethoven's an Ries aus dem Jahre 1819. (Biogr. Notizen S. 147—152.)
XVII
Skizzen zu den »Kuinen von Athen«
stehen theils in einem im britischen Museum aufbewahrten
Skizzenheft von 80 Seiten in Querformat, theils auf einem
Blatte, das sich in einem Skizzenbuch befindet, zu dem es
nicht gehört.*) Das Skizzenheft enthält, mit Ausnahme des
türkischen Marsches und der darauf folgenden »Musik hinter
der Scene«, Entwürfe zu allen Nummern der »Ruinen von
Athen«. Die Folge, in der diese Stücke vorgenommen wurden,
ist schwer zu bestimmen. Die Blätter, Bogen und Lagen, aus
denen das Heft besteht, sind erst nach dem Gebrauch zu-
sammengefädelt worden und liegen nicht durchweg in der Ord-
nung, in der sie beschrieben wurden. Auch auf Vollständig-
keit kann das Heft keinen Anspruch machen. Einige Skizzen
finden keine Fortsetzung, andern fehlt der Anfang u. s. w. Nur
so viel lässt sich sagen, dass die Stücke nicht in der Folge,
in der sie in der Partitur stehen, vorgenommen, wurden und
dass von allen Stücken die Ouvertüre zuletzt in Angriff ge-
nommen wurde. Sämmtliche Skizzen entstanden in der Zeit
von frühestens Mai bis spätestens Ende 1811. Unsere Auf-
merksamkeit richtet sich am meisten auf die Skizzen zum
Chor der Derwische und zum Marsch mit Chor.
Auf den Derwisch-Chor beziehen sich vier abgebrochene
Skizzen, jede mit nachträglichen Aenderungen und Varianten
versehen. Die zuerst erscheinende Skizze
*) Siehe den Artikel XXXI.
139
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befasst sich mit der zweiten Hälfte des Textes und nähert sich
nur bei der begleitenden Triolenfigur im Anfang und bei
einigen Stellen im weiteren Verlauf der gedruckten Form.
Damit sind aber einige der hervortretendsten Züge festgestellt.
In der nächsten Skizze
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nimmt Beethoven die erste Hälfte des Textes vor. Die Skizze
beginnt, dem Text, wie ihn Kotzebue gedichtet, entsprechend,
mit dem Worte »Mahomet«. Beethoven hat dies Wort später
im Anfang weggelassen und dafür in der Mitte angebracht.
Ausserdem weicht die Skizze bei dem Worte »Kaaba« (Takt
13 f.) von der gedruckten Form ab. Es fehlt hier das charak-
teristische Ais. Im Nachspiel steht es und in der dritten
Skizze
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hat es auch die Singstimme. Die vierte Skizze beschäftigt
rieb mit der zweiten Hälfte des Textes und kommt der ge-
druckten Form sehr nahe.
141
Der Marsch mit Chor ist aus unscheinbaren Anfängen her-
vorgewachsen. Beethoven nimmt zuerst die Worte vor. Der
Ueberschrift des Kotzebue'schen Textes folgend und ohne Rück-
sicht auf das Orchester zu nehmen, denkt er sich die Worte
im Wechselgesange von den Priestern und Jungfrauen vorge-
tragen.*)
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stellt sich 'das Begleitungsmotiv ein. Nach einem Versuch mit
jenem Motiv und nach einigen Ansätzen zu einer Instrumental-
melodie
*) Kotzebue überschreibt den Text: »Wechselgesang der Priester
und Jungfrauen«.
142
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erscheint eine vom Orchester und von den Chören abwechselnd
vorgetragene Melodie,
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sie sind ge - schmücket
in der, da sie dieselben Harmonieschritte zur Grundlage hat,
die bekannte Instrumentalmelodie verborgen liegt. Nach noch
einem kurzen Ansätze
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und nach einer Bemerkung,
Auch im Trio könnten die Priester singen
aus der man entnehmen kann, dass Beethoven über die Form
im Ganzen noch nicht im Klaren war, erscheint die jetzige
Instrumentalmelodie in ihrer ursprünglichen Gestalt.
143
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und schreibt dann die ganze Melodie in einer etwas andern
Fassung auf.
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Jedenfalls ist der Anfang des Marsches auf einem Umwege
gefunden. Die noch folgenden Skizzen erstrecken sich auf
das ganze Stück und nähern sich immer mehr der endgil-
tigen Form.
Von den zu den übrigen Stücken gehörenden Entwürfen
mag noch der erste Entwurf zur Ouvertüre hier eingerückt
werden.
Thema der Overture * — - ^~^* <- — *»
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144
Ausser den genannten Arbeiten enthält das Skizzenheft
noch Entwürfe zu den letzten zwei Nummern von »König-
Stephan« und einige Bemerkungen und liegengebliebene Ent-
würfe. Ausserdem enthält es auf der obersten Notenzeile von
mehreren Blättern einen Theil der ersten Violinstimme zu der
Ouvertüre, die Seite 39 f. der »Beethoveniana« als eine Vor-
arbeit zu der Ouvertüre Op. 115 bezeichnet wird. Jene Blätter
waren also ursprünglich zu einer Partitur -Reinschrift jener
Ouvertüre bestimmt.*)
Wir nehmen nun das eingangs erwähnte Blatt vor. Es
enthält zunächst einen ungefähr 70 Takte langen Entwurf zur
4. Nummer (Musik hinter der Scene) der »Ruinen von Athen«.
Der Entwurf
72 T.
stimmt im Anfang und bei mehreren Stellen im weitern Ver-
lauf mit der gedruckten Fassung überein. Beim 4. Takt hat
Beethoven das erste Wort des Kotzebue'schen Textes (»Es
wandelt schon das Volk im Feierkleide« u. s. w.) beigefügt.
Man muss sich erinnern, dass zu dieser Musik gesprochen
wird. Kotzebue hat dem Abschnitt die Ueberschrift gegeben:
»Eine sanfte Musik von Blasinstrumenten hinter der Scene.
Ein Greis tritt auf und spricht während der Musik«. Der ge-
sprochene Text besteht aus drei Strophen und jede Strophe
*) Der Verfasser der »Beethoveniana«, dem damals nur Auszüge
und nicht das Skizzenheft selbst vorlag, hat sich am angeführten Orte
zu einigen Unrichtigkeiten verleiten lassen, die hier zu berichtigen sind.
Auf den unter der Violinstimme leer gebliebenen Zeilen finden sich nicht,
wie dort gesagt wird, Entwürfe zu fast allen Nummern der »Ruinen
von Athen« u. s. w., sondern nur zur Ouvertüre, zu Op. 113 Nr. 1, 2 und
7 und zu Op. 117 Nr. 8 und 9. Die dort in der Anmerkung mitgetheilte
Skizze zum Derwisch-Chor steht also auf einer von der Violinstimme
nicht berührten Seite. Auch sind einige Stellen darin nach der oben
mitgetheilten dritten Skizze zu berichtigen.
145
aus acht fünffüssigen jambischen Versen. Beethoven hat mit
Rücksicht auf den Bau der Verse durchgängig den ungewöhn-
lichen dreitaktigen Rhythmus gewählt und jedem Vers drei
Takte gegeben. Bei den ersten drei Takten ist diese Ver-
keilung durch einen darüber gezogenen Bogen angedeutet.
Rechnet man die erwähnten Zahlen zusammen, so erhält man
(3x24) 72 Takte. Diese Zahl ist über dem 5. Takt ange-
geben. Dieselbe Zahl findet sich auch am Schluss der Skizze.
Im Verlauf der Skizze steht an drei Stellen und jedesmal
nach einem Abschnitt von 12 oder 24 Takten die Ziffer 3.
Man sieht, dass Beethoven gezählt und gerechnet hat. Sieht
man die Skizze an, so wird man der Ansicht, dass Beethoven
sich den Text gleichmässig auf die Musik vertheilt dachte.
In den gedruckten Partituren ist der Text ungleichmässig ver-
theilt. Nach der Skizze steht eine Bemerkung,
Coda von einigen T.
und weiter unten stehen die Takte,
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mit denen jetzt das Stück anfängt.
Dieser Arbeit folgen zwei abgebrochene Stellen,
die zum Mittelsatz des türkischen Marsches gehören. Bekannt-
lich hat Beethoven zu diesem Marsch das Thema der Varia-
tionen Op. 76 benutzt, und nur jener Mittelsatz und die Coda
sind später hinzugekommen.
Auf der Rückseite des Blattes steht die Bemerkung:
Overture Macbeth fällt gleich in den Chor der Hexen ein
Hierüber an einem andern Orte.
10
XVIII.
Die Bagatellen Op. 119,
die uns hier nur in historischer oder chronologischer Hinsicht
beschäftigen, gehören verschiedenen Zeiten an. Das Original-
manuscript der ersten sechs Nummern zeigt das Datum: 1822
November. Nr. 2 bis 5 fallen jedoch der Conception nach in
die Zeit zwischen 1800 und 1804. Beethoven kann sie später
nur umgearbeitet haben. Auch Nr. 1 wird einer früheren
Zeit angehören, da anzunehmen ist, dass Beethoven bei der
Zusammenstellung der Stücke auf die chronologische Folge
gesehen hat. Die ersten Entwürfe zu Nr. 2 und 4 finden sich
auf einem Blatte, das gleich nach ihnen einen Entwurf
Erlkönig
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Wer u. s. w
zur Composition von Goethe's »Erlkönig« bringt. Dieser Ent-
wurf hat im Verlauf einige Aehnlichkeit mit einem später ge-
schriebenen und anderwärts mitgetheilten Entwurf.*) Nr. 6
der Bagatellen scheint erst 1820 oder 1821 entstanden zu sein.
Wir schliessen das daraus, weil der erste uns bekannte Ent-
wurf dazu auf einem Blatte steht, das auf der andern Seite
nachträglich angestellte Versuche zu einer Stelle im Credo der
zweiten Messe enthält. Nr. 7 bis 11 waren ursprünglich ein
Beitrag zu der im Jahre 1821 erschienenen dritten Abtheilung
*) S. Beethoveniana S. 100.
147
von Friedrich Starke's »Wiener Pianoforte -Schule«.*) Beet-
hoven war zu Anfang des Jahres 1820 um einen solchen Bei-
trag ersucht worden. Die vorhandenen Skizzen widersprechen
diesem Datum (1820) nicht.**) Fr. Starke begleitet in seiner
Schule die Stücke mit folgender anpreisenden Bemerkung:
Dieser dem Herausgeber von dem grossen Tonsetzer
freundschaftlich mitgetheilte Beytrag führt zwar die
Ueberschrift »Kleinigkeiten«; der Kundige wird aber
bald wahrnehmen, dass nicht nur der eigenthümliche
Genius des berühmten Meisters sicli in jedem Satze
glänzend offenbart, sondern dass auch diese von Beet-
hoven mit so eigener Bescheidenheit » Kleinigkeiten <
genannte Tonstttcke für den Spieler eben so lehrreich
sind, als sie das vollkommendste Eindringen in den
Geist der Compositum erfordern.
Gegen Ende des Jahres 1822 wurden die Bagatellen
Op. 119 (ob alle oder nur ein Thcil derselben, ist nicht be-
kannt) dem Verleger Peters in Leipzig zugeschickt. Peters
aber schickte sie sofort zurück mit dem Bemerken, Beethoven
solle es unter seiner Würde halten , die Zeit mit solchen
Kleinigkeiten, wie sie Jeder machen könne, zu verbringen.
Schindler (Biogr. II, 44) erzählt die Geschichte, bezieht sie
aber fälschlich auf die Bagatellen Op. 126. Letztere waren
damals noch nicht fertig. Auch würde Peters wohl angestan-
den haben, sie, wenn er sie zurückschickte, mit einer solchen
Bemerkung zu begleiten. Im Originalmanuscript der Bagatellen
Op. 119 Nr. 1 bis 6 kommen mehrere Nachlässigkeiten vor, die
nur durch die Annahme zu erklären sind, dass Beethoven bei
der Reinschrift wenig Sorgsamkeit verwendet hat. Daraus lässt
sich folgern, dass er nicht viel auf das Opus gehalten hat.
*) Das Vorwort zu dieser Abtheilung der Schule ist geschrieben
im Januar 1821. Die erste Anzeige ihres Erscheinens findet sich in der
Wiener Zeitung vom 24 Juni 1821. Dies zur Berichtigung anderer An-
gaben, welche das Erscheinen ins Jahr 1820 setzen.
**) Vgl. den Artikel XLV. — Das lang ausgehaUene, getrillerte C
gegen Schluss der Bagatelle Nr. 7 ist in der Skizze als »point d'orgue«
bezeichnet. In den Skizzen zu Nr. 7-11 kommt kein Fingersatz vor; der
in Starke's Pianoforte - Schule vorkommende Fingersatz mag daher von
Starke herrühren. 10*
XIX.
Skizzen zur zweiten Messe
sind vollständig- nicht vorhanden, und die vorhandenen stehen
theils in einigen Skizzenheften, theils auf einer ziemlich be-
deutenden Anzahl meistens nicht zusammengehörender Blätter.
Es würde zur Geschichte des Werkes wenig gewonnen sein,
wollte man der Arbeit, so weit sie vorliegt und so weit es
gesehenen kann, auf Schritt und Tritt folgen. Wir begnügen
uns, die wichtigsten Erscheinungen und die hervorstechendsten
Stellen herauszugreifen und verweisen zur Vervollständigung
des hier Gebotenen auf den Artikel XLV.
Zum Kyrie sind keine Skizzen vorhanden.
Als das Gloria in den Skizzen bald fertig war, war das
Thema des Credo noch nicht gefunden. Man sieht das an
zwei Skizzen,
Credo
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u. s. w.
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=P=r=:
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die auf einem und demselben Blatte vorkommen. Beethoven
hat das Thema, das hier das Credo bekommen sollte, nicht so
bald fallen lassen. Es kommt auf andern Blättern, die nur
dem Credo gewidmet sind, in etwas anderer Gestalt wieder
zum Vorschein.
149
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Die letzten Sätze der Messe wurden erst ins Auge gefasst,
als die Arbeit zum Credo ziemlich vorgerückt war. Man kann
das in einem Skizzenheft sehen, wo mitten zwischen Arbeiten
zum Credo
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diese Bemerkung:
Benedictus in G Vno solo
Corno s.
Fagotto s.
Violoncello
vorkommt. Aus der Bemerkung geht hervor, dass vom Bene-
dictus, wie wir es kennen, damals noch keine Note gefunden
war. Sogar die Tonart war noch nicht bestimmt, und sollten,
nach jener Bemerkung, nicht ein, sondern vier Solo-Instrumente
mitwirken.
150
Als das Credo in den Skizzen bald fertig war, wurde
auch ans Agnus Dei gedacht. Hier erscheinen nach Arbeiten
zum Credo
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die ersten Andeutungen zum Agnus Dei.
hmoll Miserere
Agnus Dei
Bass anfangs
Solo dann Tenor *
n. dann Sopran
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assai sostenuto
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u. s. w.
•/o - na do - na no - Ins pa - cem
Eine thematische Aehnlichkeit mit dem Druck ist nicht vor-
handen. Bald nach dieser Aufzeichnung beginnt, veranlasst
durch das Wort »pacem«, eine realistische Auffassung des
Textes. Ein Marsch sollte angebracht werden. Beethoven
schreibt:
Marsch
u. s. w.
Zuerst der Marsch und nach dem
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A - fpms Dei
151
Die Idee, den Marschrhythmus anzuwenden, wird festgehalten.
Letzterer nimmt aber bei fortgesetzter Arbeit eine andere Ge-
stalt an, als anfangs concipirt war. An später geschriebenen
Skizzen, von denen wir diese,
h dur
piano — -*j-
pauken in h und fis
nur von weitem
diese,
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agnus dei
hiermit
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diese
recit. miserere miserere agnus dei
Stärke der Gesinnungen des innern Friedens
über alles .... Sieg!
V-
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u. s. w
und diese
Das Tempo von D. N. P. ja mir Andante
2
u. s. w.
vorlegen, kann man sehen, wie Beethoven auf die »Darstellung
des inneren ur 1 äusseren Friedens« geführt wird. Dass Beet-
hoven eine solche Darstellung im Auge hatte, ist aus einer
gegen Ende der Arbeit vorkommenden Bemerkung zu ent-
nehmen, welche lautet:
dona nobis pacem darstellend den innern u. äussern
Frieden*)
*) Im Autograph hat Beethoven zu Anfang des ersten Allegretto
vivace im Agnus Dei mit Bleistift bemerkt: »Darstellend den innern
und äussern Frieden«. Später sind die Worte in »Bitte um innern und
äussern Frieden« umgeändert worden.
152
In einer andern, in der Nähe vorkommenden Bemerkung:
Das Kyrie in der Neuen Messe bloss mit blasenden
Instrumenten u. Orgel
meint Beethoven das Kyrie einer noch zu schreibenden Messe.
Aus den Skizzen ergiebt sich, dass die einzelnen Sätze
der Messe in der Reihe vorgenommen wurden und heran-
wuchsen, in der sie im Text aufeinander folgen, und dass an
einigen Sätzen gleichzeitig gearbeitet wurde. Das Kyrie kann
frühestens um die Mitte des Jahres 1818 begonnen worden
sein, da um diese Zeit die bevorstehende Ernennung des Erz-
herzogs Rudolf zum Erzbischof von Olmtitz bekannt war.*)
Jedenfalls war die Arbeit vor Ende des genannten Jahres be-
gonnen. Das Gloria war 1819, das Credo 1820, die ganze
Messe Anfang 1822 in den Skizzen fertig.**) Während Beet-
hoven an der Messe skizzirte, entstanden die Ciaviersonaten
Op. 109, 110 und 111, die Variationen Op. 107 Nr. 8, die
Bagatellen Op. 119 Nr. 7 bis 11 und mehrere andere kleine
Stücke, darunter die Kanons »0 Tobias«, »Gehabt euch wohl«,
»Tugend ist kein leerer Name« und »Gedenket heute an Baden«.
Die autographische Partitur der Messe war vor Ende 1822
fertig geschrieben. Damit war aber die Messe, wie wir sie
kennen, noch nicht fertig; denn Beethoven hat- nachträglich
noch viele Aenderungen vorgenommen.
In der autrographischen Partitur lautet die im Credo bei
den Worten »Et incarnatus est« (Partitur der Gesammtausgabe
S. 112, T. 4 f.) eintretende Flötenstelle einfacher,
*) Dass Beethoven die Messe für den Erzherzog Rudolf schrieb,
mit seiner Arbeit aber bei der Einsetzung des Erzherzogs als Erzbischof
nicht fertig war, ist bekannt. Rudolf wurde zum Cardinal erwählt am
24. April 1819, zum Erzbischof am 4. Juni 1819. Die Feier der Ein-
setzung als Erzbischof fand Statt am 20. März 1820.
**) Schindler sagt (Biogr. I, 269; Cäcilia VII, 90), Beethoven habe
im Sommer (August) 1819 an der Fuge im Credo gearbeitet und im
October 1819 sei das Credo fertig gewesen. Die letztere Angabe ist wohl
verfrüht.
153
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als im Druck. Es war wohl das Bild der flatternden Taube,
das Beethoven vorschwebte und ihn zur Aenderung veran-
lasste. Die Aenderung wurde in einer Abschrift vorgenommen,
die jetzt im Besitz von Johannes Brahms ist. — Im 2. Takt
des Adagio espressivo im Credo (Part. S. 116, T. 2) hatte das
erste Hörn ursprünglich die Noten FE (statt EE).
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*
Auch diese Stelle ist in erwähnter Abschrift geändert worden.
— Das im Credo bei den Worten »et ascendit« beginnende
Allegro molto ist im Autograph kürzer, als im Druck. Beim
Eintritt der Worte »et iterum« (Part. S. 124, T. 1 u. 2) und
»cujus regni« (Part. S. 127, T. 7 u. 8) hat das Autograph jedes-
mal zwei Takte weniger, als der Druck. — Im Autograph
und noch in der schön geschriebenen, im Archiv der Gesell-
schaft der Musikfreunde in Wien aufbewahrten Abschrift,
welche Beethoven dem Erzherzog Rudolf am 19. März 1823
persönlich überreichte, treten die Posaunen erst bei den Worten
»judicare vivos et mortuos« (Part. S. 125, T. 8) ein. Das Gloria
ist ohne Posaunen. (Was in der gedruckten Partitur [S. 125,
Takt 4 bis 7] jetzt die Posaunen unmittelbar vor dem von
allen Chorstimmen gesungenen »judicare« haben, hatten früher
die Hörner.) Nach den Worten »et mortuos« schweigen im
Autograph die Posaunen wieder bis zu Ende des Credo. Erst
154
im Anfang des Sanctus treten sie wieder ein, schweigen aber
wieder beim nächsten Allegro. Im Benedictus sind sie ange-
geben. Im Agnus Dei fehlen sie wieder gänzlich.
Aus der Beschaffenheit der nachträglich vorgenommenen
Aenderungen, von denen wir hier nur einen Theil angeführt
haben, ist zu entnehmen, dass einige Zeit vergehen musste,
bis sie alle vorgenommen werden konnten und bis die Messe
ihre endgiltige Form erhielt. Wenn man sich an das Datum
(19. März 1823) hält, das mit der dem Erzherzog tiberreichten
Abschrift verbunden ist, so wird man frühestens die Mitte des
Jahres 1823 als die Zeit annehmen, in der die Messe die Ge-
stalt erhielt, in der wir sie kennen. Beethoven hätte dann
ungefähr fünf Jahre zur Composition der Messe gebraucht.
Beethoven hat an einigen Stellen viel gemeisselt. Im
Kyrie kommen einige Stellen vor, die eine möglichst einfache
Stimmführung verlangen, bei denen aber, wenn Selbständigkeit
der Stimmen angestrebt wird, Octav- oder Primfortschreitungen
kaum zu vermeiden sind. Beethoven hat versucht, solche zu
vermeiden. Eine Stelle, von der wir nur die Stimmen der
1. Violine, der Viola und des Basses hersetzen, lautet im Druck
(Part. S. 14, T. 11 f.) so:
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Hier sind Octaven zwischen Viola und Bass. In einer früheren
Abschrift hatte die Viola zu Anfang des 2. Taktes die eine
Terz höher stehende Note H. Da waren aber Octaven zwischen
1. Violine und Viola. Ursprünglich lautete die Stelle wieder
andere. Eine andere Stelle ist die Seite 14, Takt 10, wo die
2. Violine als zweite Note nach einer Lesart G, nach einer
andern H hat und Quinten-Parallelen macht. — Ueber die bei
dem Worte judicare« im Credo zu wählenden Accorde, viel-
155
leicht auch über deren Schreibart war Beethoven einige Zeit
ungewiss. Er hat dazu zu verschiedener Zeit Versuche ange-
stellt, von denen hier ein Theil vorgelegt wird.*)
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*) Mehrere von diesen Versuchen stehen auf einem Blatte, das auf
der andern Seite einen ausgeführten Entwurf zur Bagatelle in G-dur
Op. 119 Nr. 6 enthält. Dieser Umstand kann zur Bestimmung der Com-
positionszeit jener Bagatelle dienen.
156
Eine dritte Stelle, an der viel gemodelt wurde, ist die der
Pauken kurz vor Ende des Agnus Dei (Part. S. 256 u. 257).
Beethoven hat noch im Autograph so viel daran geändert und
radirt, dass in dem sehr dicken Papier ein Loch entstanden
ist. Hier einige von den versuchten Fassungen,
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wie sie von verschiedenen Blättern dargeboten werden. Die
meiste Mühe hat Beethoven auf die zweite Hälfte, auf die
letzten vier Takte der Stelle verwendet, auf welche sich auch
die meisten der eben mitgetheilten Entwürfe beziehen. Seine
Absicht war offenbar, ihr einen verschwommenen Rhythmus
zu geben, um auf diese Weise die grössere Entfernung der
Friedensstörer anzudeuten.
XX.
Skizzen zur neunten Symphonie.
Mau kann in Beethoven's Skizzenbüchern die Beobach-
tung machen, dass, wenn eine grössere Composition beendigt
oder ihrer Beendigung nahe war, in der Regel Ansätze zu
mehreren neuen Compositionen gemacht wurden, die dann
grösstentheils unausgeführt liegen blieben, kleinstentheils fort-
gesetzt oder weitergeführt wurden. So erscheint in einem dem
Jahre 1815 angehörenden Skizzenbuche nach den letzen Ent-
würfen zu der Sonate Op. 102 Nr. 2, zwischen andern theils
liegen gebliebenen, theils benutzten Entwürfen, ein Ansatz zu
einer Fuge,
Fuge
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Ende langsam
der den Kern des Themas des zweiten Satzes der neunten
Symphonie enthält,*) der aber, da er unausgeführt liegen blieb
und da in ihm der springende Punkt zur neunten Symphonie
nicht zu finden ist, den wirklichen Beginn der Composition
nicht bezeichnen kann. Beethoven dachte wohl zur Zeit, als
*) Nach einer Mittheilung von Carl Czerny soll Beethoven auf das
Thema zum Scherzo der neunten Symphonie gekommen sein, als er einst
in einem Garten das Gezwitscher der Spatzen hörte. Nach einer andern
Mittheilung sollen ihm, nachdem er lange im Finstern im Freien ge-
sessen, von allen Seiten aufglitzernde Lichter das Motiv zum Scherzo
eingegeben haben. Nun, wenn dem so ist, so haben wir in obigem Ent-
wurf das Product der einen oder andern Anregung.
158
jener Entwurf entstand, wie aus einer bald darauf geschrie-
benen, auf derselben Seite vorkommenden, zu einer ebenfalls
liegengebliebenen Skizze gehörenden Bemerkung
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Sinfonie erster Anfang in bloss 4 Stimmen 2 Viol.
Viola Basso dazwischen forte mit andern Stimmen u.
wenn möglich jedes andere Instrument nach u. nach
eintreten lassen —
hervorgeht, an die Composition einer neuen Symphonie. Auf
die neunte Symphonie aber kann die Bemerkung nicht be-
zogen werden.
Im Jahre 1817 arbeitete Beethoven an einem fugirten Satze
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für zwei Violinen, zwei Violen und Violoncell. Es hat allen
Anschein, dass das Stück, an Stelle der bald darauf entstan-
denen, unter der Opuszahl 137 erschienenen fünfstimmigen
Fuge, ursprünglich für die von Tobias Haslinger veranstaltete
geschriebene Sammlung der Werke Beethoven's bestimmt war.
Die Arbeit blieb, nachdem ungefähr vier Seiten ins Reine ge-
schrieben waren, liegen; das Fugenthema aber nicht. Wir
werden es in den Arbeiten zur neunten Symphonie wiederholt
auftauchen sehen.
Der Beginn der Composition der neunten Symphonie ist
an den Beginn des ersten Satzes gebunden. Die ersten Skizzen
zu diesem Satze zeigen, dass Beethoven sich mit der Absicht
trug, eine Symphonie zu schreiben. Sie finden sich auf ein-
zelnen zerstreuten Blättern aus dem Jahre 1817. Wie weit
die Arbeit Ende 1817 oder Anfang 1818 gediehen war und
dass Beethoven schon an die andern Sätze dachte, kann man
aus einem Skizzenbuche aus jener Zeit ersehen. Beethoven
schreibt da zuerst:
Zur Sinfonie in I)
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machen jedoch geht es hernach überraschend in B.
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Wir haben hier lauter abgerissene Skizzen vor uns. Bekanntes
und Unbekanntes tritt uns entgegen. Die nach oben gestriche-
nen Noten im 2. Takt der ersten Skizze sind später hinge-
schrieben worden. Die Bemerkung bei der sechsten Skizze
betrifft die Behandlung der Geigen. Beethoven war in Zweifel,
ob statt der angedeuteten Sextolen nicht Triolen zu nehmen
seien. Die ganze Arbeit zeigt sich noch in ihrem ersten Stadium.
163
Die meisten Skizzen betreffen den ersten Satz. Das Haupt-
thema, die Hauptmotive desselben sind festgestellt. Von den
andern thematischen Bestandteilen des Satzes ist aber gar
wenig bemerkbar. Als Thema zum Scherzo wird erst das
Fugenthema aus dem Jahre 1815, dann das aus dem Jahre
1817, dann ein neues aufgestellt. Vom jetzigen dritten und
vierten Satz ist noch keine Note gefunden. Die Skizzen be-
weisen, dass der letzte Satz ein Instrumentalsatz werden sollte
und dass Beethoven noch nicht an die Verwebung mit Schiller's
Hymne »An die Freude« dachte.
Nun sind einige Blätter vorzunehmen. Auf einem Blatte,
das entweder gleichzeitig mit jenem Skizzenbuch oder etwas
später benutzt wurde, entscheidet sich Beethoven
nur 6tel und im Stück 16tel -^ JÜ»* • jl P£*£ -*..#-
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5« u. s. w.
für die Sextolen-Bewegung zu Anfang des ersten Satzes, über
die er im Skizzenbuch noch in Zweifel war. Ein anderes Blatt,
das in die zweite Hälfte des Jahres 1818 zu setzen ist und
später beschrieben wurde, als das vorige Blatt, bringt eine
Bemerkung,
Adagio Cantique —
Frommer Gesang in einer Sinfonie in den alten Ton-
arten — Herr Gott dich loben wir — alleluja — ent-
weder für sich allein oder als Einleitung in eine Fuge.
Vielleicht auf diese Weise die ganze 2te Sinfonie charak-
terisirt, wo alsdenn im letzten Stück oder schon im
Adagio die Singstimmen eintreten. Die Orchester Vio-
linen etc. werden beim letzten Stück verzehnfacht. Oder
das Adagio wird auf gewisse Weise im letzten Stücke
wiederholt wobei alsdenn erst die Singstimmen nach u.
nach eintreten — im Adagio Text griechischer Mithos
Cantique Eclcsiastique — im Allegro Feier des Bachus
aus der hervorgeht, dass Beethoven zwei Symphonien, eine
davon mit eintretenden Singstimmen, componiren wollte. An
Schiller's Lied wird aber auch da noch nicht gedacht.
11*
164
Die bisher erwähnten Entwürfe zum ersten Satz der Sym-
phonie und zur Symphonie überhaupt wurden während der
Compositum der Sonate Op. 106 geschrieben. Zwei der gröss-
ten Instrumentalwerke Beethoven's fallen also der ersten Ent-
stehung nach so ziemlich in eine und dieselbe Zeit.
In den nächsten vier Jahren lässt sich die Arbeit nicht
gut verfolgen. Sie wurde durch die zu andern Compositionen
unterbrochen. Von grösseren Werken entstanden in dieser
Zeit die drei Ciaviersonaten Op. 109, 110 und 111, die zweite
Messe und die Ouvertüre Op. 124. Am meisten war Beet-
hoven mit der Messe beschäftigt. Erst als diese und die
Ouvertüre und der Chor zur »Weihe des Hauses« in den
Skizzen fertig waren, richtete sich seine Aufmerksamkeit fast
ausschliesslich auf die Symphonie.*)
Uebcr den Stand der Arbeit, wie sie im Sommer oder
Herbst 1822 wieder aufgenommen und weitergeführt wurde,
giebt ein Skizzenheft Aufschluss. Die Arbeit zum ersten Satz
ist, wie diese Auszüge zeigen,
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*) Mit, dem Gesagten lässt sich eine in der Leipziger Allg. Musik.
Zeitung vom 22. Januar 1823 stehende Nachricht aus Wien in Ucber-
einstimmung bringen, welche lautet: »Beethoven hat nun auch seine
zweyte grosse Messe vollendet, und wird sie kommende Fastenzeit in
einem Concerte aufführen. Gegenwärtig soll er sich mit der (Joiaposi-
tion einer neuen Symphonie beschäftigen«.
165
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etwas vorgerückt. Dagegen steht die Arbeit zum zweiten Satz,
wenn man von dieser Skizze
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absieht, deren Zugehörigkeit jedoch zweifelhaft ist, noch ganz
auf dem Standpunkte des Jahres 1818. Die Fugenthemen
aus den Jahren 1815 und 1817 finden sicli fast unverändert
wieder. Vom dritten Satz ist noch nichts da, Das Wichtigste
ist, dass, wie aus dieser Skizze
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Freu~((e schö-ner Göl-ter-fiot-ken Toch-ter aus E - hj - si - um
166
hervorgeht, Beethoven inzwischen auf den Gedanken gekommen
war, Schiller's Hymne zum Finale heranzuziehen. Unabänder-
lich fest stand, wie wir sehen werden, der Gedanke darum
noch nicht.
Bemerkenswerth sind einige in demselben Skizzenheft vor-
kommende Aufzeichnungen, die sich auf die Einrichtung der
Symphonie im Ganzen beziehen. Die erste Aufzeichnung er-
scheint gleich nach jener Melodie zu Schiller's Worten, gehört
aber, nach Handschrift und Inhalt, nicht dazu und lautet, so
weit sie leserlich ist, wie folgt:
Die Sinfonie aus 4 Stücken darin das 2te Stück im \ Takt
wie in d . . . . die . . könnte in %tel dur sein u. das
4te Stück
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recht fugirt
Nach dieser Aufzeichnung sollte dem letzten Satz das Fugen-
thema aus dem Jahre 1817 zu Grunde gelegt werden. Zum
nicht erwähnten ersten Satz war, so müssen wir annehmen,
der in Arbeit stehende bestimmt.
Die nächste Aufzeichnung
2 t es Stück presto
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etc.
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oder anderer Ton
alla autrichien
auch
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U. 8. W.
167
bringt zwei neue Themen und lässt es dahingestellt, was für
ein Thema zum Finale genommen werden sollte.
Die dritte Aufzeichnung
Sinfonie allemand entweder mit Variation nach der (?) Chor
■ß — h-
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V
Freu-de schö-ner Göt - ter - fun-ken Tochter aus E - ly - si - um
alsdenn eintritt oder auch ohne Variation. Ende der
Sinfonie mit türkischer Musik und Singchor
bringt die Schiller'schen Worte mit einer neuen Melodie. Es
ist möglich, dass diese Melodie früher entstand, als die zuerst
mitgetheilte.
In der letzten Aufzeichnung
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presto
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ist dem zweiten Satz das Fugenthema aus dem Jahre 1815,
dem vorletzten Satz ein in der zweiten Aufzeichnung aufge-
stelltes Thema und dem letzten Satz die früher verzeichnete
Melodie zu Schiller's Worten zugetheilt.
Erwähnenswerth ist noch eine zwischen den angeführten
Aufzeichnungen vorkommende Bemerkung, welche so lautet:
auch statt einer neuen Sinfonie eine neue Overture auf
Bach sehr fugirt mit 3 (Posaunen? Subjekten?)
168
Unter der »neuen« Symphonie kann schwerlich unsere neunte r
mit andern Worten, diejenige Symphonie gemeint sein, zu der
der angefangene erste Satz gehören sollte.
Die Verschiedenheit obiger Aufzeichnungen und einige
darin vorkommende Erscheinungen (so z. B. die, dass bei der
ersten Aufzeichnung das Fugenthema aus dem Jahre 1817,
kurz vorher und bei den letzten Aufzeichnungen aber eine
Melodie zu Schiller's Worten dem Finale zu Grunde gelegt
werden sollte; ferner die Ueberschrift bei der dritten Auf-
zeichnung » Sinfonie allemand« u. s. w.) können wir uns nicht
anders als durch die Annahme erklären; Beethoven habe, wie
er im Jahre 1812 die siebente und achte Symphonie gleich-
sam als Zwillinge zur Welt gebracht hatte, auch diesmal zwei
Symphonien schreiben wollen, habe also seinen vor vier Jahren
gefassten Vorsatz nicht aufgegeben. Wir werden in dieser
Annahme bestärkt durch eine Aeusserung Beethoven's, welche
Friedrich Rochlitz,*) der im Sommer 1822 in Wien war und
Beethoven kennen lernte, mittheilt und welche lautet: »Ich
trage mich schon eine Zeit her mit drei andern grossen Werken.
Viel dazu ist schon ausgeheckt, im Kopfe nämlich. Diese muss
ich erst vom Halse haben: zwei grosse Symphonien, und jede
anders, jede auch anders als meine übrigen, und ein Ora-
torium.«**)
Beethoven muss die Absicht, zwei Symphonien zu com-
poniren, bald aufgegeben haben. Wenigstens findet sich keine
Andeutung mehr, aus der sich das Gegentheil entnehmen Hesse.
Schon in der zuletzt angeführten Bemerkung, nach welcher
Beethoven »statt einer neuen Sinfonie« eine Ouvertüre auf den
Namen ;>Bach« zu schreiben gedachte, lässt sich eine Ein-
schränkung seines Vorsatzes erblicken. Längere Skizzen zu
einem Satz, der zu der aufgegebenen Symphonie gehören
könnte, sind nicht vorhanden. Wir sind lediglich auf jene
Aufzeichnungen angewiesen, und diese sagen uns über das
*) »Für Freunde der Tonkunst«, 4. Band, S. 357. Rochlitz' Brief,
der die Mittheilung enthält, ist am 9. Juli 1822 geschrieben.
**) Beethoven hatte der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
die Composition eines Oratoriums versprochen.
169
Verhältniss, welches die projectirten Symphonien haben könn-
ten, nichts. Lag doch nach den Aufzeichnungen und nach den
bisherigen Entwürfen unsere neunte Symphonie, höchstens mit
Ausnahme eines Theils des ersten Satzes, noch ganz im Chaos.
Von anderer Seite jedoch kommen uns einige aufklärende
Andeutungen zu.
Am 10. November 1822 beschloss die Direction der Phil-
harmonischen Gesellschaft in London, Beethoven zur Composi-
tion einer Symphonie aufzufordern.*) Beethoven nahm den
Antrag, auf den er vorbereitet war, an. Am 6. April 1822
hatte er an Ferd. Ries geschrieben: »Was würde mir wohl
die philharmonische Gesellschaft für eine Sinfonie antragen?«
Und am 20. December 1822 schrieb er: » Mit Vergnügen nehme
ich den Antrag an, eine neue Sinfonie für die philharmonische
Gesellschaft zu schreiben.« Die Symphonie, welche Beethoven
nach London schickte, war bekanntlich die neunte. Bei der
ersten Aufführung durch die Philharmonische Gesellschaft (am
21. März 1825) war sie auf dem Programm angezeigt mit dem
Beisatz: »coniposed expressly for this Society«. Die Anwendung,
welche sich nun auf die Aufzeichnungen machen lässt, liegt
nahe. Letztere fallen in die Zeit, in der der Antrag nahe
bevorstand oder eben geschehen war. Von den zwei Sym-
phonien, welche Beethoven zu schreiben gedachte, war eine
für England bestimmt, die andere nicht. Bei der für England
bestimmten, musste Beethoven, wenigstens anfangs, Bedenken
tragen, einen Vocalsatz mit deutschem Text anzubringen. Die
Symphonie musste ganz instrumental sein. Eine solche Sym-
phonie ist in der ersten Aufzeichnung ins Auge gefasst. Bei
der andern Symphonie fiel jenes Bedenken weg. Hier sollte
Schiller's Gedicht herangezogen werden. Die Worte in der
dritten Aufzeichnung »Sinfonie allemand« sagen es deutlich, dass
sie nicht für England bestimmt war.
*) The composition of this symphony (the ninth or choral sym-
phony) was the result of a meeting of the Directors on the 10 th of
November, 1822, at which it was resolved to offer Beethoven fifty pounds
for a MS. symphony.« The Philharmonie Society of London . . . . by
George Hogarth. London, 18G2. Pag. 31.
170
Die Arbeit wurde, zunächst nur unterbrochen durch die
zu den Variationen Op. 120, nun fortgesetzt. Zunächst wuchs
der erste Satz heran. Die Arbeit dazu zieht sich bis in die
zweite Hälfte des Jahres 1823 hinein. Themen und Motive v
Bestandteile und Stellen kommen zum Vorschein, die sich in
den früheren Skizzen nicht finden. Erst als der erste Satz in
den Skizzen fast ganz fertig und gesichert war, erscheinen,
abgesehen von den wenigen früher aufgefundenen Motiven
oder Themen, nach und nach einzelne kürzere und längere
Stellen, die den übrigen Sätzen gelten. Die Erscheinung, dass
Beethoven an zwei oder drei Sätzen gleichzeitig arbeitete,
wiederholt sich. Das Heranwachsen, die Vollendung des ersten
Satzes war, wie es sich auch bei andern Werken, z. B. bei
der Sinfonia eroica, nachweisen lässt, für die Entstehung und
Gestaltung der folgenden Sätze entscheidend. Es sollte Beet-
hoven nicht gelingen, die Grundlinien zu den folgenden Sätzen
und zum ganzen Werke zu ziehen, bevor der grossartige Unter-
bau des ersten Satzes gelegt war. Die Idee der neunten
Symphonie erwuchs während des Schaffens.*)
Das Jahr 1823 ist vorzugsweise der neunten Symphonie
gewidmet. Wie die Vollendung des ersten Satzes, so gehört,
den instrumentalen Eingang zum letzten Satz und vielleicht
andere bedeutende Stellen ausgenommen, auch die Entstehung
und Composition der letzten drei Sätze dem Jahre 1823 an.
Man kann dieses Jahr, wenn auch nicht als das der Em-
pfängniss, so doch als das der Geburt der neunten Symphonie
in ihrer Ganzheit bezeichnen.
Der zweite Satz wurde früher als der dritte und dieser
früher als der vierte fertig. Der zweite Satz war ungefähr
im August 1823 im Entwürfe fertig. Ein in die Monate Mai
bis Juli 1823 zu setzendes Taschen -Skizzenbuch**) enthält,
ausser der endgiltigen Form sehr nahe kommenden Entwürfen
zum ersten Satz, Entwürfe zum zweiten und dritten Satz der
*) Die bisher in diesem Artikel benutzten Vorlagen sind in den
Artikeln XXXV, XXXVI und XLV näher bezeichnet. Die einzelnen
Blätter, welche benutzt wurden, befinden sich an verschiedenen Orten.
**) Im Besitz von A. Artaria in Wien.
171
neunten Symphonie. Interessant ist es zu sehen, wie hier
Beethoven die zwei Fugenthemen aus den Jahren 1815 und
1817 heranzieht, wie er durch Verlängerung derselben nahezu
das jetzige Thema gewinnt und wie er dabei auf andere
Stellen, auf den dreitaktigen Rhythmus u. s. w. kommt. Wir
setzen einen Theil der Skizzen her, können jedoch nicht
durchweg für die Richtigkeit der Aufeinanderfolge einstehen,
da das Skizzenbuch, als zum Gebrauch ausser dem Hause
bestimmt, eines von denen ist, welche vorne und hinten an-
fangen, also keinen Anfang haben. (Das Wort »gleich« bei
der ersten Skizze bedeutet: gleich, ohne Vorspiel anfangen.)
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Mehrere zusammengehörende , etwas später benutzte
Blätter*) bringen den Anfang des Trios in dieser Gestalt.
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Die obern Noten des G. und 7. Taktes hat Beethoven später
so geändert, wie in der angehängten Variante angegeben ist.
In einer etwas später entstandenen Skizze ist das Trio eben-
falls im - - Takt geschrieben.
Das Adagio wurde ungefähr im October 1823 im Ent-
würfe fertig. Zuerst entstand die Melodie des Mittelsatzes.
Sic wurde gesehrieben, bevor der erste Satz in den Skizzen
fertig war. In ihrer ursprünglichen Fassung
*) Die von hier an benutzten Vorlagen befinden sich grösstenteils
in der königl. Bibliothek zu Berlin.
Thema
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Melodie, von der sie sich, auch nachdem sie nahezu ihre
endgiltige Fassung gefunden,
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nicht frei gemacht hat. Hier
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wird ein anderer Anfang versucht. Ohne Zweifel ist diese
Melodie in einem Conversationsheft aus dem Herbst 1823
gemeint, wo der Neffe schreibt: »Mich freut nur, dass Du das
schöne Andante hinein gebracht hast.«
Von den übrigen Skizzen zum Adagio sind die zum
Hauptthema die beachtenswertesten. Sie beweisen, dass die
Melodie, wie wir sie kennen, kein Werk des ersten Augen-
blicks war. Einer der ersten Entwürfe scheint dieser
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zu sein. Er entstand, nach unserer Annahme, zwischen Mai
und Juli 1823. Eine etwas später geschriebene, in den Juli
1823 zu setzende Skizze bringt diese Fassung.*)
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*) Diese Skizze steht auf der 7. Seite von zwei zusammengehörenden
Bogen, die auf den vorhergehenden Seiten der endgiltigen Form nahe
kommende Entwürfe zum zweiten Satz der neunten Symphonie und auf
der letzten Seite einen zweistimmigen Kanon
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für xol - che Ona - de
enthalten. Beethoven erwähnt diesen Kanon in zwei gegen Ende Juli
1823 an den Erzherzog Rudolf geschriebenen Briefen. In einem Briefe
schreibt er: »Eben in einem kleinen Spaziergange begriffen und stam-
melnd einen Canon „Grossen Dank!" \ \ -•- und nach Hause kom-
mend und ihn aufschreiben wollend für J. K. H Morgen folgt
mein Canon.« Im nächsten Briefe heisst es: »Grossen Dank -f- \ '.
überbringe ich selbst.« Am 31. Juli 1823 schreibt der Erzherzog: »Ich
hoffe, Sie haben doch Ihren Canon aufgeschrieben.«' Auf das an diesen
Briefwechsel sich knüpfende Datum gründen sich hauptsächlich unsere
Angaben, die obige Skizze sei um Juli 1823 geschrieben und der zweite
12
178
Beethoven dachte hier noch nicht daran, den letzten Takt
jedes Abschnittes, wie es in der Partitur geschieht, von den
Blasinstrumenten wiederholen zu lassen. Höchstens könnte
man im 15. Takt der letzten Skizze eine solche Wiederholung
finden. In dieser Skizze
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Satz sei ungefähr im August 1823 in den Skizzen fertig geworden. Diese
Daten stehen zwar mit andern Worten Beethoven's im Widerspruch.
Er schreibt am 1. Juli 1823 an Erzherzog Rudolf: »Ich schreibe jetzt
eine neue Sinfonie für England für die philharmonische Gesellschaft,
und hoffe selbe in Zeit von 14 Tagen gänzlich vollendet zu haben.«
Man darf aber solche Aeusserungen nicht ganz wörtlich nehmen. Beet-
hoven brauchte mehr Zeit. Schon am 25. April 1823 hatte er an F. Ries
geschrieben: »Sie erhalten die Sinfonie nächstens.« Und am 5. Sep-
tember 1823 schrieb er an Ries: »Unterdessen können Sie sicher darauf
rechnen, dass sie (die Symphonie) bald in London ist.« Die Symphonie
kam aber erst nach London, als sie in Wien (7. Mai 1824) aufgeführt
worden war. Und was den versprochenen Kanon betrifft, so scheint der
Erzherzog denselben nie bekommen zu haben. Wenigsteus ist er in
dessen Nachlass nicht gefunden worden.
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holen. Bemerkenswert!! ist noch eine Skizze
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zum Schluss des Satzes. Die Skizze, von der höchstens das
Motiv der Pauken, aber anders verwendet, in die Partitur
tibergegangen ist, sticht in ihrer Einfachheit von der kunst-
vollen gedruckten Fassung sehr ab.
Aus den Skizzen zum Finale ergiebt sich zunächst, dass
Beethoven, als die Composition des Schiller'schen Liedes schon
begonnen und vorgeschritten war, schwankte, ob er der Sym-
12*
180
phonie ein vocales oder ein instrumentales Finale geben sollte.
Auf einigen zusammengehörenden Bogen, welche grösstenteils
der endgiltigen Form nahe kommende Entwürfe zum zweiten
Satz enthalten, findet sich die Bemerkung:
Vielleicht doch den Chor Freude schöner —
Diese Worte, welche ungefähr im Juni oder Juli 1823 ge-
schrieben wurden, drücken offenbar eine Unentschiedenheit im
Entschluss aus. Das instrumentale Finale sollte eine Melodie
bekommen,
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Finale instromentale
die, mit einigen Aenderungen und mit Versetzung in eine
andere Tonart, später im Quartett in A-moll (Op. 132) ver-
wendet wurde. Die Skizze, über deren Bestimmung die
Ueberschrift keinen Zweifel lässt, findet sich in einem Skizzen-
heft, das vor- und nachher fast nur Entwürfe zur Composition
des Schiller'schen Textes enthält. Die nämliche Melodie findet
sich gegen Ende desselben Skizzenheftes vollständiger und in
einer etwas andern Version.
Ister Theil
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zurückgekommen. Hier hat es wieder eine etwas andere
Fassung.*)
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Was daraus geworden wäre, wenn Beethoven diese Arbeit
fortgesetzt und statt des vocalen ein instrumentales Finale ge-
schrieben hätte, ist bei der Eigentümlichkeit seines Schattens,
wo nichts auf vorausgegangener bloss verstandesmassiger Be-
rechnung, sondern alles auf einer gleichsam organischen, an
*) Der folgende Entwurf findet sich nebst Arbeiten zum Schluss-
chor der Symphonie auf mehreren zusammengehörenden, im Archiv der
( Jcsellschaft der Musikfreunde in Wien aufbewahrten Bogen. Unmittelbar
nach ihm beginnen Arbeiten zu den sechs Bagatellen Op. 126.
182
das Vorhergehende, Vorhandene anknüpfenden Entwickelung
beruht schwer zu sagen.*)
Vom Finale, wie es gedruckt ist, entstand zuerst der
chorische Theil und die diesem vorangehenden Instrumental-
variationen über die Freudenmelodie; dann wurde die instru-
mentale und recitativische Einleitung in Angriff genommen.
Wir folgen dieser Ordnung.
Ausser den bereits mitgetheilten Melodien zu den ersten
Worten des Schiller'schen Gedichtes hat Beethoven noch
andere gesucht. Hier ein Beispiel.
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Freude schö-ner Göt - ter-fun-ken
Dieser Entwurf fällt noch in die letzten Monate des Jahres 1822.
Von da an scheint Beethoven bei der jetzigen Melodie, wie
sie in den im Sommer oder Herbst 1822 gefundenen ersten
*) L. Sounleithner, auf eine Mittheilung von C. Czerny sich stützend,
berichtet in der Leipziger »Allg. musik. Zeitung« vom 6. April 1864:
>> Einige Zeit nach der ersten Aufführung der 9. Symphonie soll Beet-
hoven in einem kleinen Kreise seiner vertrautesten Freunde, worunter
auch Czerny war, sich bestimmt ausgesprochen haben, er sehe ein, mit
dem letzten Satze dieser Symphonie einen Missgriff begangen zu haben;
er wolle denselben daher verwerfen und dafür einen Instrumentalsatz
ohne Singstimmen schreiben, wozu er auch schon eine Idee im Kopfe
habe.« Dasselbe hat Czerny mit andern Worten auch dem Schreiber
dieser Zeilen gesagt. Was für eine »Idee« Beethoven hatte, glauben wir
zu wissen. Dass aber Beethoven entweder von seinem dort geäusserten
Vorsatz zurückkam oder dass es ihm mit der Aenderung nicht Ernst
war, ist sicher. Er würde sonst das Manuscript, das er wenigstens noch
sechs Monate nach der ersten Aufführung in Händen hatte, nicht so,
wie es war, dem Verleger übergeben haben.
In einem andern Tone spricht sich Seyfried aus. Er schreibt
(»Cäcilia«, Bd. 0, S. 236): » Soviel ist ausgemacht, dass Beethoven gewiss
zweckmässiger verfahren wäre, wenn er wohlgemeintem, bewährtem
Freundes-Rath gefolgt und auf dieselbe Weise, wie zu dem letzten
Quatuor (in B-dur, Op. J30), auch hier ein anderes, zweites Schluss-Stück
ohne Singstirriirien gesetzt hätte.« Seyfried ist wohl selbst der bewährte
Freund gewesen.
183
vier Takten angedeutet ist, geblieben zu sein. Die Melodie
musste manche Wandlungen durchmachen , bis sie die end-
giltige Form fand. Namentlich gilt das vom zweiten Theil.
Dieser musste noch gefunden werden. Ungefähr im Juli 1823
lautet die Melodie so:
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gerissenen Entwürfe
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sind meistens auf die Ausbildung des zweiten Theils gerichtet.
In einer später geschriebenen, instrumental gedachten Skizze
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stimmt die Melodie, mit Ausnahme des Taktzeichens und des
angegebenen Tempos, mit der endgiltigcn Form fast ganz
Uberein.
185
In den vielen übrigen Skizzen znm chorischen Theil hat
Beethoven Versionen des Hauptthemas und für spätere Strophen
des Gedichtes Weisen und Fassungen versucht, die in der
Partitur nicht angewendet sind. Diese Skizze
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186
zeigt in ihrem Anfang- eine von Grund aus von der gedruckten
Form verschiedene Auffassung des Textes. Nur in den
rhetorischen Accenten, mit denen einzelne Wörter belegt sind,
lässt sich eine Aehnlichkeit mit der spätem Behandlung der
Worte erkennen.
Zwischen diesen und andern Skizzen kommen mehrere
Bemerkungen vor, die hier anzuführen sind. Eine Bemerkung
lautet:
türkische Musik in Wer das nie gekonnt, stehle —
eine andere, bei Skizzen zum Allegro alla marcia in B-dur
stehend:
türkische Musik — erst pianissimo — einige laute ppmo
— einige Pausen — dann die vollständige Stärke
nnd eine dritte:
auf Welt Sternenzelt forte Posaunenstösse
Nur bei zwei von den hier gemeinten Stellen hat Beethoven
sein Vorhaben ausgeführt. Eine vierte, bei Arbeiten zum
Schlusschor vorkommende Bemerkung
die Höhe der Stimmen mehr durch Instrumente
lässt sich dahin deuten, dass die hochgehenden Singstimmen
durch Instrumente unterstützt werden sollten. Ist diese Aus-
legung richtig, so wäre das ein Beweis, dass Beethoven sich
der ihm so oft vorgeworfenen Nichtbeachtung des Umfangs,
der zu hohen Führung der Singstimmen bewusst war. Eine
ebenfalls bei Arbeiten zum Schlusschor vorkommende Bemerkung
Anfang einer Overtur
kann zu einer jetzt zu berührenden Erscheinung gehören und
darin ihre Erklärung finden.
Aus andern Skizzen geht hervor, dass Beethoven längere
Zeit hindurch im Sinne hatte, das Finale mit einem thematisch
für sich bestehenden Instrumentalvorspiel zu beginnen und
dann entweder unmittelbar, oder nach der vorher vom
Orchester erst einfach und dann variirt vorgetragenen Frcuden-
melodie den Chor eintreten zu lassen. Zu einer solchen instru-
mentalen Einleitung finden sich die verschiedensten Entwürfe.
Wir setzen die meisten der vorkommenden Entwürfe her,
187
Finale.
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müssen es jedoch dahingestellt sein lassen, ob nicht einer oder
einige derselben zu dem früher erwähnten instrumentalen
Finale bestimmt waren. Der erste von diesen Entwürfen, der
spätestens im Juli 1823 geschrieben wurde und noch zwischen
Arbeiten zum ersten Satz vorkommt, lässt durch die bei-
gefügten Worte »Vor der Freude« keinen Zweifel über seine
Bestimmung aufkommen. Dasselbe ist vom zweiten Entwurf
zu sagen. Dieser kommt auch zwischen Arbeiten zum ersten
Satz vor. Die dann folgenden Entwürfe wurden später ge-
schrieben. Von einer vocalen und instrumentalen Ein- oder
Ueberleitung zum chorischen Theil, wie wir sie kennen, findet
sich in den Skizzen aus der Zeit vor Juli 1823 keine Spur.
Erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1823 und während
der fortgesetzten Arbeit zur Composition des Schiller'schen
Textes kam Beethoven, wie diese Skizze zeigt,
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nicht mehr etc.
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4 Stimmen Harmonie
auf den Gedanken, die zuerst von den Blasinstrumenten vor-
getragene Hauptmelodie mit einem recitativartigen Vorspiel,
ferner mit einem Anklang an den ersten Satz der Symphonie
und mit einem jene Melodie ankündigenden Motiv einzuleiten.
Damit war der erste Schritt zur jetzigen Einleitung geschehen.
Es fehlte zunächst noch die Motivirung des Eintritts der Sing-
stimmen durch Worte. Diese zu finden, hat Mühe gekostet.
Schindler weiss davon zu erzählen. Auch sagen es die
Skizzen. Schindler sagt (Biogr. II, 55): »An die Ausarbeitung
des vierten Satzes gekommen, begann ein selten bemerkter
Kampf. Es handelte sich um Auffindung eines geschickten
Modus zu Einführung der Schiller'schen Ode. Eines Tages
in's Zimmer tretend, rief er mir entgegen: »Ich hab's, ich
hab's!« Damit hielt er mir das Skizzenheft vor, wo notirt stand:
»Lasst uns das Lied des unsterblichen Schiller singen« u. s. w.
In den Skizzen, die nun vorzulegen sind und von denen die
ersten, nach einer Angabe Schindler's, frühestens Ende October
1823 geschrieben wurden, hat Beethoven, um die geeigneten
Worte zu finden und um überhaupt den Eintritt des Chors zu
begründen, umständliche Versuche angestellt. Er holt weit
aus und spricht sich mit voller Unbefangenheit aus. Man
muss seine Worte auch so nehmen und darf nicht daran
mäkeln. Sind sie doch nicht für uns geschrieben. An
mehreren Stellen ist wegen Unleserlichkeit der Wortlaut nicht
herzustellen. Solche Stellen müssen offen bleiben.
Die ersten Worte, die vorkommen.
Nein diese .... erinnern an unsre Verzweifl.
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wird die Schluss-Stelle des vorigen Entwurfs anders gefasst
und weiter ausgeführt, wobei ein Gang zu Tage kommt, der
mit einiger Aenderung in die Partitur übergegangen ist. Nach
kürzerer oder längerer Unterbrechung wird eine kürzere
Fassung des Recitativtextes gesucht. Beethoven schreibt erst:
Lasst uns das Lied des unsterblichen, Schillers singen
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und dann:
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Damit war der Weg zur endgiltigen Fassung gebahnt.
192
Ende 1823 oder ganz zu Anfang 1824 war die Symphonie
in den Skizzen, ungefähr im Februar 1824 in Partitur fertig.
Die Dauer der Composition lässt sich verschieden bestimmen.
Wollte man die allerersten Entwürfe einrechnen, die in der
Symphonie benutzt sind, so müsste man wenigstens 8 Jahre
zählen. Diese Entwürfe sind jedoch von der Rechnung aus-
zuschliessen. Den Beginn der Composition können sie nicht
bezeichnen. Dieser kann erst mit dem Beginn des ersten
Satzes bezeichnet werden, und von da an sind ungefähr
6V2 Jahre bis zur Vollendung des Werkes hingegangen. Will
man die sich lang hinziehende, längere Zeit unterbrochene
Arbeit zum ersten Satz zum Theil als Vorarbeit ansehen und
fasst man nur die Zeit in's Auge, in der die Grundlinien zur
ganzen Symphonie gezogen wurden und der Bau aufgeführt
wurde, so hat man ungefähr ein Jahr als die Dauer der
Composition anzunehmen.
XXI.
Die Bagatellen Op. 126
liegen, in einer Art Brouillon vor, in einer Schrift, welche die
Mitte hält zwischen Skizze und Reinschrift und welche in den
Erscheinungen, die sie bietet, darauf schliessen lässt, dass die
Stücke, wenigstens die ersten fünf von ihnen, früher entworfen
waren und dass Beethoven hier zur Fortsetzung einer früher
begonnenen Arbeit, zu einer Ausführung früherer Skizzen
schritt. Aus den vorliegenden Entwürfen — sie mögen immer-
hin so genannt werden — ist ein anderer, einer Reinschrift
sich nähernder Brouillon und aus diesem die eigentliche
Reinschrift hervorgegangen. Man kann in dieser drei- oder
vierfachen Arbeit den Beweis finden, dass die Bagatellen mit
grosser Sorgsamkeit componirt wurden, und daraus kann man
folgern, dass Beethoven Werth auf sie legte.*)
Die Stücke erscheinen in der Folge, in der sie gedruckt
sind. Die ersten zwei wurden, abgesehen von späteren Zu-
sätzen und Aenderungen, in einem Zuge, die andern mehr oder
weniger bruchstückweise hingeschrieben. Die Entwürfe bringen
manche Abweichungen von der gedruckten Form, die unser
Interesse in Anspruch nehmen. Bei den herauszugreifenden
*) Die Entwürfe stehen in einem au? drei Bogen und einem Bogen
bestehenden, im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien auf-
bewahrten Convolut. Zwei Autographe sind vorhanden, von denen jedoch
eines nicht vollständig und nicht ganz Reinschrift ist, sondern die Mitte
hält zwischen dem oben erwähnten Brouillon und der eigentlichen
Reinschrift.
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194
Stellen hat sich der Leser hier und da ein Versetzungszeichen,
hinzuzudenken.
Bei der ersten Bagatelle
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195
wählt Beethoven von Anfang an eine Begleitung in Achtel-
noten, die auch auf den Anfang des zweiten Theiles übergeht.
Im Druck wird jene Begleitung in Achtelnoten erst bei der
Wiederholung des ersten Theils angewendet. Damit ist eine
Variirung dieses Theils gewonnen. Eine andere Abweichung
vom Druck zeigt sich im 9. Takt des zweiten Theils bei der
Variirung einer aus dem ersten Theil herübergenommenen und
schon im 4. bis 6. Takt des zweiten Theils verwendeten Figur.
Im Druck ist die der Variirung zu Grunde liegende Figur
weniger kenntlich, als in der Skizze.*) Warum Beethoven
hier änderte, ist nicht einzusehen. Wenn man auf Consequeuz
in der Behandlung einer Figur Werth legt, so wird man der
unterdrückten Lesart des Entwurfs den Vorzug geben. Nach
der Cadenz tritt im Entwurf
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*) Man hat die Richtigkeit der gedruckten Lesart
bezweifelt. Zwei Autographe treten aber für deren Richtigkeit ein.
Ein Schreibfehler ist da nicht anzunehmen. Auch ist darauf hinzuweisen,
dass die vorgeschlagene Aenderung
sich mehr von
der ursprünglichen Lesart entfernt, als die Lesart der Autographe und
des Originaldrucks.
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das der linken Hand übcrgcbene Thema unmittelbar, ohne
Zwischentakt ein, und vier Takte später bekommt es denselben
Sextensprung aufwärts, den es anfangs (im 4. Takt des ersten
Theils) hatte. Beethoven hat später die letzte Stelle wahr-
scheinlich aus dem Grunde geändert und den Bass cadenz-
mässig gleich von der Dominante zur Tonika schreiten lassen,
weil er jenen Sextensprung für zu wenig bassmässig hielt.
Das dann der rechten Hand übergebene Thema hat im Ent-
wurf, abweichend vom Druck, eine in Achteltriolen sich be-
wegende Gegenstimme. (Statt der Viertelnoten im 2. und
4. Takt dieser Stelle denken wir uns auch Triolen.) Im sich
gleich anschliessenden Nachspiel geschieht die Nachahmung
des Motivs ganz in entgegengesetzter Bewegung. Im Druck
ist die Nachahmung nicht streng. Es scheint, dass Beethoven
diese freiere Fassung des Wohlklangs, der besseren Intervalle
wegen vorgezogen hat. Der Schluss, die letzten vier Takte
des Stückes sind im Entwurf schwach und fallen gegen das
Vorhergehende ab. Die Bewegung stockt. Wir suchen den
Grund in der drei Takte hindurch auf einem Stammtone liegen-
bleibenden Harmonie.
Am obern Rande der zweiten Seite des Entwurfs zur
ersten Bagatelle findet sich eine Bemerkung,
Ciclus von Kleinigkeiten
197
welche während der Arbeit an der ersten Bagatelle hinge-
schrieben wurde und welche beweist, dass, wenn es nicht schon
früher in der Absicht lag, es von vornherein auf die Com-
position einer Reihe von Stücken abgesehen war.
Der Anfang der zweiten Bagatelle
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sollte ursprünglich nicht mit abwechselnden Händen, sondern,
wie es scheint, mit beiden Händen in Oktaven gespielt werden.
Die letzten Takte des ersten Theils
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erscheinen im Entwurf mit einer von der gedruckten ab-
weichenden Schlussformel, welche Formel, anders gelegt,
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auch am Schluss der Bagatelle (im Druck vor den letzten
8 Takten) zur Verwendung kommt. Die der Schlussformel
des ersten Theils sich anschliessende, den zweiten Theil
eröffnende Melodie ist in jenem Entwurf an einer Stelle mit
198
einer etwas primitiven Begleitung bedacht. Später schreibt
Beethoven eine andere, der endgiltigen Fassung sich nähernde
Begleitung.
u. s. w.
Eine wegen ihrer Nichtbenutzung auffallende Abweichung
betrifft eine ungefähr in der Mitte des zweiten Theils vor-
kommende Stelle, wo im Entwurf
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aus der zu Anfang der Bagatelle vorkommenden, aus vier
Noten bestehenden Figur gebildet ist. Später versucht Beethoven
die Figur in entgegengesetzter Richtung zu verwenden. Der
Schlags der Bagatelle erfolgt im Entwurf acht Takte früher,
als im Druck. Das hauptsächlich aus der Schlussformel ge-
bildete Nachspiel, wie es der Druck bringt, ist also später
angefügt worden.
199
Dem ersten Entwurf zur dritten Bagatelle geht ein An-
satz vorher,
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der vielleicht zu einem Vorspiel Destimmt war und der einen
Anklang enthält an die ersten Noten des jetzigen Themas,
namentlich wie dieselben im jetzigen Nachspiel verwendet
sind. Gleich darauf erscheint ein Entwurf,
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der nur in seinen ersten vier Takten eine Aelmlichkeit oder
Uebereinstimraung mit der gedruckten Fassung zeigt. Nacli
kurzem Verweilen in Ges-dur kommt Beethoveu im Entwurf
auf das aus den ersten acht Takten bestehende Thema zurück,
wiederholt die erste Hälfte desselben, und dann bricht der
Entwurf bald ab. Die hier unternommene Wciterfiihrung des
Themas mochte also Beethoven nicht genügen. Später wird
das Stück vollständig entworfen.
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Hier ist im Wesentlichen, abgesehen von einzelnen Zügen,
die endgiltige Form erreicht. Auffallend ist, dass Beethoven
in diesem Entwurf den ruhenden Basston zu Anfang, wie er
ihn früher hatte, aufgegeben und dafür eine der Melodie
weniger zusagende Begleitung in Achtelnoten gewählt hat.
Der 3. und 4. Takt des zweiten Theils (in der eben vor-
gelegten Skizze Takt 19 und 20) ist matt. Am meisten
Schuld daran ist, dass derselbe Tonfall der Melodie (F Es)
vier Takte früher vorkommt und zu cadenzmässig, zu ab-
schliessend ist, also weniger einen Fortgang erwarten lässt und
weniger Zusammenhang und Fluss in die Melodie bringt, als die
halbcadenzmässige Wendung der gedruckten Lesart. Die wieder-
eintretende Hauptmelodie wird im Entwurf (Takt 26 f.) zuerst
ganz der linken Hand gegeben. Der Triller darüber dauert
fort. Dann erst bekommt die rechte Hand das Thema, und
zwar ursprünglich einfach, in Achtelnoten. Die im Entwurf
angedeutete Figurirung der Melodienoten, nämlich die Auf-
lösung der Achtel- in Zweiunddreissigstel - Noten entstand
später. Der Druck bringt die Stelle zum Theil anders und
künstlicher. Bemerkenswerth im Entwurf ist noch der Schluss.
Hier werden die ersten drei Noten der Hauptmelodie un-
verändert, ohne Vornote, zur Nachahmung verwendet.
202
Der erste Entwurf zur vierten Bagatelle ist mit »No. 4«
bezeichnet und nicht vollständig. Wir bemerken darin einige
bedeutende Abweichungen von der gedruckten Form. Der
zweite Theil war, wie diese mit dem 12. Takt des Theils
beginnende Stelle zeigt,
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früher um 19 Takte kürzer.- Die Episode mit ihren eigen-
thtimlichen Wendungen, welche jetzt (vom 13. Takt des zweiten
Theils an) da steht, fehlte ursprünglich, ist also später ein-
gefügt worden. Die in den letzten zwei Takten des zweiten
Theils im Entwurf vorkommende Abweichung vom Druck
kommt ähnlich auch am Schluss des ersten Theils vor. Be-
merkenswerth ist auch die frühere Fassung der Alternative.
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Hier ist, ausser den Synkopen und dem durchscheinenden
orgelpunktartigen Wesen, nichts so geblieben, wie es war.
Den anmuthigen Charakter der fünften Bagatelle an-
deutend erscheint nun ein Ansatz,
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Bagatelle bestimmt war. Der dann folgende Entwurf zur
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204
unterscheidet sich darin am meisten von der gedruckten Form,
dass ein im Verlauf (Takt 5 bis 8 und 12 bis 15) auf-
tauchendes melodisches Motiv länger und consequenter zur
Verwendung kommt.
Es folgt nun ein Fragment,
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derselben als Vorspiel dienen sollte, das aber, wenn die
letztere Vermuthung richtig ist, später durch das jetzt da
stehende Vorspiel verdrängt wurde.
Dann erscheinen einige Ansätze
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auch Rithmus von 3 Takt
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zu Stücken mit dreitaktiger rhythmischer Gliederung. Dass
diese Gliederung in der Absicht Beethoven's lag, geht aus der
bei den Stellen vorkommenden Bemerkung hervor. Diese
rhythmischen Versuche oder Studien haben zu einem Ergebniss
geführt, das in der sechsten Bagatelle zu finden ist, die, mit
Ausnahme des Vor- und Nachspiels, fast ausschliesslich aus
dreitaktijren Rhythmen zusammengesetzt ist.
205
Die Entwürfe zur sechsten Bagatelle bieten wenig Be-
merkenswertlies. Das Vorspiel, das in seiner ersten Fassung
No. 6. Allegro
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erleichtert und anders gewendet. Das Zeichen der erhöhten
Octave im letzteren Entwurf ist nachträglich beigefügt worden.
Beethoven scheint sich während des Schreibens oder nach dem-
selben eines Andern besonnen zu haben. Im Druck geschieht
die Höherlegung an einer andern Stelle. Eine einzeln stehende
Skizze
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bringt eine nicht benutzte Veränderung des Hauptthemas.
206
Wir lassen die noch folgenden Arbeiten zu den Bagatellen
auf sich beruhen und machen einen Rückblick.
Beethoven hat bei der Composition aneinander zu reihender
Stücke und auch im Verlauf einzelner Sätze, wo verschiedene
Tonarten ohne Ueberleitung nacheinander berührt werden, auf
die Folge der Tonarten gesehen. Hin und wieder hat er die
Ordnung beobachtet, dass je zwei aufeinander folgende Ton-
arten abwechselnd eine kleine und eine grosse Terz zwischen
sich haben. Bei den Bagatellen Op. 126 ist, mit enharmoni scher
Umdeutung einer Stufe (Ces = H) und mit Ausnahme der
ersten zwei Stücke, wo das naheliegende Verhältniss des gleich-
stufigen Dur und Moll besteht, der Unterschied jedesmal eine
grosse Terz. Dass diese Ordnung eine absichtliche war kann
nicht bezweifelt werden. Das von Beethoven in der früher
verzeichneten Ueberschrift gebrauchte Wort Cyklus sagt es
deutlich, dass es auf eine Zusammengehörigkeit der Stücke
abgesehen war, und bei einer solchen Zusammengehörigkeit
kann das Verhältniss der Tonarten, in welchem die Stücke
stehen, nicht ausser Acht gelassen werden. Die Bagatellen
Op. 126 sind nicht, wie die Bagatellen Op. 33 oder Op. 119,
eine Zusammenstellung innerlich und äusserlich nicht zusammen-
hängender, zu verschiedenen Zeiten entstandener Stücke, sondern
bilden eine in sich geschlossene Sammlung. Zur Einheit dieser
cyklischen Composition trägt die Einheit des Styles bei.
Wenn man die Stelle Takt 12 bis 9 vor Schluss der ersten
Bagatelle, wie sie im Entwurf lautet, mit der Fassung ver-
gleicht, die sie im Druck bekommen hat, so stellt sich heraus,
dass dort, im Entwurf, die von der linken Hand zu spielende
Gegenstimme sich in ihrer Bewegung der Melodie anschmiegt,
dabei regelmässig behandelte Intervalle bringt und fliessend ist,
hingegen hier, im Druck, die Stimmführung wohl selbständiger
und ausgeprägter, dabei aber nicht frei ist von unregelmässig
behandelten Intervallen und von auf einem letzten schlechten
Taktglied eintretenden, die Bewegung aufhaltenden Synkopen.
Bei einer Vergleichung der Stelle Takt 17- ff.. vor Schluss der
dritten Bagatelle, wie sie im Entwurf und wie sie im Druck
lautet, stellt sich heraus, dass dort die Melodie einfacher figurirt
207
ist, als hier, wo jede Melodienote durch Wechselnoten auf-
gehalten wird. Bei der vierten Bagatelle ergiebt sich aus
einer Vergleich ung des Entwurfs mit dem Druck, dass die
hier im zweiten Theil Takt 13 bis 31 vorkommende Stelle
ursprünglich fehlte und später eingefügt wurde. Nun sind
diese Stellen und noch manche andere wie sie im Druck er-
scheinen, als solche zu bezeichnen, in denen sich Eigenthüm-
lichkeiten des späteren Styles Beethovens ausprägen. Das
Ergebniss ist also, dass diese Eigenthümlichkeiten nicht der
ersten Conception angehören, sondern aus späterer Umbildung
hervorgegangen sind. Das Originelle im Sinne des Eigentüm-
lichen ist hier nicht das Originelle im Sinne des Ursprünglichen.
In Betreff der Chronologie ist Folgendes zu bemerken.
Die ersten Entwürfe zu den Bagatellen erscheinen bald nach
Entwürfen zum Schlusschor der neunten Symphonie. Hieraus
ist zu schliessen, dass die Bagatellen erst vorgenommen wurden,
als die Symphonie in den Skizzen fertig war. Als die Zeit,
in der Beethoven an den Bagatellen arbeitete, ist frühestens
die gegen Ende des Jahres 1823 anzunehmen. Spätestens in
der ersten Hälfte des Jahres 1824 waren sie fertig.*)
Die Arbeit an den sechs Bagatellen wurde, als sie un-
gefähr so weit geführt war, wie sie im Verlauf dieses Artikels
dargelegt wurde, durch die zu einigen andern kleinen Stücken
unterbrochen. Diese Stücke sind: das Bundeslied Op. 122, zu
dem sich eine so anfangende Skizze
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*) Hiernach ist die Angabe des thematischen Verzeichnisses, die
Bagatellen seien im Anfang d. J. 1823 componirt, zu berichtigen. Schind-
ler (Biogr. ET, 44) lässt Op. 126 während der Composition der zweiten
Messe entstehen. Er verwechselt Op. 126 mit Op. 119, wie denn die
Verwechslung dieser beiden Hefte in chronologischer Beziehung beinahe
stehend geworden ist.
208
mit einer Bemerkung
nur 2 Stimmen solo — lebhaft u. gescliwind
findet, ein zweistimmiger Kanon »Te solo adoro« und ein flüchtig
hingeworfenes, wenn auch nicht schönes oder musikalisch be-
deutendes, so doch launiges Stück mit echt Beethoven'schen
Zügen.*)
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*) Wir geben das Stück nach seiner ursprünglichen Fassung.
Später hat Beethoven den 1. Takt so | 1—1 j 3q und ähnlich die Ober-
stimme des 5. und die Unterstimme des 7. Taktes geändert. Diese
Variante lässt sich durchführen.
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Nach diesen Entwürfen kommen noch drei Bemerkungen,
von denen eine
Zapfenstreich mit einer blossen Trommel angefangen und
indem alles rennt dazwischen die Trommel immer stärker.
Dies Stück allein,
auf eine dramatische Scene gerichtet zu sein scheint. Die
zwei andern Bemerkungen sind anderwärts («Beethoveniana»
S. 33 f.) mitgetheilt. Nach diesen Bemerkungen werden wieder
einzelne Stellen aus der 3. und 6. Bagatelle vorgenommen.
14
xxn.
Skizzen zum zweiten Satz des Quartetts Op. 127.
Eine merkwürdige Erscheinung bieten die Skizzen zum
Adagio des letzten Es -dur- Quartetts. Wollte man behaupten r
die dem Adagio zu Grunde liegende Melodie spreche in ihren
schönen Verhältnissen , in ihrer Ruhe die Befriedigung künst-
lerischen Schaffens aus, sie sei ein unmittelbarer Herzensergus»
und müsse das Werk eines Augenblickes sein: so würde man
durch die Skizzen widerlegt werden. Die Melodie war eine
langsame Geburt, gewiss auch eine schwere; erst nach wieder-
holten und gleichsam stossweise erfolgten Ansätzen konnte sie
sich der nächtlichen Umhüllung entwinden.
Wir stellen die wichtigsten Skizzen hier zusammen und
geben, um den Fortschritt der Arbeit beobachten zu können r
die Seiten des Skizzenheftes an, in dem sie vorkommen. Sämmt-
liche Skizzen fallen ins Jahr 1824*).
(Seite 3)
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(S. 43.) Schluss des Adaoio varic.
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217
Man sieht an diesen Entwürfen, dass die aus höchstens
18 Takten bestehende Melodie stückweise entstand, dass ihre
Glieder einzeln und nach und nach gefunden wurden. Der
Anfang des Themas war, mit Ausnahme des Auftakts, bald
gefunden. Beethoven wiederholt ihn, gleichsam wiederkäuend,
in immer neuen Wendungen. Er versetzt ihn (Seite 5) in eine
andere Takt- und Tonart, sucht Nachahmungen, versucht das
gefundene Anfangsmotiv weiter zu führen, und bei einer dieser
versuchten Weiterftihrungen (S. 7) kommen (in anderer Takt-
und Tonart) einige Stellen aus dem zweiten Theil des Themas
zum Vorschein. Die Fortsetzung des Anfangs des ersten Theils
aber ist noch nicht gefunden. Beethoven setzt wieder neu an,
entfernt sich, wie das auch früher geschehen, von dem Ge-
fundenen, findet (S. 8) eine andere Fortsetzung des Anfangs
des ersten Theils, einen neuen zweiten Theil, den Anfang eines
dritten Theils (Minore) und dann, mit Ausnahme des Auftakts
(und in anderer Takt- und Tonart) den jetzigen zweiten Theil
des Themas. Nach noch einigen Versuchen wird zur ursprüng-
lichen Tonart zurückgekehrt, und erst hier (S. 11) kommt der
dritte und vierte Takt des ersten Theils zum Vorschein. Die
folgenden Arbeiten sind zum Theil contrapunktischer Art.
Beethoven sucht oder versucht eine Gegenstimme mit obsti-
naten Terzenschritten, Variationen u. s. w., bei welchen Ver-
suchen dann auch das Thema vollständig erscheint.
Wenn in den Skizzen eine Stelle eine Ueberraschung
bieten kann, so wird es die Stelle sein, wo das anfangs in
As-dur aufgestellte Motiv zum ersten Mal in C-dur und in
einer andern Taktart auftritt. Man weiss nicht, was Beet-
hoven da wollte. Er folgt auf einmal einer andern Spur. Mit
der Takt- und Tonart ist auch der Charakter ein anderer
geworden. Die mit dem Motiv angestellten Versuche würden
unerklärlich bleiben, wenn nicht Beethoven, wie man mit
Sicherheit annehmen kann, um dieselbe Zeit ein Stück be-
gonnen hätte, in dem jenes Motiv den Vordergrund bildet und
dessen Ursprung wir in jenen C-dur-Skizzcn suchen. Das nicht
in allen Stimmen ausgeführte und unvollendet gebliebene Stück
ist für vier Streichinstrumente und auf vier Systemen ge-
218
schrieben*) und lautet im Auszuge und auf weniger Systeme
zusammengedrängt wie folgt:
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Das Manuscript befindet sich bei A. Artaria in Wien.
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Das Fragment mag in einem Anflug von muthwilliger
Laune entstanden sein. Beethoven hat es schnell hingeworfen
und manche Noten undeutlich geschrieben. Für die Richtig-
keit unserer Wiedergabe kann daher nicht durchweg einge-
standen werden. Das Stück füllt im Manuscript beinahe fünf
Seiten. Zwei vorhergehende Seiten enthalten Arbeiten zum
ersten Satz des Quartetts Op. 127. Das Fragment kann also
erst nach Beginn dieses Satzes geschrieben sein. Dass es erst
nach Beendigung des zweiten Satzes , der später entstand als
der erste, geschrieben wurde, ist unwahrscheinlich. Mit dem
Quartett in Es-dur hat das Fragment keinen innern Zusammen-
hang, gehört aber zur Geschichte desselben.
XXIII.
Vergriffene Allemanden.
Spätestens i. J. 1814 erschien bei L. Maisch in Wien ein
Werk unter dem Titel: »6 Allemandes pour le Pianoforte avec
accompagnement d'un Violon par Louis van Beethoven«. Die
Ausgabe ist vergriffen, das Werk nicht mehr zu haben. Die
Stücke sind unbedeutend; den Beethoven'schen Stempel tragen
sie nicht. Man könnte sie für unecht halten, wenn nicht
Skizzen vorhanden wären, die für die Echtheit einiger von
ihnen eintreten; und wenn einige echt sind, so sind es alle.
Auf einem in der königl. Bibliothek zu Berlin befindlichen
Blatte begegnen wir mitten zwischen Entwürfen zu einem un-
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Entwürfen zur 1. und 3. Allemande
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u. s. w.
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und einigen Stellen aus der Scene und Arie »Ah perfido!«, von.
denen eine
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mit der gedruckten Form nicht übereinstimmt. Am untern
Rande der ersten Seite ist bemerkt:
pour Mademoiselle la Comtesse de Cari,
Beethoven meint die Gräfin von Clary, der die Scene und
Arie gewidmet ist. Letztere wurde nach Angabe einer Ab-
schrift 1796 in Prag, wahrscheinlich aber schon 1795 in Wien
componirt. Aus dem Zusammentreffen der Stellen und Skizzen
geht hervor, dass die Allemanden um die nämliche Zeit, also
1795 oder 1796 componirt wurden. Man wird schwerlich irren,
wenn man annimmt, Beethoven habe die Allemanden und auch
das unbekannte Stück für Ciavier und Geige, vorausgesetzt,
dass es fertig wurde, nicht aus eigenem Antriebe, sondern aus
Gefälligkeit für irgend Jemanden geschrieben. Bemerken lässt
sich noch, dass der zuletzt mitgetheilte Entwurf zu jenem un-
bekannten Stück einige Aehnlichkeit mit einem im ersten Satz
des Quartetts in B-dur Op. 18 Nr. 6 vorkommenden Thema hat
XXIV.
Ein unvollendetes Clavierconcert.
Beethoven hat, als sein Clavierconcert in Es-dur geschrieben
und gedruckt war, noch ein Clavierconcert schreiben wollen.
Nicht nur sind zahlreiche Skizzen dazu vorhanden, sondern
Beethoven hat auch angefangen, den ersten Satz in Partitur
zu schreiben und hat denselben ziemlich weit fortgeführt. Die
vorhandenen Skizzen füllen wenigstens 50 Seiten und fallen
in die Zeit zwischen Mitte 1814 und ungefähr Mai 1815.
Die Partitur, von der ungefähr 30 Blätter vorhanden sind,
wurde spätestens im Juni 1815 angefangen. Das Concert
sollte so beginnen:
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Man kann bedauern, dass das Concert nicht vollendet
wurde. Es ist aber die Frage, ob wir die Sonate Op. 102 Nr. 2
oder ein anderes Werk, das Beethoven nach Weglegung des
Concertes vornahm, besitzen würden, wenn er es vollendet hätte.
XXV.
Aufzeichnungen zu einer Oper »Macbeth«.
Im Jahre 1808, wenn nicht schon früher, trat Beethoven
mit dem Dichter H. J. von Collin wegen Abfassung eines
Operntextes »Macbeth« in Unterhandlung. Collin schrieb den
ersten Aufzug und Hess ihn im »Wiener-Hof-Theater-Taschen-
buch auf das Jahr 1809« drucken. Da in der Regel solche
Taschenbücher vor Eintritt des Jahres, auf welches sie lauten,
ausgegeben werden, so muss der Aufzug einige oder mehrere
Monate vor Ende des Jahres 1808 fertig gewesen sein, und
Beethoven konnte ihn spätestens um dieselbe Zeit geschrieben
in Händen haben.
Dass Beethoven sich mit dem Gedanken beschäftigt hat,
die Musik zu »Macbeth« zu schreiben, geht aus zwei auf ver-
schiedenen Blättern vorkommenden Aufzeichnungen hervor
Auf einem in der königl. Bibliothek zu Berlin befindlichen
Blatte steht eine abgebrochene Skizze,
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die wohl nur auf den Chor der Hexen bezogen werden kann,
mit dem Collin's erster Aufzug beginnt. Die Worte des Chors
und die Ueberschrift lauten bei Collin so:
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226
Erster Auftritt.
Hekate. Chor der Hexen.
Chor.
Wo die wilden Stürme toben,
Erst nach oben;
Jetzt schon unten
In dem bunten
Erdgewühl!
Nimmer still!
Huhuhuhu!
Rund herum,
Um und um!
Blitze leuchten, Donner krachen;
Offen gähnt der Höllenrachen!
Rund herum,
Um und um!
Huhuhuhu !
Jener Skizze folgen unmittelbar Entwürfe
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u. s. w.
zum Largo des Trios in D-dur Op. 70 Nr. 1. Diese Nachbar-
schaft und Gleichzeitigkeit, verbunden mit der Gleichheit der
Tonart, legen die Annahme einer Association der Stimmungen
nahe. Ob nun Beethoven durch eine vorhergegangene Lesung
des Operntextes und durch den Gedanken an das grausen-
hafte Drama Shaspeare's auf den geisterhaften Ton des Largos
geführt werden konnte, oder ob das Umgekehrte der Fall
sein mochte, mag schwer zu entscheiden sein. Das Trio in
D-dur wurde angefangen und beendigt im Jahre 1808. Jene
Aufzeichnung gehört also demselben Jahre an.
Die andere Aufzeichnung
Overture Macbeth fällt gleich in den Chor der Hexen ein
findet sich auf einer Seite eines Blattes, das auf der andern
S ite Entwürfe zu zwei Nummern der »Ruinen von Athen«
227
enthält*). Die »Ruinen von Athen« wurden im Jahre 1811
componirt. Ob jene Aufzeichnung früher oder später geschrieben
wurde, lässt sich aus der Stellung der Skizzen nicht erkennen.
Viel Zeit kann nicht zwischen der Beschreibung der einen
und der andern Seite des Blattes hingegangen sein. Berück-
sichtigt man, dass Collin, der im Juli 1811 starb und den
Text unvollendet hinterliess**), denselben wohl fertig gemacht
haben würde, wenn Beethoven auf die Vollendung gedrungen
hätte, dass demnach das Project der Operncomposition nicht
lange Bestand haben konnte, so darf man wohl annehmen,
dass die Aufzeichnung in eine Zeit fällt, in der das Interesse
für die Oper noch rege war. Und diese Zeit kann derjenigen,
welcher die erste Aufzeichnung angehört, nicht fern gewesen sein.
*) Vgl. den Artikel XVH
**) In einem Aufsatz über Collin und seine Werke, geschrieben
von dem Bruder Matth. v. Collin (H. J. von Collin's sämmtliche Werke,
6. Band, S. 422, Wien 1814) heisst es: »Macbeth, den er gleichfalls für
Beethoven nach Shakspeare zu dichten übernahm, ward in der Mitte
des zweiten Actes unvollendet liegen gelassen, weil er zu düster zu
werden drohte«.
15*
XXVI.
Eine unvollendete Symphonie.
Beethoven hat, bevor er seine Symphonie in C-dur schrieb,
viel an einer andern Symphonie in C-dur gearbeitet. Nament-
lich finden sich viel Skizzen zum ersten Satz derselben. Gewiss
waren auch andere Sätze ins Auge gefasst. Es ist aber schwer,
aus den vielen, meistens auf einzelnen Blättern und Bogen vor-
kommenden unbekannten und unausgeführt gebliebenen Skizzen
die dazu bestimmten auszulesen. Die Skizzen zum ersten Satz
bieten an sich wenig Interesse. Das Bemerkenswertheste ist,
dass Beethoven auch hier ein gefundenes Thema wiederholt
verändert. Der erste Satz sollte einmal so,
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beginnen. Aehnlich geht es bei später vorkommenden Stellen
zu. Eine grössere Skizze ist überschrieben: »Zur Simfonie«,
was über die Bentirmnung keinen Zweifel lässt.
229
In chronologischer Hinsicht ist Folgendes zu bemerken.
Die verschiedenen Bogen und Blätter, welche Arbeiten zum
Symphoniesatz enthalten, enthalten vorher: eine dem Unter-
richt bei Albrechtsberger angehörende Doppelfuge*); den für
Ciavier geschriebenen Anfang des dritten Satzes des Trios in
Gr-dur Op. 1 Nr. 2; Entwürfe zu Contretänzen, von denen zwei
gedruckt sind (12 Contretänze, No. 3 und 4); eine Bemerkung,
Hausknecht abends Wasser holen
aus der hervorgeht, dass die Skizzen nicht in die Bonner Zeit
fallen; einen Entwurf zu einem Rondo mit einem Anklang an
eine Stelle im Quartett in A-dur Op. 18 Nr. 5; eine Bemerkung,
Concerto in B dur Adagio in Ddur
aus der zu entnehmen ist, dass das Concert Op. 19 damals
noch nicht fertig war; zwischen und nach den Skizzen kommen
vor: eine Briefstelle,
ich habe die Ehre schicke ihnen das Quintett, und sie
werden mich sehr verbinden, wenn sie es als ein unbe-
deutendes Geschenk von mir betrachten, die einzige Be-
dingung, die ich ihnen machen muss, ist, es ja niemanden
sonst zu geben —
die wahrscheinlich das Quintett in Es-dur Op. 4 betrifft; bei
Albrechtsberger geschriebene Uebungen im doppelten Contra-
punkt; Entwürfe zur »Adelaide« und ein abgerissener Entwurf
zum zweiten Satz des Trios in G-dur Op. 1 Nr. 2.
Aus den Daten, welche sich an einige dieser getrennt
vorkommenden Stellen knüpfen, ergiebt sich, dass Beethoven
im Jahre 1794 und zu Aufang des Jahres 1795 an der Sym-
phonie gearbeitet hat. Dann hat er die Arbeit liegen lassen
und ist zur Composition der ersten Symphonie geschritten.
Wahrscheinlich war das Eine die Folge des Andern.
*) Vgl-. »Beethoven's Studien« (Leipzig, Rieter-Biedermann) I, S. 202.
Der Verfasser hat hier einen Irrthum zu berichtigen. Er hat sich damals
durch die Aehnlichkeit der Anfangsthemen und einiger im Verlauf vor-
kommenden Stellen verleiten lassen, die Skizzen am angeführten Orte
auf den letzten Satz der ersten Symphonie zu beziehen.
XXVII.
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1800.
Dieses in der königl. Bibliothek zu Berlin befindliche
Skizzenbuch besteht aus 93 Blättern in Querfolio mit 10 Noten-
zeilen auf der Seite. Wie andere Skizzenbücher aus der früheren
Zeit Beethoven's ist es buchbindermässig gebunden, hat einen
festen Umschlag und ist, leere Stellen ausgenommen, durch-
gängig mit Tinte beschrieben. Es ist vollständig erhalten und
befindet sich in dem Zustande, in dem es von Beethoven zurück-
gelegt wurde, gestattet also eine ununterbrochene Betrachtung
der Skizzen. Als die Zeit, in der es benutzt wurde, lässt sich
im weitesten Umfange die von Ende 1799 bis Anfang 1801
annehmen.
Zuerst (S. 1) erscheinen einige kleine, nicht zusammen-
gehörende Stellen: eine Melodie*),
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*) Die Tonart der Skizze ist Fis-dur. Beethoven's Vorzeichnung
ist nicht vollständig. Man hat sich zwei Kreuze hinzuzudenken.
231
die später in anderer Tonart im letzten Satz der Sonate für
Ciavier und Violine in F-dur Op. 24 verwendet wurde, und
eine Stelle
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aus dem Anfang des dritten Theils des ersten Satzes des
Streichquartetts in F-dur Op. 18 Nr. 1, die wahrscheinlich
hingeschrieben wurde, als Beethoven mit der Ausarbeitung in
Partitur beschäftigt war*).
Nun erscheinen Entwürfe, die sich länger fortspinnen.
Zuerst kommt die Fortsetzung der an einem anderen Orte
begonnenen Arbeit zur Sonate für Ciavier und Violine in A-moll
Op. 23.**) Die Skizzen beziehen sich auf alle drei Sätze
und kommen schliesslich der gedruckten Form nahe, so dass
die Arbeit des Skizzirens hier als beendet zu betrachten ist.
Eine zum Schluss des ersten Satzes gehörende Skizze (S. 4)
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*) Beethoven schreibt am 1. Juni 1800 an seinen Freund Amenda:
»Dein Quartett gib ja nicht weiter, weil ich es sehr umgearbeitet habe,
indem ich erst jetzt recht Quartetten zu schreiben weiss«. Herr Ludwig
Nohl hat das in der Briefstelle gemeinte Exemplar in Russland entdeckt,
und nach seiner Angabe (»Neue Zeitschrift für Musik« vom 19. Januar 1872)
war das Quartett, welches Amenda erhalten hatte und welches also einer
Umarbeitung unterzogen wurde, das in F-dur. Die geschriebenen Stimmen
zeigen die Ueberschrift »QuartettoNo.il« und das Datum »25ten Juni 1799«.
Wahrscheinlich gehört die im Skizzenbuch vorkommende Stelle jener
Umarbeitung an.
'**) Vgl. den Artikel XLI.
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bringt eines der Themen (abwechselnd für Ciavier und Violine)
dreimal nacheinander in gleicher Lage und Tonart. In der
später gewählten Fassung ist diese Einförmigkeit vermieden.
Dann (S. 14) kommen Entwürfe zur Sonate für Ciavier
und Violine in F-dur Op. 24. Zuerst erscheinen die zwei
mittleren, später die andern Sätze. In einer abgebrochenen
Skizze (S. 17) zum ersten Satz
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sieht die Anfangsmelodie, wie sie vom 3. Takte an geführt
ist, noch unbedeutend aus. Gleich darauf wird der Anfang
nochmals entworfen,
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und hier hat die Melodie die schlanke Gestalt gefunden, in
der wir sie kennen. Die letzte Skizze zeigt aber der ersten
gegenüber in modulatorischer Hinsicht eine Schwäche. Die
Tonart des später eintretenden Seitensatzes wird darin zu früh
234
und zu viel, die Dominante dieser Tonart zu flüchtig berührt,
so dass das frische Eintreten des Seitensatzes darunter leidet.
In der gedruckten Form ist der Uebergang zum Seitensatz
geändert. Entlegenere Stufen werden aufgesucht, und wird
kurz vor Eintritt des Seitensatzes länger auf dessen Dominante
verweilt.
Die Melodie des zweiten Satzes ist (S. 14)
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in ihren Hauptzügen bald gefunden. Die in der Skizze an
gedeutete Basslage der Melodie und den angehängten zweiten
Theil hat Beethoven verworfen, erstere wohl deswegen, weil
die Melodie zu einer solchen Lage nicht geeignet erschien.
Der dritte Satz, das Scherzo, ist ursprünglich (S. 14)
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als Menuett gedacht. Erst nach einigen rhythmischen Aenderungen
hat das Stück seinen neckischen Charakter erhalten.
Bald (S. 36) erscheint auch das Thema des letzten Satzes
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in seiner endgiltigen Tonart und in einer der gedruckten nahe
kommenden Fassung. Dennoch hat Beethoven (S. 168)
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U. 8. W.
noch eine andere Fassung versucht.
Aus der Stellung der bisher angeführten Skizzen geht
hervor, dass die Sonaten für Ciavier und Violine in A-moll
und F-dur zum Theil gleichzeitig componirt wurden und dass
die in A-moll früher angefangen und eher fertig wurde, als
die in F-dur. Es lag also nahe, dass, wie der Titel der
ältesten Originalausgabe zeigt, Beethoven sie unter einer Opus-
zahl herausgab. Jetzt haben sie verschiedene Opuszahlen.*)
An den vier Sätzen der Sonate Op. 24 wurde gleichzeitig
gearbeitet. Die Skizzen dazu ziehen sich fast bis zu Ende
(bis Seite 179) des Skizzenbuches fort und werden unterbrochen
durch Arbeiten zu andern Compositionen und durch einige
unbekannte, ganz unbenutzt gebliebene Entwürfe. Letztere
können tibergangen werden. Es kommen deren im ganzen
Skizzenbuche wenig vor. Die gleichzeitig mit der Sonate vor-
genommenen Compositionen sind: die Sonate für Ciavier in
As-dur Op. 26, der erste Satz der zweiten Symphonie, das
Ballet »Die Geschöpfe des Prometheus« und der 2. und 4. Satz
der Sonate für Ciavier in Es-dur Op. 27 Nr. 1. Diese Com-
positionen sind der Reihe nach vorzunehmen.
*) Die Sonaten Op. 23 und 24 erschienen im October 1801 bei
T. Mollo u. Comp, in Wien unter dem Titel: »Deux Sonates pour le
Piano-Forte avec un Violon« u. s. w. und unter der gemeinsamen Opus-
zahl »23«. Bald darauf wurden sie getrennt. Die Sonate in A-möll
behielt die alte Opuszahl, und die in F-dur erhielt die Opuszahl »24«,
welche Opuszahl der im nämlichen Jahre erschienene Ciavierauszug des
Ballets „Die Geschöpfe des Prometheus« abtreten musste. Der Grund
der Trennung war wohl der, dass die beiliegenden Violinstimmen in ver-
schiedenem Format gestochen waren und dass die Verleger die Kosten
scheuten, eine von den Stimmen umstechen zu lassen.
237
Die ersten zur Sonate in As-dur gehörenden Skizzen be-
treffen den letzten Satz. Die erste Skizze (S. 21)
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u. s. w.
bringt, ausser dem in anderer Lage dem Satze zu Grunde
liegenden Motiv und dem daraus gebildeten Gang, nichts, was
der gedruckten Form nahe käme. Ein etwas später (S. 54)
folgender Entwurf stimmt im Anfang mit der gedruckten Form
tiberein. Nun (S. 56) kommt eine Aufzeichnung,
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wo die andern Sätze der Sonate ins Spiel gebracht werden, jener
angefangene letzte Satz aber nicht, woraus zu schliessen ist, dass
dieser letzte Satz anfänglich nicht als Sonatensatz gedacht war,
sondern erst später seine Bestimmung fand. Die Aufzeichnung
giebt zu rathen auf. Was bedeutet die Ueberschrift? Und wie soll
man die Gegenüberstellung zweier so verschiedenartiger Stücke
deuten, wie es der projectirte Trauermarsch — denn als etwas
Anderes kann man den Marsch in As-moll nicht nehmen —
und das skizzirte bärenleierische Schlussstück sind? Man ist
geneigt, der geplanten Sonate eine äussere Veranlassung beizu-
legen. Die Ueberschrift »sulla morte d'un eroe«, welche der in
der Sonate Op. 26 stehende Trauermarsch bekommen hat, kann
uns nicht verleiten, in dem Entwurf ein Subject zu suchen,
das zu jener Ueberschrift stimmte; denn jener Marsch mit
seiner Ueberschrift war damals noch nicht geschrieben. Mit
dem Buchstaben »M« in der Ueberschrift der Skizze kann
schwerlieh ein Ding, ein Instrument u. dgl. gemeint sein.
239
Beethoven kann dabei eher an eine Person, etwa an Moritz
Graf von Fries gedacht haben, dem die Sonaten Op. 23 und 24
gewidmet sind, und in diesem Falle kann das entworfene
Stück für die am 15. October 1800 stattgefundene Vermählung
des Grafen bestimmt gewesen sein.*) Doch ist das eine schiere
Vermuthung, eine Vermuthung, bei der jede Sicherheit fehlt.
Jetzt werden die in der Aufzeichnung angedeuteten Stücke,
mit Ausnahme des letzten Stückes, das liegen bleibt, und mit
Einschluss der mittleren Sätze, die nun bald zum Vorschein
kommen, einzeln vorgenommen. Damit beginnt eigentlich erst
die Composition der Sonate.
Das Variationenthema findet bald seine endgiltige Form.
Nur der zweite Theil, der im Entwurf noch sehr kurz erscheint
und hauptsächlich aus dem Anfangsmotiv gebildet ist, scheint
einige Mühe gekostet zu haben. Später kommen Variationen.
Zum zweiten Satz scheint anfangs ein (S. 65) so
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beginnendes Stück bestimmt gewesen zu sein. Die Tonart
(Des-dur) spricht nicht gegen eine solche Bestimmung. Beet-
hoven würde hier dasselbe Verhältniss der Tonarten beobachtet
haben, das auch andere Compositionen aufweisen (z. B. das
Quartett in F-dur Op. 59 Nr. 1), wo ebenfalls, statt der üblichen
Haupttonart, die Tonart der Unterdominante für das Intermezzo
gewählt ist. Später (S. 158) erscheint der jetzige zweite Satz
in einer der gedruckten ziemlich nahe kommenden Fassung.
*) Ferdinand Paer schrieb für die Vermählung eine Cantate, welche
bei der Feier »mit vielem Beifall aufgeführt« wurde. (Vgl. Leipziger
Allg. Musik Zeitung vom 17. December 1800; Gerber's Neues Lexikon,
III, 035) Konnte Beethoven gut zurückbleiben?
240
Die noch in den letzten Skizzen vom Druck am meisten ab-
weichende Stelle ist die vom 10. bis 12. Takt des zweiten Theils,
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welcher gegenüber die jetzige Fassung als eine verbessernde
Variante erscheint, zu der ein in der Skizze fehlender Takt
Veranlassung gegeben haben mag.
Der Trauermarsch hat erst nach wiederholten Ansätzen
seine endgiltige Form erhalten. Am langsamsten ist der zweite
Theil zum Vorschein gekommen. Man sieht das an dieser
ersten Skizze (S. 57),
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wo vom zweiten Theil noch gar nichts, und dann an dieser
eine ziemlich geraume Zeit später geschriebenen Skizze (S. 132),
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in Folge der Gleichheit der Abschnitte aus denen er besteht,
etwas trivial. In der angehängten Variante ist der zweitaktige
Rhythmus zu einem viertaktigen erweitert, und ist damit jene
Eigenschaft beseitigt worden.
Beim letzten Satz, dessen Anfangstakte längst fest standen,
ist die Weiterfuhrung dieser Takte auf verschiedene Art ver-
sucht worden, bevor die jetzige Fassung fest gestellt war.
Einer der abweichendsten späteren Entwürfe ist dieser (S. 159).
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243
Die Arbeit zur Sonate zieht sich bis (S. 180) gegen Ende
des Skizzenbuchs fort, ist aber nicht ganz zum Abschluss ge-
bracht worden. Sie wird also an einem andern Orte fort-
gesetzt und beendigt worden sein. Aus der Stellung der
Skizzen ergiebt sich, dass Beethoven auch hier an allen vier
Sätzen zugleich und durcheinander gearbeitet hat.
Nach einer Mittheilung Carl Czerny's soll Beethoven durch
J.B.Cramer's drei Ciaviersonaten Op. 23 (As-dur, C-dur, A-moll),
die spätestens zu Anfang des Jahres 1800 erschienen und
damals Aufsehen erregten, zur Composition des Finale der
Sonate in As-dur angeregt worden sein. Diese Mittheilung
ist glaublich. Man darf jedoch den Einfluss nicht zu hoch
anschlagen. Es handelt sich nur um die freie Auffassung und
Annahme der Manier Cramer's, um die rastlose Beweglichkeit
und Fort führung einer kleinen Figur, welch figurative Manier
in kleinerer Form auch in manchen Etüden Cramer's wahrzu-
nehmen ist. In den genannten Sonaten Cramer's ist diese
Manier am meisten im letzten Satz der dritten Sonate ausge-
prägt. Der Satz steht, wie der Beethoven'sche, im |-Takt und
bewegt sich, theils in der rechten, theils in der linken Hand T
immer in Sechzehntelnoten.
Anders verhält es sich mit einer andern Mittheilung.
Ferd. Ries sagt (Biogr. Notizen, S. 80): »Der Trauermarsch in
As-moll entstand aus den grossen Lobsprüchen, womit der
Trauermarsch Paer's in dessen Oper Achilles von den Freunden
Beethoven's aufgenommen wurde«. (Von anderer Seite wird
hinzugefügt, Beethoven sei durch einen in Paer's Marsch vor-
kommenden Paukenwirbel zur Nachbildung angeregt worden.)
Diese Mittheilung kann nicht wahr sein, weil Beethoven's
Trauermarsch schon vor Mitte 1800 angefangen war und
Paer's »Achilles« erst am 6. Juni 1801 zum ersten Mal in
Wien aufgeführt wurde.
Die Skizzen zum ersten Satz der Svniphonie in D-dur
erreichen die endgiltige Form nicht, kommen derselben jedoch
im Ganzen so nahe, dass daraus auf vorhergegangene Arbeiten
zu schliessen ist. Hier (S. 44)
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der Anfang; einer Skizze zum ersten Allegro. Bei einer Ver-
gleiehung mit der gedruckten Fassung wird man der letzteren
den Vorzug geben müssen. Man braucht nur einige Stellen
zu betrachten. In der letzten Skizze wird das aus vier Takten
bestehende Hauptthema in verschiedenen Lagen dreimal nach-
einander gebracht. Im Druck erscheint das Thema vollständig
nur zweimal, und dann wird das letzte Glied desselben zur
Weitcrfiihrung benutzt. Diese Vermeidung einer Wiederholung
trägt zur Mannigfaltigkeit bei. Vom 28. Takt an bringt die
Skizze ein aus Achtelnoten bestehendes Figurenwerk. Im Druck
wird da ein rhythmisch ausgeprägter Gedanke verwendet, und
damit tritt an die Stelle jener Lockerheit eine einheitliche,
übersichtliche Gliederung. Bei der später (Takt 39 f.) in der
Skizze vorkommenden leeren Stelle hat man sich das von den
Blasinstrumenten gebrachte und in A-dur eintretende Seiten-
thema hinzu zu denken, das aber, wie aus den folgenden vier
Takten zu entnehmen ist, hier noch nicht die endgiltige Fassung
erlangt haben wird.
Inmitten dieser Symphonie -Skizzen finden sicli auf den
oberen Zeilen einer Seite (S. 49) in Reinschrift die eisten vier
Takte der Sonate pathetique. Ein Ergebniss ist daraus nicht
zu ziehen.
246
Bei Skizzirung der Prometheus - Musik (S. 73 bis 186)
muss Beethoven zwei Programme des Ballets, ein deutsches
und ein italienisches, in Händen gehabt haben. Man sieht das
an mehreren längereu und kürzeren Bemerkungen, die nur
solchen Vorlagen entnommen sein können. Da das Programm
des Ballets verloren gegangen und bis auf den heutigen Tag
nicht wieder zum Vorschein gekommen ist, so erscheint es
rathsam, diejenigen jener Bemerkungen liier aufzunehmen,
welche zur Kenntnis« der Beziehungen,. welche die Musikstücke
zum Programm haben, beitragen können. Im Ganzen ist freilich
wenig damit gewonnen, und erfahren wir aus ihnen nur, auf
welche Bühnen Vorgänge sich drei oder vier Stellen der Beet-
hoven'schen Musik beziehen. Mit Hülfe anderer Mittel mag
sich diese Zahl steigern lassen.*)
*) Die Handlung (nicht das Programm) des Ballets ist nach einem
Werke über S. Vigano (Commentarii della vita e delle opere core-
drammatiche di Salvatore di Vigano — da Carlo Ritorni Reggiano —
Milano 1838) von Grandaur im Morgenblatt der »Bayerischen Zeitung«
vom 27. März 1867 veröffentlicht worden. Einen Abdruck findet man
in der Leipziger Allg. Musik. Zeitung vom 29. Mai 1867. Beethoven's
Musik und die veröffentlichte Handlung decken sich nur zum Theil.
In letzterer folgt die tragische Scene Melpomenens dem Schäfertanz
(Pastorale) Terpsichorens und dem heroischen Tanz des Bacchus und
seiner Schaar; in jener und nach dem alten Theaterzettel geht die
Scene Melpomenens (in der Partitur ohne Zweifel Nr. 9) den genannten
Tänzen (Partitur Nr. 10 bis 12) vorher. In der Handlung kommt Euterpe
vor; auf dem Theaterzettel ist sie nicht genannt u. s. w. Ungeachtet
dieser Abweichungen bietet die Handlung manche sichere Anhaltspunkte.
Die scenische Bestimmung einiger der letzten Musikstücke ist durch
Ueber8chriften , welche in einer in der Hofbibliothek zu Wien auf-
bewahrten alten Partitur- Abschrift vorkommen, sichergestellt. Nr. 11 ist
überschrieben: »Coro di Gioja« (Darsteller des Bacchus); Nr. 12: »Solo
di Gioja«; Nr. 13: »Groteski. Terzettino«; Nr. 14. »Solo della Sigra
Casentini« (Darstellerin der Tochter des Prometheus); Nr. 15: »Coro di
Vigano« (Darsteller des Sohnes des Prometheus). Im alten gedruckten
Ciavierauszug ist die Introduction (Part. S. 31) überschrieben: »La
Tempesta«.
Das Ballet sollte (vgl. Leipziger Allg. Musik. Zeitung vom 15. Sep-
tember 1869) zuerst unter dem Titel »Die Menschen des Prometheus« am
21. März 1801 in Wien aufgeführt werden. Der Aufführung scheinen sich
aber Hindernisse entgegengestellt zu haben, denn die erste Aufführung
247
Beethoven entwirft (S. 73) die Scene zu Anfang des Ballets,
wo die Kinder (»Statuen«) des Prometheus nach ihrer Berührung
mit der ätherischen Flamme Leben und Bewegung bekommen
und Prometheus dieses sieht, wie folgt.
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Hintergrund.
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gelingen sieht, und freut sich hierüber unaussprechlich,
steht auf und winkt den Kindern, stille zu stehen.
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fand erst am 28. März 1801 statt. Der Theaterzettel dieser Aufführung ist
in Thayer's Chronologischem Verzeichniss (S. 39) abgedruckt zu finden.
Beachtenswerthe Berichte über die Aufführung bringt die »Zeitung für
die elegante Welt« vom 19. Mai 1801 und das »Journal des Luxus und
der Moden«, Bd. 16, S. 303. Im Jahre 1801 wurde das Ballet noch
15 Mal gegeben.
Im Jahre 1813 kam in Mailand und später in Wien ein grösseres
Ballet »Prometeo«, ebenfalls von Vigano und mit theilweiser Musik von
Beethoven zur Aufführung. Die gedruckten Programme sind vorhanden,
sind aber auf Beethoven's Prometheus-Musik nicht anzuwenden-
248
Beethoven hat später beide Stellen geändert. Die erste
hat in ihrer spätem Fassung; (Breitkopf u. Härtel'sche Partitur,
8. 35, Takt 1 ff.) etwas von ihrem früheren Rhythmus behalten.
Die andere wird später (S. 186) so (in Es-dur)
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entworfen, und diese Fassung- ist in anderer Tonart und mit
einigen andern Aendcrungen in die Partitur (S. 35, Takt 16 ff.)
übergegangen.
Auf die nächste Nummer, wo Prometheus über die Stumpf-
heit seiner Geschöpfe betrübt und aufgebracht wird, beziehen
sich folgende mit der Partitur (S. 40 bis 43) nicht überein-
stimmende Entwürfe.
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249
In einem Entwurf zur ersten Scene des zweiten Actes,
wo Prometheus auf dem Parnass seine Kinder vorführt, kommt
folgende mit der gedruckten Fassung (Part. S. 48) tiberein-
stimmende Stelle vor.
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Die Skizzen zum Ballet erstrecken sich auf die meisten
Nummern, erreichen aber nicht überall die endgiltige Form.
Die Ouvertüre fehlt. Daraus ist zu schliessen, dass die Arbeit
an einem andern Orte fortgesetzt und beendigt wurde.
Während Beethoven am Ballet arbeitete, wurden früher
begonnene Arbeiten fortgesetzt, neue augefangen. Fortgesetzt
wurde die Arbeit zu den Sonaten in F-dur Op. 24 und in
As-dur Op. 26. Angefangen wurde der 2. und 4. Satz der
Sonate in Es-dur Op. 27 Nr. 1 und die Bagatelle Op. 33 Nr. 7.
Hier (S. 138)
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der erste Entwurf zum zweiten, hier (S. 138)
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der Anfang des ersten Entwurfs zum letzten Satz der Sonate
in Es-dur, und hier (S. 183)
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der Anfang des Entwurfs zur erwähnten Bagatelle, die hier
als Menuett concipirt ist.
251
Die im Skizzenbuch berührten und in der angenommenen
Zeit von Ende 1799 Ins Anfang 1801 ganz oder zum Theil
fertig gewordenen und angefangenen Compositionen sind der
Reihe nach:
Sonate für Ciavier und Violine in A-moll Op. 23,
n F-dur Op. 24,
erster Satz der zweiten Symphonie (nicht ganz beendigt).
Ballet Die Geschöpfe des Prometheus« (nicht vollständig),
zweiter uud letzter Satz der Sonate für Ciavier in Es-dur
Op. 27 Nr. 1 (nicht beendigt) und
Bagatelle für Ciavier Op. 33 Nr. 9 (erster Entwurf).
XXVIII.
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1808.
Dasselbe war vor dem Gebrauch buehbindermässig gebunden,
bat einen alten blauen Umschlag und ist in Querformat. Der
frühere Besitzer war Grassner in Carlsruhe, der es, nach einer
auf dem Umschlag stehenden Bemerkung, 1842 von Anton
Oräffer in Wien erworben hatte. Es enthält grösstentheils
Arbeiten zur Pastoral-Symphonie ; alle Sätze des Werkes werden
darin berührt. Es besteht gegenwärtig aus 59 mit Tinte be-
schriebenen Blättern mit 16 Notenzeilen auf jeder Seite, hatte
aber ursprünglich 87 oder 88 Blätter. An 15 verschiedenen
Stellen sind 28 oder 29 Blätter, also ungefähr ein Drittel
des ursprünglichen Bestandes, herausgeschnitten worden. Wer
den Vandalismus verübte, ist nicht bekannt. Dass Beethoven
die Blätter nicht herausgeschnitten habe, geht aus einer später
von fremder Hand unternommenen, jetzt unrichtigen Foliirung
hervor. Selbstverständlich lässt sich bei solcher Beschaffenheit
das Entstehen und allmähliche Heranwachsen eines Satzes mit
Sicherheit nicht beobachten.
Die eisten vier Blätter sind vollständig erhalten. Dann
kommt die erste Unterbrechung. In der Mitte des oberen
Randes der ersten Seite steht die Jahreszahl »1808«. Das
Skizzenbuch wurde also i. J. 1808 in Angriff genommen. Es
kann aber nicht das ganze Jahr hindurch gebraucht worden
sein. Da es noch ein anderes Skizzenbuch giebt, welches
jranz oder grösstentheils der zweiten Hälfte des Jahres 1808
angehört, so lässt sich das vorliegende entweder ganz oder
Keinem grössten Theil nach der ersten Hälfte des genannten
253
Jahres zuweisen. Die Skizzen widersprechen dieser An-
nahme nicht.
Zuerst erscheinen Skizzen zum ersten Satz der Pastoral-
Syniphonie. , Der Anfang des Satzes, wie er gedruckt ist, ist
gefunden. Ueberhaupt zeigt sich die Arbeit zu diesem Satz
sehr vorgeschritten und theils der gedruckten Form nahe
kommend, theils damit tibereinstimmend. Sie muss also an
einem andern Orte begonnen worden sein. Der zweite Satz
erscheint in den ersten Skizzen noch auf der ersten Stufe
seines Werdens, nähert sich aber bei fortgesetzter Arbeit der
endgiltigen Form und stimmt schliesslich damit tiberein. Das-
selbe ist von allen folgenden Sätzen zu sagen. Ob von diesen
Sätzen der zweite und dritte im Skizzenbuche begonnen wurden,
muss dahingestellt bleiben. Bei den zwei letzten Sätzen scheint
das der Fall zu sein. Ein Theil der vorkommenden Skizzen
und Bemerkungen wird anderwärts mitgethcilt.*)
Zwischen den ersten Entwürfen zum letzten Satz der
Symphonie finden sich zwei mit dem Druck tibereinstimmende
Stellen aus dem ersten Satz der Sonate für Pianoforte und
Violoncell in A-dur Op. 69. In der Breitkopf u. Härtel'schen
Ausgabe (Gesammtausgabe) sind es die Stellen Seite 2 Takt 13
bis 21, und Seite 7 Takt 18 bis Seite 8 Takt 3. Jedoch
steht nur die Ciavierstimme da. Ohne Zweifel wurden die
Stellen während der Anfertigung der Reinschrift der Sonate
hingeschrieben. Zwischen späteren Skizzen zum letzten Satz
der Symphonie erscheinen, ausser einem liegengebliebenen Ent-
wurf zu einem »Concerto« in F-moll, Ansätze zum Finale des
Trios in Es-dur Op. 70 Nr. 2. Es scheint, dass von den zwei
Trios Op. 70 dieser Satz zuerst angefangen wurde. Nach
Beendigung der Symphonie wurden die Trios allein vorge-
nommen. Zuerst wachsen der Reihe nach die drei Sätze des
Trios in D-dur (Op. 70 Nr. 1) heran. Dann kommt ein Entwurf
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*)■ Siehe den Artikel XL.
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U. 8. W.
zum dritten Satz des Trios in Es-dur. Wie man sieht, ist dieser
Satz als Menuett bezeichnet. Mit Entwürfen zum letzten Satz
in D-dur schliesst das Skizzenbuch. Ob auch die ersten zwei
Sätze des Trios in Es-dur im Skizzenbuche angefangen wurden,
lässt sich nicht sagen, da zwischen den ausschliesslich die
beiden Trios betreffenden Entwürfen an drei Stellen Blätter,
welche über jenen Punkt Auskunft geben könnten, heraus-
geschnitten sind.
Aus allen vorkommenden Skizzen ergiebt sich, dass Beet-
hoven gleichzeitig an den vier ersten Sätzen und gleichzeitig
an den zwei letzten Sätzen der Pastoral-Syniphonie gearbeitet
hat, dass jedoch alle Sätze der Symphonie in der Reihe heran-
wuchsen und fertig wurden, in der sie gedruckt sind. Ferner
ergiebt sich, dass während der Composition der Pastorat-
Symphonie die Sonate Op. 69 (wenigstens der erste Satz) be-
endigt und die Trios Op. 70 angefangen wurden. Letztere,
die Trios, waren im December 1808 in Reinschrift fertig.
Die im Skizzenbuch berührten, theils der Vollendung, theils
der Skizzirung nach in die angenommene Zeit (1. Hälfte
des Jahres 1808) zu setzenden Compositionen sind also der
Reihe nach:
die Sonate für Pianoforte und Violoncell in A-dur Op. 69,
die Pastoral-Symphonie (Op. 68) und
die zwei Trios in D-dur und Es-dur Op. 70 Nr. 1 und 2.
XXIX.
Skizzen aus dem Jahre 1809.
Wir benutzen hier eine an verschiedenen Orten sich be-
findende Anzahl von Skizzenblättern, welche sämmtlich dem
Jahre 1809 angehören und die sich mit Sicherheit in eine
chronologische Ordnung bringen lassen, bei welcher Ordnung
jedoch von chronologischer Vollständigkeit abgesehen werden
muss, da hier oder dort Blätter fehlen können und wirklich
fehlen. Ihrer Beschaffenheit nach sind die vorhandenen Blätter
in zwei Abtheilungen vorzulegen. Die erste Abtheilung besteht
aus 8 Bogen und 2 losen Blättern in Querformat, die ursprüng-
lich zu einem Skizzenbuch gehört haben, also als Ueberbleibsel
eines solchen zu betrachten sind.*) Die andere Abtheilung be-
steht aus 27 ineinander liegenden, zusammengehörenden Bogen
in Querformat.**) Man kann diese Abtheilung als ein für
sich bestehendes Skizzenheft betrachten, das nur an den
äusseren Enden Spuren einer Lückenhaftigkeit oder Unvoll-
ständigkeit zeigt. Als die genauere Zeit, welcher das ge-
sammte Material angehört, lässt sich die von ungefähr Februar
bis October 1809 bestimmen. Wir nehmen die Blätter in ihrer
chronologischen Folge vor.
Erste Abtheilung. Die meisten Skizzen betreffen den ersten
Satz des Concertes in Es-dur Op. 73. Sie kommen theils der
*) Besitzer der Sammlung ist Carl Meinert in Dessau.
**) In Wirklichkeit liegen die Bogen anders. Ein Bogen war früher
bei G. Petter in Wien, und 26 Bogen befinden sich, in zwei Lagen von
2 und 24 Bogen getrennt, in der königl. Bibliothek zu Berlin.
256
gedruckten Form nahe, theils stimmen sie damit tiberein.
Zwischen diesen Skizzen kommen ausser einigen unbekannten
Stücken vor: Entwürfe zum zweiten Satz desselben Concertes,
ein auf den dritten Satz des Concertes zu beziehender Ansatz
und Entwürfe zu einem Marsch in F-dur. Aus der Stellung
und Beschaffenheit der Skizzen ergiebt sich, dass die zwei
letzten Sätze des Concertes angefangen wurden, als die Arbeit
zum ersten Satz schon weit gediehen war, und dass der Marsch
während der Composition des ersten Satzes des Concertes
entstand.
Die Entwürfe zum zweiten Satz des Concertes sind nur
auf die Bildung des Themas gerichtet. Ohne Zweifel haben
wir hier die ersten Entwürfe zu genanntem Satz vor uns. Die
Arbeit beginnt mit einigen abgebrochenen Skizzen, die von
einander verschieden und von der endgiltigen Fassung gleich
weit entfernt sind. Hier ist der erste Entwurf (in C-dur),
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hier der zweite (in H-dur)
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und hier der dritte Entwurf.
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Man wird l)emerken, dass in diesen Skizzen ein oder
zwei an die endgiltige Fassung erinnernde Motive verändert
wiederkehren. Bald nach diesen Ansätzen erscheint ein Ent-
wurf mit drei Varianten,
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iu dem die bekannte Melodie stückweise und nach drei- oder
viermaligem Ansetzen vollständig zum Vorschein kommt. Bei
einer Vergleichung mit dem Druck macht sich in der zweiten
Variante dieses Entwurfs die richtige Schreibung der 2. Note
im 7. Takt des Themas (fisis statt g) bemerkbar.
Der an den Schluss des zweiten Satzes anknüpfende An-
satz zum Anfang des dritten Satzes des Concertes
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53:
ist undeutlich geschrieben und nicht ganz lesbar, mag aber
in seiner Zweifelhaftigkeit doch zum Beweise dienen, dass das
Thema des Satzes erst im Werden begriffen war.
Beim Marsch wiederholt sich die Erscheinung, dass auch
bei kleinen Gelegenhcitscompositioncn die schliesslich gewählte
Form nicht im ersten Anlauf gefunden wurde.*) Zuerst wird
ein Thema (in Es-dur) aufgestellt,
*) In einer schwerlich von Beethoven herrührenden Bearbeitung
und mit der Bezeichnung »York'schen Corps 1813 « ist der Marsch ge-
druckt erschienen bei Schlesinger in Berlin.
17
258
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das gar keine Aehnlichkeit mit dem letztwillig gewählten hat.
Dasselbe ist von diesem Thema (in F-dur)
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u. s. w.
zu sagen. Bei einem dann folgenden Entwurf
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kann man eine Annäherung an die endgiltige Fassung beob-
achten. Erst nach diesen und andern Ansätzen erscheint
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ein mit jener Fassung im Wesentlichen übereinstimmender
Entwurf.
Besagter Marsch hat seine kurze Geschichte. Geschrieben
wurde er ursprünglich für Erzherzog Anton. Dann bekam ihn
die böhmische Landwehr. Das ist aus dem Autograph zu
Ol sehen. Dasselbe hatte anfangs die Ueberschrift: »Marcia —
Da Beethoven — Für 8. K. Hoheit den Erzherzog Anton 1809.«
259
Später hat Beethoven einige von diesen Wörtern ausradirt, so
dass jetzt zu lesen ist: »Marcia (No. I) — Da Beethoven —
Für die böhmische Landwehr 1809«.*) Im Jahre 1810 wurde
Beethoven ersucht, zu einem Carroussel die Musik zu schreiben.**)
Dazu wurde, ausser einem andern, ebenfalls früher componirten,
der obige Marsch gewählt, und nur die Instrumentirung wurde
geändert. Eine Abschrift zeigt die Ueberschrift: »Zwei Märsche,
für Militair-Musik, verfasst zum Carroussel an dem glorreichen
Namens-Feste I. k. k. Maj. Maria Ludovika in dem k. k. Schloss-
garten zu Laxenburg, von L. van Beethoven«. Später (wahr-
scheinlich 1822) hat Beethoven dem Marsch ein Trio beigefügt,
die Instrumentirung wieder geändert und die Ueberschrift:
»Zapfenstreich No. 1« gewählt. In dieser Gestalt sollte er
herauskommen. Im Jahre 1822 wurde er mit andern Märschen
einigen Verlegern angeboten.***) Da sieht man doch, dass es
Beethoven verstand, seine Werke nutzbar zu machen.
*) Das in der mitgetheilten Ueberschrift »No. I« hat Beethoven
später (wahrscheinlich 1822) beigefügt. — Eine Abschrift zeigt die
Ueberschrift: »Marsch für S. K. Hoheit den Erzherzog Anton von Ludwig
van Beethoven 1809.« — Dass, wie irgend wo behauptet wird, der Erz-
herzog Anton die böhmische Landwehr befehligte, ist falsch. Erzherzog
Anton hatte mit der böhmischen Landwehr nichts zu thun. Die zwei
verschiedenen Ueberschriften des Marsches sind also nicht identisch.
Erzherzog Anton, geboren 1779 und ein jüngerer Bruder des Erzherzogs
Rudolf, war seit 1804 Hochmeister des deutschen Ordens und als solcher
auch Inhaber des Hoch- und Deutschmeister -Regiments. Im Sommer
wohnte er meistens in Baden bei Wien. Ob nun der Marsch für das
Regiment, dessen Inhaber er war, oder für die Badener Curcapelle
bestimmt war, muss dahingestellt bleiben.
**) Beethoven schreibt einmal an Erzherzog Rudolf: »Die verlangte
Pferde-Musik wird mit dem schnellsten Galopp bei Euer Kaiserl. Hoheit
anlangen.« Damit ist obige Musik gemeint. Der Brief, in dem die
Stelle vorkommt, fällt ins Jahr 1810, nicht, wie Köchel (83 Briefe, Nr. 15)
meint, ins Jahr 1814.
***) Beethoven schreibt am 5. Juni 1822 an Peters in Leipzig u. A. :
»Von Instrumentalmusik wäre noch Folgendes: .... 4 militärische
Märsche mit türkischer Musik.« Am 13. September 1822 schreibt er:
»Ich würde Ihnen diese kleinen Sachen schon geschickt haben, jedoch
sind unter den Märschen einige, zu welchen ich neue Trios bestimmt
habe.« Im Februar 1823 schreibt er: »Ich melde Ihnen, dass vorigen
17*
260
Wir nehmen nun die andere Abtheilung der Skizzen vor.
Zuerst erscheinen der Reihe nach (S. 1 bis 34) Entwürfe
zum ersten, zweiten
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und dritten Satz des Concertes in Es-dur.
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Sonnabend .... ein Zapfenstreich (türkische Musik) statt Marsch ab-
gegangen ist. Ich hielt für besser, Ihnen statt 4 Märschen 3 Zapfen-
streiche und einen Marsch zu geben.« An Schott in Mainz wird am
7. Mai 1825 geschrieben: »Von geringern Werken hätte ich 4 gelegentlich
geschriebene Märsche für ganze türkische Musik nebst einem Gratulations-
raenuett. Das Honorar wäre 25 qzfl in Gold.«
261
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Die Skizzen zum ersten und zweiten Satz zeigen von
Anfang an eine vorgeschrittene Arbeit. Die meisten Skizzen
betreffen den letzten Satz, der hier allmählich seine endgiltige
Form erlangt. Die eben mitgetheilte Skizze ist eine der ersten
und mag den Standpunkt der Arbeit bei ihrem Anfang be-
zeichnen.
Zwischen den Skizzen zum Concert finden sich (S. 1
und 13) zwei Briefstellen und (S. 13) Ansätze zur Composition
eines patriotischen Liedes.
Die zwei Briefstellen, von denen die erste so,
Was können sie noch mehr verlangen — sie haben von
mir den Bedienten für den Herrn erhalten ■ — [durch-
strichen: sind sie noch nicht schadlos] Welcher Ersatz ! ! ! ! f
Welch herrlicher Tausch ! ! ! !
die andere so lautet,
Beethoven ist kein Bedienter — Sie wollten einen Bedienten
den haben sie nun —
sind auf einen Streit zu beziehen, den Beethoven mit der
Gräfin Erdödy wegen seines Bedienten hatte, den die Gräfin,
262
bei der Beethoven damals (in den ersten Monaten des Jahres 1809
und früher) wohnte, durch Geschenke verwöhnt hatte.*)
Das erwähnte patriotische Lied ist das Collin'sche Wehr-
mannslied »Oesterreich über Alles« (Wenn es nur will, ist
immer Oesterreich über Alles! u. s. w.). Die Skizzen dazu,
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wenn es nur will
ist
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u. s. w.
Oe -ster -reich
denen bald (S. 35) Entwürfe zu einem andern Gelegenheits-
stück folgen,
auf die Schlacht Jubelgesang
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als Gesang
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Angriff
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Sieg
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fallen in eine bewegte Zeit, in die Zeit der Kriegserklärung
Oesterreichs an Frankreich. Auf Grund der Daten, welche
*) Dass Beethoven einen Brief solchen Inhalts geschrieben und
abgeschickt habe, ist nicht bekannt. An Zmeskall schreibt er in einem.
Briefe ohne Datum: »Ich überlasse Ihnen ganz, die Sache mit meinem
Bedienten auszumachen, nur muss die Gräfin Erdödy auch nicht den
mindesten Einfluss auf ihn haben. Sie hat ihm, wie sie sagt, 25 fl.
geschenkt und monatlich .*> fl. gegeben, bloss damit er bei mir
bleiben soll.« Am 7. März 1809 schreibt Beethoven u. A. an Zmeskall:
Diese Geschichte [mit dem Bedienten] ist wenigstens 3 Monathe alt.«
Dass Beethoven schon im November 1808 bei der Gräfin Erdödy wohnte,
erfahren wir aus Reichardt's Briefen (I. 167).
263
sich an einige Ereignisse knüpfen, können jene Skizzen nur
im März oder April 1809 geschrieben worden sein.*)
Beethoven, der während der österreichischen Rüstungen,
während der Niederlage Oesterreichs und der Besetzung Wiens
durch die Franzosen in Wien war, konnte sich den Eindrücken
der Ereignisse und der Bewegung, welche sie hervorbrachten,
nicht entziehen.**) Er wurde von anhaltendem, auf ein festes
Ziel gerichteten Arbeiten und Schaffen abgelenkt. Jene Skizzen
sind unter dem unmittelbaren Einfluss der Umgebung entstanden,
und die Erscheinungen, welche die nun folgenden Blätter bieten,
legen Zeugniss dafür ab, dass Beethoven nicht die Sammlung
und innere Ruhe zur Fortsetzung der gewohnten Thätigkeit
und zur Ausführung grösserer Werke fand. Die folgenden
Blätter zeigen, mit Ausnahme der Arbeit zu einem Sonaten-
satz, der, nach der Anzahl und Beschaffenheit der Skizzen zu
urtheilen, schnell zu Stande kam, keine fortlaufenden grösseren
Entwürfe, sondern sind angefüllt theils mit unausgeführt liegen-
gebb'ebenen Entwürfen, theils mit theoretischen Beispielen und
Uebungen, theils mit Bemerkungen verschiedener Art. Als die
Zeit, in der diese Stockung der Compositionsthätigkeit am
meisten zu bemerken ist, lassen sich die mittleren zwei oder
*) H. J. von Collin's Lieder Oesterreichischer Wehrmänner wurden
bei Beginn des Krieges mit Musik von Joseph Weigl und Gyrowetz an
öffentlichen Orten in Wien gesungen. Bei dem Liede »Oesterreich über
Alles « , das mit andern von Weigl componirten Liedern am 28. März 1809
im grossen Redouten -Saal gesungen wurde, stieg, wie Reichardt (Ver-
traute Briefe, II. 85) mittheilt, »der Enthusiasm aufs höchste«. Collin
sagt im Anhang seiner Gedichte, dass die Landwehrlieder kurz vor Aus-
bruch des Krieges i. J. 1809 gedichtet worden seien.
**) Ferd. Ries (Biogr. Not. S. 121): »Bei der kurzen Beschiessung
Wiens durch die Franzosen im Jahre 1809 war Beethoven sehr ängstlich;
er brachte die meiste Zeit in einem Keller bei seinem Bruder Caspar
zu.« Das war in der Nacht vom 11. zum 12. Mai 1809. Es ist vielleicht
nicht unnöthig, hier zu bemerken, dass die Kriegserklärung Oesterreichs
am 9. April erfolgte, dass nach den für Oesterreich unglücklichen
Schlachten bei Abensberg, Eckmühl u. s. w. die Franzosen Ende April
in Oesterreich und am 9. Mai in die Vorstädte Wiens eindrangen, dass
die Schlacht bei Aspern und Esslingen am 21. und 22. Mai und die bei
Wagram am 5. und 6. Juli geschlagen wurde. Am 14. October 1809
wurde der Wiener Friede geschlossen.
264
drei Monate des genannten Jahres bezeichnen. Beethoven hat
diese Zeit grösstenteils zu einer andern Arbeit benutzt.*)
Es folgen nun (S. 36 bis 40) Entwürfe zum ersten Satz
der Sonate in Es-dur Op. 81 a , die wir übergehen, weil sie
bereits an einem andern Orte beschrieben sind.**) Dann er-
erscheinen (S. 41 u. 42) liegengebliebene Entwürfe
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und (S. 42) einige Bemerkungen. Aus einer dieser Bemerkungen
gleich nach der Arie im Oratorium von Jesus muss ein
neues Chor einfallen — Treitschke — kann Bernhard Musik
geht hervor, dass Beethoven vorhatte, in das damals noch nicht
erschienene Oratorium »Christus am Oelberg« nach der ersten
Arie einen Chor einzulegen. Friedrich Treitschke oder Carl
Bernhard sollte den Text dazu machen. Es ist nicht dazu
gekommen. Es folgen weiter: (S. 42) zwei Kanons von
Friedemann Bach aus Kirnberger's »Kunst des reinen Satzes«
(II, 2, S. 226 f.) mit versuchter Auflösung des ersten Kanons
und (S. 43) Notizen zu einem Briefe an Breitkopf & Härtel
in Leipzig, betreffend das damals im Erscheinen begriffene
Trio in Es-dur Op. 70 Nr. 2.***) Beethoven schreibt:
ich erinnere mich nicht, dass ich [zu Anfang des Trios]
den (p wollte sondern C — nach dem 2 hundertsten Takt
muss im Violoncell und Violin so heissen wie hier [es
*) Siehe des Verfassers »Beethoveniana« S. 160 f.
**) Siehe den Artikel XIII.
**) Der Brief, den Beethoven gewiss geschrieben und nach Leipzig
geschickt hat, scheint verloren gegangen zu sein. Das Trio erschien im
August 1809. Am 4. März 1809 gab Beethoven den Verlegern Titel
und Widmung an.
265
folgen zwei Takte aus dem letzten Satz des Trios*)]
nicht aber wie hier [folgen dieselben zwei Takte, aber
mit andern Noten für Violoncell und Violine] wenn es
so wie hier stände war es nicht recht, sondern — Ich
erinnere mich nicht ob sich dieser Fehler nicht in die
Partitur die sie haben eingeschlichen hat wenigstens war
er in den abgeschriebenen Stimmen — sollte sich ein ritar-
dando befinden, so lassen sie solches gleich ausstreichen**)
Zuletzt kommt eine Stelle aus dem letzten Satz mit sonder-
barem Fingersatz.
2 4 2 4
13 2 1
2 4
w
ifc*
i
*-*-*
Dann kommen (S. 45 f.) wieder unbenutzte Ansätze,
*=£
ife^^yi
eine Bemerkung
die beste Art sich im P. (?) zu üben, ist das worüber
man spricht oder denken kann, dass gesprochen wird
aufzusuchen
*) Die Takte stehen gleichlautend in der Breitkopf & Härtel'schen
Ge8ammtausgabe Seite 31, Takt 5 und 6.
**) Welche Stelle Beethoven hier meint, ist ungewiss.
266
deren Grund wir in Beethovens Schwerhörigkeit suchen,
eine Notiz.
Tomaselli — quartett alle Wochen
eine andere Bemerkung
die meiste Fertigkeit in die linke Hand versagt (?)
Gesang in der rechten
ein abgeschriebenes unbekanntes Sanctus für 4 Stimmen mit
Begleitung der Orgel,
Sanctus
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Sanc - tus do - mi-nus
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4 4
Organo
(S. 48 bis 52) ein Beispiel,
Dissonirende Vorhalte
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1
-<5>-
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das seiner Ueberschrift nicht ganz entspricht, darauf wieder
unbekannte Stellen und aus Albrechtsberger's »Anweisung zur
Composition« (Ausg. v. J. 1790, S. 100 f.) abgeschriebene »Bei-
spiele der verzögerten 6ten Akkorde«. Hierauf erscheinen
(8, 53 bis 58) Entwürfe zu einer »Overture zu jeder Gelegenheit
— oder zum Gebrauch im Konzert«, welche bereits an einem
andern Orte angeführt sind*), und dazwischen stehen liegen-
*) 8iehe Artikel IL
267
gebliebene Entwürfe zu Liedern und Andeutungen zu einer
andern Ouvertüre. Beethoven schreibt:
overture
Die Aehnlichkeit-
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3zjL^^gz^jJJj JjJ^
m rfer J/*7te so/ö abwechselnd zwischen andern Stimmen wo immer eine
und die andere dasselbe macht
Es folgen (S. 59 bis 64) wieder unbenutzte Ansätze, Ent-
würfe zu dem italienischen Liede Op. 82 Nr. 2,
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che ti vuoi la-gnar
che aman
U. 8. W.
welche jedoch die endgiltige Form nur annähernd und in
anderer Taktart erreichen, und ein liegengebliebener Anfang
zu einem Clavierconcert.
Conzert in Dmoll
U
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^ T j 't trfT
U
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268
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J=U
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3 V
EESEEÜ
Nun erscheinen (S. 65 bis 75) Entwürfe zum ersten Satz
des Quartetts in Es-dur Op. 74, denen bald (S. 76 bis 96)
Entwürfe zu den andern Sätzen des Quartetts folgen. Diese
Arbeit ist bereits anderswo vorgelegt worden.*) Es ist hier
der Ort, die Vermuthung auszusprechen, dass die Arbeit zum
ersten Satz des Quartetts, welche in den vorliegenden Skizzen
schon ziemlich weit gediehen ist, schon vor der Kriegszeit
begonnen war und dass Beethoven erst jetzt die Ruhe und
Stimmung fand, sie wieder aufzunehmen und fortzusetzen.
Unterbrochen werden die vorliegenden Arbeiten zum Quartett
durch eine Ausweichungsformel,
spp#Ni
, *■ ™w so fort durch alle
Tonarten
durch eine Notiz,
Vom 4ten an wird des Bedienten Kostgeld wieder bezahlt
durch eine Fortsetzung der Entwürfe zu dem Liede Op. 82
Nr. 2, durch Ansätze zu einem figurirten Stück mit einer
Ueberschrift,
Denkmal Johan Sebastian Bachs Quintett
Andante fy» r~«
OBS 11 " f ß —w—f-P- nach und nach ge- tL „, J t » ß EU ^^^^J
^^jt= f~^f-^ g= schrvindere 32iel *fl -f> f U&E ' ^ 3 |
*) Siehe den Artikel XII.
269
cojitrathemc
mm
P33
aus der hervorzugehen scheint, dass Beethoven die Absicht
hatte, ein Quintett zur Huldigung Bach's zu schreiben, durch
den ersten Entwurf zum ersten Satz der Sonatine in G-dur Op. 79,
Sonate facti e
■P — #
P-pc
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der den Anfang des Stückes in einer andern Tonart zeigt und
dem bald (S. 91) ein anderer, der gedruckten Form näher
kommender Entwurf folgt,
Presto
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270
durch Andeutungen zu einem Concertstück,
Schlus s eines Stücks, welches in gmoll anfängt
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frrf fl4
te=;
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11 E>j
-<5> — & <S>
Vielleicht das erste Allegro eines Stücks in einem Conzert
so schliessen und nicht in der Tonart selbst, endlich dann
das letzte Stück im eigentlichen Ton, worin das erste
angefangen.
durch verschiedene andere liegengebliebene Ansätze, durch
Entwürfe zum zweiten und dritten Satz der Sonate in Es-dur
Op. 81 **), (S. 82 f.) durch Entwürfe zur Composition des
Goethe'schen Liedes »Freudvoll und leidvoll«,
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2
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Freudvoll und leid - voll
han-gen
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de be-trübt
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fcsii, glücklich al - lein ist die
v iehe den bereits erwähnten Artikel über die Sonate Op. 81".
271
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te/;? «7/c* 5^«? - le
glücklich
liebt.
die jedoch, weil sie mit Clavierbegleitung und zum Theil für
zwei Singstimmen gedacht sind, keine Beziehung zur Egrnont-
Musik (Op. 84) haben*), endlich (S. 92 f.) durch Entwürfe zur
Einleitung der Phantasie mit Chor Op. 80.
*) Die Musik zu *Egmont« wurde im Jahr 1810 componirt. Nun
findet sich in dem vorne mit der Jahreszahl »1809« versehenen Original-
Manuscript des Quartetts Op. 74 beim dritten Satz die Bemerkung:
»Partitur von Egmont gleich an Goethe.« Das scheint ein Widerspruch
zu sein. Man darf aber daran erinnern, dass die Jahreszahl »1809« nur
auf den Beginn der Reinschrift zu beziehen ist und dass, als die obigen
Liedskizzen geschrieben wurden, der zweite und dritte Satz des Quartetts
in den Skizzen, noch nicht fertig, der letzte Satz noch nicht an-
gefangen war.
272
^fe
Die letzteren Entwürfe, denen bald andere folgen werden,
bringen, indem sie ein früher gewonnenes Ergebniss bestätigen*),
den Beweis, dass bei der ersten Aufführung der Phantasie mit
Thor (am 22. December 1808) die Einleitung für Ciavier allein,
wie wir sie kennen, noch nicht fertig war und dass sie später
und erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1809 beigefügt
wurde. Die vorliegenden Blätter bringen nun zunächst (S. 96 f.)
Arbeiten zu den Variationen für Pianoforte in D-dur Op. 70.
Voran steht das Thema, das in einer mit dem Druck im
Wesentlichen ganz übereinstimmenden Fassung, ohne vorher-
gehende Skizzen und ohne jede Correctur erscheint, was es
wahrscheinlich macht, dass es schon früher fertig war.*) Wir
setzen nur den Anfang her.
*) Siehe den Artikel XXVIII.
**) Das Thema soll einer Tradition zufolge eine russische Melodie
•ein. Das ist unwahrscheinlich, lässt sich auch nicht beweisen. In
keiner der uns bekannten Sammlungen russischer Melodien ist das
Thema zu finden. Beethoven würde, wie er das ja immer gethan, es
273
Allegro
Von den Variationen giebt Beethoven meistens nur die
Anfänge an, z. B.
Vor
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h K jfc K
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v=^
=^see±e^e1
-•—=-•-
^m
beide Bünde contraria
Untersuchungen wegen
den durchgehenden Noten
im Klarier
in den Variationen und in den »Ruinen von Athen«, wo er das Thema
auch verwendet hat (sonderbare Idee, eine russische Melodie zu einem
türkischen Marsch zu benutzen!), bemerkt haben, wenn es ein ent-
lehntes wäre. Vielleicht hat eine zwischen 1810 und 1820 in Wien be-
liebte russische Volksmelodie, die einige Aehnlichkeit mit jener hat
und über die, ausser Gelinek und andern Componisten, auch Beethoven
Variationen geschrieben hat (Op. 107 Nr. 3) Anlass zu einer Verwechs-
lung gegeben.
IS
274
Dann kommt eine nicht ganz lesbare, in ihrem Zusammen-
hang unverständliche Bemerkung,
Auf sieht wenn man gar so viel X tragen muss
wie wir die ganze Zeit hindurch, sich in die Musik ein-
schleicht und zuletzt jeder andere mit tragen muss
aus der nur so viel herauszulesen ist, dass Beethoven während
der Kriegszeit manches Ungemach zu dulden hatte. Es folgen
nun noch (S. 101) Entwürfe zu den Liedern »Der Zufriedene«
und »An den fernen Geliebten« (Op. 75 Nr. 6 und 5)
ffir Tfe'irJcr ' gT&rp p p'p wä ^g*
Einst wohnten säs-se Ruh und gold'-ner Frieden in mei-ner Brust
u. s. w.
und (S. 103 bis 108) Entwürfe zur Phantasie Op. 77*)
U
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u. s. w.
*) Die Phantasie Op. 77 wurde nach Angabe des Erzherzogs Rudolf
componirt im October 1809.
275
in welchen allen die endgiltige Fassung" theils ganz, theils
annähernd erreicht wird. Die letztgenannten Entwürfe werden
unterbrochen durch abermalige Entwürfe zur Einleitung der
Phantasie mit Chor
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und eine Stelle aus dem ersten Satz der Sonatine Op. 79,
deren Vorkommen beweist, dass der Satz inzwischen fertig 1
geworden war. Damit sind wir zu Ende.
Die auf sämmtlichen hier vorgenommenen Skizzenblattern
berührten, in der angenommenen Zeit von Februar bis October
1809 theils angefangenen, theils fertig gewordenen gedruckten
Stücke sind der Reihe nach:
Marsch in F-dur,
Clavierconcert in Es-dur Op. 73,
erster Satz der Sonate Op. 81%
Ouvertüre Op. 115 (Vorarbeit),
Das Lied Op. 82 Nr. 2 (Vorarbeit),
zweiter und dritter Satz der Sonate Op. 81 %
Quartett in Es-dur Op. 74,
Variationen in D-clur Op. 76,
die zwei Lieder Op. 75 Nr. 6 und 5
Einleitung für Ciavier allein zur Phantasie mit Chor
Op. 80,
erster Satz der Sonatine Op. 79 und
die Phantasie Op. 77.
18'
XXX.
Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1810,
genauer: aus der Zeit zwischen frühestens Januar bis spätestens
September 1810, befindet sich in der königl. Bibliothek zu
Berlin. Es besteht aus 24 ineinanderliegenden, zum Theil
durch einen Faden zusammengehaltenen Bogen und 2 losen
Blättern und umfasst im Ganzen 100 grösstenteils mit Tinte,
zum Theil mit Bleistift beschriebene Seiten in Querformat.
Das Heft ist wahrscheinlich nicht mehr so vollständig, als es
früher war. Es können Blätter fehlen. Ohne Zweifel liegen
aber die vorhandenen Blätter in der Folge, in der sie be-
schrieben wurden, so dass das chronologische Ergebniss viel-
leicht hinsichtlich der Vollständigkeit, sonst aber nicht be-
einträchtigt werden kann.
Beethoven hat sich in der angegebenen Zeit bei Skizzirungen
nicht auf das vorliegende Heft beschränkt. Er hat auch einzelne
Blätter und Bogen dazu benutzt. Diese sind meistens mit
Bleistift beschrieben und mögen ausser dem Hause oder bei
Spaziergängen gebraucht worden sein. Die da vorkommenden
Notirungen werden beiläufig zu erwähnen sein.
Zuerst erscheinen (S. 1 bis 29) Entwürfe zu fast allen
Nummern (der Reihe nach Nr. 7, 1, 8, 9, 2, 3, 6) der Musik
zu Goethe's »Egmont«.*) Die ersten Entwürfe zu einigen
Nummern kommen der endgiltigen Form wenig, die letzten
*) Die Musik zu »Egmont« wurde zum ersten Mal aufgeführt am
24. Mai 1810.
277
meistens sehr nahe. Ohne Zweifel ist hier die Arbeit zu
einigen Nummern begonnen, zu andern fortgesetzt worden.
Die erste Skizze, die im Heft erscheint,
Cläre hens.
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bezieht sich auf die Clärchens Tod bezeichnende Scene und
zeigt keine Aehnlichkeit mit der gedruckten Form. Noch auf
derselben Seite
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wird die endgiltige Form angebahnt und gefunden.*) Die
Entwürfe zu Clärchens erstem Lied kommen von Anfang an
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u. s. w.
das Pfeif- chen
*) Auf einem Bogen, der Entwürfe zu einem Ciavierstück in A-moll
und zu einem ungedruckten (am 3. Juni 18 10 componirten) Marsch ent-
hält, findet sich die Bemerkung: »Der Tod könnte ausgedrückt werden
durch eine Pause.«
278
der gedruckten Form nahe und nähern sich derselben immer
mehr.*) Die Ouvertüre kommt nicht vor.**)
Es kommen nun (S. 30 bis 47) Arbeiten zu allen Sätzen
des Quartetts in F-moll.***) Zunächst ergiebt sich, dass die
Sätze in der Reihenfolge angefangen wurden, in der sie ge-
druckt sind. Aus der Beschaffenheit der Skizzen zum ersten
Satz geht hervor, dass hier eine an einem andern Orte an-
gefangene Arbeit wieder aufgenommen wurde. Vielleicht haben
wir hier meistens nur nachträgliche Aenderungen einzelner
Stellen vor uns und war der Satz in seinen Hauptzügen vor-
her im Entwürfe fertig. In dieser Skizze
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8. W.
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hat die erste Violine im 4. bis 7. Takt eine aus vier Sech-
zehntelnoten bestehende Figur, die eben so im Autograph vor-
*) Früher geschriebene und auf andern Blättern vorkommende
Skizzen sind in dem Artikel »Entwürfe zu Clärchens Liedern« ver-
zeichnet.
**) Auf anderwärts befindlichen Blättern erscheinen zuerst Skizzen
zur Egmont-Ouverture und dann Skizzen zu den ersten drei Sätzen des
Trios Op. 97. Daraus geht hervor, dass die Ouvertüre früher geschrieben
wurde, als das Trio. Dem Trio werden wir auch im vorliegenden Heft
begegnen.
***) Das Autograph des Quartetts zeigt das Datum : »1810 im Monath
Octoberc.
279
kommt, nicht aber in der alten Originalausgabe.*) Für eine
andere Stelle (Takt 8) wählte Beethoven eine andere Tonart.
Vielleicht will man da auch ein Schwanken in Betreff der zu
wählenden Tonart (ob Des-, Cis- oder D-dur) sehen. Beim
zweiten Satz hat Beethoven auch Entführungen versucht,
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die im Druck nicht vorkommen. Von den übrigen Entwürfen
setzen wir einen abgebrochenen Entwurf zum Anfang des
dritten Satzes,
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*) In den neuen Ausgaben lautet die Stelle eben so, wie in den
alten gedruckten Stimmen. Dieselbe Stelle kommt in anderer Lage
auch früher vor. Auffallend ist es, dass diese Stelle (Takt 34 f. von
Anfang), welche im Autograph ursprünglich so lautete:
und später von Beethoven im Autograph so geändert wurde:
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im alten Druck doch so stehen geblieben ist, wie sie ursprünglich im
Autograph lautete. Die Breitkopf & Härtel'sche Ausgabe hat hier die
jetzige Lesart des Autographs angenommen.
280
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den ersten Ansatz zum Anfang des letzten Satzes
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anfangen
und einen bald darauf folgenden abgebrochenen Entwurf zum
Anfang des letzten Satzes selbst her.
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281
Zwischen den Entwürfen zum Quartett begegnen wir
(S. 34 f.) Notizen zu einem Briefe an Breitkopf u. Härtel, einer
Bemerkung
Sich zu gewöhnen gleich das ganze alle Stimmen wie es
sich zeigt im Kopfe zu entwerfen
und einem abgeschriebenen Fandango.
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u. s. w.
In jenen Notizen zu einem Briefe giebt Beethoven die
Ueberschriften von fünf Liedern an, verzeichnet aus dem
Sanctus der Messe in C-dur die ersten 4 Takte des Chors,
giebt einen Fehler im Sanctus an u. s. w.*)
Es folgen nun (S. 48 bis 58) Entwürfe zu den zwei
Goethe'schen Liedern »Wonne der Wehmuth« und »Sehnsucht«
(Op. 83 Nr. 1 und 2).**) Beethoven nimmt zuerst einzelne
Stellen,
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*) Der Brief selbst ist nicht bekannt. Die verzeichneten Lieder
stehen der Reihe nach in einer von C. L. Reissig herausgegebenen, im
Juli 1810 erschienenen Sammlung. Die Ueberschriften lauten: Lied aus
der Ferne, Der Liebende, Der Jüngling in der Fremde, An den fernen
Geliebten, Der Zufriedene. Siehe »Thematisches Verzeichniss « der
Werke Beethoven's, 2. Aufl., S. 74, 181 u. 182.
**) Bettina von Arnim schreibt (Goethe's Briefwechsel mit einem
Kinde, II, 194) am 28. Mai 1810 an Goethe : »Dann sang er [Beethoven]
noch ein Lied von Dir, das er auch in diesen Tagen componirt hatte:
Trocknet nicht, Thränen der ewigen Liebe.«
282
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dann das sanze erste Lied vor.
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Nach einer Arbeit von einigen Seiten wird die endgiltige
Fassung erst annähernd,
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Trocknet nicht
u. s. w.
dann ganz gefunden. Das andere Lied hat Beethoven auch
an einem andern Orte vorgenommen.*) In vorliegendem Heft
erscheint es zuerst in dieser Fassung.
*) Es ist ein einzelnes Blatt mit einem Entwurf zu einer un-
gedruckten Ecossaise in D-dur,
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u. s. w.
mit einem Ansatz zur Composition des Schiller'schen Liedes »In einem
Thal bei armen Hirten« und mit Entwürfen zu Goethe's »Sehnsucht«.
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Die Ecossaise (für Blasinstrumente, Triangel u. s. w.) wurde 1810 in
Baden componirt.
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Später wird auch bei diesem Liede die endgiltige Fassung
gefunden.
Nach diesen Liederskizzen erscheinen (S. 59 bis 93) Ent-
würfe zu allen Sätzen des Trios in B-dur Op. 97. Allem An-
schein nach wurden die letzten drei Sätze hier begonnen, nicht
aber der erste Satz, der frühere Skizzen voraussetzt. Die ge-
druckte Lesart wird nicht überall erreicht. Beethoven muss
also die Arbeit auf andern Blättern fortgesetzt haben. Jeden-
falls findet die Tradition, Beethoven habe zur Composition
des Trios neun Jahre gebraucht, nicht ihre Bestätigung.*)
Wir verzeichnen aus den Arbeiten zum ersten Satz den
Anfang einer grösseren Skizze
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*) Das Trio hat zu Anfang das autographe Datum »am 3ten
März 1811«.
284
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und eine abgebrochene Skizze zu der in der Mitte des ersten
Theils vorkommenden Melodie in G-dur.
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Diese Skizze, in der eine aus zwei rhythmisch correspon-
direnden Abschnitten bestehende Melodie oder, wenn man
anders will, der Vordersatz einer Melodie aufgestellt ist, liefert
wieder einen Beleg, wie Beethoven es verstanden hat (und das
ist im Druck zu sehen), durch Umgestaltung des einen oder
andern Abschnittes jene Gleichförmigkeit aufzuheben, Mannig-
faltigkeit herbeizuführen und die einander gegenüber stehenden
Theile zu einem Ganzen höherer rhythmischer Ordnung zu
vereinigen. Dass solche Umgestaltungen mit Wissen und Willen
geschehen sind, ist uns kein Zweifel.
Zum Thema des Scherzos werden verschiedene Ansätze
gemacht. Man sehe hier,
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gleich darauf hier
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Violoncell u. Violin
Der Anfang des Trios wird zuerst so:
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gleich darauf (in einer Variante) so angedeutet:
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Eine der ersten Skizzen zum dritten Satz lautet so:
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Später erscheint die Hauptmelodie in ihrer endgiltigen
Gestalt und folgen Arbeiten zu den Variationen.
Das Thema des letzten Satzes musste einige Wandlungen
durchmachen, bis es so wurde, wie wir es kennen. Man
sehe diese
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und dann diese Skizze.
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Inmitten der Arbeiten zum Trio begegnen wir, ausser
andern liegengebliebenen Entwürfen, fugirten Arbeiten
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und längeren und kürzeren Stellen aus J. S. Bach's chroma-
tischer Phantasie und Fuge. Beethoven hat beim Abschreiben
die Ktihnel'sche Ausgabe gebraucht. Aus der Phantasie sind
21 Takte, aus den Fuge die ersten 26 Takte und dann einzelne
Takte abgeschrieben.
Es kommen nun (S. 94 ff.) Entwürfe zu Goethe's Lied
»Mit einem gemalten Band« (Op. 83 Nr. 3). Gleich der erste
Entwurf (mit einer Variante)
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kommt der gedruckten Form sehr nahe. Dennoch werden
noch andere Weisen gesucht. Eine derselben lautet so:
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Kleine Blu-men
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Mit Entwürfen zu diesem Liede schliesst das Heft.
Das chronologische Ergebniss der Skizzen ist: in der an-
genommenen Zeit von frühestens Januar bis spätestens Sep-
tember 1810 sind der Reihe nach beendigt oder ihrer Be-
endigung nahe geführt worden:
die Musik zu »Egmont« Op. 84 (ohne Ouvertüre),
das Quartett in F-moll Op. 95,
die Lieder »Wonne der Wehmuth« und »Sehnsucht«
(von Goethe) Op. 83 Nr. 1 und 2,
das Trio in B-dur Op. 97 (zum Theil Vorarbeit) und
das Lied »Mit einem gemalten Band« Op. 83 Nr. 3.
Diesem Verzeichniss lassen sich einfügen die auf den bei-
läufig erwähnten Blättern vorkommenden Stücke:
Ouvertüre zu »Egmont«,
Ciavierstück (Bagatelle) in A-moll,
Marsch in F-dur (ungedruckt) und
Ecossaise in D-dur (ungedruckt).
XXXI.
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1812.
Die wichtigsten der in diesem Buche vorkommenden
Skizzen sind bereits in andern Artikeln vorgeführt worden,
und kann es hier nur die Aufgabe sein, das Buch in seinem
Zusammenhang vorzunehmen und einige früher liegengebliebene
Skizzen und Bemerkungen aufzunehmen. Besagtes Skizzen-
buch besteht, wie es vorliegt, aus 74 Blättern in Querformat
mit 16 Notenzeilen auf der Seite und hat einen neuen (nicht
aus Beethoven's Zeit stammenden) Umschlag. Auf Vollständig-
keit kann es keinen Anspruch machen. An wenigstens sechs
Stellen fehlen Blätter. Ferner ist beim Einbinden ein Blatt
hineingekommen, das nicht dazu gehört. Es gehört, mit Aus-
nahme jenes Blattes, im weitesten Umfange der Zeit von
Ende 1811 bis Anfang 1813 an und machte im Sommer 1812
die Reise Beethoven's nach den böhmischen Bädern mit. Der
frühere Besitzer des Buches war Gustav Petter in Wien.
Es beginnt (S. 1 bis 3) mit einigen Bemerkungen und
mit einer ziemlichen Anzahl verschiedener unbenutzter Skizzen.
In der ersten jener Bemerkungen
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jeder Schulmiserabili machen kann, sie sollen — wirklich eine Veränderung
»t jedem Hörenden (ausgestrichen: Wahrnehmenden) hervorbringen.
289
kritisirt Beethoven eine Stelle, welche ohne Zweifel einem
Werke eines andern Componisten entnommen ist. Einige Zeilen
später schreibt Beethoven:
Baumwolle in den Ohren am Klavier benimmt meinem
Gehör das unangenehm rauschende —
Es folgen nun (S. 4 bis 70) Entwürfe zu allen Sätzen der
Symphonie in A-dur.*) Dazwischen befindet sich (S. 17 u. 18)
das nicht zum Skizzenbuche gehörende Blatt (mit Entwürfen
zu einigen Nummern der »Ruinen von Athen«, mit einer Be-
merkung u. a. m.).**)
Nun kommen (S. 70 bis 142) Arbeiten zu allen Sätzen
der achten Symphonie.f ) Dazwischen erscheinen (S. 83 und 85)
einige auf die Ouvertüre Op. 115 (mit dem Text »Freude,
schöner Götterfunken« u. s. w.) zu beziehende Aufzeichnungen, ff)
(S. 87) ein Posthornstückchen
Postillon
von
Karlsbad
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und gleich darauf ein Entwurf (in G-dur)
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*) Siehe den Artikel XIV.
**) Siehe die Artikel XVII und XXV.
f ) Siehe den in der vorvorigen Note erwähnten Artikel.
Bekanntlich hat Beethoven beim 2. Satz der 8. Symphonie einen
früher componirten Kanon benutzt. Nach Thayer's Meinung fallen die
Skizzen zu jenem Satz, weil sie in der zweiten Hälfte des Skizzenbuches
steheu und welche nach unserer Annahme frühestens im August 1812
geschrieben wurden, ins Jahr 1811. Thayer geräth hier mit Schindler
ins Gedränge, der (Biogr. I, 196) als Ohren- und Augenzeuge berichtet,
dass der Kanon im Frühjahr 1812 entstand.
ff) Siehe Beethoveniana S. 37 f. und den Artikel II.
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zum Anfang einer Polonaise für Ciavier mit Begleitung des
Orchesters. Jenes Posthornstückchen muss, nach der davor
stehenden Bemerkung, Beethoven dem Postillon abgelauscht
haben, mit dem er, sei es in der Richtung nach Franzensbrunn
oder nach Teplitz, im August oder September 1812 von Karls-
bad wegfuhr.*) Daraus ergiebt sich weiter, dass Beethoven
um dieselbe Zeit mit der achten Symphonie, insbesondere mit
dem ersten Satz derselben, auf den sich die meisten der um-
gebenden Skizzen beziehen, beschäftigt gewesen sein muss.
*) Beethoven schreibt am 12. August 1812 aus Franzensbrunn
(Franzensbad) an Erzherzog Rudolph: »Von Töplitz beorderte mich mein
Arzt nach Karlsbad, von da hierhin, und vermuthlich dürfte ich von
hier noch einmal nach Töplitz zurück.« Nach andern Briefen war
Beethoven am 4. Juli 1812 noch in Wien; am 19. Juli und 8. August
war er in Teplitz. Demnach war er zwischen dem 8. und 12. August
in Karlsbad. Da der Weg von Franzensbrunn nach Teplitz über Karls-
bad geht, so muss Beethoven auf der Rückreise nach Teplitz, wo er
am IC. September war, wieder in Karlsbad gewesen sein. Auf diesen
Ermittelungen, bei denen einer der zweifelhaften Briefe an Bettina
von Arnim, nach welchem Beethoven schon am 15. August in Teplitz
gewesen sein soll, nicht berücksichtigt wurde, beruht die Annahme,
Beethoven sei im August und wahrscheinlich auch im September 1812
in Karlsbad gewesen.
291
Zuletzt (S. 144 f.) erscheinen Entwürfe zu den letzten
drei Sätzen der Sonate für Ciavier und Violine in G-dur
Op. 96*) und (S. 148) ein Entwurf
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Melodie in der rechten Rand
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iV. 2?. Wenn noch 2 Strophen dazu wären würde es schöner sein.
zu dem Liede »An die Geliebte« in der zweiten Bearbeitung
(mit Triolen in der Begleitung). Wie man sieht, deutet Beet-
hoven hier zuerst die Begleitung an, und dann schreibt er die
Melodie des Liedes, ohne eine Note zu ändern, nieder. Daraus
*) S. Beethovemana, S. 26.
19 1
292
ist zu ersehen, dass Beethoven, als er die Begleitung- suchte,
die Melodie im G-edächtniss hatte, dass dieselbe also schon
früher componirt war.*)
Die im Skizzenbuch berührten Compositionen sind der
Reihe nach:
die 7. Symphonie,
die 8. Symphonie,
die Ouvertüre Op. 115 (Vorarbeit),
die drei letzten Sätze der Sonate Op. 96 und
das Lied »An die Geliebte« in der zweiten Bearbeitung.
*) Das Autograph der ersten Bearbeitung des Liedes zeigt das
Datum: »1811 im December« Die oben entworfene Bearbeitung war
für ein Stammbuch bestimmt.
XXXII.
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1814.
Das vorliegende, im Archiv der Gesellschaft der Musik-
freunde in Wien aufbewahrte Skizzenbuch ist in Querformat
und besteht aus 164 Seiten mit 16 Notenzeilen auf der Seite.
Es ist, mit Ausnahme späterer Hinzufugungen und Aenderungen,
die meistens mit Bleistift geschrieben sind, fast durchgehends
mit Tinte beschrieben. Nach den Daten, welche sich an einige
der berührten Compositionen knüpfen, ist als die Zeit, in der
es benutzt wurde, die von Februar bis September 1814 anzu-
nehmen.
Die erste grössere Hälfte (S. 1 bis 111) gehört beinahe
ausschliesslich der letzten Umarbeitung der Oper »Leonore«
oder »Fidelio« an. Von dieser Oper erscheint zuerst (S. 1
bis 31) der Schluss des ersten Finales,
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Leb wohl, du war-mes Son-nenlicht
u. s. w.
dann (S. 32 bis 82) das ganze zweite Finale,
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Es sucht der Bru-der
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Dringend, geschwind
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Chor sehr lebhaft
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Wohl-an, so hei- fei, helft den Ar-men
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Be-stra - fet sei der Bö - se -wicht
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u. s. w.
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run-gen, stimm in un-sern Ju - bei ein,
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dann (S. 83 bis 90) der letzte Theil der Arie Florestan's*)
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U. 8. W.
*) Mit Bleistift, also wahrscheinlich ausser dem Hause geschriebene
Entwürfe zu Florestan's Arie und zu andern Stüoken der Oper kommen
auch auf anderwärts befindlichen losen Blättern und Bogen vor. Vgl.
»Beethoveniana« 8. 74.
295
und das Melodram,
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ich glaubte Atlo
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da ist er
hierauf (S. 91 bis 106) die Ouvertüre in E-dur
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und dazwischen (S. 91) eine Stelle,
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nach der es scheint, dass Beethoven vorhatte, das Trompeten-
Signal in der Ouvertüre anzubringen, endlich (S. 108 bis 111)
das Recitativ
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u. s. w.
und das erste Vorspiel der Arie Leonorens.
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(Corno) (Corno)
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Damit ist die Arbeit zu »Fidelio« zu Ende.*) Die bisher
mitgetheilten Skizzen gehören zu den zuerst geschriebenen
und zeigen nur zum Theil eine Annäherung an die gedruckte
Form. Die zuletzt geschriebenen, oben übergangenen Skizzen
stimmen im Wesentlichen mit der gedruckten oder endgiltigen
Lesart überein. Fehler im Text, wie z. B. in den mitgetheilten
Entwürfen zu Leonorens Recitativ, wo an einer Stelle (vor
»Meereswogen«) das Wort »wie« vergessen ist, kommen öfters vor.
*) Beethoven schreibt am 13. Februar 1814 an Brunswick: »Meine
Oper wird auch auf die Bühne gebracht, doch mache ich vieles wieder
neu.« Ferner findet sich in einem Tagebuch Beethoven's aus dem
Jahre 1814 die Notiz: »Die Oper Fidelio vom März bis 15. Mai neu
geschrieben und verbessert.« Hiernach lässt sich die Zeit, der die
Skizzen angehören, ungefähr ermessen.
297
Die Arbeit zum zweiten Finale wurde (S. 70 bis 72)
unterbrochen durch die zu einer ungedruckten Gelegenheits-
cantate (für den Magistratsrath Tuscher).*)
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Die Stun-de schlägt, wir müssen scheiden,
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Erwähnenswerth sind ferner eine zwischen den Skizzen
zum zweiten Finale (S. 72) stehende Bemerkung
für Milder oben B
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und einige (S. 107) nach Beendigung der Ouvertüre in E-dur
geschriebene, zur Leonoren - Ouvertüre aus dem Jahre 1806
gehörende Stellen.
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Jene Bemerkung ist nach ihrer Umgebung auf eine gegen
Ende des Sostenuto assai im zweiten Finale (beim Worte »ver-
lässt«) und in der für die Sängerin Milder bestimmten Partie
der Leonore vorkommende Stelle zu beziehen, und geht aus
*) Die bisher angenommene Compositionszeit der Cantate (1816)
erweist sich hiernach als irrig.
298
ihr hervor, dass Beethoven das hohe B geflissentlich ange-
bracht hat. Uebrigens kommt das zweigestrichene B auch
an andern Stellen der Oper und sogar in der Partie der
Marzelline vor. Bei den zur Ouvertüre in C-dur gehörenden
Stellen dachte Beethoven, so scheint es, an einzelne Aenderungen.
Die Fagotte sollten beim ersten Eintritt des Hauptthemas mit-
gehen u. s. w.
Den Entwürfen zur Oper folgen (S. 112 bis 121) Entwürfe
zu einer ungedruckten italienischen Gelegenheitscantate (fin-
den Arzt Johann Malfatti),*)
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Un he - to Brin-di - si
(S. 128 bis 131 und S. 137) Entwürfe zum ersten Satz der
Sonate für Pianoforte in E-moll Op. 90**)
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*) Die Cantate wurde in engerem Kreise am 24. Juni 1814 in Wein-
haus bei Wien aufgeführt.
**) Das Autograph der Sonate zeigt das Datum: »Wien. Am
16. August 1814.«
299
und (S. 133 bis 136 und S. 142 bis 144) Entwürfe zum
Elegischen Gesang Op. 118.
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u. s w.
kein Au - ge wein
Sanft wie du leb - lest
An den zuletzt erwähnten zwei Stücken hat Beethoven
gleichzeitig gearbeitet. Bei beiden wird die endgiltige Form
erreicht. Zwischen den zu ihnen gehörenden Entwürfen finden
sich manche liegengebliebene Entwürfe, darunter Stellen,
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u. s. w.
die vielleicht ursprünglich zum letzten Satz der Sonate Op. 90
bestimmt waren, und Ansätze zu einer Symphonie.
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Ausserdem erscheint eine Aufzeichnung,
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mit der die bisher zweifelhafte oder schwankende Lesart einer
in Marzellinens Arie vorkommenden Stelle (Takt 6 vor Schluss)
endgiltig entschieden ist, und eine Zusammenstellung von
Summen,
Hamburg
Frankfurt
Carlsruhe
Grätz
Darmstadt
Sfuttgard
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15 $£ in Gold
12 :j± in Gold
120 fl.
12 $£ in Gold
12 p: in Gold
300
welche, so müssen wir annehmen, Beethoven von den Auf-
führungen seiner Oper in den angegebenen Städten als Honorar
für sich und den Dichter Treitschke zu bekommen hoffte.*)
Nun erscheinen noch (S. 148, 149, 161, 162) Entwürfe zu
einem ungedruckten »Chor auf die verbündeten Fürsten«,**)
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u. s. w.
Ihr w ei - sen Grün - der glück -li - eher Stau - ten
u. s. w.
Ihr ?vei - sen Grün - der
und dazwischen stehen (S. 150 ff.) Arbeiten zur Ouvertüre in
C-dur Op. 115***)
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u. s. w.
*) Mit obigem Ueberschlag der zu erwartenden Einnahmen lässt
sich ein Brief (ohne Datum) Beethoven's an Treitschke in Zusammenhang
bringen, der kurz vor Beethoven's Benefiz -Vorstellung (18. Juli 1814)
geschrieben sein muss und in dem es u. A. heisst: »Wegen der Ab-
sendung der Oper ist auch zu reden, damit sie [Treitschke] zu ihrem
4 ten Theil kommen und sie nicht verstohlen in alle Welt geschickt
werde. Ich verstehe nichts vom Handel, glaube aber Die
Milder hat seit 14 Tagen ihre Arie.« Beethoven's Erwartungen scheinen
gänzlich unerfüllt geblieben zu sein. In keiner der genannten Städte
ist (nach Angabe der musikalischen Zeitungen u. s. w.) seine Oper vor
dem Jahre 1831 zur ersten Aufführung gekommen.
**) Das Autograph zeigt das Datum: »1814 am 31 ten September.«
***j Vgl. den Artikel II.
301
und (S. 160) ein kurzer Ansatz zum ersten Chor der Cantate
»Der glorreiche Augenblick«,
in Es
J feZ TT~T ^
Eu - ro - pa steht
der höchstens beweist, dass Beethoven das Textbuch in Händen
hatte. Mit Entwürfen zur Ouvertüre Op. 115 schliesst das Buch.
Die im Skizzenbuch berührten, in der angenommenen Zeit
von Februar bis September 1814 bis auf zwei fertig gewordenen
Compositionen sind der Reihe nach:
Gelegenheitscantate »Die Stunde schlägt«,
die Oper »Fidelio« in der letzten Bearbeitung,
Gelegenheitscantate »Un lieto brindisi«,
erster Satz der Sonate für Pianoforte Op. 90,
Elegischer Gesang Op.*118,
Chor »Ihr weisen Gründer«,
Ouvertüre Op. 115 (nicht beendet) und
erster Chor der Cantate »Der glorreiche Augenblick«
(nur ein Ansatz).
Die Arbeit zum »Glorreichen Augenblick« ist in einem
sich anschliessenden Skizzenbuch fortgesetzt worden.
Wir kommen nun auf »Fidelio« zurück. Mit Ausnahme
der ungefähr 50 Takte, welche dem Chor, mit dem das Skizzen-
buch beginnt, vorhergehen, sind in letzterem alle Nummern und
längeren Abschnitte der Oper vertreten, welche im Jahre 1814
neu componirt wurden. Jene fehlende Stelle ist ohne Zweifel
früher auf andern Blättern entworfen worden. Die kleineren
Stellen, welche in der letzten Bearbeitung der Oper geändert
erscheinen, mag Beethoven theils auf einzelnen Blättern ent-
worfen haben, theils hat er die Aenderung derselben gleich in
Manuscripten der früheren Bearbeitungen vorgenommen.*)
*) Aus einer Vergleichung der älteren Bearbeitung der Oper
(»Leonore«) mit der letzten (»Fidelio«) ergiebt sich Folgendes. Neu
componirt wurden i. J. 1814: die Ouvertüre, das Recitativ der Leonore,
der Schluss des ersten Finales ungefähr vom Eintritt Pizzaro's an
(Breitkopf & Härtel'sche Partitur S. 154 Takt 4 bis S. 170), das Recitativ
302
Wie das Skizzenbuch zeigt, wurden die Ouvertüre und
das Recitativ Leonorens zuletzt vorgenommen. Mit diesem
Ergebniss lassen sich einige Angaben in Einklang bringen. Die
Ouvertüre wurde nicht bei der ersten Aufführung der Oper
(am 23. Mai 1814), sondern erst bei der zweiten (am 26. Mai)
gespielt. Auf dem Zettel dieser zweiten Aufführung stand:
»Die das vorigemal wegen Hindernissen weggebliebene neue
Ouvertüre dieser Oper wird heute zum ersten Mal vorgetragen
werden«. Was das für Hindernisse waren, ist leicht zu er-
rathen. Die Ouvertüre war noch nicht fertig. Dasselbe sagt
auch Treitschke (»Orpheus« v. J. 1841 S. 258).*) War die
Ouvertüre bei der ersten Aufführung noch nicht fertig, so war
es noch weniger das Recitativ Leonorens. Es kam erst am
18. Juli 1814 zur Aufführung. Hier stossen wir nun auf
Widersprüche.
Die Aufführung am 18. Juli 1814, die zum Benefiz Beet-
hoven's Statt fand, wurde von Beethoven in der »Wiener Zeitung«
mit der Bemerkung angezeigt, dass dieselbe »mit zwey neuen
Stücken vermehrt« sei. Die Leipziger »Allg. Musik. Zeitung«
sagt in ihrem Bericht über die Aufführung, Beethoven habe
dazu »noch zwey Arien neu componirt« und in den ersten Act
eingeschaltet. »Die erste Arie [fährt der Bericht fort] ward
und der letzte Theil der Arie Florestans (S. 174 Takt 1 bis S. 175 Takt 8,
S. 176 T. 9 bis S. 182), das Melodram und das zweite Finale. Eingelegt
in die Arie Pizzaro's mit Chor wurden 16 Takte (S. 95 T. 7 ff.), in die
Introduction zu Anfang des zweiten Actes 2 Tacte (S. 173 T. 4 u. 5)
u 8. w. In der ersten Hälfte des ersten Finales wurde eine Stelle
(S. 151 T. 14 ff.) um einige Takte erweitert. Im Adagio der Arie Flo-
restans wurden einige Stellen geändert und andere wiederholt. Geändert
und gekürzt wurde in der Arie Marzellinens (S. 56 u. 58), im Terzett
in A-dur (Nr. 13), im darauf folgenden Quartett (Nr. 14) und Duett (Nr. 15).
Im Adagio der Arie Leonorens wurden das Vorspiel und die Singstimme
geändert. Gekürzt wurde das Terzett in F-dur (Nr. 5) an mehreren
Stellen (S. 73, 76, 77, 79, 80) u. s. w. In mehreren Nummern wurde der
Text geändert und die Musik blieb. Einige Nummern der älteren
Bearbeitungen fielen bei der neuen ganz weg. Damit wären die wich-
tigsten und meisten Abweichungen zwischen den früheren Bearbeitungen
und der späteren angedeutet.
*) Man findet die Stelle in Schindlers Biographie I, 124.
303
Hrn. Weinmüller (Rocco) zugetheilt. Schön und von vielem
Kunstwerth ist die zweyte Arie, mit vier obligaten Wald-
hörnern (E-dur), welche Mad. Milder-Hauptmann (Leonore) mit
Kraft und Gefühl vortrug«. Treitschke sagt (a. a. 0.): »Die
siebente [Aufführung der Oper] am 18. Juli wurde Beethoven
zum Vortheile statt eines Honorares überlassen. In diese legte
er, zu grösserer Zugkraft, zwei Musikstücke, ein Lied für
Rocco und eine grössere Arie für Leonore; da sie aber den
raschen Gang des Uebrigen hemmten, blieben sie wieder aus«.
Das in diesen Berichten erwähnte erste Stück ist die aus den
früheren Bearbeitungen herüber genommene Arie Rocco's: »Hat
man auch nicht Geld beineben«. Sie kann, wenn Treitschke's
Bericht in dieser Beziehung richtig ist, bei einigen späteren
Aufführungen, dann aber nicht mehr weggeblieben sein. Was
die andere Arie betrifft, so haben die Angaben, sie sei mit
vier Waldhörnern begleitet gewesen und sie sei später wieder
weggeblieben, zu der Vermuthung Anlass gegeben, die nach-
träglich componirte und bei jener Aufführung von der Leonore
gesungene Arie sei verloren gegangen, wie denn z. B. Otto
Jahn im Vorwort zum Ciavierauszug der »Leonore« sagt:
>Von dieser neuen Arie habe ich keine nähere Kunde«. Das
Skizzenbuch giebt uns nun die Gewissheit, dass die »neue«
Arie Leonorens keine andere ist, als die uns bekannte, in
allen Ciavierauszügen des »Fidelio« stehende, und dass die
Angaben jener Berichterstatter zum Theil unrichtig sind. Dieses
Ergebniss wird unterstützt durch das geschriebene Textbuch,
das bei den ersten Aufführungen der Oper und auch später
im Wiener Hofoperntheater (Kärnthnerthor-Theater) gebraucht
wurde.*) In diesem Textbuch sind nachträglich und, nach
*) Das Textbuch wird im Archiv des Hofoperntheaters aufbewahrt
und hat den Titel: _
Leonore.
Eine Oper in zwey Aufzügen.
Nach dem Französischen neu bearbeitet.
In Musik gesetzt
von Ludwig van Beethoven.
Für das k. k. Hofoperntheater
1814
Druck und Aufführung.
304
der Handschrift zu urtheilen, gleichzeitig* an zwei Stellen
Aenderungen vorgenommen worden, zuerst bei der Arie Rocco's
und dann bei der Arie Leonorens, also bei den zwei Stücken,
die am 18. Juli 1814 als neu aufgeführt wurden. Der Text
zu Rocco's Arie stand anfangs nicht darin, sondern ist 3päter
eingetragen worden, und die Worte zu Leonorens Arie, die
anfangs theilweise anders lauteten, sind später so geändert
worden, wie sie jetzt lauten.
In erwähntem Textbuch lautete der Text der Arie Leonorens
ursprünglich so:
Recitativ.
Abscheulicher! Wo eilst du hin?
Was hast du vor in deinem Grimme?
Des Mitleids Ruf, — der Menschheit Stimme, —
Rührt nichts mehr deinen Tigersinn?
Wohlan, Gefahren rasch entgegen!
Mein Gatte lebt, die Liebe ruft!
Verein uns Qual und Kerkergruft!
Sein Loos zu theilen, sei mein Segen.
Arie.
du, für den ich alles trug,
Könnt ich zur Stelle dringen,
Das Wort »Leonore « wurde später durchstrichen, und wurde dafür
mit Rothstift hingeschrieben: »Fidelio«, ein Beweis, dass die um-
gearbeitete Oper ursprünglich den früheren Namen behalten sollte.
Auf der zweiten Seite steht u. A.: »Hr. Umlauf dirigirt.« Beethoven ist
als Dirigent nicht genannt. Am Schluss des ersten Actes steht: »Spielt
eine Stunde — x j A Stunde zum Sitzen.« Am Schluss des zweiten Auf-
zugs steht: »Spielt im Ganzen l 3 / 4 Stunde.« Bei dieser Zeitmessung ist
wohl auf Rocco's Arie keine Rücksicht genommen. Auf der letzten
Seite stehen die Bemerkungen:
Die Aufführung wird gestattet.
P. Hofstelle, Wien d. 12. May 1814.
N. N. [Name unleserlich.]
Die Wiederaufführung wird gestattet.
Von der k. k. Polizey-Hofstelle.
Wien, den 25. October 1822.
Zettler.
U. 8. W.
305
Wo Bosheit dich in Fesseln schlug,
Und süssen Trost dir bringen!
Ich folg dem innern Triebe,
Ich wanke nicht,
Mich stärkt die Pflicht
Der treuen Gattenliebe.
Hier kann nun die Frage aufgeworfen werden: hat Beethoven
diesen Text componirt? Mit dem Text der Bearbeitungen aus
den Jahren 1805 und 1806 stimmt er nicht überein. Die
Worte des Recitativs lauten in den früheren Bearbeitungen
ganz anders, als oben, und in der Arie fehlen die in der
Bearbeitung aus dem Jahre 1806 vorkommenden, dem obigen
Text vorhergehenden Verse:
Komm, Hoffnung, lass den letzten Stern
Der Müden nicht erbleichen!
Erhell ihr Ziel! Sei's noch so fern,
Die Liebe wirds erreichen.
Fast eben so wenig, wie mit dem Text der früheren
Bearbeitungen, stimmt der mitgetheilte Text mit dem der
Fidelio-Partitur tiberein. Letztere hat Worte und Zeilen, die
im Textbuch fehlen, und umgekehrt. Es ist klar, eine Com-
position jenes Textes ist nicht vorhanden. Hier ist nun zweierlei
möglich. Entweder hat Beethoven den Text componirt und ist
die Composition verloren gegangen, oder Beethoven hat den
Text nicht componirt. Das Letzere ist das Wahrscheinlichere.
Man kann dafür folgenden Grund geltend machen. Wie das
Skizzenbuch zeigt und wie es die Sache gebot, hat Beethoven,
als er zur Umarbeitung der Oper schritt, zuerst die wichtigsten
Stücke vorgenommen, nämlich diejenigen Nummern, in denen
der Gang der Handlung am meisten geändert worden war.
Diese Nummern sind die beiden Finale. Später wurden die
kleineren und diejenigen Stücke und grösseren Abschnitte in
Angriff genommen, bei denen Gründe anderer und verschiedener
Art (Beachtung des musikalischen Ausdrucks zur wirksamen
Hervorhebung einzelner Stellen, Gedrängtheit der Form, Rtiek-
20
306
sichten auf Sänger u. dgl.) massgebend waren. Dass nun
Beethoven das in Bezug auf die Handlung unwichtigere
Recitativ und die Arie Leonorens mit dem angeführten Text
früher vorgenommen habe, als die beiden Finale, ist nicht an-
zunehmen. Und dass das nicht später geschah, dafür bürgt
das Skizzenbuch. Wenn nun der Text nicht componirt war,
so ist es selbstverständlich, dass bei den ersten sechs Auf-
führungen der Oper im Jahre 1814 keine andere Bearbeitung
des Recitativs und der Arie Leonorens gesungen werden
konnte, als die vorhandene, nämlich die aus dem Jahre 1806.
Sprach doch nichts gegen den alten Text. —
XXXIII.
Ein anderes Skizzenbuch aus dem Jahre 1814,
bestehend aus 140 Seiten in Querfolio mit 16 Systemen auf
der Seite, gehört der Zeit von ungefähr August bis December
1814 an. Besitzer desselben ist Ernst Mendelssohn Bartholdv
in Berlin. Die erste grössere Hälfte (S. 1 bis 97) ist beinahe
ausschliesslich mit Arbeiten zu allen Nummern der Cantate
»Der glorreiche Augenblick« (Op. 136) angefüllt.*) Nur fehlt
der Anfang des ersten Chors. Die ersten Textworte, die er-
scheinen, sind die im ersten Chor: »Wer muss die hehre sein«
(Breitkopf & Härtel'sche Partitur Seite 7). Fast jede Text-
stelle kommt mehrmals vor und hat erst nach wiederholter
Vornahme ihren endgiltigen musikalischen Ausdruck gefunden.
Der Anfang des Schlusschors z. B. kommt wenigstens viermal
vor. Hier
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4* — 0-
Vin-do - bo-na, Heil und Glück! Welt dein grosser Au- gen - blick
eine der ersten Fassungen. Später
*) Die Cantate wurde zum ersten Mal aufgeführt am 29. November
1814. In dem Vorwort der bei T. Haslinger in Wien erschienenen
Partitur wird u. A. bemerkt: »Beethoven, von den Umständen gedrängt,
schrieb dieses grosse Werk in äusserst kurzer Zeit.« Wenzel Tomaschek,
der Beethoven im Jahre 1814 besuchte, fand ihn am 10. October mit
der Skizzirung der Cantate beschäftigt. Am 24. November wurde copirt.
S. »Libussa« 1846 S. 359, 1847 S. 430.
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308
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Vin - do - bo - na, Vin -do - bo - na Heil und Glück
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Welt,
Welt dein
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Au - gen
blick
wird ein Doppelthema für den Chor aufgestellt. Das mit den
Worten »Dem die erste Zähre« beginnende Stück (Part. S. 60)
ist einmal als »Gebeth« bezeichnet. Bei einer andern Skizze
ist bemerkt: »Schuppanzig 300 fl. voraus«.
Die Arbeit zur Cantate wird unterbrochen durch liegen-
gebliebene Entwürfe, darunter Entwürfe zur Composition des
Liedes »Merkenstein«. Dieser Entwurf (S. 91)
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Me - rke~ stein,
Me - rke- stein, wo ich wandle denk ich
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dein, Merke-stein ~%~ stein
erstreckt sich auf das ganze Lied. Die ersten Takte haben
einige Aehnlichkeit mit dem Anfang des unter der Opuszahl 100
gedruckten Liedes.
Bald darauf und noch am Schluss des Skizzenbuches
(S. 92, 96 f., 138 bis 140) erscheinen Entwürfe zu der ersten,
einstimmigen Bearbeitung desselben Liedes. Hier (S. 96)
Mit lebhafter limpßndung
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Mer-ken - stein, Mer-ken - stein,
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Merkenstein
der erste grössere Entwurf. (Die Takt 11 und 12 nach oben
gestrichenen Noten sind später hinzugeschrieben worden, bilden
also eine Variante.) Gleich darauf
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wo ec/i wandle
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u. s. w.
giebt Beethoven Worten, die in jener Skizze einen guten Takt-
theil haben, einen schlechten, und umgekehrt. Als er das Lied
zum Stich gab, ist er zur ersten Fassung zurückgekehrt.*)
Den Entwürfen zur Cantate folgen ferner, ausser liegen-
gebliebenen Entwürfen, von denen einer die Ueberschrift
»Sonate« zeigt, (S. 99) Ansätze
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Es (heilt sich die Wel-lc
u. 8. w.
*) Das Lied erschien iu dieser Bearbeitung 1815 als Beilage zu
einem Almanach. Im Musikalienhandel ist es nicht erschienen. In
einem Tagebuch Beethoven's aus dem Jahre 1814 ist bemerkt: »am
22. December ist das Lied auf Merkenstein geschrieben.« Damit ist die
obige Bearbeitung gemeint. Das die Opuszahl 100 tragende zweistimmige
Lied, dem man fälschlich jenes Datum beigelegt hat, entstand später.
310
zur Composition von Goethe's »Meeresstille und glückliche
Fahrt«, dann (S. 99) Vorarbeiten zu der Polonaise Op. 89 und
(S. 101) mehrere Entwürfe zu dem Liede »Des Kriegers Ab-
schied«, von denen wir einen der ersten hersetzen.
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Aus den Entwürfen zu Goethe's Lied geht höchstens
hervor, dass Beethoven schon jetzt an die Composition des
Textes dachte.
Das Thema zur Polonaise Op. 89 hat Beethoven nicht
gleich gefunden. Die ersten Ansätze
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311
lauten ganz anders und sehr verschieden. In seiner endgiltigen
Gestalt erscheint das Thema zuerst hier (S. 106).*)
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Die Entwürfe zur Polonaise laufen ziemlich lange fort
(bis 8. 113) und werden, ausser durch die erwähnten Skizzen zu
dem Liede »Des Kriegers Abschied« und durch liegengebliebene
Entwürfe, durch eine zur Ouvertüre Op. 115 gehörende Stelle
*) Die Polonaise ist der Kaiserin von Russland Elisabeth Alexiewna
gewidmet. Es ist möglich, dass ein unerwartetes Geschenk der Kaiserin,
welche zur Congresszeit 1814 in Wien war, wenn nicht den ersten, so
doch einigen Anlass zur Composition und Widmung gab. Die Wiener
»Friedensblätter« vom 24. December 1814 erwähnen die von Beethoven
am 29. November und 2. December 1814 gegebenen Akademien und be-
merken dabei: »Die Kosten seiner letzten beyden Akademien betrugen
nach genauer und zuverlässiger Rechnung: 5108 fl. W. W. Man kann,
nach Abzug der zahlreichen Freibillets, leicht berechnen, was unter
solchen Umständen für den Unternehmer übrig bleiben möge. Es hätte
sich auf ein Minimum reducirt, wenn das grossmüthige Geschenk der
russischen Kaiserin, von 200 Dukaten, nicht eingetreten wäre. Von
seinen früheren Akademien ist es bekannt, dass er davon keinen Gewinn
gehabt, sondern sie aus reinem Kunsteifer unternommen habe« u. s. w.
312
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u. s. w.
unterbrochen. Dann erscheinen, ausser den erwähnten Skizzen
zu dem Liede »Merkenstein« (in Es-dur) und ausser unbe-
kannten Skizzen (S. 114 bis 133), Entwürfe zu dem in einem
andern Artikel*) erwähnten unvollendeten Concert für Piano-
forte in D-dur
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und (S. 140) die in Partitur geschriebenen, von der gedruckten
Fassung etwas abweichenden ersten zehn Takte des Kanons
»Kurz ist der Schmerz« in F-dur.**)
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*) XXIV.
**) Es ist derselbe Kation, den Beethoven am 3. März 1815 in Spohr's
Stammbuch schrieb.
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Damit schliesst das Skizzenbuch.
Eingangs wurde gesagt, dass das Skizzenbuch der Zeit
von ungefähr August bis December 1814 angehöre. Abgesehen
von den nur beiläufig berührten Werken sind also in jenem
Zeitraum der Reihe nach entstanden:
die Cantate »Der glorreiche Augenblick«,
das Lied »Des Kriegers Abschied«,
die Polonaise für Pianoforte in C-dur (Op. 89),
das Lied »Merkenstein« in seiner ersten Bearbeitung
in Es-dur und
der Kanon »Kurz ist der Schmerz« in F-dur (nicht
vollständig).
XXXIV.
Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1815.
Dasselbe ist im Besitz von Ernst Mendelssohn Bartholdy
in Berlin und ist eines von den Heften, welche Beethoven in
der Tasche bei sich zu tragen pflegte. Es besteht, wie andere
Hefte dieser Art, aus in der Mitte zusammengelegten, durch
einen Bindfaden zusammengehaltenen Querfolio -Blättern und
zählt 60 grösstenteils mit Bleistift beschriebene Seiten. Ein
Theil der Skizzen ist mit Tinte nachgezogen. Als die Zeit, in
der es von Beethoven gebraucht wurde, lässt sich die von
Februar 1815 bis August desselben Jahres annehmen. Es läuft
eine Strecke mit dem im nächsten Artikel zu beschreibenden
Skizzenbuche parallel. Einige in diesem Buche berührte Com-
positionen werden auch in vorliegendem Hefte berührt. Das
Verhältniss des Skizzenbuches zum Skizzenheft ist klar. Das
Skizzenbuch wurde zu Hause, das Skizzenheft ausser dem Hause
gebraucht. Lange fortlaufende Skizzen zu einem grösseren
Satz sind im Skizzenheft nicht zu erwarten. Wir begegnen
fast durchgehend nur kleinen Skizzen, augenblicklichen Ein-
fällen und Aufzeichnungen anderer und verschiedener Art.
Ausser mehreren unbekannten, zu übergehenden Entwürfen
und Andeutungen enthält das Heft der Reihe nach zunächst:
kleine abgebrochene Entwürfe
315
Zwischensatz
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u. 8. w.
zum unvollendeten Clavierconcert in D-dur; eine Skizze,
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die möglicherweise in Folge der im Jahre 1815 an Beethoven
gerichteten Aufforderung entstand, für das bürgerliche Artillerie-
Corps in Wien einen Marsch zu schreiben*); ein 6 Stelle
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aus dem Kanon »Kurz ist der Schmerz« in F-dur, aus der zu
entnehmen ist, dass der Kanon damals beinahe oder ganz
fertig war**); Skizzen
*) In Folge dieser Aufforderung entstand schliesslich der im Druck
erschienene Militärmarsch in D-dur.
**) Es ist derselbe Kanon, der am Schluss des im vorigen Artikel
beschriebenen Skizzenbuchee vorkam.
316
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zum letzten Satz der Sonate Op. 102 Nr. 1*) und mehrere
zur letzten Hälfte der Ouvertüre Op. 115 gehörende Stellen,
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die wahrscheinlich während der Anfertigung der Partitur ge-
schrieben wurden. Bei der ersten Stelle (Takt 2) ist Beethoven
in die frühere Taktart der Ouvertüre hinein gerathen. Die
vorstehenden Stellen liefern den Beweis, dass die Ouvertüre
an dem zu Anfang des Autographs angegebenen Tage (1. Oc-
tober 1814) noch nicht fertig war. Zwischen und nach ihnen
erscheinen Entwürfe zu dem Liede »Merkenstein« Op. 100, von
denen der erste so anfängt
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•) Das Autograph der Sonate zeigt das Datum: »1815 gegen
Ende Juli."
317
und der letzte der Melodie nach mit dem Druck ganz über-
einstimmt. Es folgen nun: Ansätze
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zum Kanon »Lerne schweigen«, die jedoch die gedruckte Form
nicht erreichen; liegengebliebene Ansätze
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Pauken DA nur 2 . . .
zu einer Symphonie und
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Sonate
pastorale
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u. s. w.
zu einer Sonate für Pianoforte und Violoncell; ein Ansatz zu
einem Marsch für »Hörn in G« u. s. w.; doppelcontrapunktische
Uebungen mit einer unverständlichen Bemerkung;
Der C — pt der 5. und 3. ist leicht zu finden da er inner-
halb der Grenzen bleibt
ein Ansatz zu einer »Sonate in Crmoll«; Entwürfe
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U. 8. W.
318
zum zweiten Theil von »Meeresstille und glückliche Fahrt«,
aus denen hervorgeht, dass das Werk ziemlich vorgeschritten
war; endlich Arbeiten zum letzten Satz der Sonate für Piano-
forte und Violoncell in D-dur.*) Das Fugenthema dieses Satzes
ist endgiltig festgestellt, erscheint aber immer bruchstückweise.
Beethoven sucht Engftihrungen, aus Motiven des Themas ge-
bildete Zwischensätze u. dgl.
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u. s. w.
Die Skizzen zu genanntem Satz nehmen den meisten Raum
und ungefähr 22 Seiten des Heftes ein. Zwischen ihnen finden
sich u. A. Ansätze zu einem »Andante« in H-moll für »Bassi
pizzicati« u. s. w. mit einem »Trio« in H-dur für »Clarinetti«,
»Corni in D« u. s. w., wahrscheinlich für die früher angedeutete
Symphonie in H-moll bestimmt, und ein Ansatz zu einem Stück
>alla Polacca« in Es-dur mit der Bemerkung;: »Ein Konzertant
9 Das Autograph der Sonate zeigt das Datum: »Anfang August 1815.«
319
oder Sinfonie mit allen B. I. [Blasinstrumenten] solo auch
andere«. Die vielen im Skizzenheft liegengebliebenen Ent-
würfe sind ein Beweis, dass Beethoven während der Arbeit
an den Sonaten Op. 102 u. s. w. sich noch mit manchen andern
Compositionen trug. Auch Ansätze zu fugirten Sätzen kommen
zerstreut und in ziemlicher Anzahl im Skizzenheft vor. Hier
eine Zusammenstellung.
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Erwähnenswerth sind auch zwei Notizen, zuerst (Seite 3)
der Titel eines Buches
Gemälde der merkwürdigen Revolutionen von Samuel Baur
Ulm IS 11 in der Stettinischen Buchhandlung —
320^
und dann (Seite 13) eine Nachricht über die Aufführung von
Beethoven's »Schlacht bei Vittoria« in London.
im Durylane- Theater am löten Februar und auf allge-
meines Begehren am ISten wiederhohlt worden —
Wiener Zeitung vom zweiten März — *)
welche beiden Notizen wahrscheinlich in einem Gast- oder
Kaffeehause beim Lesen der Zeitungen niedergeschrieben wurden.
Die im Skizzenheft berührten und in der angenommenen
Zeit von Februar bis August 1815 ganz oder nahezu fertig
gewordenen Compositionen sind der Reihe nach:
der Kanon »Kurz ist der Schmerz« in F-dur,
das Lied »Merkenstein« Op. 100,
die Ouvertüre Op. 115,
»Meeresstille und glückliche Fahrt« Op. 112,
der letzte Satz der Sonate Op. 102 Nr. 1 und
der letzte Satz der Sonate Op. 102 Nr. 2 (Vorarbeit).
*) In der »Wiener Zeitung « vom 2. März 1815 steht: »Die Schlacht-
Symphonie, komponirt von Hrn. van Beethoven in Wien, und von
demselben Sr. königl. Hoheit dem Prinzen-Regenten gewidmet und über-
sendet, ist im Durylane - Theater am 10. Februar aufgeführt, und auf
allgemeines Begehren am 13. wiederhohlt worden. Sie hat sehr starken
Zulauf und lauten Beyfall erhalten.«
XXXV.
Ein Skizzenbuch aus den Jahren 1815 und 1816,
Das hier zu beschreibende Skizzenbuch ist im Besitz von
Eugen von Miller in Wien und besteht aus 56 Blättern in
Querformat mit 16 Notenzeilen auf jeder Seite. Es ist, mit
andern Skizzenbüchern von gleicher Grösse verglichen, weniger
reich an fortlaufenden Entwürfen zu grossen bekannten Werken,
als an Aufzeichnungen verschiedener Art. Wir gewinnen bei
der Betrachtung den Eindruck, dass die darin vorgenommenen
Arbeiten wenig drängten und dass Beethoven's Beschäftigung
mehr eine vielseitige , als eine auf ein bestimmtes Ziel ge-
richtete war.
Zuerst erscheinen (S. 1 bis 32) Arbeiten zu dem an einem
andern Orte angefangenen, unvollendet gebliebenen Clavier-
concert in D-dur. Wir setzen eine der grösseren Skizzen zum
Anfang des Stückes her.
Cembalo
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323
welche beide Stücke als Einlagen zu dem Schauspiel »Eleonore
Prohaska« von Friedrich Duncker bestimmt waren.*)
Das Skizzenbuch zeigt nun eine Lücke. Siebzehn Blätter
sind herausgeschnitten und ein Blatt ist halb abgerissen. Ver-
muthlich befanden sich auf den fehlenden Blättern Arbeiten
zum ersten Satz der Sonate Op. 101 und zu dem Liede »Das
Geheimni&s«.
*) Die Stücke sind nicht gedruckt.
Eine Mittheilung von Leopold Sonnleithner lautet wie folgt: »Der
geheime Cabinetsrath Duncker aus Berlin (Joh. Friedr. Leop. Duncker,
erster Cabinetssecretär des Königs von Preussen und Geh. Ober-Regie-
rungsrath, f 1842) soll zur Zeit des Wiener Congresses das benannte
Schauspiel gedichtet, und Beethoven die Ouvertüre, Entr'acte, Chöre
und eine Traumscene dazu componirt haben. Die Censur (in Wien) soll
das Stück, das die Geschichte eines Mädchens darstellt, welches als
Soldat den Befreiungskrieg mitmachte, nicht erlaubt haben, und Herr
Duncker soll mit Beethoven's Original - Partitur nach Berlin zurück-
gekehrt sein, wo er angeblich einen gleichfalls vergeblichen Versuch
machte, das Stück zur Aufführung zu bringen.« Dass Beethoven eine
Ouvertüre und Entr'acte dazu geschrieben habe, ist zu bezweifeln.
Richtiger und übereinstimmend mit den vorhandenen Arbeiten erscheint
folgende, der »Neuen Zeitschrift für Musik« vom 20. August 1858 ent-
nommene Notiz: »Die dazu gehörenden Stücke waren: Chor, Romanze,
Melodrajh und der auf Wunsch des Dichters arrangirte Trauermarsch.
Letzterer wurde in Berlin wiederholt gespielt.« Vgl. auch die »Grenz-
boten« vom April 1857.
Eleonore Prohaska (Prochaska?), die Heldin des Stücks, geboren
in Potsdam am 4. März 17&5, machte als freiwilliger Jäger unter dem
Namen Renz den Befreiungskrieg mit, fiel tödtlich verwundet am 16. Sep-
tember 1813 im Treffen bei Görde und 8tarb am 5. October 1813 in
Dannenberg.
Im Leopoldstädter Theater zu Wien wurde zum ersten Mal am
1. März 1814 aufgeführt: »Das Mädchen von Potsdam (Eleonore Prohaska),
ein Schauspiel mit Chören in vier Aufzügen von Piwald, Ouvertüre und
Chöre von verschiedenen Componisten.« Das Stück wurde wiederholt
gegeben. Mit dem obigen Stück hat es keinen Zusammenhang. Die
Aufführung desselben macht aber die durch Sonnleithner überlieferte
Angabe, die Censur in Wien habe die Aufführung des Duncker'schen
Stückes nicht erlaubt, unwahrscheinlich, da sie doch die Aufführung
eines andern Stückes, das dieselbe Geschichte behandelt, erlaubt haben
muss. Wahrscheinlich gelangte das Duncker'sche Stück deshalb nicht
zur Aufführung, weil das Sujet schon vorweggenommen war.
21*
324
Die nächsten Skizzen (S. 33 bis 35)
dein In - ne - res dir nicht kund.
Im
u. s. w.
betreffen das eben erwähnte Lied »Das Geheimniss«.*) Eine
dazu gehörende, den Vortrag betreffende Bemerkung
Innig vorgetragen — die Bewegung ja nicht schleppend,
doch auch nicht geschwind
ist im Druck etwas verändert worden. Zwischen den Skizzen
beginnt, als theoretische Studie im doppelten Contrapunkt, eine
Zusammenstellung von Intervallen. Eine darin vorkommende
Bemerkung
Falsche oder verminderte Terz in der Umkehrung die
übermässige 6.
Ausser den im Skizzenbuch vorkommenden zwei' Stücken hatte
Beethoven, wie die »Neue Zeitschrift für Musik« richtig bemerkt, noch
zwei andere für das Duncker'sche Drama geschrieben. Diese Stücke
waren ein kurzes Melodram mit Begleitung der Harmonika und der für
Orchester gesetzte Trauermarsch aus der Sonate in As-dur Op. 26. Das
Autograph des übertragenen Marsches befindet sioh in Wien. Der Marsch
ist nach H-moll versetzt und gesetzt für Streichinstrumente, 2 Flöten,
2 Clarinetten in A, 2 Fagotte, 2 Hörner in D, 2 Hörner in E und Pauken.
Er ist überschrieben: »Trauermarsch«. Am Schluss ist mit Bleistift
bemerkt: »In gehender annehmlicher Bewegung.« Die zwei Theile des
Trios werden nicht wiederholt. Die Coda ist um 3 Takte gekürzt und
lautet (im Auszug) so:
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Die Vortragszeichen stimmen meistens mit denen des Ciaviersatzes (in
der ältesten Original -Ausgabe) überein. Bemerkbar macht sich, wie
dort, das wiederholte plötzliche Eintreten des p auf gutem Takttheil
nach vorhergehendem crescendo.
*) Das Lied erschien am 29. Februar 1816.
325
wird Beethoven schwerlich einem Lehrbuch nachgeschrieben
haben. Kein Lehrbuch spricht von falschen Terzen.
Es kommen nun (S. 37 bis 47) Arbeiten zur Sonate für
Pianoforte und Violoncell in D-dur (Op. 102 Nr. 2).*) Hier
eine abgebrochene Skizze zum Anfang des ersten Satzes.
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Unter den Arbeiten zum zweiten Satz macht sich eine Auf-
zeichnung bemerkbar.
im Adagio
(oder)
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(oder)
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Sie zeigt, dass Beethoven über die zu wählende Version einer
Stelle in Zweifel war. Im Druck lautet die Stelle wieder
anders. Die meisten Skizzen gelten dem letzten Satz. Das
Fugenthema erscheint vollständig und in seiner endgültigen
*) Das Autograph der Sonate zeigt das Datum : »Anfang August 1815.«
326
Gestalt. Wie in dem im vorigen Artikel beschriebenen Skizzen
heft, so sucht Beethoven auch hier Entführungen, Verkleinerungen
des Themas, aus Motiven des Themas gebildete Zwischensätze
u. dgl. Hier eine Skizze zum Schluss des Satzes.
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Aus der Beschaffenheit sammtlicher Skizzen geht hervor, dass
die Sonate ihrer Beendigung nahe war.
Bevor wir weiter gehen, ist noch von einer Erscheinung
Kenntniss zu nehmen. Neben einer auf den letzten Satz der
genannten Sonate zu beziehenden Skizze, die sich meistens in
H-moll bewegt, im Druck aber nicht verwendet ist, findet sich
die Randbemerkung:
hmoll schwarze Tonart.
Das ist ein Beitrag zur Charakteristik der Tonarten, den Beet-
hoven gewiss nicht aus fremder Quelle geschöpft hat.*)
*) Schindler berichtet (Biogr. II, 164), Beethoven sei ein Anhänger
der Theorie Chr. Friedr. Dan. Schubart's über den verschiedenen Cha-
rakter der Tonarten gewesen, habe aber dessen Ansichten nicht alle
getheilt. Schubart spricht in seinen »Ideen zu einer Aesthetik der Ton-
kunst« nirgends von einer schwarzen Tonart, wohl aber von gefärbten
und ungefärbten Tönen, von stark colorirten Tönen, von einem finstern
Ton u. 8. w. Die Tonart H-moll ist nach ihm »gleichsam der Ton der
Geduld, der stillen Erwartung seines Schicksals« u. s. w.
Dass die Tonarten für Beethoven eine symbolische Bedeutung
hatten, dass er ihnen einen verschiedenen Charakter zuerkannte, geht
auch aus andern Mittheilungen hervor. So hat uns Friedr. Eochlitz (»Für
Freunde der Tonkunst« IV, 356) eine Aeusserung Beethoven's über
Klopstock aufbewahrt, in der folgende Worte vorkommen: »Er fängt
auch immer gar zu weit von oben herunter an; immer Maestoso!
Desdur! Nicht? *
327
Die Arbeiten zur Sonate werden (S. 42) unterbrochen
durch Entwürfe zu dem irischen Volksliede »Robin Adair«.*)
Die Singstimme sempre piano
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Dann, nach Beendigung der Sonate., kommen eine ziem-
lich lange Strecke hindurch andere kleine Entwürfe und Be-
merkungen oder Aufzeichnungen verschiedener Art. Mehrere
beziehungslose Skizzen können übergangen werden. Anzuführen
sind zunächst: (S. 48 f.) Entwürfe zu einem ungedruckten
schottischen Liede;**)
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*) Das Lied steht mit andern Liedern in einem in der königl.
Bibliothek zu Berlin befindlichen Autograph, das das Datum hat:
»1815 den 23ten Weinmonath.« Gedruckt ist es in »12 verschiedene
Volkslieder« Nr. 7.
**) Das Lied findet sich in dem in der vorigen Anmerkung an-
geführten Autograph, wo es gleich auf das vorhin genannte Lied folgt.
Eine andere, zweistimmige Bearbeituug des Liedes ist als Op. 108 Nr. 11
gedruckt.
328
eine dazwischen vorkommende prosodische Studie über Home-
rische Worte;
war es einan-derer nun den wir Da -na- er ehr-ten mit Wellkampf
Ansätze zur Composition von Goethe's »Gesang der Geister
über den Wassern«*);
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VomHim-mel kommt es, zum Him-mel steigt es wie-der nie-der und
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wie- der nie - der Er - de muss es e - wig wechselnd
(S. 51) eine Andeutung,
auf jede Note einen Schritt
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die wahrscheinlich auf einen später im Skizzenbuche vor-
kommenden Parademarsch zu beziehen ist und den dabei zu be-
obachtenden Rhythmus angeben soll; gleich darauf ein Entwurf
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Ende langsam
*) Beethoven schreibt am 23. Juli 1815 an Erzherzog Rudolf: »Als
Sie sich neulich in der Stadt befanden, fiel mir wieder dieser Chor ein.
Ich eilte nach Hause, selben niederzuschreiben, allein ich verhielt mich
länger hierbei, als ich anfangs selbst glaubte, und so versäumte ich
I. K. H. zu meinem grössten Leidwesen.« Ob mit dem Chor der obige
Gesang oder »Meeresstille und glückliche Fahrt« gemeint ist, ist zweifel-
haft. Will man auf das in der Briefstelle vorkommende Wort »wieder«
Gewicht legen, so muss man es für wahrscheinlich halten, dass Beet-
hoven den letztgenannten Chor gemeint hat. Er würde jenes Wort
schwerlich vou dem andern Chor, zu dem sich nur die obigen Skizzen
vorfinden, gebraucht haben.
329
mit einem Anklang* an das Thema des zweiten Satzes der
nennten Symphonie; und eine bei einer liegengebliebenen Skizze
vorkommende Bemerkung.
Sinfonie erster Anfang in bloss 4 Stimmen 2 Viol. Viola
Basso dazwischen forte mit andern Stimmen u. wenn
möglich jedes andere Instrument nach u. nach eintreten
lassen —
Dann erscheinen (S. 52) Andeutungen und Ansätze zur Com-
position einer Oper.**)
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es muss abge . . tet werden aus dem B. M. — wo der
Tanz nur absatzweis —
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Conti
Dissonanzen vielleicht in der ganzen Oper nicht aufgelöst
oder ganz anders da sich in diesen wüsten Zeiten unsere
verfeinerte Musik nicht denken lässt. — muss das sujet
durchaus als schäfermässig behandelt werden
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*) Beethoven hatte damals zwei neue Operntextbücher in Händen,
eines »Romulus« von Friedr. Treitschke, das andere »Bacchus«, das er
im März 1815 erhielt. Ob das Sujet, das er im Skizzenbuche vorhatte,
einem dieser Bücher oder einem andern Libretto angehört, muss dahin-
gestellt bleiben. — Die Leipziger Allg. Musik. Zeitung v. J. 1815 be-
richtet (S. 854) in einer »Uebersicht der Monate October und November«:
»Unser genialer Beethoven soll, dem Vernehmen nach, an einer neuen
Oper: Romulus, gedichtet von Treitschke, arbeiten.« Es scheint aber
nicht, dass Beethoven die Composition begonnen habe, da er am 24. Sep-
tember 1815 an Treitschke schreibt: »Ich würde schon lange ihren Ro-
mulus angefangen haben • u. s. w.
330
Volksgesang
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Diesen Notirungen folgen: (S. 55) eine Randbemerkung;
Bücher — /&r Karl*)
(S. 55) ein in Partitur gesetzter Theil des Räthsel - Kanons
»Lerne schweigen«**),
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*) Karl van Beethoven, geboren am 4. September 1807, der Sohn
von Beethoven's Bruder Karl. Letzterer starb am 15. November 1815.
Am Tage vorher hatte er sein Testament gemacht. Obige Bemerkung
kann schwerlich vor diesem Tage geschrieben sein. Vgl. Schindlers
Biogr. I, 252; Thayer's Biogr. HI, 355.
**) Am 24. Januar 1816 war der Kanon fertig. Beethoven schrieb
ihn an diesem Tage mit dem gleich zu erwähnenden Kanon »Rede,
rede in ein Stammbuch.
331
aus dem hervorgeht, dass der Kanon noch nicht fertig war
und dass die Zusammensetzung der Stimmen einige Mühe ge-
macht hat (die hinauf gestrichenen Noten im 2. und 3. Takt
der Ober- und Mittelstimme sind später geschrieben); (S. 55)
der offen geschriebene, mit der gedruckten Form Überein-
stimmende Kanon »Rede, rede«;
Lebhaft
3=2
U. 8. W.
Rede
die erste Strophe des J. M. Miller'schen Liedes »Die Zufrieden-
heit« mit einer von Beethoven gesetzten Melodie*);
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Was frag ich viel nach Geld und Gut, wenn ich zu - frie - den
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bin! Giebt Gott mir nur ge - sun - des Blut, so
N K-i — N — 1 : — *
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hob ich fro - hen Sinn
und sing aus dank - ha-
L tt Hr
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rem Ge - müth mein Mor - gen- und mein A - bend - lied.
*) Bekannt sind die Melodien von Mozart und Chr. G. Neefe. Dass
die obige Melodie von Beethoven gesetzt ist, geht aus dazu gehörenden
Varianten und darin vorgenommenen Aenderungen hervor. Beethoven
hat auch ein Vorspiel dazu und eine zweite, etwas abweichende Melodie
angefangen, aber nicht beendigt. Die Vermuthung liegt nahe, dass das
Lied für den damals ungefähr acht Jahre alten Neffen Karl bestimmt
war. Dieselbe Bestimmung mag auch ein später erscheinendes Volks-
lied gehabt haben.
332
und endlich (S. 60 bis 65) wieder eine längere Arbeit, näm-
lich Entwürfe zu dem von C. L. Reissig gedichteten Liede
»Sehnsucht«.*)
Hier wiederholt sich die Erscheinung, die man bei der
Entstehung aller andern gedruckten Lieder, und seien es auch
sogenannte Gelegenheitslieder, beobachten kann. Das Lied
»Sehnsucht« ist keineswegs ein Product des ersten Augenblicks,
sondern das Ergebniss anhaltender, fortgesetzter Arbeit. Die
Melodie wird stückweise zusammengesucht und ist in einer
beständigen Metamorphose begriffen. Erst bei fortgesetzter
Arbeit und allmählich fügen sich die gefundenen Theile an
einander und gruppiren sich erst zu einem kleineren, dann zu
einem grösseren Bilde. Beethoven versucht das Lied in ver-
schiedenen Taktarten, trifft aber gleich die richtige, d. h. die
am Ende beibehaltene Tonart, von der er im Verlauf der
Arbeit nur einmal abweicht. Wie oft er das Lied angefangen
hat, mögen folgende Auszüge aus dem Skizzenbuch veran-
schaulichen.
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334
Bald nach dieser Skizzengruppe erscheint (S. 68 bis 73)
eine andere, die ihrer Beziehung wegen noch mehr geeignet
ist, unsere Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen. Es sind
Skizzen zum Liederkreis »An die ferne Geliebte«.*) Man be-
trachtet dieses Liederwerk als den Urquell, aus dem spätere
Liedercomponisten, vor allen Schubert, schöpften. Die Skizzen
— wir haben hier auch die ausser dem Skizzenbuch vor-
kommenden Skizzen im Auge — beweisen, dass dieser Quell
mühsam aus der Tiefe herauf geleitet werden musste. Der
innige, tiberall treffende und doch so einfache Ausdruck, der
dem Liederkreis eigen ist und weswegen er als ein bleibendes
Muster hingestellt wird, sollte gleichsam nur durch die Zu-
dringlichkeit erreicht werden, mit der Beethoven dem Texte,
jedem einzelnen wichtigen Worte, seinem Klange und seiner
Bedeutung nach, zusetzte. Wie bei andern grösseren Gesang-
compositionen hat Beethoven auch hier die Worte des Textes
nicht immer in der Keine, in der sie gedichtet sind, vorge-
nommen, sondern meistens den Text an mehreren Stellen
zugleich angefasst. Im Uebrigen wiederholen sich die Er-
scheinungen, die sich bei Skizzen zu kleineren Liedcomposi-
tionen beobachten lassen.
Der Liederkreis ist nicht, wie das Lied »Sehnsucht«, in
vorliegendem Skizzenbuche angefangen und beendigt worden.
Die ersten Skizzen dazu finden sich auf einzelnen Blättern.
Sie sind mit Bleistift flüchtig hingeschrieben. Eine Vergleichung
derselben mit den später vorzulegenden, im Skizzenbuch vor-
kommenden zeigt, dass in letzterem die Arbeit über ihr erstes
Stadium hinaus war. Man braucht nur eine Skizze zum An-
fang des Liederkreises,
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auf dem Hü- gel
wie sie eines jener Blätter bringt, anzusehen, um darnach den
Weg ermessen zu können, der noch durchzumachen war, um
*) Das Autograph zeigt das Datum: »1816 im Monath April.«
335
für die ersten Worte den treffenden Ausdruck, wie wir ihn
kennen und wie ihn sehr annähernd schon das Skizzenhuch
bringt, zu finden. In obiger Skizze bewegt sich die Melodie
bei den Worten »sitz ich spähend« abwärts; im Skizzenbuche
und im Druck wird sie aufwärts geführt, und erst bei der
zweiten Silbe des Wortes »spähend« erfolgt ein Sprung ab-
wärts. Dieser Sprung, der für das Wort »spähend« so charak-
teristisch ist, umfasst im Skizzenbuche im Anfang meistens
eine Septime; erst zuletzt bekommt der Sextensprung den
Vorzug.
Im Druck hat das letzte Gedicht zu Anfang seine eigene
Weise, und erst bei der letzten Strophe desselben wird auf
die Melodie des ersten Liedes zurückgeleitet. Im Skizzenbuch
aber erscheint das letzte Gedicht von Anfang an nur mit der
Melodie des ersten Gedichtes. Daraus ist zu schliessen, dass
der Liederkreis im Skizzenbuche nicht beendigt wurde und
dass einige Zeit vergehen musste, bevor ihn Beethoven ins
Reine schrieb.
Wir bringen hier einen Auszug der Skizzen in der Folge,
in der sie im Skizzenbuch erscheinen und wahrscheinlich auch
geschrieben sind.
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Beethoven hat es wahrscheinlich aus Reichardt's »Kunstmagazin«
(I, 155) abgeschrieben.
Später (S. 76 bis 85) kommen Arbeiten zum zweiten Satz
der Sonate in A-dur Op. 101. Auf einen grossen Theil des
Satzes sich erstreckende Skizzen kommen, ausgenommen zum
Kanon, nicht vor. Man sieht fast nur Bröckelwerk. Jede Skizze
bricht ab. Es würde schweb sein, zwischen den einzelnen
Skizzen einen Zusammenhang herzustellen, alle ihre Beziehungen
zu finden, wenn man das gedruckte Stück nicht kennte. Den-
noch hatte Beethoven bei solcher Arbeit in Bezug auf die
ganze Anlage, auf den Modulationsgang u. dgl., wenn auch
nicht gleich zu Anfang, so doch bald, einen Plan im Auge.
Die zuerst erscheinende Skizze, die wegen theilweiser
Unleserlichkeit nicht gut wiederzugeben ist, die aber eine un-
verkennbare Aehnlichkeit mit den ersten 3 oder 4 Takten
des gedruckten Satzes zeigt, ist tiberschrieben:
2tes Stück Allegro marcia
Aus dieser Ueberschrift erhellt, dass der erste Satz bereits
früher angefangen oder schon fertig war. Skizzen zu diesem
Satz haben sich nirgends gefunden. Hierauf gründet sich die
früher ausgesprochene Vermuthung, die ziemlich zu Anfang
des Skizzenbuches abgängigen Blätter könnten Skizzen dazu
enthalten haben.
Nach einer bei einer andern Skizze stehenden Bemerkung
Erster Theil in A ohne :||: repet.
sollte der erste Theil des Satzes in A-dur schliessen und nicht
wiederholt werden. Beethoven wurde später andern Sinnes.
Die Fortführung der ersten Takte des ersten Theils zu
finden, hat Mühe gekostet. Manche Versuche sind dazu an-
gestellt worden. Wir legen zwei Skizzen, in denen viel ge-
ändert wurde, vor, zuerst diese (S. 80),
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(Der ursprüngliche Entwurf steht unten; die später geänderten
Stellen stehen darüber.) Am Schluss der letzten Skizze ist
bemerkt:
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Hier wurde also auch die Tonart A-dur zum Zielpunkte ge-
nommen. Offenbar legte Beethoven auf die Anbringung der
Tonart Werth. Auch im Druck ist sie angebracht, jedoch an
einer andern Stelle, als bei den Skizzen angegeben ist.
Auch der Kanon hat einige Mühe gekostet. Hier (S. 85)
der Anfang einer Skizze.
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Während der Arbeit am zweiten Satz entstanden An-
deutungen und Ansätze zu den letzten Sätzen der Sonate.
Der dritte Satz sollte ursprünglich so
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beginnen. Zum letzten Satz finden sich nur zwei abgebrochene
Skizzen, zuerst diese (S. 77),
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bald darauf (S. 78) diese.
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Man sieht, nur das Hauptmotiv ist gefunden, das aber nicht,
wie im Druck, als ein für sich bestehendes Glied, sondern
als Bestandteil eines längeren Abschnittes erscheint. Beet-
hoven hat die Arbeit zum letzten Satz in einem andern Skizzen-
buche fortgesetzt.*)
*) Das Autograph der Sonate hat die Ueberschrift : »Neue Sonate
für Harn 1816 im Monath November.« Beethoven hat das Wort:
»Hammer-Klavier« nicht ausgeschrieben. Gewiss war er in Zweifel, wie
er es schreiben sollte. Man wird in dieser Ansicht bestärkt, wenn man
einen Brief liest, der sich auf die Sonate bezieht und geschrieben wurde,
als sie schon im Stich war. Der Brief ist an den Verleger Tob. Has-
linger gerichtet und lautet:
Die nun noch zu machende Korrektur ist mir sogleich zu über-
senden — was Seile 15 im letzten Stück betrifft, so dürfte es
gut seyn bey den Takten 18 19 20 21 die Buchstaben zu setzen,
— Es ist solches dem Hr. Adjutanten überlassen — in Betreff
des Titels ist ein sprachkundiger zu befragen, ob Hammer oder
Hämmer Klavier oder auch Hämmer- Flügel zu setzen. — Der-
selbe Titel ist mir auch vorzuweisen. —
L. v. Beethoven.
[Aussen:] an den Adjutanten.
Die »Buchstaben«, die Beethoven meint, sollten zur deutlicheren Be-
zeichnung des Contra-E im zweiten Theil des letzten Satzes (Takt 109 ff.
des zweiten Theils) angebracht werden. Das Original des mitgetheilten
Briefes war früher im Besitz der Wittwe Haslinger in Wien und ist
dem spätem Besitzer entwendet worden.
Schindler sagt (Biogr. I, 240, 243), die Sonate sei im Februar 1816
in Wien öffentlich gespielt worden und Beethoven habe das gedruckte
Widmungsexemplar der Sonate am 23. Februar 1816 versandt. Diese
Angaben sind falsch, wie sich theils aus dem im Autograph angegebenen
Datum, theils aus dem Datum des Erscheinens der Sonate (Februar 1817)
ergiebt. Thayer hat (Biogr. III, 382, 384) Schindler'* Angaben beibehalten.
345
Es kommen nun (S. 86 bis 107) Arbeiten zum ersten und
dritten Satz eines unvollendeten Trios in F-moll für Piano-
forte, Violine und Violoncell. Der Anfang des ersten Satzes
erscheint zuletzt in dieser,
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das Hauptthema des letzten Satzes einmal in dieser Fassung.
Beethoven hat später angefangen, den ersten Satz in Partitur
zu schreiben und denselben ziemlich zu Ende geführt. Dann
blieb die Arbeit liegen.*)
Zwischen den Skizzen zum Trio erscheinen: (S. 87) eine
Randbemerkung,
Variationen aus meinem Jünglingsalter
die wir, in Ermangelung einer andern oder besseren Deutung,
mit der Veranstaltung einer neuen Ausgabe der Variationen
*) Von den zur Reinschrift verwendeten Blättern sind nur wenige
vorhanden, und unter diesen fehlt das erste Blatt, welches den Anfang
des Trios enthalten muss und nach dem sich Genaueres angeben liesse.
Das Trio ist in einem Briefe gemeint, den Beethoven am 1. October 1816
an den Verleger Birchall in London schreibt und in dem es heisst:
»I offer you of my Works the following new ones. A Grand Sonata for
the Pianoforte alone £ 40. A Trio for the Piano with accompt of Violin
and Violoncell for £ 50.« Die erwähnte Sonate kann nur die in A-dur
Op. 101 sein. Das Trio in B- dur Op. 97 kann in dem Briefe nicht ge-
meint sein, denn Birchall hatte es schon. (Vgl. Chrysander's Jahrbücher,
I, 429 ff.).
346
über das Thema »Venni Amore« oder eines andern Variationen-
Cyklus aus Beethoven's früherer Zeit in Zusammenhang bringen
möchten; (S. 93) eine Tonleiter-Uebung;
Scalen für Lernende
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so auch hinauf, u. umgekehrt die rechte Hand eben so
hinauf u. hinunter tuie die linke
(S. 95) eine mit Bleistift geschriebene Briefstelle*);
Ich nahm die Wohnung indem ich dachte, dass Ew.
K. Hoheit mir einen kleinen Theil erstatten würden ohne
dieses hätte ich sie nicht genommen —
und (99 f.) Entwürfe zu dem Liede »Der Mann von Wort«
Op. 99.**)
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*) Beethoven's Wohnung im Mai 1816 war: Seilerstätte Nr. 1055
und 1056. Im März 1816 bezahlte er, so schreibt er an Ferd. Ries,
1100 Gulden Hauszins. Ob eines dieser Daten mit obiger Stelle in Ver-
bindung zu bringen ist und ob Beethoven einen Brief geschrieben hat,
in dem die Stelle vorkommt, muss dahingestellt bleiben.
**) Das Lied erschien im November 1816.
347
Dann (S. 108 bis 112) kommen Entwürfe zu dem früher
erwähnten Parade- oder Militairmarsch.*) Hier eine Zusammen-
stellung von mehreren auf das Anfangsthema sich beziehenden
Skizzen.
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Die Skizzen bestätigen die wiederholt anderwärts gemachte
Bemerkung, dass Beethoven's Verfahren, ein gefundenes Thema
wiederholt umzuändern, sich auch auf Gelegenheitscompositionen
erstreckt. Der Marsch erreicht die endgiltige Form nicht. Beet-
hoven hat die Arbeit dazu an einem andern Orte fortgesetzt.
Mit Skizzen zum Marsch schliesst das Skizzenbuch.
In unserer Darstellung sind manche unausgeführt gebliebene
Skizzen und einige Stellen, die abgeschrieben sein mögen, un-
erwähnt geblieben. Als die hervortretendsten von solchen
Skizzen und Stellen sind zu verzeichnen; (S. 9) Anfang einer
Doppelfuge in A-moll; (S. 33) »Sinfonia« in D-dur; (S. 37)
Anfang eines Vocalsatzes »Ehre sei dir«; (S. 39) zwei fugirte
Stellen, wahrscheinlich abgeschrieben; (S. 41) Anfang einer
Doppelfuge in D-dur; (S. 43) »Allemande« und »3tes Stück«;
*) Das AutogTaph ist überschrieben: »Marsch zur grossen Wach-
parade — am 3ten Juni 1816.«
348
(S. 47) »Pastorale« in C-dur; (S. 50) »Sonate in Desdur«;
(S. 51) drei instrumentale Anfänge in B-dur und D-dur:
(S. 53 f.) mehrere verschiedene Ansätze zu Instrumentalcom-
positionen; (S. 67) ein Anfang in F-moll,
als Deutscher vom letzten Stück
wahrscheinlich zum unvollendeten Trio bestimmt; (S. 105) der
nämliche Anfang mit derselben Ueberschrift; (S. 106) »Sinfonie«
in Es-dur und »Sonate« in E-dur.
Die im Skizzenbuch berührten und in der anzunehmenden
Zeit von Mai 1815 bis Mai 1816*) ganz oder nahezu fertig
gewordenen Compositionen sind der Reihe nach:
zwei Stücke zu »Eleonore Prohaska« (ungedruckt),
(dem Vermuthen nach: erster Satz der Sonate Op. 101,)
das Lied »Geheininiss«,
Sonate Op. 102 Nr. 2,
irisches Lied »Robin Adair«,
schottisches Lied (ungedruckt — andere Bearbeitung:
Op. 108 Nr. 11),
Kanon »Lerne schweigen« (Vorarbeit),
Kanon »Rede, rede«,
Lied »Sehnsucht« (»Die stille Nacht umdunkelt«),
Liederkreis Op. 98 (nicht beendigt),
zweiter Satz der Sonate Op. 101,
Lied »Der Mann von Wort« Op. 99 und
Marsch in D-dur für Militairmusik (nicht beendigt).
*) Offenbar ist die hier angenommene Zeit etwas zu weit gemessen.
Das Skizzenbuch kann ganz oder fast ganz dem Jahre 1815 angehören.
Der Umstand jedoch, dass die letzten im Skizzenbuch berührten Com-
positionen alle ins Jahr 1816 hinüber spielen, Hess es rathsam erscheinen,
die Zeit nach dieser Seite hin nicht zu früh abzugrenzen.
XXXVI.
Ein Skizzenbuch ans dem Jahre 1817.
Dieses Skizzenbuch ist in andern Artikeln wiederholt er-
wähnt worden, und es kommt hier nur darauf an, dasselbe in
seinem Zusammenhang zu betrachten und von einer Anzahl
Skizzen und Bemerkungen, welche früher übergangen wurden,
Kenntniss zu nehmen.
Das Skizzenbuch ist buchbindermässig gebunden, hat einen
alten bunten Umschlag, ist beschnitten, ist ungefähr 16 Centi-
meter hoch, 13 Centimeter breit und besteht aus 128 grössten-
teils beschriebenen Seiten. Das kleine Format und der Um-
stand, dass fast alle Skizzen und Aufzeichnungen ursprünglich
mit Bleistift geschrieben und zum kleinen Theil später mit
Tinte nachgezogen sind, lassen darauf schliessen, dass es zum
Tragen in der Tasche bestimmt war und meistens ausser dem
Hause gebraucht wurde. Hier und da vorkommende Wachs-
flecken können zu Hause bei dem Nachziehen mit Tinte oder
bei dem Aussetzen der skizzirten Compositionen entstanden
sein. Der Besitzer des Skizzenbuchs ist A. Artaria in Wien.
Auf der Rückseite des vorderen Umschlagblattes steht:
Poldrini
1817
Mit inniger Empfindung, doch entschlossen, wohl
accentuirt u. sprechend vorgetr.
»Poldrini« hiess der damalige Geschäftsführer der Hand-
lung Artaria u. Comp. Hatte er Beethoven das Buch zum
Geschenk gemacht? Aus der angeführten Jahreszahl ist zu
350
entnehmen, dass das Skizzenbuch im Jahre 1817 in Angriff
genommen wurde. Die dann folgende Bemerkung, welche
später hingeschrieben wurde und in der das Wort »inniger«
nachträglich eingefügt wurde, war zur Ueberschrift oder Vor-
tragrsbezeichnung des Liedes
»Resignation«,
zu dem Arbeiten
im Skizzenbuch vorkommen, bestimmt. Im Druck des Liedes
ist das eingefügte Wort »inniger« weggeblieben.
Die zuerst erscheinenden Skizzen (S. 1, 2 u. 7)
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betreffen die bereits an einem andern Orte erwähnte un-
vollendete Fuge für fünf Streichinstrumente in D-moll*). Da-
zwischen finden sich (S. 4)
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Bach's Wohltemperirtem Ciavier, ein Ansatz
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zur Composition von Matthisson's Badelied mit metrischer Be-
zeichnung, (S. 5) die in Partitur und auf fünf Systemen ge-
schriebenen letzten vier Takte der Quintettfuge Op. 137 und (S. 7)
*) Siehe den Artikel XX.
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zwei Stellen aus Baeh's »Kunst der Fuge« (Contrapunctus 4).
Die Schlusstakte der Fuge Op. 137 wurden aller Wahrschein-
lichkeit nach während der Reinschrift, bei Anfertigung der
Partitur versuchsweise hingeschrieben und geht aus ihrem Vor-
kommen hervor, dass das Stück damals eben fertig war oder
fertig wurde. Die abgeschriebenen Stellen aus den Bach'schen
Fugen finden in der damaligen Neigung Beethoven's zur Fugen-
composition ihre Erklärung; doch wird es schwer sein, eine
besondere oder nähere Beziehung derselben zu den im Skizzen-
buche berührten Fugen Beethoven's aufzufinden. Mit der Rich-
tung Beethoven's zur Fugencomposition hängen auch zwei den
letzten Entwürfen zur unvollendeten Fuge unmittelbar folgende
Aufzeichnungen zusammen. Die erste derselben (S. 7) lautet so:
alle Btte Stücke eine wahre Fuge zum B. das Trio neues
Sujett welches alsdenn beim Wiederholen dem ersten Thema
zum Kontrasubject dient
Die andere Aufzeichnung (S. 8)
Nr. 1.
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ebenfalls von Nr. 2.
352
ist Marpurg's »Abhandlung von der Fuge« (2. Theil 7 Tab. XVI
Fig. 1 bis 6) entnommen.
Es folgen nun (S. 10 bis 16) Entwürfe
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ge-het, sucht, sucht, fin-det nicht
u. s. w.
zu dem Liede »Resignation«, aus deren allmählicher Annäherung
und schliesslicher Uebereinstimmung mit der gedruckten Form
hervorgeht, dass das wahrscheinlich an einem andern Orte
angefangene Lied in diesem Skizzenbuche fertig wurde.*)
Gleich darauf (S. 18 bis 88) erscheinen Entwürfe zum
ersten Satz der Sonate in B-dur Op. 106, und diesen folgen
später (S. 75 bis 128) Entwürfe zum zweiten und (S. 116
bis 127) zum dritten Satz derselben Sonate. Diese Arbeit ist
in ihren Hauptztigen bereits anderwärts dargelegt worden.**)
Hier ist nur zu bemerken, dass, als das vorliegende Skizzen-
buch zurückgelegt wurde, der erste Satz der Sonate im Ent-
würfe fertig war, dass die Arbeit zum zweiten Satz sehr vor-
*) Das Lied erschien am 31. März 1818 als Beilage zu einer
Zeitschrift.
In einem in der königl. Bibliothek zu Berlin aufbewahrten Skizzen-
heft finden sich Entwürfe
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zur Composition desselben Textes für 4 Stimmen und in G-dur. Vorher
gehen Arbeiten zum letzten Satz der Sonate in A-dur Op. 101 und zu
andern Stücken. Jene Liedskizzen können spätestens zu Anfang des
Jahres 1817 geschrieben sein.
**) Siehe den Artikel XVI.
353
geschritten, dass der dritte Satz erst angefangen und vom
letzten Satz noch keine Note gefunden, war.
Inmitten der Arbeit zu den Sonatensätzen finden sich
(S. 92 bis 109) Entwürfe zum ersten Satz der neunten Sym-
phonie und Andeutungen und nicht benutzte Entwürfe zu den
folgenden Sätzen derselben Symphonie. Auch über diese Ent-
würfe ist anderwärts berichtet worden*), und braucht hier
nur bemerkt zu werden, dass im vorliegenden Skizzenbuch
nur die Arbeit zum ersten Satz der Symphonie ziemlich vor-
gerückt erscheint.
Eine zwischen den Skizzen zum ersten Satz der Sonate
Op. 106 vorkommende Bemerkung (S. 75)
preludien zu meiner Messe
kann nur auf Beethoven's erste Messe bezogen werden. Die
Composition der zweiten Messe stand damals noch nicht in
Aussicht.
Nun sind noch einige Notizen anzuführen, welche sich
auf der innern Seite des hintern Umschlags (Seite 128 gegen-
über) mit Bleistift geschrieben finden. Selbige lauten, so weit
sie lesbar sind, wie folgt.
Der neueste deutsche Jugendfreund für Knaben Leipz. 1816
brosch. 4 fl. 30 xr.
34 xr. am Lusthaus
Bei Müller ansehen —
In der Leopoldstadt Nr. 575 in der Allee gegen die
Franzensbrücke 6 leichte Reiseicägen zu verkaufen —
Wohnung Alstervor Stadt Haus Nr. 115 von 8 Zimmern etc.
mit Obstgarten um billigen Preis zu vermiethen von künf-
tigem Georgi an und beim Hausinspektor erkundigen
Die erste von diesen Notizen, die ohne Zweifel in einem
Gast- oder Kaffeehause niedergeschrieben wurden, ist dem
Intelligenzblatt der Wiener Zeitung vom 9. Deccmbcr 1817
(S. 1291) entnommen und lautet da so:
") Siebe den Artikel XX.
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354
»Bey Carl Haas, Buchhändler (Tuchlauben, beym Kühfuss)
ist ganz neu zu haben:
Der neueste deutsche Jugendfreund, oder Erzählungen für
Knaben und Mädchen zur Bildung des Verstandes und
Herzens. Von H. Müller. Zwey Bände 8. Leipzig 1816.
Brosch. 4 fl. 30 kr.«
Die letzten zwei Notizen finden sich in den Intelligenz-
blättern zur Wiener Zeitung vom 12., 15. und 17.December 1817
(S. 1315 ff.), und lautet die erste derselben hier so:
»Ueberführte Reisewägen.
In der Leopoldstadt Nr. 575 in der Allee gegen die
Franzensbrücke sind 6 leichte Reisewägen zu verkaufen.«
Die andere lautet so:
»Wohnung zu vermiethen.
In der Alservorstadt Haus No. 115 ist eine Wohnung,
bestehend in 8 Zimmern, Vorhaus, Speis, Keller, Holzgewölb,
Boden, nebst einem Obstgarten um billigen Preis zu vermiethen,
und auf künftigen Georgi 1818*) zu beziehen. Das Nähere
ist im nemlichen Hause beym Hausinspektor zu erfragen.»
Zur Erklärung dieser abgeschriebenen Anzeigen möge
Folgendes erinnert werden. Beethoven hatte im Jahre 1817
von der Philharmonischen Gesellschaft in London den Antrag
erhalten, nach England zu kommen. Am 9. Juli 1817 theilt
er Ferd. Ries die Bedingungen mit, die dieser der Gesellschaft
vorlegen soll. In diesem Briefe heisst es u. A.: »Ich werde
in der ersten Hälfte des Monats Januar 1818 spätestens in
London sein. Da ich gleich .... anfange, so weiset mir die
Gesellschaft die Summe von 150 Guineen hier an, damit ich
mich mit Wagen und andern Vorrichtungen zur Reise ohne
Aufschub versehen kann.« Warum Beethoven »Reisewägen«
suchte, ist also klar. Wozu brauchte er aber eine so grosse
Wohnung von 8 Zimmern, einen Obstgarten u. s. w.? Er ging
Ende 1817 und schon früher mit der Absicht um, seinen Neffen
aus dem Institut Giannatasio del Rio's zu sich zu nehmen und
nahm denselben auch wirklich Ende Januar 1818 zu sich.
*) Georgi fällt auf den 24. April.
355
Am 12. November 1817 schreibt Beethoven an Giannatasio:
»Veränderte Verhältnisse könnten wohl machen, dass ich Karl
nicht länger als bis zum Ende dieses Vierteljahres bei Ihnen
lassen kann.« Und am 24. Januar 1818 schreibt er: »Ich
komme nicht selbst — übrigens wünsche ich der Mutter wegen,
dass es eben nicht zu sehr bekannt werde, dass mein Neffe
jetzt bei mir ist.« Für den Neffen war auch das notirte Buch
bestimmt.
Aus den Daten, welche sich an die Anzeigen knüpfen,
geht hervor, dass das Skizzenbuch im December 1817 gebraucht
wurde. Von den im Skizzenbuch berührten Compositionen giebt
nur eine einen sicheren chronologischen Anhaltspunkt. Es ist
die Fuge Op. 137. Sie war nach dem auf dem Autograph
stehenden Datum am 28. November 1817 fertig und wird zu
Anfang (Seite 5) des Skizzenbuchs berührt. Demnach kann
das Skizzenbuch spätestens im November 1817 in Angriff ge-
nommen worden sein. Nimmt man ferner an, Beethoven habe
das Skizzenbuch ungefähr ein halbes Jahr gebraucht, so ergiebt.
sich als die Zeit, der es im weitesten Umfang angehören kann,
die von ungefähr September 1817 bis Mai 1818. Dieses Er-
gebniss verträgt sich nicht nur mit der auf dem vorderen Um-
schlagblatte eingezeichneten Jahreszahl 1817, sondern es lässt
sich damit auch die Zeit in Uebereinstimmung bringen, der
ein sich anschliessendes Skizzenheft, das Beethoven im Früh-
jahr und Sommer 1818 in Mödling brauchte, angehört.
Von den im Skizzenbuch berührten Compositionen sind
also in der angenommenen Zeit von September 1817 bis
Mai 1818 der Reihe nach fertig geworden:
die Quintettfuge Op. 137,
das Lied »Resignation« und
der erste Satz der Sonate in B-dur Op. 106.
23
XXXVII.
Clavierspiel.
Carl Czerny erzählte mancherlei über Beethoven's Clavier-
spiel, das wohl der Aufbewahrung- werth ist. Er sagte fast
wörtlich Folgendes.
Beethoven besass eine ungeheure Fertigkeit, die sogar in
unserer Zeit alles übertieffen würde. Beim Spielen zeigte er
eine ausgezeichnet ruhige Haltung und ein würdiges Benehmen.
Der Oberkörper war immer gerade und ruhig. Nur als er
taub wurde, fing er an, um den Ton deutlicher zu hören, den
Kopf nach vorne zu neigen, so dass die Nase manchmal der
Claviatur ziemlich nahe kam.*) Er verstand es ausserordent-
lich, volle Accorde, ohne Anwendung des Pedals, an einander
zu binden. Das Legatospiel, das ich hier meine, war ein
anderes, als das zum Fugenspiel gehörende; letzteres ist mehr
Fingerspiel. Ueber Cramer's Uebungen, die Beethoven, als ich
(von 1815 an) seinen Neffen im Clavierspiel unterrichtete, durch
mich kennen lernte, äusserte er: »Sie machen das Spiel pappig
(klebrig); der Spieler lernt kein Staccato- und kein leichtes
Spiel daran«.**) — Das G-dur-Concert spielte er öffentlich
(1808) sehr muth willig; bei Passagen nahm er manchmal andere
*) Nach Czerny's Annahme begann Beethoven's Taubheit später,
als gewöhnlich angenommen wird. Man darf aber wohl zwischen Schwer-
hörigkeit und Taubheit, zwischen beginnender und hochgradiger Taub-
heit einen Unterschied machen. Czerny meinte den letzteren Zustand.
**) Schindler spricht sich anders aus. Er sagt (Biogr. II, 182): »Diese
Etüden (von Cramer) erklärte unser Meister als die Hauptbasis zum
gediegenen Spiel.«
357
und viel mehr Noten, als auf dem Papier standen. — Als ich
einst Beethoven auf dem Glacis begegnete, lud er mich ein,
ihn zu begleiten; er wolle mir etwas zeigen. In seiner
Wohnung angelangt, spielte er die zwei Sonaten für Pianoforte
und Violoncell Op. 102. Das Instrument war aber in so
schlechtem Zustande, bei mehreren Tasten waren alle Saiten
gesprungen, dass ich aus dem Spiel nichts verstand und mich
ans Geschriebene halten musste. — Einst spielte Beethoven
in einer Gesellschaft seine Sonate in A-dur Op. 101. Er spielte
sie sehr schön, äusserte aber später, er selbst habe von seinem
Spiel nichts gehört.
In seiner Pianoforte - Schule und in schriftlichen Auf-
zeichnungen (gedruckt im »Jahresbericht des Conservatoriums
der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien« v. J. 1870)
äussert sich Czerny in gleichem Sinne. Er sagt, Beethoven's
Spiel habe sich durch eine ungeheure Kraft, durch Charak-
teristik, unerhörte Bravour und Geläufigkeit ausgezeichnet;
Beethoven habe das Legato, das zu jener Zeit alle andern
Spieler auf dem Fortepiano für unausführbar hielten, in einer
unübertrefflichen Art in seiner Macht gehabt; jedoch sei er
bei seinem Spiel von seinen stets wechselnden Launen ab-
hängig gewesen.
Dieses Urtheil müssen wir für voll annehmen. Czerny
hatte nicht nur einige Zeit (1801 und später) bei Beethoven
Unterricht im Clavierspielen gehabt, hatte Beethoven oft spielen
hören, sondern er wusste auch, was Clavierspiel war, und
kannte es, wie es zu seiner Zeit war, gewiss nach allen Seiten.
Er unterscheidet das Legatospiel Beethoven's von gebundenem
Fugenspiel. Dass er letzteres kannte, beweist, um nur ein
Beispiel anzuführen, sein Fingersatz zur fünfstimmigen Fuge
in Cis-moll in Bach's Wohltemperirrem Ciavier.
Hat nun Beethoven's Clavierspiel die Eigenschaften be-
sessen, die Czerny hervorhebt, so müssen sie auch gepflegt
worden sein, namentlich diejenigen, die einer Pflege und fort-
währenden Uebung bedürfen. Ohne Uebung kein Meister.
Jenes wird durch Aufzeichnungen Beethoven's bestätigt. In
den Skizzenbüchern Beethoven's finden sich Uebungen, die «auf
358
die Entwicklung eines fertigen, geläufigen, kräftigen, ge-
bundenen oder abgestossenen Spiels gerichtet sind und die
beweisen, dass Beethoven die Technik des Ciavierspiels nicht
vernachlässigt hat. Die Uebungen sind meistens kurz und
bieten nichts Absonderliches. Auf den Markt gebracht, würde
es Marktwaare sein, wie jede andere. Es sind meistens Ton-
leitertibungen, Tonleitern für beide Hände auf und ab in
Octaven, Terzen, Sexten, Decimen, in entgegengesetzter Rich-
tung u. s. w. Bei andern ist es auf Doppelgriffe abgesehen,
auf Terzen- und Sextengänge, auf Triller, Doppeltriller, Sprünge,
Ineinandergreifen und Ueberschlagen der Hände u. s. w. Manche
haben ganz die Art und Form der täglichen Uebungen von
C. Czerny, so dass man Beethoven die Priorität in dieser Art
Uebungen zuschreiben kann. Einige Uebungen sind technisch
schwer. Vergleicht man sie, in Bezug auf Schwierigkeit, mit
manchen schweren Stellen in Beethoven's Claviercompositionen,
so wird man, der oft gehörten Behauptung entgegen, Beethoven
habe keine Rücksicht auf den Spieler genommen, der Ansicht,
dass er grundsätzlich bestrebt war, möglichst leicht und spiel-
bar zu schreiben.
Am meisten Interesse von den vorhandenen Uebungen
bieten die aus der Jugendzeit Beethoven's. Beethoven folgt hier
mehr seinen Launen und Eingebungen, als es später geschah.
Zugleich geben sie den Beweis, dass die Eigenschaften, welche
Czerny in Beethoven's Spiel hervorhebt, namentlich Kraft,
Fertigkeit und Legatospiel, schon in Bonn gepflegt wurden.
Wir stellen hier eine Auswahl aus der Zeit von ungefähr 1782
bis 1793 zusammen, sehen jedoch dabei weniger auf schwere,
als auf solche Uebungen und Aufzeichnungen, die aus irgend
einem Grunde bemerkenswerth erscheinen. Die Auswahl wird
meistens auf Stücke fallen, die eine Bemerkung enthalten. Ob
nicht einige von den Stücken von Beethoven nur abgeschrieben
sind, muss dahingestellt bleiben. Einige Uebungen haben ab-
sonderliche Fingersätze. Bei andern Aufzeichnungen kann man
sehen, wie Beethoven über Klangwirkungen speculirt, welche
Versuche er mit nachklingenden Tönen gemacht hat und dass
ihm schon der von Andern gern gebrauchte Effect bekannt
359
war, wo bei einem Accord ein Finger nach dem andern von
unten nach oben die Taste verlässt und so ein allmähliches
Verklingen des Accords bewirkt wird. Doch genug des
Commentars.
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XXXVIII.
Ein Spesenbuch.
Vorhanden ist ein »Handlungs- Spesen -Buch« des Ver-
legers Matthias Artaria in Wien, das vom Jahre 1824 bis zum
Jahre 1831 reicht und einen Einblick in den geschäftlichen
Verkehr mit mehreren Componisten der damaligen Zeit ge-
währt. Auch Beethoven ist darin vertreten. Das Wichtigste,
was wir in Bezug auf Beethoven's Werke daraus erfahren, ist,
dass Artaria zwei vierhändige Bearbeitungen der Fuge Op. 133
bezahlt hat, erst eine an Anton Halm und dann eine an Beet-
hoven, womit denn die Behauptung Schindler's (Biogr. II, 118),
das unter der Opuszahl 134 erschienene Arrangement der Fuge
rühre von Halm her, eine neue Widerlegung erfährt und die
in Thayer's chronologischem Verzeichniss (S. 157) aufgenommene
und auch dem Schreiber dieser Zeilen gethane Aeusserung
Halm's, er sei von Beethoven ersucht worden, die Fuge vier-
händig zu setzen, Beethoven habe aber seine Arbeit verworfen
und die Fuge selbst vierhändig gesetzt und sie so herausge-
geben, bestätigt wird. Ausserdem erfahren wir, dass das
Quartett in B-dur Op. 130 mit der Fuge Op. 133 als Finale
am 9. Januar 1826 mit 80 Ducaten, das jetzige Finale des-
selben Quartetts am 25. November 1826 mit 15 Ducaten
honorirt wurde, dass das von Dtirck nach Stieler's Gemälde
gezeichnete Portrait (Beethoven in der Laube die Missa solen-
nis componirend) nicht, wie in der Wiener »Allg. Musikzeitung«
vom 14. August 1845 angegeben ist, im Jahre 1824, sondern
erst 1826 erschien u. s. w.
365
Wir stellen hier die auf Beethoven zu beziehenden Posten
zusammen.
9. Januar 1826
12. May
19. August „
5. Septbr. „
16. Novbr. „
8. Januar 1827
30. „
15. Februar „
26. „
31. März „
3. May
an Beethoven für Manuscript seines
Quartetts für 2 Viol. A & B. 80 ft
an Compositeur Halm fürs Arrange-
ment der Beethoven'schen Fuge
Hodick für die Partitur v. Beet-
hoven 79 Platten
Kurka für den Titel zu No. 835.
Beeth.-Quart
zahle an Beethoven für den Kla-
vierauszug der Fuge 12 :j± in
Gold ä 4 f. 47
Die Ankündigung von Beethoven's
Portrait
zahle an Haslinger für Beethoven
15 tt in Gold oder . . . .
Fracht für 1 Paq. mit Portraite
von Beethoven von Dürck . .
An Kurka für 1 Titel zur Beet-
hoven'schen Fuge
An Kurka für 2 Titel zu den Beet-
hoven'schen Partituren . . .
An Kurka die 2 Part. Titel von
Beethoven zu ändern ....
Beytrag zum Requiem für Beet-
hoven
Zwey Ankündigungen in der Wie-
ner Zeitung von Beeth. Werk
2 fl. (Yfiener Währung?) . . .
Cf.
381
40
63
25
57
2
70
3
25
30
2
12
36
12
24
45
40
XXXIX.
Eine Skizze zum letzten Satz der Sonate Op. 90.
In Skizzenbüchern Beethoven's kann man oft genug beob-
achten, wie durch Umgestaltung eine Melodie zu einer Be-
deutung erhoben wird, die sie ursprünglich nicht hatte. Solche
Umgestaltung wird dann meistens durch Aenderung einiger
oder mehrerer Noten, durch Aenderung des Rhythmus u. dgl.
bewirkt. Seltener tritt der Fall ein, dass durch eine einzige
Note eine eingreifende Umgestaltung herbeigeführt wird. Ein
solcher Fall liegt vor. Wer die schöne, wie aus einem Guss
hervorgegangene Melodie betrachtet, die dem letzten Satz der
Ciaviersonate in E-moll zu Grunde liegt, wird schwerlich ver-
muthen, dass die Note auf dem 3. Achtel des 2. Taktes ur-
sprünglich, wie diese Skizze zeigt,
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nicht da war. Durch die an Stelle einer Pause eingefügte
Note, durch Ausfüllung eines Einschnittes und durch Ver-
bindung der Abschnitte hat' die Melodie einen zu ihrer Schön-
heit wesentlich beitragenden Zug bekommen. Die Skizze zeigt
auch in den Auftakten der Melodie eine Abweichung von der
gedruckten Form. Allein die da vorgenommene Aenderung,
äusserlich betrachtet nicht unbedeutender als die andere, war
nicht so eingreifend wie diese.
Die Skizze steht auf einem Bogen, der vorher Arbeiten
zum zweiten Finale des Fidelio enthält. Als die Zeit der
Schrift ergiebt sich das Jahr 1814. Aus der Ueberschrift der
Skizze geht hervor, dass, als sie geschrieben wurde, der erste
Satz der Sonate angefangen oder fertig war.
XL.
Skizzen zur Pastoral -Symphonie
kommen vor in einem unvollständigen Skizzenbuch aus dem
Jahre 1808 und auf einzelnen Bogen und Blättern, die in der
königl. Bibliothek zu Berlin aufbewahrt werden. Diese Vor-
lagen sind in ihrer Lückenhaftigkeit wenig geeignet, die Ent-
stehung und das allmähliche Heranwachsen der Symphonie
zu zeigen. Eben so wenig verrathen sie, wie die aus der
Natur oder, um das bezeichnende Wort Beethoven's zu ge-
braueben, dem Landleben geschöpften Bilder und Empfindungen
sich zu Tonbildern und zu einem Seelengemälde erhoben.
Ein Theil der Skizzen steht auf Blättern, die anfangs zur
Partitur der Symphonie in B-dur bestimmt waren. Auf den
obersten drei Systemen der ersten Seite eines Blattes stehen
ursprünglich den Violinen und der Viola (jetzt den Blasin-
strumenten) zugeth eilte acht Takte aus dem dritten Satz der
vierten Symphonie, und darunter und auf der folgenden Seite
erscheinen Entwürfe zur ersten Messe
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und zur sechsten Symphonie.
Sinfonia pastorella
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371
Die Entwürfe zur Messe und zur Symphonie stehen durch- und
nacheinander, ein Beweis, dass Beethoven gleichzeitig an beiden
Werken gearbeitet hat. Zugleich zeigen sie, dass damals die
Arbeit zur Messe ungefähr bis zu ihrer Mitte gediehen, die
zur Symphonie aber noch in ihrem ersten Stadium begriffen
war. Ferner steht auf dem obersten System jeder Seite eines
Bogens eine der ersten Violine zugetheilte Stelle aus dem
ersten Satz der vierten Symphonie, und darunter erscheinen
Entwürfe zu den letzten vier Sätzen der Pastoral -Symphonie.
Wir setzen den Anfang eines Entwurfs zum Anfang des letzten
Satzes,
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der hier, wie man sieht, ohne die im Druck vorhergehenden
acht Takte erscheint, und eine auf den Uebergang vom dritten
zum vierten Satz zu beziehende Stelle her.
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372
Die vierte Symphonie wurde, nach Angabe des Original-
Manuscriptes, 1806 componirt. Die Messe war am 13. Sep-
tember 1807 fertig, weil sie an diesem Tage zum ersten Mal
aufgeführt wurde. Aus dem Zusammentreffen der angeführten
Stellen ergiebt sich, dass die Arbeit zur Pastoral -Symphonie
möglicherweise schon im Jahre 1806, jedenfalls aber vor Sep-
tember 1807 begonnen war. Am 22. December 1808 war die
Symphonie fertig, weil sie an diesem Tage zur ersten Auf-
führung gelangte. In den Skizzen fertig war sie vermuthlich
schon um die Mitte desselben Jahres.
Wir wählen nun von den auf den übrigen Blättern und
in erwähntem Skizzenbuch vorkommenden Skizzen mehrere aus.
Der dritte Satz wird in einer der früheren Skizzen so
begonnen:
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Eine später geschriebene Skizze, mit dem Druck überein-
stimmend, beginnt so:
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und eine etwas später geschriebene Skizze (mit einer Variante)
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zu der rhythmisch verschobenen Tanzmelodie im dritten Satz.
Einer der früheren Entwürfe zum letzten Satz, der sich einem
Entwurf zum vorletzten Satz anschliesst, ist hier
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zu sehen. In späteren Entwürfen, zu denen der Reihe nach
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u. s. w.
und der früher mitgetheilte Entwurf gehört, wird das jetzige
Hauptthema des Satzes allmählich gefunden.
Zwischen den Skizzen zur Symphonie finden sich mehrere
Bemerkungen, die theils auf die Fassung der Ueherschriften
gerichtet, theils allgemeiner Art sind. Wir erfahren daraus
nicht viel mehr, als was die gedruckten Ueherschriften sagen.
Immerhin beweisen sie, dass Beethoven bei der Abfassung der
l'eberschriften mit Ueberlegung zu Werke ging. Wir setzen
die Bemerkungen her.
375
man überlädst es dem Zuhörer die Situationen aufzufinden
Sinfonia caracteristica — oder Erinnerung an das Landleben
eine Erinnerung an das Landleben
Jede Mahlerei, nachdem sie in der Instrumentalmusik zu
weit getrieben, verliehrt —
Sinfonia pastorella. Wer auch nur je eine Idee vom Land-
leben erhalten, kann sich ohne viele Ueber 'Schriften selbst
denken, was der Autor will —
Auch ohne Beschreibung ivird man das Ganze welches
mehr Empfindung als Tongemählde erkennen.
Bei einer Skizze zum letzten Satz ist bemerkt:
Ausdruck des Dankes. Herr, wir danken dir.
Die letzten vier Worte sind nicht so zu nehmen, als wenn sie
gesungen werden sollten. Sie sagen in anderer Form dasselbe,
was die ersten drei Worte sagen.
Wenn die Beobachtung von gewissen, in das Gebiet der
Töne hinüberspielenden Naturerscheinungen als im weitern
Sinne zur Geschichte der Pastoral -Symphonie gehörend ange-
sehen werden kann, so kann auch dieser i. J. 1803 gemachten
Aufzeichnung Beethoven's gedacht werden.
Murmeln der Bäche.
Andante mollo. 3Q
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Imo ♦ •* etc.
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2äo
je grösser der Bach je liefer der Ton —
Eine Aehnlichkeit mit der vorherrschenden rhythmischen Be-
wegung der Scene am Bach ist nicht zu verkennen. Man
kann sogar sagen, in der Aufzeichnung sei der Conception
jenes Stückes vorgearbeitet. Man würde aber zu weit gehen,
wollte man in der Aufzeichnung das Embryo zu jenem Satze
sehen und aus ihrem Vorkommen die Ansicht schöpfen, die
376
Idee, ein pastorales Instrumentalwerk zu schreiben, habe schon
zu jener Zeit in Beethoven geschlummert. Der Natur abge-
lauschte und der menschlichen Seele entströmte Töne — das
sind von Grund aus verschiedene Dinge. Jene Aufzeichnung
beweist, dass Beethoven ein aufmerksamer Beobachter des
Tonlebens der Natur war. Sie beweist auch, dass er bei der
Composition des zweiten Satzes der Pastoral-Symphonie nicht
realistisch verfuhr, denn er hat da eine andere Tonart und
Tonhöhe gewählt, als er oben verzeichnet hat. Die Frage
kann aufgeworfen werden, ob seine Beobachtung der Wirk-
lichkeit entspricht. Hat ein murmelnder Bach jenen Rhythmus
und jene Tonhöhe? In Betreff des Rhythmus kann nur eine
subjective Bestätigung erwartet werden.*) In Betreff der Ton-
höhe lässt sich auf Untersuchungen verweisen, die vor mehreren
Jahren in der Schweiz bei Wasserfällen angestellt wurden und
bei denen die von Beethoven verzeichneten Töne C und F
sich als zwei der hörbarsten herausstellten.**)
Nach einer Wiener Tradition und nach einer Mittheilung
Schindler's (Biogr. I, 154) soll die »Scene am Bach« an einem
Bache nahe bei Heiligenstadt entstanden sein. Die Tradition
verlegt die Scene in das von einem Bach durchflossene, durch
eine Anhöhe von Heiligenstadt getrennte, jetzt sogenannte
*) JHier kann an das bei der »murmelnden Quelle« in Händel's
»Acis und Galatea« LargheUo ^^ £jh
~ T~~g£~— erinnert werden.
herrschende Motiv
**) Nach den Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft iu
Schaffhausen hat Albert Heim wiederholt durch sachverständige Musiker
die Töne bestimmen lassen, welche die Wasserfälle durch das Auf-
schlagen auf Steine u. s. w. hervorbringen. Die Angaben, so wird be-
richtet, seien stets die gleichen gewesen. Stets wurde der C-dur-Drei-
klang (C, E, G) und daneben das tiefere, nicht zum Accord gehörende
F gehört. Dieses F hörte man sehr stark. »Es ist ein tiefer, dumpfer,
brummender, wie aus grosser Ferne klingender Ton, der um so starker
wird, je grösser die stürzende Wassermasse ist. Man hört ihn noch
hinter einer Bergecke oder hinter dichtem Walde, wo die andern Töne
nicht mehr wahrnehmbar sind. Neben dem F werden am meisten
C und G gehört. Das E ist sehr schwach und verschwindet dem Ohre
377
Beethoven -Thal, Schindler hingegen an den Bach, der von
Grinzing nach Heiligenstadt fliesst. In Schindlers Bericht ist
ein Widerspruch, zu dem Schindler, der hier als Begleiter
Beethoven's bei einem Spaziergange berichtet, bei seiner langen
Abwesenheit von Wien wohl verleitet werden konnte. Die
von ihm beschriebene Gegend ist eine andere, als die von
ihm genannte. Seine Beschreibung passt auf das Beethoven-
Thal. Beethoven wird zu ungestörtem Aufenthalte nicht eine
Stelle in der Nähe des die Ortschaften Grinzing und Heiligen-
stadt verbindenden Fahrweges, sondern das abgelegene, nur
von einem Fusspfad durchzogene, fast nur von Winzern be-
suchte Beethoven-Thal gewählt haben. In jener Ueberlieferung
kann nur das wahr sein, dass nur ein Theil des zweiten Satzes,
darunter wahrscheinlich die Scene am Bach im engeren Sinne,
die Stelle nämlich, wo Nachtigall, Wachtel und Kuckuck sich
vernehmen lassen, an jenem Orte concipirt wurde. Wäre der
ganze zweite Satz da entstanden, so müsste, da Beethoven,
wie die Skizzen beweisen, an allen Sätzen der Symphonie
gleichzeitig arbeitete, fast die ganze Symphonie da componirt
worden sein.
Nun mag noch Folgendes zur Mittheilung kommen. Im
Autograph der Symphonie findet sich für den Copisten die
Bemerkung:
NB. Die deutschen TJeberscliriften schreiben Sie alle in
die erste Violine.
bei kleinen Wasserfällen last, ganz. Diese Töne C, E, G und F wieder-
holen sich bei allem rauschenden Wasser, bei grossen Wasserfällen oft-
mals in verschiedenen Octaven. Bei kleinen Wässern hört man die
gleichen Töne, nur 1, 2, manchmal .'J Octaven höher, als bei starken
Wässern. Andere Töne sind nicht /.u finden. Bei ganz starken Wässern
ist F am leichtesten zu hören, bei allen schwächeren C. Diejenigen,
die zum ersten Mal Töne herauszufinden streben, erkennen meistens
zuerst C. Dass Wasser immer den C-dur- Akkord mit dem untern F
giebt, muss wohl tief in der Natur des Wassers begründet sein — und
wohl zugleich in der Luft, die das Aufschlagen der Tropfen mildert —
kann aber jedenfalls nicht im Gestein liegen, da die Töne dann am
reinsten und deutlichsten sind, wenn ein freier Wasserstrahl in ein
grosses Wasserbecken stürzt.«
378
Diese geschriebene Violinstimme ist erhalten. Sie wird im
Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien aufbewahrt.
Der da stehende Titel lautet:
Sinfonia Pastorella.
Pastoral - Sinfonie
oder
Erinnerung an das Landleben.
|: Mehr Ausdruck der Empfindung als Mahlerei :\
Der 1. Satz ist überschrieben:
Angenehme heitre Empfindungen, welche bey der Ankunft
auf dem Lande im Menschen erwachen. Allegro ma
non troppo.
Der 2. Satz:
Scene am Bach. Andante molto moto quasi Allegretto.
Der 3. Satz:
Lustiges Zusammenseyn der Landleute. Allegro.
Der 4. Satz:
Donner, Sturm. Allegro.
Der letzte Satz:
Hirtengesang. Wohlthätige mit Dank an die Gottheit ver-
bundene Gefühle nach dem Sturm. Allegretto.
Das waren also die ursprünglichen Ueberschriften. Die bei
der Herausgabe gewählten weichen davon etwas ab. Keichardt,
der bei der ersten Aufführung zugegen war, theilt (Vertraute
Briefe, I, 256) ein mit dem obigen im Wesentlichen überein-
stimmendes Programm mit.
XLI.
Skizzen zur Sonate Op. 22
treffen zusammen mit Arbeiten zu einigen Quartettsätzen.*)
Sie betreffen den ersten, zweiten und vierten Satz der Sonate.
Die zu den zwei ersten Sätzen können übergangen werden.
Sie kommen theils der gedruckten Form nahe, theils gewähren
sie in ihrer Abgerissenheit kein zusammenhängendes Bild.
Interesse bieten einige Skizzen zum letzten Satz. Das Thema
des Rondo hat einige Wandlungen durchmachen müssen, bis
es seine endgiltige Form und den ihm eigenthümlichen graziösen
Zug fand. Anfangs lautete es so:
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*) Vgl. den Artikel VII.
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macht sich im dritten Takt bei den Doppelschlägen eine un-
genaue Bezeichnung bemerkbar, die auch in den Druck tiber-
gegangen ist.
Zwischen Entwürfen zum Rondo (in der Nähe der zuletzt
mitgetheilten Skizzen) erscheinen Entwürfe
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381
zum ersten und zweiten Satz der Sonate für Pianoforte und
Violine in A-moll Op. 23. Es scheint, dass wir hier die ersten
Entwürfe zur genannten Sonate vor uns haben und, da sie
sich bald der endgiltigen Form nähern, dass Beethoven zur
Composition der zwei Sätze wenig Zeit gebraucht hat.
Auf der ersten Seite des Bogens, der die erwähnten
spätem Entwürfe zum Rondo in B-dur und die ersten Ent-
würfe zur Sonate Op. 23 enthält, findet sich eine Stelle von
6 Takten aus dem Adagio der Sonate für Pianoforte und
Hörn Op. 17. Aus der Beschaffenheit dieser Stelle und aus
der Handschrift ist zu entnehmen, dass Beethoven den Bogen
ursprünglich zur Reinschrift der Sonate Op. 17 bestimmt hatte.
Die Sonate wurde zum ersten Mal öffentlich gespielt am
18. April 1800 und kann, nach einer Mittheilung von Ferd.
Ries (Notizen S. 82) nicht lange vor diesem Tage fertig ge-
wesen sein. Daraus ergiebt sich, dass die Sonaten Op. 22
und Op. 23 im April 1800 noch nicht fertig waren. Die ersten
Arbeiten zur Sonate Op. 22 treffen, wie anderwärts bemerkt,
mit Arbeiten zu Sätzen der Quartette Op. 18 Nr. 1 und 6
zusammen, gehören also wahrscheinlich dem Jahre 1799 an.
Ende 1800 war die Sonate druckfertig. Die Jahre 1799 und
1800 sind also als ihre Compositionszeit anzunehmen. Die
Sonate Op. 23 mag ganz dem Jahre 1800 angehören.*)
*) Zu verweisen ist auf den Artikel XXVII.
XLII.
Skizzen zu den Ciaviervariationen über ein
Originalthema in G-dnr.
Die vorhandenen Skizzen sind ganz in der Art, wie die
zu andern ähnlichen Variationen. Beethoven schreibt das
Thema nieder und deutet von den Variationen, theils in Noten,
theils in Worten, nur die Anfänge oder die Art der Be-
wegung an.
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Coda
etc.
383
Wie überall, so ist Beethoven bei der Ausführung auch diesem
Entwürfe nicht ganz nachgekommen.
Der Anfang des Variationenthemas stimmt, was die Melodie
betrifft, nicht in Betreff der Tonart, mit dem Anfang des ersten
Zwischensatzes im Rondo der Sonate Op. 22 überein. Diese
Uebereinstimmung führt uns auf eine Ex-scheinung, welche die
Skizzen zu beiden Compositionen bieten. Die Skizzen zu den
Variationen linden sich bei Entwürfen zum letzten Satz des
Streichquartetts in G-dur (Op. 18 Nr. 2),
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8. W.
welche der endgiltigen Form ziemlich nahe kommen und also
die Arbeit zu diesem Quartettsatz ihrem Ende ziemlich nahe
zeigen. Einige der ersten Skizzen zum Rondo finden sich
zwischen Entwürfen zum letzten Satz des Streichquartetts in
B-dur (Op. 18 Nr. 6), in welchen die Arbeit zu diesem Quar-
tettsatz noch in ihrem ersten Stadium begriffen erscheint.*)
Das Quartett in G-dur ist von den sechs Quartetten Op. 18
der Entstehung, d. h. den ersten Entwürfen nach das dritte,
das in B-dur entweder das fünfte oder das sechste. Ver-
gegenwärtigt man sich nun noch, dass es Beethoven's Art war,
an verschiedenen Stücken gleichzeitig oder abwechselnd zu
arbeiten, dass mit dem Anfang einer Arbeit meistens die Fort-
setzung oder Beendigung einer früher begonnenen Arbeit ver-
bunden war, so kann man nicht zweifeln, dass zwischen der
Niederschrift jener Skizzen zu den zwei Quartettsätzen , also
auch zwischen der Entstehung jener zwei Ciavierstücke nicht
viel Zeit verfloss, dass hier eine Entlehnung Statt fand und
*) Vgl. die Artikel VII und XLI.
384
dass die Entlehnung wissentlich geschah. Von welcher Seite
die Entlehnung ausging, ob von dem Variationenthema oder
vom Rondo, ist schwer zu entscheiden. Beachtenswerth ist
auch das Verhältniss der Tonarten der betheiligten Stücke.
Die Skizzen zu den Variationen haben die Tonart der ihnen
benachbarten Skizzen zum Quartett in G-dur, die zum Rondo
die der sie umgebenden Skizzen zum Quartett in B-dur. Nach
der Umgebung in der die Skizzen zu den Variationen er-
scheinen, ist das Jahr 1800 als die Compositionszeit derselben
anzunehmen.
XLIII.
Die Musik zur »Weihe des Hauses«.
Bekanntlich hat Beethoven zu dem von Carl Meisl ge-
dichteten Festspiel »Die Weihe des Hauses«, mit welchem am
3. October 1822 das Josephstädter Theater in Wien eröffnet
wurde, ausser zwei neuen Stücken einen Theil der ungefähr
11 Jahre früher componirten Musik zu Kotzebue's »Die Ruinen
von Athen« benutzt. Die zwei eigens zur Eröffnung des
Theaters in der Josephstadt componirten Stücke waren die
Ouvertüre in C-dur Op. 124 und ein ungedruckter Chor in
B-dur (»Wo sich die Pulse« u. s. w.). Mit Hilfe der bisher
bekannten Berichte, Briefe u. dgl. aus der damaligen Zeit
lassen sich höchstens drei Stücke bezeichnen, welche aus den
»Ruinen von Athen« hinüber genommen wurden. Welche Stücke
aber sonst den »Ruinen von Athen« entnommen waren und
in welcher Folge sämmtliche Stücke gebracht wurden, das ist
noch nicht festgestellt worden. Die meiste Hoffnung, hierüber
Aufschluss zu erhalten, war an die Erlangung des Textbuches
geknüpft. Dieses ausfindig zu machen, ist gelungen, und es
lassen sich nun mit dessen Hilfe bis auf einige Punkte, welche
zweifelhaft bleiben, die Stücke der Reihe nach angeben, welche
in der »Weihe des Hauses« vorkamen. Der Text findet sich
gedruckt in dem von Carl Meisl herausgegebenen »Taschen-
buch vom K. K. priv. Theater in der Leopoldstadt. Zwölfter
Jahrgang. Wien 1825.«
25
386
In den vorhandenen, zur »Weihe des Hauses« gehörenden
Gesangstticken, nämlich im ersten Chor (»Folge dem mächtigen
Rufe«), im Chor 'mit Tanz (»Wo sich die Pulse«) und dann
in dem unter der Opuszahl 114 gedruckten Marsch mit Chor
(»Schmückt die Altäre«), stimmt der Text, wie ihn Beethoven
componirt hat, nicht ganz mit dem im Textbuch befindlichen
überein. Ferner wird in einigen Berichten über die Auf-
führungen der »Weihe des Hauses«, statt des im Textbuch
auftretenden Apollo, die Pallas oder Minerva genannt.*)
Hieraus ist zu schliessen, dass Meisl den Text so hat drucken
lassen, wie er ihn geschrieben hat und wie er ihn der Theater-
direction übergab, ohne die anlässlich der Auffuhrung vor-
genommenen Aenderungen zu berücksichtigen. Dass jedoch
die Textänderungen auf Beethoven's Musik im Ganzen, auf
die Wahl und Zusammenstellung der Stücke Einfluss gehabt
habe, lässt sich nicht voraussetzen. Wir lassen nun den Text,
wie er in erwähntem Taschenbuch gedruckt ist, mit An-
merkungen begleitet, folgen.
Die Weihe des Hauses.
Gelegenheitsstück in einem Aufzuge von Meisl.
Zum erstenmale aufgeführt den 3ten October 1823**), bei Eröffnung des
K. K. priv. Josephstädter Theaters.
*) Die »Wiener Zeitschrift für Kunst* vom 10. October 1822 be-
richtet u. A. : »Der Inhalt ist allegorisch .... In dieser Hinsicht er-
scheint Pallas dem vom Genius der Kunst begeisterten Mimen Thespis,
ermuntert ihn .... Der Schutzgeist Oesterreichs führt sie zur Weihe
... Mlle. Kaiser wirkte als Pallas durch imposante Haltung.« Vgl.
auch 8chindler's Biogr. H, 6.
Die *W ihe des Hauses« wurde an vier aufeinander folgenden
Abenden gegeben.
**) Schreib- oder Druckfehler. Es muss 1822 heissen.
387
Personen.
Apollo.
Thespis.
Ein Jüngling.
Ein Mädchen.
Die Grazie,
Der Tanz,
Das Lustspiel,
Die Satire,
Die Posse,
Die Parodie,
Das Melodram,
Priester.
Jungfrauen.
> personifizirt.
Erste Scene.
(Eine rauhe Gegend.)
Unsichtbarer Chor.*)
Folge dem mächtigen Rtife getrost!
Hieher! hiehevl
Hier winket dir Friede, es winkt dir Trost.
Hieher! hieher!
*) Eine von Beethoven revidirte Abschrift des folgenden Chors
befindet sich im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.
Der Text lautet, abweichend von dem obigen: »Folge dem mächtigen
Rufe der Ehre! Hieher, hieher! Geschwunden sind die Jahre der Rache.
Er ist versöhnt. Auf! Folge ! Hieher, hieher ! « Die Musik ist, abgesehen
vom Text, von Note zu Note ganz dieselbe, wie die zum ersten Chor
in den »Ruinen von Athen« (Tochter des mächtigen Zeus!). Dass der
Chor in dieser Fassung nicht zu den »Ruinen von Athen « gehört, zeigen
die Anfangsworte »Folge dem mächtigen Rufe der Ehre!«, welche nicht
an die in letzterem Stück auftretende Minerva gerichtet sein können.
Die im Meisl'schen Text vorgenommenen Aenderungen sind zum grossen
Theil aus musikalischen Gründen zu erklären. So eignen sich z. B. zu
den drei Noten
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HE
£
3=1
oder
m
m
25'
388
Thespis
(kommt mit einem Karren, auf dem die Attribute des Lustspiels, des
Schauspiels, des Gesanges und des Tanzes sichtbar sind).
Hieher rufen mich die Stimmen;
Ja — ich folg' euch ivohlgemuth. —
Müsst' ich Ströme auch durchschwimmen,
Müsst' ich Felsen auch erklimmen,
Sucht' ich doch mein höchstes Gut, —
Eine heit're Buhestätte,
Einen Tempel für die Kunst, —
Wo die Grossmuth und die Gunst
Sie zu ihren Schützern hätte.
Lang' irr' ich von Land zu Land;
lieber unermess'ne Wogen
Bin ich bis an diesen Strand
Aus der Ferne hergezogen. —
Unsichtbare Führer schritten
Mir ermunternd stets voran;
Und der Hoffnung gold'ne Leuchte
Goss ein Licht auf meine Bahn.
Hier bin ich. — Doch was ich schaue,
Zeigt mir nicht der Reise Ziel.
Diese Gegend — diese rauhe —
Sah wohl nie der Künste Spiel.
die Worte »der Ehre« besser, als das Meisl'sche Wort »getrost«. Wo
Beethoven den Meisl'schen Text beibehalten hat, da ist mitunter die
Textunterlegung nicht glücklich, so z. B. bei folgender Stelle:
&* ** v i rr-m
w
hie - her, hie - her!
Diese Beispiele zeigen, dass Meisl bei Verfassung des Textes auf die
vorhandene Musik Beethoven's nicht die gehörige Rücksicht genommen,
oder, was auf Eins hinaus kommt, den vorliegenden Kotzebue'schen Text
nicht genau genug nachgebildet hat. Die von Schindler (II, 7) mit-
getheilte Aeusserung Beethoven's über Meisl: »Zum Meissel ist er gut,
aber zum Bildner?! « — ist begreiflich. Erwähnte Abschrift ist zu Anfang
mit -Nr. 2« bezeichnet. Nr. 1 war die Ouvertüre.
389
Nimmer iveiss ich's mir zu deuten:
Meine Stimmen sind verhallt!
Soll ich bleiben? Vorwärts schreiten?
(Akkord.)
Zweite Scene.
"Voriger. Ein blonder Götterjüngling aus einer lichten Wolke.
Thespis.
Welche göttliche Gestalt!
Kommst du, unbekanntes Wesen,
Meine Zweifel mir zu lösen?
Apollo.
Muthig kämmst du hergezogen
Wohl aus einem fernen Haus,
Hast gekämpft mit Meer und Wogen,
Hast bestanden manchen Strauss.
Das Gefühl der Kunst im Busen
Trieb dich vorwärts immerdar;
Und dein Streben ward den Musen,
Den du huldigst, offenbar,
Und der Hoffnungssterne Schimmer
Leuchteten dir hell voran,
Und ich schützte dich ja immer
Bis zum Ziele deiner Bahn.
Thespis.
Find ich's hier?
Apollo.
Du willst verzagen? —
Wenig kennst du deine Kunst.
Diese Kunst aus grauen Tagen
Ist geschützt durch Göttergunst.
Gleich der Sonne dringt belebend
Sie durch jede Finsterniss,
Allerquickend — allerhebend —
Zaubert sie ein Paradies
390
Aus der umvirthbaren Wüste,
Aus der %mbewohnten Küste.
Aus den Felsen lockt sie Blumen,
Melodie aus dem Gestein.
Selbst den Sturm macht sie verstummen.
Nachtigallen flöten d'rein. —
(Unter diesen von einer fernen Harmonika begleiteten Worten erhellt
sich die Bühne mit einem rosigen Licht. Die rauhe Gegend verwandelt
sich in eine reizende Landschaft, die Felsen in Rosenbüsche etc.)
Thespis.
Welche Wunder — nie geahnet —
Seh ich rings um mich erstehn?
Welch ein Gott hat mich gemahnet,
Muthig auf zu ihm zu sehn? —
Wer bist du, verklärtes Wesen, —
Selbst die Kunst?
Apollo.
— — Ich bin Apoll!
Thespis.
Tief in meiner Seele lesen (beugt die Knie)
Kannst du meiner Wirfurcht Zoll.
Apollo.
Nicht sollst du die Kniee beugen,
Dieses ziemt dem Künstler nicht.
Freisinn — Kunstsinn sei ihm eigen:
Dann gelanget er an's Licht. —
Zwar bescheiden führ er immer
Seine Mängel in der Brust:
Stille steilen soll er nimmer, —
Vorwärts dringen stets mit Lust.
Nach dem Bessern muss er streben,
Bleibt sein Ziel gleich unerreicht.
Menschen ohne Seele kleben
Nur an dem, was nicht entweicht
391
Wenn er dann mit regem Eifer
Nur das BessWe hat gesucht,
Wird des Neides gelber Geifer
Nie vergiften seine Frucht. —
Thespis.
Jedes Wort sei dem Gemüthe
Unzerstörbar eingeprägt, —
Und des Kunstsinns zarte Blüte
Werde treu von uns gepflegt. —
Doch vergieb die Frage immer:
Soll im menschenleeren Hain
Wohl die Kunst mit ihrem Schimmer
Dieses todte Land erfreu' n? —
Herzen will die Kunst bewegen,
Freude zaubern in die Brust;
Mitgefühl muss Künste pflegen, —
Dann gewähren Künste Lust.
Unbewohnt scheint diese Gegend,:
Nenne mir den stolzen Strom,
Der, in Ruh sich fortbewegend,
Fest umgürtet diesen Dom?
Apollo.
Kennst du das Land,
Auf dem des Himmels Segen
Vom Anbeginne herrlich ruht?
Wo unter Traubenlast und Blüthenregen
Gedeihet Lust und Muth? —
Und das dem Adler gleich, der schützend es beschirmet,
Den Flug zur Sonne nahm, wenn auch die Hölle stürmet?
Kennst du den Strom, entsprungen deutschen Gauen,
Der deutschen Fleiss nach Stambul trägt,
Der dieses Landes blumenreiche Auen
Mit Muttersorge tränkt und pflegt, —
Der Ströme erster — der Nationen mild beimrthet —
Und der mein Oest er reich, wie seine Braut, umgürtet?
392
Kennst du die Stadt, an diesem Strom erbauet,
Die alte grosse Kaiserstadt,
Die einem Riesen gleich nach West und Süden schauet,
In der die Kunst poch Tempel hat? —
Die Donau ist der Strom, das Land mein Oesterreich,
Die Stadt das treue Wien — an jedem Vorzug reich!
Dahin — dahin —
Wo alle Künste blüh'n,
Sollst du, mein Zweifler, ziehen! —
Thespis.
Wohl erkenn ich die Aegide,
Unter der die Kunst gedeiht,
Wo der Kunstsinn, wo der Friede
Ihrer Zartheit Stützen beut,
Wo so manche zarte Pflanze
Sich zum Riesenbaum erstreckt,
Der jetzt in dem höchsten Glänze
Nur Bewunderung erweckt.
Doch, das eben macht mich zagen; —
Wie soll ich mit solchem Glanz
Unbescheidenen Wettstreit wagen?
Ringen nach dem Ehrenkranz?
Unter Tempeln hehr und prächtig
Bauen ein bescheidenes Haus?
Unter Künstlern stolz und mächtig
Wagen mich zum Kampf heraus?
Apollo.
Nicht mit Grossen sich zu messen,
Doch das Niedere zu verschmäh 1 n,
Magst du immer unvergessen
Eine MitteUtrasse gehn.
Ich will dir die Bahn bereiten,
Du betrete sie mit Muth!
Wo die Götter selbst dich leiten
Winket dir ein hohes Gut.
393
Deine Kräfte lass mich zählen,
Deine Mittel lass mich schau' n,
Dann icül ich das Bess're wählen,
Selbst dir deinen Tempel bau 1 ».
Thespis.
Ernst sei der Weihgesang,
Den ich dir zur Prob 1 erkoren.
Dritte Scene.
Ein Jüngling und ein Mädchen (idealisch gekleidet, kommen klagend). *)
(Ruinen von Tempeln werden sichtbar.)
Thespis.
Denn in Fesseln liegt seit lang
Dort die Kunst, wo sie geboren.
Wo sie blühend heimisch war,
Seufzt sie nur noch aus Ruinen.
Eingestürzt ist ihr Altar,
Muss zum Götzenopfer dienen.
Bei den Galliern, bei Germanen
Fand sie gastliches Asyl.
Dieses Bild vor uns zu bauen,
Zeigt das kurze Zwischenspiel.
Apollo.
Mit beredten wahren Bildern
Zeigtest du mir den Verfall.
Doch nicht alles sollst du schildern
Aus der Zeiten Wogenschwall.
*) Hier wurde offenbar das Duett (Ohne Verschulden) aus den
»Ruinen von Athen« eingelegt. Dass solches vorkam, geht aus den
Berichten der Zeitungen hervor. Die »Wiener Zeitschrift für Kunst«
vom 10. October 1822 sagt: »Wir können das treffliche Duett nicht
übergehen, das von dem jungen griechischen Paar (Mad. Ney und Hrn.
Kreiner) vorgetragen wurde.« Die Wiener allg. musik. Zeitung vom
Jahre 1822 nennt (S. 660) »ein Duett in G-moll«. Auch Schindler spricht
(II, 9) von einem »Duett zwischen Sopran und Tenor«.
394
Ewig wird die Kunst doch blühen,
Weil kein Schwert ihr Inn'res würgt.
Muss sie einen Schauplatz fliehen,
Ist's ein neuer, der sie birgt.
Bleiben wir in diesem Laude,
Das die Sonne mild erfreut,
Dein zum Segensunterpfande ,
Gott die reichsten Gaben leiht,
Wo so manches Edlen Wohnung
Gastlich sich den Künsten weiht,
Jedes Gute der Belohnung
Sich im reichen Maass erfreut,
Wo die Sittlichkeit die Weihe,
Tugend 's Bürgerrecht erwirbt,
Bei dem Volk, in dem die Treue
Für das Herrscherhaus nie stirbt.
Dieses Volk mit frohem Herzen, —
Frohsinn wohnt bei Sitte nur —
Dies vergnüg' mit Spiel und Scherzen,
Heimisch sei dir diese Flur.
Kommt herbei, Thaliens Sprossen,
Breitet eure Schwingen aus,
Zieht als freundliche Genossen
Ein in dieses neue Haus — (winkt).
Vierte Scene.
(Das Aeussere des Hauses.)
Vorige. Der Tanz und die Grazie (begleitet von ihrem Gefolge erscheinen
tanzend.)
(Tanz, an dessen Ende sich alles gruppirt.)
Der Tanz.*)
Wo sich die Pulse
Jugendlich jagen,
Schwebet im Tanze
Das Leben dahin.
*) Eine revidirte Abschrift des folgenden Chores befindet sich im
Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Der Anfang der
Singstimmen lautet:
3 95
Leicht ist die Freude,
Hüpfend die Jugend;
Frohsinn heisst tanzen,
Kriechen heisst Schuld.
Lasst uns im Tanze,
Das fliehende Leben
Neckend erhaschend,
Dem, Drucke entschweben.
Ist es im Herzen
Arglos und jung,
Ist selbst das Streben
Zur Ruhe ein Sprung.
Allegro höh tropjw.
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Wo,
wo sich die Pul - se ja
gend-lich ja -gen,
Der Text stimmt nicht ganz mit dem obigen überein. Zeile 4 bis 7
sind weggeblieben. Zwischen Zeile 22 und 23 sind die Verse eingefügt:
Lasset im Tanze
Glühendes Leben
Fröhlich entfalten
Mit heiteren Sinnen.
Jugend und Liebe —
Göttergefühle.
Jugend muss tanzen,
Ihr winket Freude.
Mögen die Alten,
Mögen sie schleichen,
Uns rufet Freude
Zu fröhlichen Tänzen.
Jugend und Frohsinn
Pflücken die Blumen,
Winden sie alle
Zu festlichen Kränzen.
Aufgeführt wurde der Chor, wohl zum erstenmal seit 50 Jahren, am
23. März 1873 in einem Gesellschafts-Concert in Wien.
396
Grazie.
Paart sich dem Tanze
Die Anmuth im Blicke,
In den Geberden
Die Grazie mild,
Wird es ein Bild
Des verschönerten Lebens.
Lasset uns tanzend
Blumen hier pflücken
Und mit Entzücken
Gönnern sie streu'n.
(Kurzes Solo, nachdem sich alles rechts gruppirt.)
Apollo.
Du Lustspiel sollst uns jetzt erscheinen,
Zu scherzen ist ja deine Pflicht
Wenn Tanz und Grazie sich vereinen,
Verschmäh' auch die Posse nicht.
In einigen neueren Schriften wird der Chor als »Schlusschor« be-
zeichnet. Diese falschliche Bezeichnung scheint von einer geschriebenen
Notiz Leop. Sonnleithner's ausgegangen zu sein.
Beethoven schreibt am 27. Februar 1823 an Erzherzog Rudolph u. a.:
»Dass E. K. H. mir aber allzeit gegenwärtig, beweisen die hier folgenden
Abschriften einiger Novitäten, welche schon mehrere Monate für E. K. H.
bereit gelegen.« Die übersandten Novitäten waren: der obige Chor, die
Ouvertüre Op. 124 und der für Hensler, den Director des neuen Joseph-
städter Theaters, componirte Gratulations-Menuet (gedruckt bei Artaria
und später bei Breitkopf & Härtel). Wir bemerken dieses, weil in den
Briefsammlungen, welche den Brief Beethoven's aufgenommen habeo,
die Vermuthung auf andere Compositionen Beethoven's gelenkt wird
und der Brief nicht die richtige Jahreszahl bekommen hat. — Die Ab-
schrift der Ouvertüre ist von Beethoven's Hand überschrieben: »Ouver-
türe zur Eröffnung des Josephstädter Theaters am 3ten Oktober 1823«,
die des Chors: »Geschrieben gegen Ende September 1823 — aufgeführt
am 3ten Oktob. im Josephstädt. Theater«, die der Menuett: »Gratu-
lations Menuett von L. v. Beethoven im November 1823«. Beethoven
hat allen drei Stücken eine falsche Jahreszahl (1823 statt 1822) bei-
gesetzt. Der Schreibfehler ist zu erklären, wenn man annimmt, dass
er die Abschriften um die Zeit überschrieb, als er sie dem Erzherzog
schickte.
397
Fünfte Scene.
Vorige. Das Lustspiel (Arm in Arm) mit der Satire, mit der Posse und
mit der Parodie (die halb einen ernsthaften, halb komischen Charakter
darstellt). *)
Seht Thaliens Erstgebornen,
Fröhlich jauchzend steht er hier.
Ihre Liebe wird ihn spornen;
Streben wird er für und für,
Ihre Liebe zu erheitern,
Ihre Herzen zu erweitern.
Jeder Gram soll da entweichen,
Wo er seinen Zepter hebt.
Stirnen furchen, Haare bleichen
Soll kein Gram, da wo er lebt.
Satire.
Diese Geissei in der Hand
Will ich, die Satire, schwingen, —
Nicht verwunden, bessern nur,
Mit der Thorheit will ich ringen.
Mein Gebiet ist jede Flur,
Auf der irgend Menschen wohnen;
Sachen wohl, doch nie Personen,
Geisselt meine Laune nur.
Parodie.
Auch die ernsten Gestalten
Wandle ich zu Frohsinn um.
Lasst mich arglos immer walten,
Ich entweih' kein Heiligthum.
Scherzen will ich, verletzen nie,
Eure Sclavin Parodie.
*) Die folgenden Worte werden wohl vom »Lustspiel« gesprochen
und mag solche Ueberschrift beim Druck vergessen sein.
398
Sechste Sceiie.
Das Melodram und der Gesang-.
Apollo.
Melpomenens Hochgestalten
Wohnen zwar in Herrlichkeit
Dort, wo diese Kunst der Alten
Ihr den schönsten Tempel weiht..
Polyhymniens Gesänge
Wiegen, wie mit Zauberei 1 n,
In dem Dome süsser Klänge
Aller Hörer Herzen ein.
Doch das weiche Herz zu rühren
Durch der Wahrheit ernsten Schein,
Ist auch dir vergönnt. — Drum führen
Sie sich schwesterlich hier ein.
Von den Alpen tönen Lieder,
Aus der Hütte tönt der Sang.
Diese schallen hier auch wieder; —
Ohne Anspruch sei ihr Klang.
In des Busches grünen Grüften
Klagt die Nachtigall und flieht.
Doch in Gottes freien Lüften
Singt die Lerche auch ihr Lied.
Lass Gesang und Tanz sich einen,
Ernst paar' mit Frohsinnn sich —
Und dein Tempel soll erscheinen.
Folge und erkenne mich]
(Akkord.)
399
Siebente Scene.
(Ein prächtiger Tempel mit 4 Altären, in deren Fussgestell zu lesen ist:
Lustspiel — Tanz — Melodram — Gesang, — mit Thaliens, Melpome-
nens, Terpsichorens und Polyhymniens Bildnissen geschmückt.)
Priester und Jungfrauen treten ein.
Priester.*)
Schmückt die Altäre!
Jungfrauen.
— — — Sie sind (je schmückt.
Priester.
Pflücket Rosen!
Jungfrauen.
— — — Sie sind gej)ftückt.
Priester.
Harret der Kommenden!
Jungfrauen.
— — — Wir sind bereit.
Alle.
Wir sind, bereit.
Oberpriester.**)
Es wandelt schon das Volk im Feierkleide
Und füllt die Strassen und frohlockt.
Auch mich, den Greis, in dessen Eingeweide
Nun lange schon das träge Blut gestockt,
*) Der Text zum folgenden Chor ist bis auf zwei Zeilen, welche
Meisl übersehen haben mag, dem Kotzebue'schen nachgeschrieben. In
Beethoven's Composition, unter der Opuszahl 1 14 gedruckt, ist der Text
weiter ausgeführt.
**) Die folgenden 16 Zeilen finden sich, wenige Wörter ausgenommen,
gleichlautend bei Kotzebue. Selbstverständlich trat dazu auch das in den
»Ruinen von Athen« (Partitur S. 59) unter der Ueberschrift »Musik
hinter der Scene« vorkommende begleitende Instrumentalstück.
400
Auch mich hat heut die seltne hohe Freude
Dem nie verlassenen Sorgenstuhl entlockt;
Und in dem schönen, frohen Augenblicke
Griff ich noch einmal nach bestaubter Krücke.
Und sieh! Wie mich der Kindheit Träume wiegen,
Erkenn 1 ich kaum die alte Vaterstadt;
Palläste sind mit Pracht emporgestiegen,
Wo einst der Knabe öden Sand betrat.
Das Gute musste sich zum Schönen fügen,
Es keimte überall die reiche Saat;
Sie schoss empor in tausend üppigen Halmen,
Sie steht beschattet von den Friedenspalmen.
Recitativ.*)
Mit reger Freude, die nie erkaltet,
Wird uns die Zukunft offenbar;
Denn wo mit hohem Ernst die Muse sittlich waltet,
Da opfert auch der Weise gern auf ihrem Altar.
Was, mit dem Schicksal kämpfend, grosse Seelen litten,
Das hat Melpomene uns warnend aufgestellt,
Indess Thalia, wachend über die Sitten,
Zu ernsten Lehren muntern Spott gesellt.
Wohlthätig wirkt der Musen geistig Spiel;
Der Sterblichen Verehrung ist ihr Ziel.
Chor.
Wir tragen empfängliche Herzen im Busen,
Wir geben uns willig der Täuschung hin.
Drum weilet gern, ihr holden Musen,
Bei einem Volke mit offe?iem Sinn.
*) Von hier an bis zu den Worten »Er ist's, wir sind erhört« ist
der Text, einige Zeilen ausgenommen, welche verändert sind, gleich-
lautend bei Kotzebue. Das dazu gehörende Musikstück war also das in
den »Ruinen von Athen« (Part. S 82 bis 104) unter Nr. 7 vorkommende
Recitativ mit Arie und Chören.
401
Oberpriester.
Will unser Genius noch einen Wunsch gewähren,
Durch eines Volkes fromme Bitten bewegt,
0, so erhebt sich zwischen diesen Altären
Sich noch ein dritter, der sein Bildniss trägt.
Der Schutzgeist dieses Reiches zeige,
Uns schirmend, sich — mit seiner Huld!
Apollo.
Vater Zeus! gewähre ihre Bitte!
(Donnerschlag. In der Mitte steigt auf einem Prachtaltare Oesterreichs
Genius empor, kennbar an den Farben und an der Aufschrift des Altars
— Oesterreichs Schutzgeist, sich stützend auf das Wappenschild von
. Dieses ist von grünen Lorbeerzweigen umwunden. Zu seinen
Füssen ruht ein schlummernder Löwe, auf dem ein Adler seine Fittige
ausbreitet. Der ganze Tempel wird plötzlich transparent. Opferflammen
entzünden sich.)
Chor.
Er ist's! Wir sind erhört!
Apollo.
Beschirmt von der mächtigen Aegide,
Die wir vor uns mit süsser Liebe schaun,
Komm in das tiefbewegte Herz der Friede!
Ihm und der Gönner Huld kannst du vertraun.
Das Gute zu erringen, niemals müde,
Musst du mit Kraft an der Vollendung bau'n,
Und Schwächen, die sich, in dem Baue finden,
Mit festem Sinn, mit Starkmuth überwinden.
Ihr alle aber, die ihr hier im Stillen
Den Weihaltar der Künste treu umsteht,
Vernehmt durch mich der Götter festen Willen
Und den Beschluss, der hier an euch ergeht:
Sie wollen eure Wünsche alV erfüllen,
Erhören euer inneres Gebet,
Den Ruhm des Vaterlandes euch erhalten;
Die Künste werden dann wohl nie veralten.
26
402
Chor.*)
Heil unserm Kaiser! Heil! Heil!
Vernimm uns, o Gott!
Dankend schwören zvir aufs Neue
Alte österreichische Treue
Bis in den Tod!
(Grosses Tableau.)
Die zur »Weihe des Hauses« gehörenden Stücke waren
auf Grund des Textbuches und mit Einschluss der Ouvertüre,
welche unmittelbar vor dem Vorspiel gespielt wurde, der Reihe
nach folgende:
1) Ouvertüre in C-dur Op. 124,
2) erster Chor aus den »Ruinen von Athen« mit ver-
ändertem Text,
3) Duett aus den »Ruinen von Athen« (Part. S. 32),
4) Chor »Wo sich die Pulse« (ungedruckt),
5) Marsch mit Chor Op. 1 14 (Umarbeitung der 6. Nummer
der »Ruinen von Athen«),
6) Musik hinter der Scene aus den »Ruinen von Athen«
(Part. S. 59),
7) Recitativ, Chor und Arie mit Chor aus den »Ruinen
von Athen« (Part. S. 82 bis 104) und
8) Schlusschor aus den »Ruinen von Athen«.
Von diesen 8 Nummern sind 6 den »Ruinen von Athen« ent-
nommen. Von den zur letzteren Musik gehörenden Nummern
fehlen, ausser der Ouvertüre, zwei: der Derwischchor und der
türkische Marsch. Wären diese dabei, so bestände die Musik
zur »Weihe des Hauses« aus 10 Nummern. Nun giebt Beet-
hoven selbst 10 Nummern als Bestand dieser Musik an. Er
schreibt am ß. October 1822 an seinen Bruder Johann in einem
die »Weihe des Hauses« betreffenden Briefe: »Ausser den
*) Die folgenden Schlusszeilen sind denen Kotzebue's nachgebildet.
Die dazu tretende Musik war also der Schlusschor aus Beethoven's
"Ruinen von Athen«.
403
2 Nummern die sie (die Verleger Steiner u. Comp.) schon
haben, sind noch 8 Nummern: die Ouvertüre und 7 andere
Nummern«. Später bemerkt er, dass in der »Weihe des Hauses«
ausser der Ouvertüre »2 Nummern bloss Instrumentalmusik«
vorkommen. Diese Zahl 10 kann nur durch Heranziehung:
des Derwischchores und des türkischen Marsches voll gemacht
werden. Andere Stücke sind nicht vorhanden. Durch den
türkischen Marsch würden auch die »2 Nummern blos Instru-
mentalmusik« vollständig werden. Das Textbuch kann uns wegen
der Einfügung der Stücke keine Schwierigkeiten machen. Sie
würden, ähnlich wie in den »Ruinen von Athen«, nach dem
Duett zwischen dem Griechen und der Griechin einzulegen
sein. Wo Griechen sind, durften Türken nicht fehlen. Das
Bild von dem gedrückten Zustande der Griechen, das Thespis
dem Apollo vorführt, würde, ohne einen Einblick in die tür-
kische Wirthschaft zu geben, nicht vollständig. So weit hat
unsere Vermuthung einen sichern Boden, ja, sie steigert sich
zur Gewissheit. Es machen sich aber einige andere Dinge
geltend, die das Eine oder Andere in Frage stellen. Wir
rechnen hierzu den im Textbuch am Schluss der 1. Scene vor-
geschriebenen »Akkord« und die in der 2. Scene geforderte
Begleitung »einer fernen Harmonika«. Ob Beethoven diese
Begleitung componirte und ob sie verloren gegangen ist, ob
sie vom Theaterdirector besorgt wurde, ob sie wegfiel u. s. w.
— das muss dahingestellt bleiben. Bedenken kann auch eine
alte Abschrift des Chors »Wo sich die Pulse« machen, in
welcher dieses Stück mit No. 4 bezeichnet ist, eine Bezeichnung,
welche nur passt, wenn Derwischchor und türkischer Marsch,
aber auch jener vorgeschriebene »Akkord« und die Begleitung
der Harmonika wegfallen. Alle Bedenken könnten vielleicht
gehoben werden, wenn sich der alte Theaterzettel vorfände.
Schindler erzählt (Biogr. II, 7), Beethoven habe im Sep-
tember 1822, als der neue Chor (»Wo sich die Pulse«) vollendet
und nun eine Ouvertüre zur »Weihe des Hauses« zu schreiben
war, auf einem Spaziergange zwei Motive zu einer Ouvertüre
notirt, von denen das eine im freien, das andere, ein Fugen-
Motiv, im strengen und zwar im Händel'schen Styl auszuführen
26
*
404
sei; auf Beethoven's Frage habe er (Schindler) den Wunsch
freÄussert, das letztere Motiv ausgeführt zu sehen, und Beet-
lioven habe auch dieses Motiv der Ouvertüre zu Grunde ge-
legt. Diese Erzählung ist glaublich. Sie findet, was das
Wesentliche betrifft, ihre Bestätigung in den Skizzen.
Das erste Stück von der Musik zur »Weihe des Hauses«,
das Beethoven in Augriff nahm, war der Chor »Wo sich die
Pulse«. Zwischen den Skizzen zu diesem Chor erscheinen
Ansätze zu einer Ouvertüre, welche Beethoven verworfen hat
und von denen einer so
Overtura. Allegro.
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lautet; ferner Andeutungen verschiedener Art, welche auf eine
Beschäftigung mit dem Text zur »Weihe des Hauses« schliessen
lassen. Nach Beendigung des Chors kommen Arbeiten zu einer
Ouvertüre in C-dur. Zwischen einer Anzahl von unzusammen-
hängenden Stellen, zu denen folgende nur auf den -Einleitungs-
satz der Ouvertüre zu beziehende Entwürfe gehören,
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aus welchem zu ersehen ist, dass der jetzige Einleitungssatz
der Ouvertüre Op. 124 mit einem uns unbekannten Hauptsatz
verbunden werden sollte. Das war also die zuerst geplante
Ouvertüre. Das dem Hauptsatz zu Grunde liegende Thema
hatte anfangs, in einer abgebrochenen Skizze eine etwas andere
Fassung.
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Beethoven lässt nun die Arbeit zu diesem Hauptsatz liegen,
nicht aber die zu jenem Einleitungssatz. Eine neue Arbeit
macht sich bemerkbar. Es wird ein neues Thema aufgestellt,
408
in dem wir alsbald das Thema des Allegro-Satzes der Ouvertüre
Op. 124 erkennen. Einige von den ersten Versuchen, welche
Beethoven mit diesem Thema angestellt hat, mögen hier stehen.
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Später zeigen sich Andeutungen zur Durchführung des Themas.
Der Einleitungssatz zur früheren Ouvertüre wurde mit hinüber
genommen zur neuen Arbeit, und so hat die Ouvertüre Op. 124
einen Einleitungssatz bekommen, der ursprünglich für ein
anderes Werk bestimmt war.
XLIV.
*
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1804.
Das hier vorzunehmende Skizzenbuch ist für die Geschichte
der Oper »Leonore« in ihrer ersten Bearbeitung (vom Jahre 1805)
von Wichtigkeit. Der erste, der diese Wichtigkeit erkannt
und in diesem Sinne, wenn auch kürzer, als es hier geschehen
soll, darüber berichtet hat, ist Otto Jahn.*) Das Skizzenbucli
ist zum grössten Theil angefüllt mit Arbeiten zu den letzten
Stücken des ersten und zu allen Stücken des zweiten Aktes
jener Oper. Es bildet, wie es vorliegt, einen starken Band
in Querformat mit 346 Seiten und mit 16 Notenzeilen auf der
Seite. Ursprünglich bestand es aus zwei, genauer gesagt: aus
dem zweiten und dritten von vier ihrem Inhalt nach zusammen-
gehörenden Skizzenbüchern, von denen das erste, das Arbeiten
zum ersten Drittel der »Leonore« enthalten haben muss, und
das vierte, in dem die in dem vorliegenden Buch nicht be-
endigte Arbeit zum zweiten Finale und zur Ouvertüre fort-
gesetzt sein muss, verloren gegangen sind. Beim Binden des
Buches sind Blätter verbunden worden und sind Blätter hinein
gerathen, die nicht dazu gehören. Richtig gebunden und mit
Auschluss der nicht dazu gehörenden Blätter würden die Seiten
so aufeinander folgen: Seite 23—26, 1—22, 27—182, 187—198,
203—338. Zwischen Seite 26 und 1 fehlen Blätter. Die
zwischen S. 182 und 187, ferner die zwischen S. 198 und 203
liegenden Blätter gehören nicht zum Skizzenbuch und sind hier
*) »Gesammelte Aufsätze über Musik«, S. 242 f.
410
von einer Betrachtung ganz auszuscheiden. Auch die letzten
vier Blätter (S. 339 his 346) gehören nicht zum eigentliche!]
Bestände des Skizzenbuches. Da sie jedoch Aufzeichnungen
und Andeutungen zu Aenderungen enthalten, die nachträglich
an mehreren Stücken der »Leonore« vorgenommen wurden, so
können sie in unserer Betrachtung nicht übergangen werden.
Das eigentliche Skizzenbuch, das also mit Seite 23 beginnt
und mit Seite 338 aufhört und in dem die bezeichneten Blätter
als nicht vorhanden zu betrachten sind, ist auf Grund einiger
Erscheinungen, die theils bei der Beschreibung eines andern
Skizzenbuches zur Sprache gebracht sind*) und denen wir
theils hier begegnen werden, zum grössten Theil in das Jahr 1804
zu setzen.
Der Besitzer des Skizzenbuches ist Ernst Mendelssohn.
Bartholdy in Berlin.
Aus einigen Skizzen geht hervor, dass die Oper nach dem
Textbuch, welches Beethoven bei seiner Arbeit in Händen
hatte, aus 2 Akten bestand. Aufgeführt wurde sie zuerst in
3 Akten. Wir folgen der Eintheilung in 2 Akte, und das ist
dieselbe Eintheilung, welche bei der Aufführung der Oper in
ihrer zweiten Bearbeitung (im Jahre 1806) gemacht wurde.
Abgesehen von nachträglichen Aenderungen u. dgl. hat
Beethoven die Gesangstücke der Oper in der Reihenfolge vor-
genommen, in der sie im Textbuch v. J. 1805 stehen.
Bei Skizzen, welche sich auf ganze Abschnitte des Textes
oder auf ganze Stücke erstrecken und welche sich oft lange
fortspinnen, hat Beethoven in der Regel nur die obere Hälfte
einer Seite benutzt. Diese Art des Skizzirens hatte ihren
guten Grund. Die leer gebliebene untere Hälfte war zur Auf-
nahme späterer Aenderungen bestimmt.
Erinnert kann noch daran werden, dass eine vollständige
Partitur der ersten Bearbeitung der Oper nicht vorhanden ist.
Wir sind auf die zwei vergriffenen, von Beethoven selbst
herausgegebenen Ciavierauszüge der zweiten Bearbeitung, auf
P'in Ski/zenbuch von Beethoven aus dem Jahre 1803.« Leipzig,
Breitkopf a. Härtel, 1880.
411
den von 0. Jahn herausgegebenen Clavierauszug und auf einige
zerstreute Ueberlieferungen und Schriftstücke beschränkt.
Wir nehmen die Skizzen so viel als möglich in chrono-
logischer Ordnung vor, beginnen also mit Seite 23.
Zuerst ercheinen (S. 23) Entwürfe zum Duett zwischen
Leonore und Marzelline im ersten Akt der »Leonore« (»Um
in der Ehe froh zu leben«). Die Entwürfe gelten nur einzelnen
Stellen des Textes und kommen der gedruckten Fassung wenig
nahe. Eine grössere Skizze kommt nicht vor. Beethoven muss
die Arbeit an einem andern Orte und wahrscheinlich auf im
»Skizzenbuche fehlenden Blättern fortgesetzt haben. Später
(S. 68) erscheint eine Skizze, aus der hervorgeht, dass das
Duett (in seiner ursprünglichen Gestalt) inzwischen fertig ge-
worden war. Die Skizze ist »fine« tiberschrieben und bezieht
sich auf den von der letzten Wiederholung des Hauptthemas
beginnenden Schluss.
Es folgen nun Arbeiten zum ersten Finale. Zuerst kommen
(S. 24) einige abgebrochene Entwürfe
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303
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zum Anfang des Gefangenen-Chors. Eine Aehnlichkeit mit der
gedruckten Fassung haben sie nicht. Ein darauf folgender
Entwurf
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o wel - che Lust,
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che Lust
P
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te
^s£=^
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412
kommt derselben insofern näher, als die Anfangsworte eine
Seeunde höher wiederholt werden. Die daneben angedeutete
Begleitung beweist, dass Beethoven noch nicht an das jetzige
Begleitungsmotiv dachte, von dem bekannt ist, dass es früher
zum Anfang des letzten Satzes des Clavierconcertes in Gr-dur
verwendet werden sollte.*) Die nun folgenden Skizzen bringen
es. Beethoven schreibt (S. 25) folgenden Anfang,
• (•• T f T T' -f-
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wel-che Lust, o wel-che Lust, o rvel-che Lust, den A-them
und nicht weit davon ist das Begleitungsmotiv
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angedeutet. Es folgen einige grössere Skizzen, die sich der
gedruckten Fassung immer mehr nähern. Einige Schwierigkeit
scheinen die Worte »in freier Luft« u. s. w. gemacht zu haben.
Man sehe hier (S. 26) den Anfang der ersten Skizze
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u. s. w.
in frei-er Luft den A - tlxem frei zu he - hen
*) Siehe »Beethoveniana« S. 13.
413
und dann (S. 4 und 22) diese Stellen aus der zweiten und
dritten Skizze.*)
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in frei-er Luft
u. s. w.
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u. s. w.
Bevor der Gefangenen -Chor in den Skizzen fertig war,
wurden auch die folgenden Auftritte des Finale angefangen.
Zuerst erscheinen (S. 32 bis 37) der Reihe nach kleine, zu-
sammenhangslose Entwürfe zu den Worten: Erst hat er mich
gelobet — Ich bin es nur noch nicht gewohnt — Wir müssen
gleich zum Werke schreiten — Ich soll das Grab des Gatten
graben — Heute, noch heute? — So säumen wir nun länger
nicht — Dann gehen wir schon beide — Entfernt euch jetzt
u. s. w. Beethoven hat einen Theil dieser Bröckel in eine
grosse Skizze (S. 38 bis 44) aufgenommen, welche so anfängt
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Ent- fernt euch jetzt! JSitn, könnt ihr
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ei - len ?
ihr könnt ja mor - gen län - ger hier ver-
rvei - len.
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u. s. w.
Nun sprecht, wie ging's.
und bei den Worten »Ja wir gehorchen schon« abbricht. Eine
Uebereinstimmung mit dem Druck zeigt sich nur bei einzelnen
Stellen in der ersten Hälfte der Skizze. Die zweite Hälfte
*) Die in obiger Wiedergabe beigefügten Kreuze zeigen den Ort
des Eintritts der ausgezogenen Stellen an.
414
hat das Auffallende, dass in ihr im Ganzen derselbe Modu-
lationsgang beobachtet ist, wie im Druck. Sowohl Skizze als
Druck bringen die ersten Worte des zweiten Auftritts »Wir
müssen gleich zum Werke schreiten« in Es-dur, die letzten
Worte »Wir folgen unsrer strengen Pflicht« ebenfalls in Es-dur,
die ersten Worte des folgenden Auftritts »0 Vater, eilt!« in
C-moll, und die letzten Worte »Ja wir gehorchen schon« auf
der Dominante von D-moll. Die Themen oder Melodien aber,
welche diesen Worten gegeben sind, lauten in der Skizze ganz
anders als im Druck. Da nun die Hauptpunkte jenes Modu-
lationsganges auch in den nächstliegenden Skizzen beibehalten
werden, so kann man wohl fragen, ob das absichtlich und mit
Kücksicht auf den verschiedenen Charakter der Tonarten ge-
schah, oder nicht.
Es hat etwas Mühe gekostet, für die Worte »Noch immer
zaudert ihr« u. s. w., mit denen Pizarro den letzten Auftritt
des Finale eröffnet, den geeigneten Ausdruck zu treffen. Die
verschiedensten Ansätze finden sich dazu. In der vorhin er-
wähnten grossen Skizze lautet die Stelle
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Noch immer zaudert ihr, noch immer seid ihr
hier? Ihr müsst — Nicht mehr ein Wort — weil ihr — fort, fort,
u. s. w.
anders, als in einigen später folgenden Skizzen, z. B. in dieser
(S. 78),
415
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seid ihr hier. Ihr müsst — Nicht mehr ein Wort —
wo die den ersten Worten gegebene Melodie sich mehr für
einen plaudernden Buffo eignet, als für einen Gebieter und
Wtitherich, wie Pizarro es ist. Auch zu den Vorspielen, welche
Pizarros Kommen begleiten, und zu den Worten, mit denen
er sich etwas später an die Soldaten wendet, finden sich die
verschiedensten Ansätze. Einmal (S. 56)
U. 8. W.
wird Pizarros Solo durch ein marschartiges Vorspiel und gleich
darauf, zwei Zeilen später,
5ggE£ §
Auf
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-1— *—
U. 8. W.
euch, auf euch nur will ich bau - en,
mit abgebrochenen Läufen eingeleitet.
Viele Stellen des Finale haben im Skizzenbuch ihre ge-
druckte Fassung gefunden. Zu den Ausnahmen gehört eine
Stelle, bei der wir an eine Erzählung Schindlers erinnert
werden. Derselbe berichtet (Biogr. I. S. 132), Beethoven habe,
um den Sänger Meier, der 1805 den Pizarro gab, von seinem
416
grossen Selbstvertrauen zu curiren, eine Stelle in seiner Rolle
angebracht, die an sich leicht, aber deshalb schwer zu singen
war, weil jede zu singende Note von den mitgehenden Streich-
instrumenten mit einem langen Vorschlag der Secunde begleitet
war, und es sei denn auch der Sänger durch diese »spanischen
Eeiter« aus dem Sattel gehoben worden. Schindler giebt seine
Quelle nicht an. Augenzeuge konnte er nicht sein. So wie die
Stelle im Skizzenbuch (S. 56) lautet,
9&
t
m^m=±=±£m
Bald wird sein Blut ver - rin - nen, bald krümmet sich der Wurm
u. s. w.
konnte der Sänger nicht irre geführt werden, denn da hat
auch die Singstimme die Wechselnoten, die im Druck nur die
Begleitung hat. Da nun die gedruckte Version nicht im
Skizzenbuche vorkommt, so beruht sie offenbar auf einer
spätem Aenderung, und insofern kann Schindler's Erzählung
glaublich erscheinen. Wir glauben aber, dass Beethoven einen
andern und zwar einen künstlerischen Grund zur Aenderung
gehabt hat und dass er die widerhaarigen Noten für den
unbeugsamen Charakter Pizarros geeignet hielt; denn wie wäre
es sonst zu erklären, dass er die Stelle so drucken liess, wie
er sie angeblich des Sängers wegen änderte.
Zwischen den Skizzen zum Finale kommen vor: Arbeiten
zum zweiten Satz der Sonate in F-dur Op. 54, zum Tripel-
concert Op. 56, zur ersten Hälfte des letzten Aufzugs der
»Leonore« von der Introduction an bis zum Quartett, ferner
zur Arie Marzellinens und zu Rocco's Arie im ersten Aufzug
der »Leonore«. Wir nehmen diese Stücke der Reihe nach vor.
Zum letzten Satz der Sonate Op. 54 entwirft Beethoven
(S. 8 bis 10) eine ziemlich grosse Anzahl zusammenhangsloser
Stellen, in deren Reihe das Hauptmotiv und andere benutzte
Motive zum Vorschein kommen. Dann folgt (S. 12, 13 und
18 bis 21) eine auf den ganzen Satz sich erstreckende Skizze;
in welche jene einzelnen Stellen grösstenteils aufgenommen
sind. Die Skizze entspricht bis auf einige Stellen der ge-
417
druckten Form. Zu Anfang ist als Tempo: »Moderato«, später
(da wo jetzt »Piü allegro« steht): »Presto« angegeben. Der
zweite Theil wird nicht wiederholt. Andere bemerkenswerthe
Abweichungen von der gedruckten Form finden sich bei zwei
Stellen. Die erste Abweichung betrifft den ziemlich im Anfang
des zweiten Theils vorkommenden chromatischen Bassgang.
Derselbe ist in der Skizze*)
u. s. w.
länger als im Druck. Vielleicht ist der Grund der Kürzung
eben in jener Länge und der damit verbundenen Einförmig-
keit zu suchen. Die zweite Abweichung betrifft einen gegen
die Mitte des zweiten Theils vorkommenden Gang, dessen
ursprüngliche Fassung
*) In obiger Wiedergabe ist die fortgehende Figuration der rechteu
Hand gekürzt und deren harmonischer Kern, so weit er anzugeben ist,
durch Ziffern angedeutet.
27
418
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u. s. w.
zwar im Druck nicht gekürzt, aber doch zu Gunsten einer
grösseren Reichhaltigkeit seines figurativen Inhalts geändert
wurde. Beethoven hat dadurch, dass er ein aus dem Haupt-
thema gewonnenes, etwas später deutlicher auftretendes Motiv
heranzog, die Stelle mehr in Verbindung mit ihrer Umgebung
gebracht. Aus der Stellung, welche die Skizzen zum Sonaten-
satz haben, geht hervor, dass der Satz begonnen und beendigt
wurde, bevor der Grefangenen-Chor fertig war.
Bevor der Sonatensatz in den Skizzen fertig war. wurde
auch am zweiten Satz des Tripelconcertes Op. 56 gearbeitet.
Auch diese Arbeit beginnt (S. 14) mit der Aufzeichnung kleiner,
unzusammenhängender Stellen. Die meisten derselben sind
auf die Bildung des Themas, einige auf die Ueberleitung zum
dritten Satz gerichtet. In einer bald darauf (S. 15) erscheinen-
den grösseren, auf den ganzen Satz sicli beziehenden Skizze
finden wir die ineisten von jenen durcheinander stehenden
Stellen in richtiger Folge und etwas verändert wieder. Beet-
hoven hat in der Skizze dem Satze vier einleitende Takte
gegeben, die im Druck weggeblieben sind. Die Melodie weicht
an mehreren Stellen von der gedruckten Form etwas ab. In
später (S. 140, 199, 206, 306) vorkommenden Skizzen, von
denen eine mit »Adagio« bezeichnet ist, wird die gedruckte
Form nahezu erreicht.
419
Ueber die Skizzen zu den zwei andern Sätzen des Tripel-
concertes, die das Skizzenbuch (S. 17, 69, 97, 214 u. s. w.)
bringt, ist wenig zu sagen. Bemerkenswert ist nur, dass
Beethoven daran dachte, eine Cadenz eigener Art im letzten
Satz anzubringen. Nach einer Skizze (S. 142) sollte es eine
>Cadenza fugato« über oder mit einem »Point d'orgue« werden.
Eine andere Aufzeichnung (S. 214), die uns aber nicht ganz
verständlich ist, lautet:
Cadenza i?n Rondo colli stromenti <li fratto sempre sos'enendo come mm
»,r prrr f i^
fantasia.
Aus der Stellung sämmtlicher Skizzen zum Concert geht hervor,
dass es noch nicht fertig war, als Beethoven am zweiten
Finale der »Leonore« arbeitete.*)
Aus den Skizzen zum Anfang des zweiten Aufzugs der
Oper ergiebt sich, dass ursprünglich gleich mit dem Recitative*
Florestans begonnen werden sollte. Erst später kam Beethoven
auf den Gedanken, demselben eine kurze Introduction vorher-
gehen zu lassen. Einige der ersten Skizzen zum Recitativ
finden sich hier (S. 87).
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Wie man hier sieht, sollte ein jetzt nur in der Introduction
verwendetes Motiv ursprünglich im Recitativ vorkommen. Aus
sämmtlichen Skizzen, sowohl zum Recitativ als zur Introduction,
*) Das Concert wurde begonnen 1803 und erschien 1807.
27*
420
lässt sich kein Ganzes herstellen, und in ihnen wird, abgesehen
von zwei Instrumental-Motiven, von denen eines in der vorhin
gebrachten Skizze zu finden ist, keine Uebereinstimmung , mit
den gedruckten oder überhaupt bekannten Bearbeitungen er-
reicht. Wenn aus den vorkommenden Skizzen eine Bearbeitung
hervorging, so ist letztere verloren gegangen. Als sicher müssen
wir annehmen, dass die Bearbeitung, welche als die älteste
gilt und aus der 0. Jahn in seinen Aufsätzen über Musik
(S. 252) ein Stück mittheilt, später und nicht vor 1805
entstand.
Sehr zahlreich sind die Skizzen zur Arie Florestans. Diese
Arie sollte, wie sich aus dem Skizzenbuche ergiebt, ursprüng-
lich aus drei Th eilen bestehen.
Der erste Theil der Arie ist in etwas kürzerer Gestalt,
als er im Skizzenbuch erscheint, in die Ciavierauszüge über-
gegangen. Er hat viel Mühe gekostet. Die Arbeit wird mit
einer grossen Anzahl kleiner, abgebrochener Skizzen begonnen
und in grösseren, zusammenhängenden Skizzen fortgesetzt. Von
den kleinen und sich nur auf die Anfangsworte beziehenden
Skizzen sind diese (S. 82 und 86)
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ist dasGlückvonrnir (je -{lohn
einige der ersten. In der letzten von diesen Skizzen scheint
der Anfang der gedruckten Melodie nahezu gefunden zu sein.
In Wirklichkeit ist er es aber noch lange nicht; denn Beet-
421
hoven fängt an zu schwanken und kommt bei sein n Ver-
suchen auf ganz andere und unbekannte Fassungen. Dem
Anfang einer solchen fremden Melodie werden wir später
begegnen.
Der zweite Theil sollte ein Moderato in F-dnr mit
obligater Flöte werden und diese Textworte
Ach, es waren schöne Tage.
Als mein Blick an deinem hing.
Als ich dich mit frohem Schlage
Meines Herzens fest umfing!
bekommen. Er ist nicht in den Druck übergegangen. Wir
setzen den Anfang einer Skizze (8. 107) her.
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Tu - f/e als mein Blick an dei-
Der dritte Theil, wie er im Skizzenbuche vorkommt, stimmt
den Noten nach im Ganzen genommen mit dem zweiten Theil
der Arie in der Bearbeitung vom Jahre 1806 übereil), nicht
aber dem Text nach, denn dieser beschränkt sich im Skizzen-
buch auf die Worte:
Mildre, Liebe, deine Klage.
Wandle ruhig deine Bahn.
Sage deinem Herzen, sage:
Florestan hat recht grethan.
422
Eine Skizze (S. 158) beginnt so:
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Mil-dre, Lie-be, dei - ne Kla-ge, man- die
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Flo - re - stan
Auf den ersten Blick muss man der Ansicht werden, dass die
Melodie sich für den Text, zu dem sie erfunden ist, mehr
eignet, als für den, den sie im Druck bekommen hat.
Von dem Vorhandensein eines Manuscriptes, in dem die
Arie in der projectirten dreitheiligen Gestalt ausgeführt ist, ist
nichts bekannt worden. Dass dieselbe in den Skizzen ganz
liegen geblieben sei, ist nicht gut denkbar. Wenn Beethoven
später durch Gründe zu einer andern, kürzeren Fassung ver-
anlasst wurde, so können das nur solche gewesen sein, die
mit der Darstellung oder Aufführung zusammenhingen. Es
konnte geltend gemacht werden, dass ein aus einem Recitativ
und einer so langen Arie bestehender Sologesang der Rolle
des bis auf den Tod geschwächten Florestan nicht gemäss sei
und die Handlung unnöthig aufhalte. Andeutungen zu einer
Kürzung und zu einer andern, als zu jener dreitheiligen
Fassung der Arie finden wir im Skizzenbuche, so weit wir es
hier zu betrachten haben, nicht. Die von Ferd. Ries (Biogr.
Nachrichten S. 105) mitgetheilte Erzählung Röckel's, der 1806
den Florestan gab, die Arie hätte »bei der ersten Bearbeitung
mit dem Adagio im f-Takt aufgehört«, der Sänger habe vier
Takte hindurch das hohe F auszuhalten gehabt u. s. w., be-
stätigt sich nicht. Wenn an dieser Geschichte etwas Wahres
ist, so kann dasselbe nur auf eine spätere Bearbeitung bezogen
werden.
423
Der Arie Florestans sollte ein Melodram folgen. Dasselbe
findet sich (S. 320) vollständig entworfen vor. Hier der Anfang.
Tiocco: (setzt seine Laterne auf die Höhe des Vorsprungs,
und das Theater erhellt sich zur Hälfte.)
- Hier unter diesen Trümmern ist die Zisterne,
J^ von der ich dir gesagt habe. Wir brauchen
nicht tief zu graben, um an die Oeffnung
zu kommen.
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Das darin verwendete Instrumental - Motiv ist dem Duett im
ersten Finale Wir müssen gleich zum Werke schreiten- ent-
nommen.*'
Von Interesse ist auch ein Entwurf (S. 311).**)
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del Jdo atto ?* —
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*) Die Ciavierauszüge haben das Melodram nicht
**) In obiger Wiedergabe ist der Entwurf an mehreren Stellen gekürzt.
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der alle Stücke vom Anfang' des Aktes an bis zum Duett
zwischen Leonore und Rocco im Zusammenhang zeigt. Die
Introduction, welche die Skizze zu Anfang bringt, ist sehr kurz
imd lautet anders als in früheren Skizzen. Florestans Arie
hat die dreitheilige Form. Die fremde Melodie, welche die
ersten Worte des ersten Theils der Arie bekommen haben,
ist auch in andern Skizzen gepflegt worden.
Beim Duett zwischen Leonore und Rocco hat Beethoven
einen ziemlich langen Weg machen müssen, um einen den
Worten und der Situation gemässen Ausdruck zu finden. Zu-
erst werden (S. 82 f.) in kleinen Skizzen einzelne Stellen des
Textes vorgenommen. Die meisten von diesen Skizzen sehen
aus wie prosodische Uebungen, wo es gilt, die Satztheile auf
verschiedene Weise zu trennen und bald dieser, bald jener
Sylbe den Accent zu geben. Eine Skizze
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Nur hurtig fort
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bringt zu den ersten Worten Roccos eine Melodie, welche mit
geringer Aenderung später Leonore zu den Worten »Ihr sollt
ja nicht zu klagen haben« bekommen hat. Anklänge an diese
Melodie kommen auch in andern Skizzen vor. Hier und da
425
taucht in den Skizzen ein Begleitungsniotiv auf. Eines der
vorkommenden Motive wird (S. 114 f.) zu einer grossen, bei-
nahe auf das ffanze Duett sich erstreckenden Skizze verwendet.
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Dann kommen wieder metrische Versuche, und ein bei dieser
Arbeit gefundenes Begleitungsmotiv giebt (S. 118) ebenfalls
Anlass zu einer grossen Skizze.
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u. s. w. bis
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Von den vielen kleinen, nicht weiter benutzten Skizzen sind
einige (S. 83, 113, 116)
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kurtig
wegen der in ihnen aufgestellten Begleitungsniotive be-
raerkenswerth.
Wir betrachten die bisherige Arbeit zum Duett als eine
noch in ihrem ersten Stadium stehende. Unser Augenmerk
ist dabei besonders auf zweierlei Dinge gerichtet: auf die
Begleitungsmotive, denen hauptsächlich die Charakterisirung
der Situation übertragen war, und auf die Behandlung der
Textworte. Von den zu grösseren Skizzen benutzten Be-
gleitungsmotiven wird man nicht behaupten können, dass der
unheimliche Ton. den das Stück verlangt, in ihnen getroffen
sei, und eine mehr oder mindere Geeignetheit zu solcher
Charakterisirung wird man höchstens bei zweien oder dreien
der in den zuletzt angeführten kleinen Skizzen vorkommenden
Motive rinden. Was den Text betrifft, so hat Beethoven in
den bisherigen Skizzen die Worte Leonorens eben so behandelt,
wie die Roccos, d. h. er hat beide im Ausdruck nicht unter-
schieden. Es ist aber klar, dass Leonore und Rocco mit ver-
schiedenen Gedanken und Empfindungen bei der Arbeit be-
schäftigt waren, dass die innerlieh erregte, mit ihrem Plan
der Rettung beschäftigte Leonore anders singen musste, als
der nur mit der aufgetragenen Arbeit beschäftigte Rocco. Li
den nun folgenden Skizzen ist eine Schwenkung bemerkbar.
Das Begleitungsmotiv wird fortan (S. 119 f.)
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U. 8. W
Nur hur-tig
in Triolen aufgestellt, und allmählich bildet sich auch das
kurzathmige Motiv des Contrabasses so, wie wir es kennen.
Damit waren für die Begleitung die geeigneten. Ausdrucks-
mittel gefunden. Fortan wird auch der Text anders behandelt.
Die Rollen werden verschieden aufgefasst. Die Worte Roccos
nehmen, so z. B. hier (S. 122),
Nur huriig
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iVt*/' hurtig
es
den Gesprächston an, und die Kolle Leonorens wird tiber-
wiegend melodisch gehalten.
Die Arbeit wird nun in vielen Skizzen fortgesetzt, in
denen jedoch die gedruckte Lesart nicht an allen Stellen er-
reicht wird. In letzterer Beziehung lassen sich die ersten
zwei Takte des Duettes anführen, welche Rocco zu singen
hat und welche an keiner Stelle des Skizzenbuches so lauten
Avie im Druck.
Aus den vorkommenden Skizzen ist noch Einiges heraus-
zuheben. Ein bereits mitgetheiltes Begleitungsmotiv wird
(S. 122) zu einer grossen, auf das ganze Duett sich erstreckenden
Skizze benutzt, welche so
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anfängt und in der einige Stellen
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M/r hurtig
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wegen der in ihnen angebrachten Tonmalerei bemerkenswert!)
Mnd; zuerst die Stelle mit dem steigenden Bassgang, der sechs
Takte hindurch das Heben des Steines begleitet, und dann die
gleich darauf folgenden, durch Halbpausen unterbrochenen
A (forde, die ebenfalls ihre symbolische Bedeutung haben.
Was das für eine Bedeutung ist, darüber giebt eine andere
Skizze Aufschlüge. Im Textbuch ist nach den Worten »Es ist
429
nicht leicht«, wo Leonore und Rocco vom Heben des Steines
ermüdet scheinen, bemerkt: ;>Sie holen Athem«. Beethoven
hat, realistisch genug, dieses Athemholen auszudrücken ver-
sucht. Er schreibt (S. 162):
» .
rr
-0~
-&-
Athemholen
ff Athemholen
Und damit erklärt sich auch die frühere Stelle. Im Druck ist
weder von dieser, noch von der früher vorkommende!! Malerei
etwas zu sehen.
Die ersten Skizzen zu dem dann folgenden Terzett (S. 85)
stehen in F-dur und zeigen keine Aehnlichkeit mit der ge-
druckten Form. Die eigentliche Arbeit beginnt später (S. 156 f.).
Die hier gewählte Tonart ist A-dur. Die Skizzen weisen bald
bekannte Züge auf und kommen schliesslich von den ge-
druckten Bearbeitungen der in Jahn's Ciavierauszug S. 183 f.
stehenden am nächsten. In dieser Arbeit haben wir den Fall
vor uns, dass überall nur einzelne, aus dem Zusammenhang
des Textes gerissene Stellen durcheinander und jede wieder-
holt vorgenommen werden. Eine auf das ganze Duett oder
auf einen beträchtlichen Theil des Textes sich erstreckende
Skizze kommt nicht vor. Dazu kommt, dass, abgesehen von
einzelnen Abweichungen, sich beinahe das ganze Terzett durch
die vorkommenden Skizzen belegen lässt. Diese Erscheinung
ist der Beantwortung einer Frage günstig, welche sich bei
andern abgerissenen Skizzen mit weniger Sicherheit beant-
worten lässt, nämlich der Frage: hat Beethoven bei solcher
Methode des stückweisen Arbeitens einen Modulationsplan vor
Augen gehabt? Das Skizzenbuch bejaht diese Frage, wie sie
denn auch, wenn sie apriorisch gestellt würde, zu bejahen
wäre. Es würde zu umständlich sein, das Gesagte durch
Beispiele zu beweisen. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass
Beethoven bei einzelnen Stellen geschwankt hat und später
von seinem ursprünglichen Plan abgegangen ist. Ein solcher
Fall kann vorgelegt werden.
430
Im Druck geht die Modulation an der Stelle, wo Leonore
von Rocco die Erlaubniss erwirkt, Florestan ein Stückchen
Brot geben zu dürfen, von F-moll über Cis-moll (eigentlich
Des-moll) mit enharmonischer Verwechslung nach C-dur. Das
ist ein gewaltsamer, gezwungener Uebergang, der aber hier,
wo Leonore mit Rocco 's eigenen Worten »Es ist ja bald um
ihn gethan« auf den gutmtithigen Mann eindringt und ihn zur
Nachgiebigkeit bewegt, an rechter Stelle ist. Der Zug würde
seine symbolische Bedeutung verlieren, wenn z. B. die Modu-
lation von F-moll gleich nach C-dur geführt würde. Im
Skizzenbuch kommt die Stelle viermal vor. In den zwei
ersten Fassungen (S. 174 u. 176)
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u. s. w.
hat sie nichts Herbes, und erst in den zwei späteren Skizzen
(S. 204) hat sie in ihrem mit der gedruckten Fassung überein-
stimmenden Modulationsgang auch das Scharfe bekommen.
Beethoven ist also auch auf diesen Zug nicht gleich anfangs
gekommen. Wir nehmen an, er habe sich die im Text vor-
gezeichnete Situation immer mehr vergegenwärtigt und sei
dann durch das Unnatürliche, das jene Worte in Leonorens
Munde haben und das nur aus ihrer Zudringlichkeit zu er-
klären ist, bewogen worden, ihnen jenen scharfen Ausdruck
zu geben.
Erwähnenswerth ist, dass die Worte Florestans »0 dass
ich euch nicht lohnen kann«, welche im Druck (wo z. B. das
unwichtige Wort »dass« einen guten Takttheil und die längste
431
Kote bekommen hat) prosodisch nicht gut ausgedrückt sind,
im Skizzenbuch (S. 172) in einer Fassung vorkommen,
£«5
3t— i
=*3?
9^
V— ^T
dass ich
n mehr als ich
in der jener Fehler vermieden ist.
Dem Schluss des Terzettes gilt eine Bemerkung (S. 188),
Nel terzetto gegen das Ende immer mehr pianissimo
welche auch befolgt worden ist.
Zu dem nun folgenden Quartett wird (8. 84, 133 u. s. w.)
in verschiedenen Tonarten angesetzt, in Es-dur, G-moll und
A-moll. Erst dann (S. 208) wird die Tonart D-dur aufgestellt
und wird in kleinen und grossen Skizzen (S. 208 bis 297)
die gedruckte Form bei den meisten Stellen ganz oder an-
nähernd erreicht. Betvachtenswerth sind die Skizzen zu zwei
Stellen, nämlich zu der Stelle, wo Leonore sieb als Florestaus
Weib zu erkennen giebt, und zu der, wo sie Pizarro die
Pistole vorhält.
Die erste Stelle erscheint zuerst (S. 209) in diesen
Fassungen.
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— i — i-
t
-
Tii dt erst sein Weib! Weib!
A-\ K i 1 —
1
1=1
Er soll hr . slra-fet
sem.
i ,
Sä
-<9-
->".
tiF=t
Weib!
Ja sieh hier Lc - o - no - re
432
Man sieht, Beethoven ist (bei dem Worte »Weib«) mit wenig
Schritten von einer milden Dissonanz zu einem scharf disso-
nirenden Accord gekommen, imd dieser Accord wird, mit
enharmonischer Verwechslung 1 zweier Töne, nach H-moll ge-
führt Nun werden andere Behandlungen des gefundenen
Accords versucht. Hier (S. 215)
£4. tu. 4L
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w
Tödt erst sein Wei.
Mein
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Sein Weib?
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pp-
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Weib
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Ja sieh hier Le - - no - re. Ich bin sein
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Sein Weib
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=*=*£
^
W 7 ^. CV - schrvo-ren hab ich ihm Trost, Ver - der - ben dir.
u. s. w.
wendet sich die Modulation bei der Auflösung nach Gis-moll
(eigentlich As-mollj, und hier (8. 220)
§
ä
fa
'S
Tödt erst sein Weib
Z^=^i
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Vi-
Ja sieh hier Le - o - no - re.
Ich bin sein
433
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£
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ZEZII
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Weib, ge - schrvo-ren hob ich ihm Trost, Ver
-de
der -beii dir.
u. s. w.
£
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icA &m $*tn ff>*7>
?=F
fei
U. 8. W.
Trost
zunächst wieder nach H-moll, dann (in der Variante) nach
D-moll. Wir können uns die verschiedenen Versuche nicht
ohne die Annahme erklären, dass Beethoven über die nächst-
liegenden zulässigen Auflösungen des Accords reflectirt hat.
Bei der andern Stelle ist Beethoven nicht gleich, sondern
allmählich auf das Ausdrucksmittel des rhetorischen Accents
gekommen. In der ersten Skizze (S. 210)
ftf f f,P
v v *
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V — w-
^y§H
w
Noch ei - nen Laut, und du bist
todt.
*=*
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3^0
# — #
S
•tw-
u. s. w.
behandelt er das wichtige Wort »todt« gleichgiltig, indem er
ihm einen Secundenschritt abwärts giebt. Später (S. 210
und 219)
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£
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£
t^i»;
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V V /-
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Noch ei - neu Laut
28
434
wird das Wort durch einen Terzen- und zuletzt (S. 223)
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Noch ei - neu Laut
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£
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^S>
: u 1/
^^j
/>« bist ge-ret-tet, grosser Gott
u. s. w.
durch einen Sextensprung aufwärts hervorgehoben.
Der Schluss des Quartetts ist im Skizzenbuch verschieden
angegeben. Ein Schluss erfolgt in der Haupttonart. Eine
später geschriebene Version (S. 224)
ö
# — #
$Sr L ¥—
+-*-+
dient zur Ueberleitung in das folgende Recitativ. Bemerkens-
werth ist noch, dass die schöne Melodie in B-dur, welche in
den vorhandenen Bearbeitungen die Flöten nach dem ersten
Trompetensignal haben, im Skizzenbuch nicht vorkommt. Sie
muss später und vermuthlich während oder nach der Com-
position der zweiten Ouvertüre eingelegt worden sein.
Dass Beethoven die schon im Jahre 1803 entworfene
Arie Marzellinens hier nochmals vornahm, lässt schliessen, dass
er mit der früheren Arbeit nicht zufrieden war.*) Die hier
vorkommenden Entwürfe sind verschieden. Zuerst erscheint
(S. 89) ein Ansatz, aus dem (S. 90) eine grössere Skizze
hervorgeht, die mit Benutzung einer Variante so anfängt
f ff m-
Jh
m^tf^ ^
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war ich schon
u. s. w.
") Siehe »Ein Skizzenbuch von Beethoven aus dem Jahre 1803«, S. 67.
435
und die der in Jahn's Ciavierauszug S. 173 f. stehenden Be-
arbeitung so nahe kommt, dass man von den gedruckten Be-
arbeitungen die genannte der Entstehung nach für die zweite
halten muss.*) Später (S. 146 und 147) erscheinen zwei voll-
ständige Entwürfe,
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war ich schon
u. s. w.
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Ö /i>«r icä sc/ion
u. s. w.
von denen es nicht bekannt ist, ob Beethoven sie ausgeführt
hat. Man muss das Gegen theil vermuthen, wenn man sieht,
dass er gleich darauf (S. 147)
Vi-
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£
K-V-
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3=£
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(V war /c/j ii/ton
-de
und-
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auf eine frühere Bearbeitung zurückkommt.**) Später (S. 149)
erscheinen Andeutungen
tutti
2temal
2temal Voce
U. 8. W.
*) Die erste von den gedruckten Bearbeitungen ist die in Jahn's
Ciavierauszug S. 178 f. vorkommende.
**) Es ist die in der vorigen Randnote angeführte Bearbeitung.
Nur ist die Tonart geändert. Obige Skizze steht in C-dur, und die ge-
druckte Bearbeitung fängt in C-moll an und geht später nach C-dur.
28*
436
zur Begleitung der Arie, welche von den vorhandenen Be-
arbeitungen am ehesten derjenigen angehören können, welche
in einer in der königl. Bibliothek zu Berlin befindlichen, in
Jahn's Ciavierauszug S. IG f. benutzten Abschrift erhalten ist.
Zur Arie Rocco's findet sich (S. 92) ein Entwurf,
5
4A4-
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-+-P-
-^
&
Hat man nicht auch Gold
u. s. w.
von dem nicht bekannt ist, ob Beethoven ihn ausgeführt hat.
Bald darauf (S. 95) erscheint eine Aufzeichnung,
acc.
nicht
fc#
T 7» T -
aus der sich entnehmen lässt, dass die Arie, wie sie gedruckt
ist, nahezu oder ganz fertig war. Hat Beethoven bei der
Begleitungsfigur, auf deren Aenderung die Skizze abzielt, an
die Bewegung der Finger beim Geldzählen gedacht?
Zwischen den Arbeiten zur ersten Hälfte des zweiten
Aktes der »Leonore« erscheinen auch Entwürfe zu dem Liede
/An die Hoffnung« Op. 32, zur Sonate für Pianoforte in F-moll
Op. 57 und (S. 205) zu einem unbekannten Marsch.
Auf das Lied »An die Hoffnung« beziehen sich (S. 151
bis 157) fünf grosse, meistens vollständige und eine ziemlich
grosse Anzahl kleiner, abgebrochener Skizzen, von welch
letzteren diese
:> ß -
*
£
^=3t
Die du so gern in heil - f/en Nächten fei - erst
die erste ist. Eine Uebereinstimmung mit der gedruckten
Form wird nur an einigen hervortretenden Stellen erreicht.
Wir halten die Skizzen für eine Vorarbeit. Einige Zeit musste
437
noch vergehen, bis die endgiltige Fassung gefunden wurde.
Die Skizzen wurden während der Arbeit am Terzett im zweiten
Akt der »Leonore« geschrieben.*)
Von der Sonate in F-moll erscheint (S. 182, 187 bis 198
und 203) zuerst der erste Satz. Das Hauptthema ist (S. 182)
gleich gefunden.
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Die Stelle mit den Trillern scheint Bedenken erregt zu haben.
Beethoven schreibt sie anders.
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An den vierten Takt dieser Skizze anknüpfend wird nun
(S. 182) die Arbeit bis zum Anfang des zweiten Theils fort-
gesetzt.
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>) Das Lied erschien im September 1805.
438
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u. s. w.
Ein wichtiger Bestandtheil, der Mittelsatz in As-dur, ist
noch nicht gefunden. Ueberhaupt wird die parallele Dur-
Tonart nicht berührt. Die Skizze kommt ans dem Moll nicht
heraus. Das Stürmische und Düstere herrscht. Das Milde
fehlt und mit ihm der Contrast. Zunächst wird nun in einer
Skizze, die wir übergehen, der Anfang der vorigen Skizze
geändert und wird damit der Hauptsatz seiner endgiltigen
439
Form näher geführt. Eine dann folgende grosse, bis zum
Anfang des zweiten Theils reichende Skizze (S. 192), von der
wir den 22. bis 34. Takt hersetzen.
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bringt in einer Variante den Mittelsatz in seiner ursprüng-
lichen Fassung. In einer später geschriebenen Skizze (S. 190)
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fr-tr-r-r
J.I/J * >^
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U. 8. \V.
440
klärt sich auch der Schlusssatz, jedoch mit Ausnahme seines
Anfangsmotives, das auch hier noch nicht, wie im Druck,
wiederholt wird. Von der Wiederholung dieses Motives auf
gleicher Stufe hing die Ausbildung des Anfangs des Schluss-
satzes ab. In allen früheren Skizzen wird der Schlusssatz mit
zwei zweitaktigen , in der zuletzt angeführten mit zwei drei-
taktigen und im Druck mit zwei vier taktigen Abschnitten er-
öffnet. Die gedruckte Fassung kommt im Skizzenbuch nicht
vor. Das ist auch eine von den vielen Stellen, von der man
meinen sollte, sie könnte von Anfang an nicht anders gewesen
sein, als sie jetzt ist. Die übrigen Skizzen gelten meistens
dem zweiten Theil und dem Schluss. Sie kommen der
endgiltigen Fassung noch weniger nahe, als die zum ersten
Theil. Der zweite Theil scheint einige Mühe gemacht zu
haben. Dies lässt sich schon daraus schliessen, dass Beet-
hoven einige Zeit (S. 187 bis 197) Versuche mit einem Nach-
ahmungsmotiv
P ^^S ^S
Jr-+
S3
u. s. w.
angestellt hat, das im zweiten Theil verwendet werden sollte,,
aber nicht zur Verwendung kam. Bei der Gedrungenheit und
Einheitlichkeit, die der zweite Theil im Druck zeigt, ist
schwer einzusehen, wie und wo das Motiv angebracht werden
sollte. Der Schluss des Satzes ist verschieden angegeben und
jedesmal kürzer gehalten, als im Druck.
Die Arbeit zum zweiten Satz der Sonate (S. 190 bis 195)
beschränkt sich fast nur auf die Andeutung einiger Reihen
Variationen. Von jeder Variation ist, wie man z. B. in der
zuletzt vorkommenden Reihe (S. 195)
441
simplicc
lmo 4
senza repetizione
sehen kann, nur der Anfang und das zu Grunde liegende
Figuralmotiv angegeben. Das Thema selbst kommt vollständig
nicht vor, kann also früher fertig gewesen sein. Auch dieser
Satz hat seine endgiltige Form im Skizzenbuch nicht gefunden.
Der letzte Satz sollte (S. 191) ursprünglich so
ultimo pezzo
8,
*-+^**^-+ ++*-.r^* *■■+■*■*■+■■* *■*■■*
anfangen. Bald darauf (S. 191 bis 197) erscheinen einige ab-
gebrochene Entwürfe, welche nur der Ueberleitung vom zweiten
zum dritten Satz gelten und von denen einer (S. 191)
1 \4 * — ^
r
442
an die letzten Takte der letzten Variation anknüpft und in-
mitten des zweitaktigen Hauptmotivs des letzten Satzes ab-
bricht, ein anderer jenes Hauptmotiv ungekürzt bringt u. s. w.
Skizzen, die über dies Hauptmotiv hinausreichen, eigentliche
Skizzen zum Finale kommen nicht vor. Zu beachten ist die
Stellung der angeführten Skizzen. Jene verworfene Skizze
(»ultimo pezzo«) zum Anfang des letzten Satzes steht auf den
zwei obersten Systemen derselben Seite, auf deren unteren
Systemen Entwürfe zum zweiten Satz und zur Ueberleitung
in den dritten Satz durcheinander eingetragen sind. Es ist
also unzweifelhaft, dass jener verworfene Anfang früher ge-
schrieben wurde, als die darunter vorkommenden Skizzen.
Hieraus ergiebt sich, dass das Finale während der Arbeit an
den Variationen und an einem andern Orte, wenn nicht fertig,
so doch angefangen worden war.*)
Eine andere Nachbarschaft giebt Anlass zu einer Ver-
muthung. Als die Sonate in F-moll angefangen wurde, war
das Duett »Nur hurtig fort, nur frisch gegraben« noch in der
Arbeit begriffen. Das Begleitungsmotiv war ungefähr 50 Seiten
früher gefunden. Eben jene pochende Triolenbewegung mit
ihren wiederholten Achtelnoten spielt auch im ersten Satz der
Sonate eine Rolle, und da ist die Möglichkeit nicht auszu-
schliessen, dass ein Einfluss der einen Arbeit auf die andere
stattgefunden und die Beschäftigung mit der einen zur Ent-
stehung der andern beigetragen hat.
Wir gelangen nun zu den zwei letzten Nummern der
Oper, nämlich zum Recitativ und Duett zwischen Leonore und
Florestan und zum zweiten Finale.
*) Nach einer Erzählung von Ferd. Ries (Biogr. Not. S. 99) wurde
das Finale in Döbling concipirt. Beethoven wohnte in Döbling im
Sommer 1803 und 1804; 1805 wohnte er in Hetzendorf. Das demnach zu
wählende Jahr der Composition kann nur 1804 sein. In Thayer's Biographie
(Bd. 3 S. 158) steht, Beethoven habe die Sonate Op. 57 im Herbst 1806
componirt. Dass das nicht richtig sein kann, geht, abgesehen von dem
Ergebniss, das sich an Ries' Mittheilung knüpft, sowohl aus der Nähe der
(25 Seiten früher vorkommenden) Skizzen zu dem i. J. 1805 erschienenen
Liede »An die Hoffnung« , als aus der Nähe der (S. 187 bis 189 und 204 ff.
vorkommenden) »Skizzen zu Stücken aus der Oper »Leonore« hervor.
443
Jenes Recitativ hat Beethoven (S. 230 bis 236) viermal
vollständig' und einmal unvollständig entworfen. Jeder Ent-
wurf lautet anders. Der erste Entwurf beginnt so:
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u. s. w.
Ich kann mich noch nicht fas - sen
Erst in der letzten Skizze
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u. s. w
ist eine theilweise Uebereinstimmung mit dem Druck be-
merkbar.
Beim Duett selbst nimmt Beethoven (S. 227 bis 242)
zuerst einzelne Stellen des Textes vor. Später erscheinen
grössere Skizzen, die das Stück der in Jahn's Ciavierauszug
S. 194 stehenden Bearbeitung ziemlich nahe bringen. Be-
kanntlich hat Beethoven zum Hauptthema eine ursprünglich
für die i. J. 1803 begonnene Schikaneder'sche Oper bestimmte
Melodie gewählt.*) Sehen wir, wie diese Melodie in die neue
Oper eingeführt wird. In vorliegendem Skizzenbuch kommt
die Melodie bald zum Vorschein, und ausser ihr wird kein
anderes Hauptthema aufgestellt. Sie erscheint zuerst (S. 227)
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U. 8. W.
Mein Weit?, mein Weib an mei - ner Brust
') Vgl. »Beethoveniana« S. 82.
444
genau so,
wie sie in der früheren Arbeit lautet. Jedoch ist
ihr kein Text beigegeben, was nicht ohne Grund geschehen
sein kann und deswegen auffallend ist, weil die folgenden,
von Florestan zu singenden Takte mit Text versehen sind.
Der Grund war: die ersten Worte des neuen Textes (»0 namen-
lose «) Hessen sich den ersten Noten der Melodie nicht unter-
legen. Was geschieht nun? Beethoven fügt der Melodie
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ß-
4=
na
men
na
men
vorne eine Note hinzu und wiederholt zwei Sylben.
Die Arbeit zum zweiten Finale (S. 244 bis 333) beginnt
mit der Vornahme einzelner Textstellen. Später werden in
grösseren Skizzen die einzelnen Abtheilungen des Textes ziem-
lich in der Reihenfolge vorgenommen, in der sie im Textbuch
vorkommen. Dabei wird die Vornahme einzelner Textstellen
fortgesetzt. Eine Aehnlichkeit oder Uebereinstimmung mit der
gedruckten Form wird nur an einzelnen Stellen erreicht. Die
Arbeit muss an einem andern Ort fortgesetzt worden sein.
An sich bieten die Skizzen wenig Bemerkenswerthes. Am
auffallendsten ist ihre Verschiedenheit unter sich. Wir be-
schränken uns bei der Aushebung auf den Anfang einer
Skizze (S. 284)
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Gott! Wie lan-ge habt ihr sie' ge-
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u. s. w.
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Ich weiss es nicht,
zu einem gegen Ende des Finale und nur in der ersten Be-
arbeitung der Oper vorkommenden Recitativ und auf einen
Theil der Skizzen
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u. s. w
zum Anfang des Schlusschors. Diese letzte Auswahl mag" in
ihrer Verschiedenheit eine Vorstellung von der Arbeit zu
andern Stellen geben.
Zwischen den Arbeiten zum zweiten Finale findet sich
(S. 263) ein Ansatz
446
vertut
^F ^ E Fg£ t EE g^=^
Violoncelli
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W^r
05
tfte.
zu einer Ouvertüre, die wahrscheinlich für die Oper bestimmt
war, (S. 291) eine Bemerkung*,*)
Am 2ten Juni — Finale immer simpler — alle Klavier -
Musik ebenfalls — Gott weiss es — warum auf mich
noch steine Klavier -Musik immer den schlechtesten Ein-
druck [macht,] besonders wenn sie schlecht gespielt wird.
und dann (S. 333 bis 337) kommen Skizzen zum Recitativ
und zur Arie Leonorens.
Es muss auf den ersten Blick auffallen, dass, der sonst
von Beethoven befolgten Ordnung entgegen, von dem vocalen
Theil der Oper die Arie Leonorens nach dem zweiten Finale,
*) Nach unserer Annahme fällt diese Bemerkung ins Jahr 1804.
Gegen die anderwärts aufgestellte Annahme, die Bemerkung sei im
Jahr 1805 geschrieben, spricht schon die Kürze der Zeit, die Beethoven
zur Vollendung der Oper übrig blieb. Die Ouvertüre war noch nicht
angefangen, die Arbeit zum zweiten Finale war kaum über ihr erstes
Stadium hinaus, andere Stücke des zweiten Aktes waren noch nicht
vollendet, als die Bemerkung geschrieben wurde, und dass in der kurzen
Zeit vom 2. Juni 1805 bis zum Tage der ersten Aufführung (20. No-
vember 1805) jene Stücke fertig wurden, die Stimmen abgeschrieben,
die nöthigen Proben gehalten werden konnten u. s. w. , ist unwahr-
scheinlich. Ueberdies ist als sicher anzunehmen, dass die Oper eine
ziemlich geraume Zeit vor der ersten Aufführung fertig war. Dies geht
aus folgenden Mittheilungen hervor. Der Wiener Correspondent der
Leipziger Allg. musik. Zeitung vom Januar 1806 (S. 237) sagt in seinem
Bericht über die erste Aufführung: »Das merkwürdigste unter den
musikalischen Produkten war wol die schon lange erwartete Beet-
hoven'sche Oper.« Ferdinand Ries erzählt (Biogr. Not. S. 102): »Eines
Tages, wo eine kleine Gesellschaft nach dem Concerte im Augarten mit
dem Fürsten (Lichnowsky) frühstückte, worunter auch Beethoven und ich
waren, wurde vorgeschlagen, nach Beethoven's Haus zu fahren, um seine
dazumal noch nicht aufgeführte Oper Leonore zu hören.« Was Ries
erzählt, kann natürlich erst 1805 geschehen sein.
447
also zuletzt vorgenommen wurde. Hier ist zweierlei möglich:
Entweder wurde Leonore erst im letzten Augenblick mit einer
Arie bedacht, oder es kam hier auf die Composition einer
neuen Arie oder auf die Umarbeitung einer früher geschriebenen
an. Das Erstere ist unwahrscheinlich. Sollte der Verfasser
des Textes, der sogar Rocco und Marzelline je mit einer Arie
bedacht hatte, der wichtigsten Person der Oper keine Arie
gegeben haben? Wir können also nur das Andere annehmen,
und hierüber werden die Skizzen hinreichenden Aufschluss geben.
Zunächst zeigt sich, dass der zur Composition vorgenommene
Text nicht der im Textbuch v. J. 1805, sondern der im Text-
buch v. J. 1806 und in den Ciavierauszügen stehende ist.
Jedoch kommen nicht alle Worte dieses Textes vor; fünf
Zeilen aus dem zweiten Theil der Arie fehlen.*) Die Skizzen
*) Um das Verhältniss auch von einer andern Seite und genauer
beobachten zu können, setzen wir die frühere und die spätere Fassung
des Textes her und machen in letzterem die in Beethoven's Skizzen
vorkommenden Wörter durch einen stärkeren Druck kenntlich.
Früherer Text.
(Nach dem Textbuch v. J. 1805.)
Arie.
brich noch nicht, du mattes Herz !
Du hast in Schreckenstagen
Mit jeder Stunde neuen Schmerz
Und neue Furcht ertragen.
folge deinem Triebe!
Erliege nicht
Der hohen Pflicht
Der treuen Gattenliebe.
du, für den ich alles trug,
Könnt ich zur Stelle dringen,
Wo man dich in die Ketten schlug,
Und süssen Trost dir bringen!
Dass dieser Sieg mir bliebe!
Ich wanke nicht,
Mich ruft die Pflicht
Der treuen Gattenliebe.
Späterer Text.
(Nach den Ciavierauszügen ; nicht ganz überein-
stimmend mit dem im Textbuch v. J. 1806
vorkommenden Text.)
Recitativ.
Ach brich noch nicht, du mattes Herz!
Du hast in Schreckenstagen
Mit jedem Schlag ja neuen Schmerz
Und bange Angst ertragen.
Arie.
Komm Hoffnung! lass den letzten Stern
Der Müden nicht erbleichen!
Erhell' ihr Ziel! Sey s noch so fern.
Die Liebe wird's erreichen.
du, für den ich alles trug,
Könnt ich zur Stelle dringen,
Wo Bosheit dich in Fesseln schlug,
Und süssen Trost dir bringen.
Ich folg' dem innern Triebe,
Ich wanke nicht,
Mich stärkt die Pflicht
Der treuen Gattenliebe.
448
sind meistens kurz und betreffen mit geringer Ausnahme nur
einzelne aus dem Zusammenhang gerissene Stellen des Textes.
Skizzen zum Recitativ stehen zwischen Skizzen zum zweiten
Theil der Arie u. s. w. Begonnen wird die Arbeit mit dem
Recitativ (S. 333)
ÖE3
§es
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fc ^-o J. J
Rec.
*:>?
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Wm
u. s. w»
o brich noch
und mit abgebrochenen Stellen zum zweiten Theil der Arie,
von denen diese (S. 333)
^ & W ^ ±^
-&-
£
für Hörn bestimmt zu sein scheint. Die Tonart dieser ersten
Skizzen ist theils D-moll, fheils F-dur. Dann wird für den
ersten Theil der Arie (S. 333)
Komm Hoffnung
die Tonart E-moll, für deren zweiten Theil die Tonart E-dur
gewählt, und diese letztere Tonart wird nun als Haupttonart
der Arie nicht mehr verlassen. Das Recitativ wird fortan in
Cis-moll aufgestellt, so hier (S. 334)
Cismoll
m
£3
i=*
t
Ach brich noch nicht, du mat - tes Berz
und hier (S. 336).
3fE£
an
22t
W
* — *~ i"
ö
Ach brich noch nicht,du mal-tes Herz
fe
=^=^g * * ^-
U. 8. W.
449
Von allen vorkommenden Skizzen ist die zuletzt erwähnte
die längste; sie erstreckt sich auf das ganze Recitativ. Von
den in E-dur stehenden Skizzen zum ersten Theil der Arie
ist diese (S. 335)
I
1 I i.—n i j— Hb L f
^
£
Du Hoffnung
lass den letz - ien
^m
i=fe
-M g J'U^
Stern der Mü - den
die erste. Die Skizze bringt ein Begleitungsmotiv, das nun
weiter gepflegt wird. Bei den Skizzen zu diesem Theil
schwankt Beethoven in Betreff der Taktart. Ein Theil der
Skizzen steht im |-, ein anderer, zu dem diese Skizze (S. 336)
S
m
j2ll
piano
=£
fc=P
Fagott
gEggE£ § g£ H I | fa l jL B
• • • i^ ^"
-6»-
u. s. w.
gehört, im |-Takt. Die Beziehung der zuletzt angeführten
zwei Skizzen ist klar. Sie bringen den Beweis, dass der erste
Theil der Arie, wie er gedruckt ist, noch nicht componirt war.
Bei den Skizzen zum zweiten Theil der Arie kann man von
dem Augenblicke an, wo dafür die Tonart E-dur gewählt
29
450
wurde, zwei Arten unterscheiden. Die Skizzen betreffen haupt-
sächlich zwei auseinander liegende Stellen des Textes. Die
Skizzen der ersten Art, z. B. diese (S. 333),
Tempo allo
^^
M:
iüps
:*£=q
Corni
gsssig
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u. s. w.
diese,
o ■ H
c — . q p ■ ia * »
£
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dw, für den ich al - les trug
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« — #* — #
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Allegro
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und diese,
^=^
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du, für den ich al-les
I
U. 8. W.
S^
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:JfeE=f
t ^.
rf{<
451
beschränken sich auf die Anfangsworte, überhaupt auf den
Anfang des Theils und unterscheiden sich in ihrer Art nicht
von den Skizzen zu andern Gesangcompositionen. Die der
andern Art, z. B. diese (S. 333)
trat- ten
und diese,
♦ -ß-
JSL
EüSi i i
& \ t? - 1 ^
Ga
tten
befassen sich nur mit den Schlussworten der Arie und sind
nur auf den melismatischen Ausdruck der Worte gerichtet.
Themen oder Motive, welche den Grundstock einer Composition
bilden könnten, werden nicht gesucht, und von einer thema-
tischen Verschiedenheit, wie wir sie z. B. bei den zum Recitativ
und zum ersten Theil der Arie gehörenden Skizzen beobachten
können, kann hier nicht die Rede sein.
Das Ergebniss der Skizzen ist Folgendes. Die Skizzen
zum Recitativ und zum ersten Theil der Arie sind auf eine
neue Composition gerichtet; die zum zweiten Theil der Arie
gelten, mit Ausnahme des Anfangs, mit Rücksicht auf die
Musik genauer gesagt: mit Ausnahme der Ueberleitung vom
ersten zum zweiten Theil, der Umarbeitung einer früher ge-
schriebenen Arie. Abgesehen ist es in den Skizzen auf eine
Arie in E-dur mit obligater Begleitung von drei Hörnern und
einem Fagott, und die Bearbeitung, welche schliesslich aus
ihnen hervorgegangen ist, wenigstens darin angebahnt wurde,
ist die in den Ciavierauszügen stehende. Jene früher ge-
schriebene Arie, als deren Haupttonart wir auf Grund der ersten
29*
452
auf" ihre Umarbeitung gerichteten Skizzen F-dur anzunehmen
haben und deren Text ohne Zweifel der im Textbuch v. J. 1805
vorkommende war, ist verloren gegangen.
Ein grösseres, genaueres Ergebniss lässt sich aus den
Skizzen schwerlich gewinnen. Nach welcher Seite wir uns
auch wenden, überall gerathen wir auf einen unsicheren
Boden. Wir wollen nur einen Punkt berühren. Die ersten
Skizzen zur Arie stehen auf derselben Seite (S. 333), auf der
die zum zweiten Finale aufhören, und die Blätter mit den
Seitenzahlen 331, 332, 335 und 336, welche theils Skizzen
zum Finale enthalten und auf welcheu theils die Arbeit zur
Arie fortgesetzt wird, hängen am hintern Rande zusammen
und bilden einen Bogen. An der chronologischen Zusammen-
gehörigkeit der auf den Blättern vorkommenden Skizzen lässt
sich also nicht zweifeln, und der Gedanke, die in Angriff ge-
nommene Arie könne von Anfang an nur für die i. J. 1806
veranstalteten Aufführungen, also nur für die zweite Bearbeitung
der Oper bestimmt gewesen sein, kann nicht aufkommen. Nun
ist es nicht zu beweisen, dass die Arie bei der ersten Aufführung
i. J. 1805 fertig war und gesungen wurde, und es ist im
Gegentheil wahrscheinlich, dass die verloren gegangene Arie
zur Aufführung kam. Für diese Ansicht kann man geltend
machen, 1) dass es bei der zweiten Bearbeitung der Oper auf
Kürzung abgesehen war und die neue Arie jener Forderung
nicht nachkommt, 2) dass das Textbuch v. J. 1805 den Text
der verloren gegangenen Arie enthält und 3) dass in der
Leipziger Allg. Musik. Zeitung (VIII, 236) in dem Bericht
über die erste Aufführung der Oper als Tonart der von Leonore
gesungenen Arie F-dur angegeben wird. Soll man bei dieser
Ungewissheit nun noch annehmen, die Arie sei vorläufig in
den Skizzen liegen geblieben und Beethoven habe später die
Arbeit wieder aufgenommen und zu Ende geführt?
Auf der letzten Seite des Skizzenbuches (S. 338) stehen
Entwürfe zur ersten Leonore -Ouvertüre.*) Ihrer Beschaffen -
*) Es ist wohl uimöthig, zu bemerken, dass von der Ouvertüre
Op. 138, welche in den Ausgaben fälschlich als die erste von den Leonore-
Ouverturen bezeichnet ist, sich keine Spur im Skizzenbuche findet.
453
"heit nach müssen sie zu den zuerst geschriebenen gehören.
Sie sind klein. Ein zusammenhängendes Bild lässt sich aus
ihnen nicht gewinnen. Florestans Melodie
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p I B p < g ; I g
sollte angebracht werden; nach einem kurzen Lauf der Violinen
sollte ein Trompetensignal
gu^irttf
tromba
eintreten; ein aus den Anfangsnoten der Melodie Florestans
hervorgegangener Schluss
(5*^*-*
^—Gh
-&-
?-mr~nr
$-f^ =i
etc.
Fine
ist angegeben u. s. w. Auch eine ziemliche Anzahl verworfener
Skizzen kommt vor. Viel mehr lässt sich den Skizzen nicht
entnehmen. Damit sind wir mit dem Skizzenbuch in seinem
engeren Bestände zu Ende.
Die auf Grund des Skizzenbuches i. J. 1804 theils ange-
fangenen, theils fortgesetzten Comp ositionen sind der Reihe nach:
Duett in C-dur (»Um in der Ehe«) im 1. Akt der
Oper »Leonore«,
erstes Finale der Oper,
zweiter Satz der Sonate in F-dur Op. 54,
zweiter und dritter Satz des Tripelconcertes Op. 56,
die ersten Nummern des zweiten Aktes der »Leonore«
bis zum Quartett in D-dur,
454
Marzellinens Arie und Roccos Lied im 1. Akt der Oper-
Lied »An die Hoffnung« Op. 32,
erster und zweiter Satz der Sonate in F-moll Op. 57 t
Recitativ und Duett in G-dur im 2. Akt der Oper,
letztes Finale der Oper,
Leonorens Arie im 1. Akt der Oper (zweite Be-
arbeitung) und
die erste Leonore-Ouverture.
Unbekannte Entwürfe, d. h. Entwürfe zu liegen gebliebenen
Compositionen kommen im Skizzenbuch wenig vor — ein
Beweis, dass Beethoven's Aufmerksamkeit vorherrschend auf
die Oper gerichtet war.
Noch sind die vom eigentlichen Bestände des Skizzen-
buches auszuschliessenden letzten Blätter zu berücksichtigen.
Es sind vier einzelne, nicht zusammenhängende, in keiner
chronologischen Folge stehende Blätter. Beachtenswerth sind
sie uns am meisten wegen der auf ihnen vorkommenden
Andeutungen zu Kürzungen und andern Aenderungen, welche
ohne Zweifel durch die im Winter 1805/6 unternommene Um-
arbeitung der Oper veranlasst wurden, welche jedoch nicht
alle so, wie es beabsichtigt war, zur Ausführung kamen.
Bevor Beethoven die Blätter zu dem angeführten Zweck be-
stimmte, wurden sie zu Skizzen und andern Aufzeichnungen
benutzt.
In einer Aufzeichnung (S. 344)
Duetto mit Müller*) und Fidelio
(für sich)
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*
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— r gtf r-fflH-f tr t r^
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M 1 U-e
Ini um
in der
fjj ?J5=y $= -
hier für Fidelio ein anderer Text, der mit
ihr einstimmt. Gleich darauf wird ge-
schlossen — alles übrige ausgelassen.
*) Louise Müller, engagirt in der zweiten Hälfte des Jahres 1803
als Sängerin im Theater an der Wien, gab 1805 und 1806 die Marzelline.
455
wird für den Schluss des Duettes in C-dur ein anderer Text
gesucht und sollte das Duett früher sehliessen. Die gefundenen
»einstimmenden« Worte der Leonore, welche an die Stelle der
wiederholten Anfangs worte (»Um in der Ehe« u. s. w.) traten,
lauten auf Grund der Ciavierauszüge:*)
Das Leben soll dir sanft verfliessen,
Voll Blumen deine Wege sein.
Diese der Leonore zugedachten Zeilen fehlen im Textbuch
v. J. 1805 und müssen auch in der verloren gegangenen ersten
Bearbeitung des Duettes gefehlt haben.
Der Arie Leonorens gehören an (S. 340 und 343), ausser
einer zu tibergehenden Skizze, nachträgliche Aenderungen zu
neun Stellen, welche theils, wie hier
2temal
cresc.
erstemal
piano
=*=S
^H^
der Begleitung, theils, wie hier,
w
J JTJ1 ! oder — f ff'f f ! ? /L &
rt I r Cf^r \^jJUl^^
etc.
?t=*
W
^
*) Vgl. Jahn's Ciavierauszug S. 78 f. — Im Textbuch v. J. 1806
lauten die Worte etwas anders und zwar mit Einschluss der vorher-
gehenden Worte Marzellinens so:
Marzelline.
Die Tage werden sanft verfliessen,
Voll Blumen unsre Wege seyn.
Leonore.
Die Tage sollen sanft Dir messen,
Voll Blumen deine Wege seyn.
456
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^S
mich stärkt die Pflicht
u. 8. w.
^^
F
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&-
sfz
ö
der Singstimme und vorherrschend der Colorirung der letzten
Worte der Arie gelten.*) Aus der Beschaffenheit der vor-
kommenden Stellen geht hervor, dass die früher begonnene
Arbeit der Reinschrift nahe war.
Florestans Arie sollte bedeutend gekürzt werden. Nach
einer Aufzeichnung (S. 344)
Becitativ kurz und in fmoll geschlossen
Gleich die Singstimme.
e
Süsser
R.
Trost
mex- ne
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+*-
v * v
süsser
mei - ne
n
fefe
4
P*— *
3E
vä
«HB
^T'^t^-
/"tf/W mi Duodram e
sollte auf den ersten Theil der Arie gleich das Melodram
folgen.**) In einer andern Aufzeichnung (S.*346)
*) Man vergleiche mit den mitgetheilten Stellen Jahn's Ciavier-
auszug S. 82 T. 1, S. 85 T. 14, S. 86 T. 6 f. der Variante, S. 84 T. 1 f. und
S. 85 T. 23. Berührt werden auch die Stellen bei Jahn S. 81 T. 20 und 21,
8. 82 T. 3, 8 und 16.
**) Das Melodram sollte also bei der zweiten Bearbeitung der Oper
nicht ausfallen. Daraus ist mit Sicherheit zu schliessen, dass es bei den
ersten Aufführungen i. J. 1805 auch gemacht wurde.
457
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EB^H
B^5
TjTJr;
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Rocco
-Kit
EE
S3
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21?
T7^~FT
£
-Ä* I
sehen wir ein Nachspiel zum ersten Theil der Arie, bei dessen
letzter Note schon Rocco eintri tt*) Ohne Zweifel sollte auch
hier das Melodram sich anschliessen. Die Verwandtschaft der
zusammentreffenden Tonarten spricht dafür. Wenn das Melo-
dram wegfiel, so konnte nur das Duett zwischen Leonore und
Rocco folgen, und dass die nicht verwandten Tonarten As-dur
und A-moll unmittelbar aufeinander folgen sollten, kann nicht
die Absicht Beethoven's gewesen sein.
Im Duett in A-moll sollten nach einer Aufzeichnung
(S. 344)
Beim Ende des Duetts vom Graben die Posaunen auszulassen
P
w ~SL
£^
i=3
^^
£
decresc.
^-Tr^r^
Jizjt
-&-
S
I
d m ä. Kh.
-Cd-
*) In einer jedenfalls der zweiten Bearbeitung der Oper an-
gehörenden autographen Partitur ist es ebenfalls auf eine bedeutende
Kürzung der Arie abgesehen. Das Manuscript beginnt mit Angabe der
Instrumente und des Tempos »adagio« und bringt mit einigen Ab-
weichungen den ersten Theil der Arie vom zweiten bis zum letzten
(oder 22.) Takt so, wie er im Ciavierauszug gedruckt ist. Im letzten
Takt, unmittelbar nach der mit einem Ruhezeichen versehenen Achtel-
pause, steht in jedem System ein Doppelstrich, also ein Schlusszeichen.
Dann sind mit Bleistift, ebenfalls von Beethoven's Hand, in allen
Systemen das Taktzeichen C, darauf in einer Stimme die PP eintretenden
ersten zwei Noten des im Druck folgenden Andante un poco agitato
und in den andern Stimmen Viertelpausen angegeben. Nach diesem
Manuscript sollte also Florestan's Arie ohne Recitativ beginnen und nur
aus ihrem jetzigen ersten Theil bestehen. Ferner ist nach besagtem
Manuscript der im Druck stehende zweite Theil später angehängt worden.
Mit der im Skizzenbuche ins Auge gefassten dreitheiligen Form der
Arie kann das Manuscript schon deswegen nicht zusammenhängen, weil
keine Flöte angegeben ist.
458
die in der Bearbeitung v. J. 1805 verwendeten Posaunen weg-
bleiben und sollte nach einer andern Aufzeichnung (S. 346)
nur
ni-
s
^ ^ 4 "
ganzes andere Ritornell ausgelassen
Nur hur - tig fort
das Vorspiel gekürzt und auf seinen ersten Takt beschränkt
werden.
Eine zum Duett in G-dur gehörende Bemerkung (S. 340)
Zu Ende der
Arie statt
dieses
<* t>g fcte >£ te = = $
r— t T— -i I
n
-<2.
Iw
£
<5>-
u. s. w.
geht hauptsächlich auf die Tieferlegung einer in der früheren
Bearbeitung vorkommenden Stelle der Leonore aus*) und giebt
am Schluss die Vorschrift:
Das Duett nicht zu gross.
Ferner sollte das Recitativ das Tempo »un poco adagio« be-
kommen. Nur eine dieser angedeuteten Aenderungen wird
man in den Ciavierauszügen ausgeführt finden. Das Duett ist
nämlich um ein Drittel gekürzt worden. Die Stelle der
Leonore ist zwar geändert worden, aber anders, als oben
angegeben ist.
Die auf den letzten Blättern vorkommenden Skizzen, die
jedoch, wie bereits bemerkt wurde, einer früheren Zeit an-
gehören, betreffen den 2. und 3. Satz des Tripelconcertes
Op. 56 und die erste Leonore -Ouvertüre. Die Arbeit zu
letzterer (S. 345 f.) ist im Vergleich zu der früher erwähnten
etwas vorgerückt.
*) Siehe Jahn's Ciavierauszug S. 200 T. 28 f. und S. 201 T. 24 bis 30.
459
Florestans Melodie
*T~rT ; ?q=HkV-|-i>*
©
£
^-r ad=
wird auch im §-Takt aufgestellt, der einer Klausel dieser
Melodie sich anschliessende Lauf der Violinen*)
«Sf
gto .ff*
ist angedeutet u. s. w. Dann haben wir noch zu bemerken,
dass auf den untersten Zeilen der letzten Seite (S. 346) die
thematischen Anfänge des ersten und zweiten Satzes des
Quartettes in F-dur Op. 59 Nr. 1 angegeben sind. Eine
Folgerung ist daraus nicht zu ziehen, es sei denn die, dass
die Sätze damals fertig waren.
lieber die wichtigeren Skizzen welche auf den übrigen
nicht zum Skizzenbuche gehörenden Blättern (S. 183 bis 186
u. s. w.) vorkommen, ist an andern Orten berichtet worden.
*) Eine kleine Abweichung macht sich bemerkbar. Die erste Note
des Laufs lautet in der Skizze: C, in der Partitur der ersten Ouvertüre: D,
in der Partitur der zweiten Ouvertüre wieder: C. Man bezweifelt die
Richtigkeit dieses C.
XLV.
Drei Skizzenhefte aus den Jahren 1819 bis 1822.
Die hier zusammengestellten Hefte schliessen sich zwar
nicht unmittelbar aneinander an; jedoch ist die Zeit, welche
zwischen ihnen liegt, eine so kurze und dann besteht vermittelst
einiger in ihnen berührten Compositionen ein solcher Zusammen-
hang zwischen ihnen, dass sie wohl in einer Folge betrachtet
werden können. Besitzer der Hefte ist A. Artaria in Wien.
Sie sind in Querformat und bestehen aus zusammengenähten
Bogen.
Das erste Heft zählt gegenwärtig 50 Blätter mit 16 Noten-
zeilen auf jeder Seite. Ursprünglich hatte es ungefähr 8 Blätter
mehr. Zwischen Seite 80 und 81 sind 4, und zwischen Seite 98
und 99 ungefähr eben so viel Blätter herausgerissen. Die dort
und hier fehlenden Blätter können Entwürfe zum Sanctus und
Benedictus der zweiten Messe enthalten haben. Das Heft
beginnt (S. 1 bis 34) mit Entwürfen zum Credo genannter
Messe. Aus der Beschaffenheit der Entwürfe ergiebt sich,
dass die Arbeit zum Credo der Beendigung ziemlich nahe war.
Zwischen den Skizzen findet sich (S. 7) eine das Benedictus
betreffende Bemerkung.*) Dann (S. 36 bis 78) kommen Ent-
würfe zum zweiten und dritten Satz der Sonate in E-dur
Op. 109. Die Entwürfe zum zweiten Satz (hier »Presto« über-
schrieben) kommen von Anfang an der gedruckten Fassung
sehr nahe, woraus zu schliessen ist, dass die Arbeit dazu in
*) Siebe Artikel XIX.
461
einem früheren Skizzenheft begonnen war. Weniger vorge-
schritten zeigt sich die Arbeit zu den Variationen. Man sehe
hier (S. 67),
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u. s. w.
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hier (S. 75)
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u. s. w.
462
und hier (S. 78).*)
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&-
Inmitten dieser Skizzen erscheint (S. 75) ein Ansatz
s
Thut auf
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3=v
-?HHM-H
-*f — u. s. w.
zu einem Kanon, und nach denselben (S. 76 bis 79) kommen
Entwürfe zu den fünf Bagatellen Op. 119 Nr. 7 bis 11.**)
Zuletzt erscheinen (S. 81 bis 100) Entwürfe zum Benedictus
der Messe, in denen die endgiltige Fassung allmählich ange-
bahnt, aber nicht erreicht wird. Man sehe hier (S. 81),
S
jtiut
22
S^
Be - ne - die - tus
qui ve - nit qui ve - nit in
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um M"=? Eg
u. s. w.
no - mi - ne
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hier (S. 88)
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J. d * 4 -d-dr
r rfrrm
*) Siehe auch »Beethoveniana « S. 35. Die Sonate Op. 109 erschien
im November 1821.
**) Vgl. den Artikel XVIIL Es kann auch auf Grund eines Con-
versationsheftes bemerkt werden, dass Beethoven Anfang 1820 um einen
Beitrag zu Starke's Pianoforteschule ersucht wurde. Demnach scheint
♦Schindlers Angabe (Biogr. I. 270), das Credo der Messe sei Ende October
1819 fertig gewesen, etwas verfrüht zu sein.
463
und hier (S. 98).
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s
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I 1 — • — *-
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-* — 0-
U. 8. W.
Mit Arbeiten zum Benedictus schliesst das Heft.
Das zweite Heft zählt mit Einrech nung eines halb abge-
rissenen Blattes, 88 theils 16-, theils 20 zeilige Seiten. Mehrere
von den Blättern, aus denen es besteht, waren vor der Heftung
zu andern Aufzeichnungen benutzt worden. Wir rechnen zu
solchen früher geschriebenen Stellen: (S. 9) eine Stelle aus
einem ungedruckten schottischen Volksliede in B-dur und im
|-Takt; (S. 10) zwei Stellen aus den Variationen Op. 107 Nr. 8;
(S. 13) einige Skizzen zur ersten Abtheilung von Wellington's
Sieg, Op. 91, mit einer auf die Einrichtung des Ganzen und
auf die Ueberschriften abzielenden Bemerkung;
fällt in 2 Theile jedoch
ohne gänzlich abzusetzen —
Schlacht gemälde — Siegssimphonie
ferner (S. 63) einen wahrscheinlich ursprünglich zur Sonate
Op. 109 bestimmten Entwurf in Cis-moll mit der Ueberschrift:
nächste Sonate
adagio molto sentimento moltissimo espressivo.
Abgesehen von diesen und mehreren andern Aufzeichnungen,
welche also von dem chronologischen Gange auszuschliessen
sind, bringt das Heft zu Anfang und weiterhin (S. 1 bis 62)
Skizzen zum Agnus Dei der Messe. Dieselben stimmen anfangs
mit der endgiltigen Fassung gar nicht oder wenig überein,
nähern sich derselben aber allmählich. Man sehe hier (S. 9),
i j j
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hier (S. 14),
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do - na do -na no - bis
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hier (S. 14),
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4> 4~4 ±3J3EE£S \ k ^=
pauken in h u. fts
nur von weitem
3
jl agnus dei
hiermit
gleich
an fang —
ferner hier (S. 15), wo ein cantus-firmus-artiger Gang in ver-
schiedenen Taktarten aufgestellt wird,
ganze Noten
simple
oder
oder
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za:
-&-
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poco adagio
cem
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dann hier (S. 17),
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u. s. w.
hier (S. 18),
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r«rc«'f. miserere miserere agnus dei
465
hier (S. 20),
tutti
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do - na no-bis
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u. s. w.
hier (S. 57)
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Hl3ä u. ,
w.
und liier (S. 61).*)
^
&=*=*=£
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Jfc*
i «y fr « durchaus simpel
4 7. . 3 Bitte Bitte Bitte
pa
cem
Zwischen diesen Skizzen finden sich: (S. 5) das Ende eines
Recitativs aus Händeis »Messias« überschrieben: Ausgang aus
dem Recit., und der Anfang des darauf folgenden Chores (Er
trauete Gott u. s. w.); (S. 26 u. s. w.) einige Ansätze zu Fugen,
von denen einer überschrieben ist: Fuga per il cembalo o or-
gano: (S. 60) eine Bemerkung,
bloss mit blasenden Instrumenten die Fuge bis zu
p. & <u
1 1 1
fj
.■• t-ß
1 ! 1
OL— *-j
-fa— 1 F-
1 i
*],- ■
__________
1
welcher Beethoven im Wesentlichen nachgekommen ist (vgl.
Gesammtausgabe , Part. S. 136 bis 147) u. a. m. Dann er-
scheint eine neue Arbeit. Es folgen (S. 64 bis 88) Entwürfe
zur Sonate in As-dur Op. 110.**) Zuerst wird der erste Satz
vorgenommen, dessen Anfang bald (S. 65)
i
neue Son
'&
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-&-
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P—T
tr
TSEEEezjt
*) Vgl. den Artikel XIX.
**) Das Autograph der Sonate zeigt das Datum : am2östenDezbr. 1821."
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466
t i r r rf 1
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tfel:
f r*gfr
u. s. w.
gefunden ist. Dann erscheinen der Reihe nach die Fuge,
f
J. i 1 J- j.
u. s. w.
q=f
-p — dfc.
der zweite Satz und das Adagio, das nach einer späteren
Skizze (S. 88) so
*W±
^
k
T ^<
/T , Andante ma non troppo
-fH- 1 1 ff J^— u - s - w -
■# — — g| f
beginnen sollte. Inmitten dieser Entwürfe finden sich Ent-
würfe zu andern Sonatensätzen, so hier (S. 63),
feEÄESEEEi
j^JEfPi^l^g^
^
i ;
^Ö
■*»—#-
^
467
hier (S. 75),
2te Sonate
&
allegro con brio
hier (S. 76)
sul una corda
2te St
ÖSEEi
tu
&~
^
5^3
adagio
-Kt
t
-#-P
r^r
i
i
und hiev (S. 76).
■Jles Stück
presto
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etc. Ende *
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*-i ä j j » j j -fv
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Ffr?
fe
«^
Aus diesen Ansätzen ist zu ersehen, dass Beethoven, als er
an der Sonate Op. 110 arbeitete, sich mit der Composition
einer andern, neuen Sonate trug. Füglich können die erste,
dritte und vierte von den mitgetheilten Skizzen als zu einer
Sonate gehörend gedacht werden. Aus der Ueberschrift der
aweiten Skizze »2te Sonate« geht hervor, dass, als sie ge-
schrieben wurde, die Sonate in E-dur Op. 109 fertig war, denn
sonst würde Beethoven diese mitgezählt und dort »dritte Sonate«
geschrieben haben. Am merkwürdigsten ist wegen ihrer Ueber-
schrift die letzte Skizze, weil hier das Thema des ersten Satzes
der Sonate Op. 111 zum Thema eines dritten Sonatensatzes be-
stimmt ist. Mit Entwürfen zur Sonate Op. 110, deren end-
giltige Fassung jedoch nicht ganz erreicht wird, schliesst
das Heft.
Das dritte Heft zählt 128 16 zeilige Seiten. Beethoven
hat ihm mit Rücksicht auf die Messe, welche hier fertig
skizzirt wurde, die Ueberschrift »letztes Buch« gegeben. Es
beginnt (S. 2, 3, 65 bis 78) mit Entwürfen zum Agnus Dei
der Messe und (S. 3 bis 64) zur Sonate Op. 111. Von letzterer
wird zuerst der erste Satz vorgenommen. Die ersten Skizzen
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u. s. w.
469
befassen sich mit einer fugenmässigen Behandlung des aus dem
vorigen Skizzenbuch herüber genommenen Themas. Bald er-
scheinen auch andere Bestandtheile des Satzes und (S. 12) die
Introduction. Aus den Vorkommen der letzteren lässt sich der
Schluss ziehen, dass jenes Thema nun nicht mehr einem dritten,
sondern einem ersten Sonatensatz zu Grunde liegen sollte.
Die erste auf den zweiten Satz zu beziehende Skizze (S. 24)
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gilt dem Thema. Später hat Beethoven in dieser mit Tinte
geschriebenen Skizze mehrere Stellen mit Bleistift geändert
und so dem Thema eine Fassung gegeben,
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welche der endgültigen nur wenig* näher kommt, als die erste.
Nach dieser Doppelskizze kommen Entwürfe zu den Variationen
(S. 25 bis 64). Betrachtet man diese fortlaufende Arbeit, so
wird man der Ansicht, dass Beethoven erst mit dem Heran-
wachsen der Variationen auf das im Thema verwendete und
auch in den Variationen in verschiedenen Formen durch-
schimmernde Motiv
geführt wurde. Unterstützt
wird diese Ansicht durch eine etwas später (S. 28) vor
kommende Notirung,
zuletzt
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in welcher jenes Motiv sich noch nicht zeigt. Aus dieser
letzten Aufzeichnung und aus einer kurz vorher (S. 27) vor-
kommenden Bemerkung
zuletzt das Thema
ist zu entnehmen, dass der zweite Satz, wie es im letzten
Satz der Sonate Op. 109 geschieht, mit dem einfachen Thema
geschlossen werden sollte. Zu verzeichnen ist noch eine (S. 23)
bei den letzten Skizzen zum ersten Satz der Sonate in C-moll
vorkommende Bemerkung,
am ISten die neue Sonate
471
welche allein Anschein nach behufs des der Reinschrift jener
Sonate zu gebenden Datums niedergeschrieben wurde,*) und
eine zwischen den Skizzen zu den Variationen (S. 25) vor-
kommende Bemerkung.
im 2ten Theil zuweilen das was im ersten Theil die rechte
Hand und umgekehrt.
Die den bisher erwähnten Arbeiten folgenden Seiten (78 bis 82)
hat Beethoven zu verschiedenen Aufzeichnungen benutzt. Zu
erwähnen sind: der Anfang eines unbekannten, mit Streich-
instrumenten begleiteten Recitativs und eine darüber stehende,
nicht richtige Erklärung, .
Recitativo accompagnato
nemlich nach dem Takt
beides vielleicht, eben so wie die im zweiten Skizzenheft vor-
kommende Recitativstelle aus.Händel's Messias, anlässlich des
im Agnus Dei anzubringenden Recitativs niedergeschrieben;
eine Bemerkung;
Das Kyrie in der Neuen Messe bloss mit blasenden In-
strumenten u. Orgel
ein Ansatz
Cöthe =&=±
s. w.
zu einem Liede, wahrscheinlich zu Goethc's >Heidenröslein«;
eine kleine Skizze zu dem Liede »Der Kuss« Op. 128; die
Arbeit zu einer nachträglich in der Sonate Op. 110 vorge-
nommenen Aenderung;**) endlich mehrere Bemerkungen.
Stücke aus allen Tonarten für 3 u. 4 Korn —
alle künftige Partituren mit Bleistift geschrieben und vor-
her Linien ziehen lassen —
*) Das Autograph der Sonate Op. 111 hat zu Anfang das Datum:
■»am 13. Jänner 1822«.
**) Die Aenderung betrifft eine Stelle in der Alternative des zweiten
Satzes. Die Stelle von 12 Takten, welche jetzt (von der Vorzeichnung
472
nicht mehr als 3 Takte auf jede Seite —
in die Violin Partitur Stimme die kleinen Noten —
Bassi e Violoncelli muss in die Partitur gesetzt werden
zum Stechen. —
dona nobis pacem darstellend den inner n u. äussern
Frieden
den Triller in den Var. Cdur mit 1 2 bezeichnen*)
als declamatorisch (?)
Blosse rithmische Übungen —
Posaunen u. Pauken durchsehen —
Posaunen —
agnus beim alla — (? allegro)
Bezifferung —
Pauken —
Aus diesen Bemerkungen ist u. a. zu ersehen , dass, als sie
geschrieben wurden, die Sonate Op. 111 fertig und Beethoven
mit der Reinschrift des letzten Stückes der Messe beschäftigt
war. Nun beginnt eine neue Arbeit. Es folgen (S. 83 bis
113) Entwürfe zu den für die Eröffnung des Josephstädter
Theaters geschriebenen Stücken, zuerst zu einem Chor aus
Meisl's »Die Weihe des Hauses«,
Des-dur an gezählt) vom 21. bis zum 32. Takt da steht, bestand ur-
sprünglich nur aus diesen 4 Takten.
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Ped.
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So war die Stelle früher skizzirt und so lautete sie anfangs in der
autographen Reinschrift. Im vorliegenden Skizzenheft ist dann die
Stelle so geändert worden, wie wir sie kennen.
*) Nämlich im letzten Satz der Sonate Op. 111. Man kann aus der
Bemerkung entnehmen, dass der Triller mit der Hauptnote angefangen
werden sollte.
473
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U. 8. W.
Wo sich die Pul - se ju-gend-lich ja - gen
dann zur Ouvertüre Op. 124 und zu noch einer Ouvertüre,
welche letztere aber in den Skizzen liegen blieb. *) Dazwischen
findet sich (S. 111) eine das Judicare im Credo**) und (S. 112)
eine das Gloria der Messe betreffende Stelle, nach welch
letzterer der Schluss des Gloria drei Takte später eintreten
sollte, als es jetzt der Fall ist. Die meisten der noch folgenden
Blätter enthalten (S. 113 bis 125) Arbeiten zu allen Sätzen
der neunten Symphonie.***) Dazwischen und später erscheint
eine Anzahl verschiedener Aufzeichnungen. Zu erwähnen sind
folgende: (S. 114 bis 117) Uebungen im Beziffern, angestellt
auf Grundlage des 2. Theils von Ph. E. Bach's »Versuch«
{2. Ausg. S. 89—138) und ohne Zweifel anlässlich der in der
Messe anzubringenden Bezifferung unternommen ;f) (S. 115)
wiederum eine kleine Skizze
N — N-
w — V
tc,
ch war bei
zu dem Liede >Der Kuss« Op. 128;ft) (S. 117) ein Ansatz
overlur
u. s. w.
*) Näheres über die Skizzen im Artikel XLIU. Das Josephstädter
Theater wurde eröffnet am 3. October 1822.
**) Siehe den Artikel XIX.
***) Die wichtigsten Skizzen sind mitgetheilt im Artikel XX.
f) Später hat Beethoven die Orgelstimme ausgesetzt, und dadurch
wurde die Bezifferung unnöthig.
ff) Das Lied wurde schon i. J. 1798 componirt. Bei der späteren
Bearbeitung, deren Autograph das Datum »1822 im Dezbr.« zeigt, sind
nur einige Stellen geändert worden.
474
zu einer Ouvertüre; ein Ansatz
=*
kommt mitten vor
%
Rö - slein
4— J
- u. s. w.
roth
zu einer Stelle aus Goethe's »Heidenröslein«; (8. 120) eine
Bemerkung,
Quintett in Cmoll wie das in Es mit den blasenden
Listrumenten
deren Beziehung zweifelhaft ist; (S. 121) eine Andeutung*
auch statt einer neuen Sinfonie eine neue Overture auf
Bach sehr fugirt mit 3 (Posaunen? Subjekten?)*)
zu einer neuen Composition; (S. 121) eine die Messe betreffende
Bemerkung,
den Rithmus von 3 Takte im Gloria anzeigen —
bei der man fragen kann, welche Stelle Beethoven gemeint
hat; (S. 122 u. 123) wiederum Versuche, den Accorden beim
Judicare im Credo der Messe eine andere Lage und Fassung
zu geben;**) (S. 125—127) .Entwürfe zu einigen in Op. 120
vorkommenden Variationen; (S. 126) ein Ansatz
fe^^P^^glg
-I u. s. \v.
Den flüch-ti - gen Ta-gen wehrt kei -ne Ge - malt
zu Gleim's Lied »Flüchtigkeit der Zeit«; (S. 127) die Notation
zweier Versfüsse;
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Anapäst
*) Das letzte Wort ist zweifelhaft.
**) Siehe den Artikel XIX.
475
endlich der Entwurf eines Kanons.
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Et
E - del In'df- reich sey der Mensch
Zt
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Damit schliesst das Skizzenheft.
Die in den drei Heften berührten und in der angenommenen
Zeit von 1819 bis 1822 in ihren Hauptzügen oder ganz fertig
gewordenen Compositionen sind der Reihe nach:
(im 1. Heft:)
Credo der Messe Op. 123,
2. und 3. Satz der Sonate Op. 109,
5 Bagatellen Op. 119 Nr. 7 bis 11,
Benedictus der Messe (in den Skizzen nicht voll-
ständig),
(im 2. Heft:)
Sonate Op. 110,
(im 3. Heft:)
Sonate Op. 111,
Agnus Dei der Messe,
Chor zur »Weihe des Hauses«,
Ouvertüre Op. 124 und
Lied »Der Kuss« Op. 128 (Umarbeitung).
Der früher erwähnten Lücken wegen, welche den Skizzen-
heften anhaften, kann jedoch diese Zusammenstellung nicht
als ein vollständiges Verzeichniss der in jener Zeit entstandenen
Compositionen gelten. So fehlt z. B. das Sanctus der Messe.
XL VI.
Zwei Skizzenbücher
aus den Jahren 1798 und 1799.
Vor Kurzem sind zwei Skizzenbttcher zugänglich geworden r
welche besonders für die Geschichte der Quartette Op. 18 von
Wichtigkeit sind und welche geeignet sind, die bisherigen
Mittheilungen über jenes Quartettwerk zu vervollständigen und
zum Theil zu berichtigen. Beide Skizzenbücher gehören zu-
sammen. Die im ersten Buche abgebrochene Arbeit ist im
andern fortgesetzt worden. Dies der Grund, warum sie hier
zusammengestellt werden.
Das erste Skizzenbuch war früher im Besitz F. A. Gras-
nick's in Berlin. Es ist in Querformat, hat einen alten Ein-
band, einen bunten Umschlag, ist (vielleicht mit Ausnahme
eines Blattes, welches herausgenommen sein kann) so be-
schaffen, wie es von Beethoven zurückgelegt wurde, besteht
aus 39 Blättern und hat auf jeder Seite 16 Notenzeilen.
Das Buch beginnt mit nicht benutzten Entwürfen. Dann
folgen (S. 1 bis 58) Arbeiten zu allen Sätzen des Quartetts in
D-dur Op. 18 Nr. 3. Aus der Beschaffenheit der Skizzen ist
zu ersehen, das3 die Arbeit zu den drei ersten Sätzen des
Quartetts früher an einem andern Orte begonnen und schon
sehr vorgeschritten war, als Beethoven das vorliegende Skizzen-
buch in Angriff nahm. Diese Skizze (S. 3)
477
U. S. AV.
zeigt die Fassung eines früher für den letzten Satz bestimmten
Anfangsthemas. Alle Sätze des Quartetts erreichen im Wesent-
lichen, abgesehen von nachträglich vorgenommenen Aenderungen
im Skizzenbuche ihre endgiltige Form.
Zwischen den Arbeiten zum Quartett in D-dur findet sich,
ausser vielen nicht benutzten Entwürfen, eine Anzahl von Auf-
zeichnungen, welche zum Theil von Interesse sind. Aus der
Ueberschrift eines nicht benutzten Entwurfes zu einem Quar-
tett (S. 9)
quart 2
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ist zu entnehmen, dass, als am Quartett in D-dur gearbeitet
wurde, ein »zweites« Quartett noch nicht geschrieben war;
und hieraus ist zu folgern, dass von den sechs Quartetten
Op. 18 das dritte der Entstehung nach das erste ist.
Bald darauf (S. 11) erscheint ein Entwurf zu Chr. F. Weisse 's
Lied »Der Kusse
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ich war bei Chlo-en ganz dl - lein und küs - sen wollt ich
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sprach, sie wür - de schrcin, sie wür - de schrein
478
Der Entwurf beweist, dass das unter der Opuszahl 121 (jetzt
Op. 128) erschienene Lied eine frühe Composition ist, die im
Jahre 1822 nur etwas umgearbeitet wurde. Ein wesentlicher
Unterschied zwischen Skizze und Druck zeigt sich in der Sing-
stimme nur in den ersten zwei Takten.*)
Dem vorigen Entwurf folgt (S. 12, 13) einer
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u. s. w.
zu Matthisson's »Opferlied«. Entwürfe zum nämlichen Liede
kommen auch früher und später in andern Skizzenbüchern vor.
Später (S. 23) begegnen uns Entwürfe zum Rondo für
Ciavier in G-dur, Op. 51 Nr. 2. In ihrer ursprünglichen
Fassung: hatte die Melodie
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s. w.
noch nicht das graeiöse Wesen, welches sie im Druck hat.
Spätere Skizzen decken sich mit dem Druck.
*) In einem angeblich im Jahre 1816 aufgesetzten Verzeichniss von
Com po.sitionen Beethoven's (siehe: Thayer's »Beethovens Leben« III. 487)
ist angeführt: «Bei Chloe war ich ganz allein, von Gleim.« Damit muss
das oben skizzirte Lied gemeint sein. Das letzte Wort jener Notiz
beruht wohl auf einem Schreibfehler. Gleim hat, so viel wir wissen,
kein I dichtet, dessen Text mit den obigen Worten anfinge.
479
Dann erscheinen (S. 25) einige Worte
za.
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Ä>T
mt*£5 «w de - ber Va - ter
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aus Schiller's Hymne an die Freude, ferner ein vollständiger
Entwurf (D-moll, |) zu Geliert's Lied »Meine Lebenszeit ver-
streicht«-, welcher jedoch eine Beziehung auf das gedruckte
Lied (Op. 48 Nr. 3) nicht zulässt.*) und (S. 34) ein Entwurf
Intermezzo zur Sonate ans cmotl
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durchaus so ohne Trio
nur ein Stück.
zu einem für die Sonate Op. 10 Nr. 1 bestimmten Intermezzo.**)
Dann kommen (S. 37 bis 42) Arbeiten zum ersten und
zweiten Satz des Clavierconcertes in B-dur Op. 19. Was das
Skizzenbuch da bringt, sind aber nicht eigentliche erste Ent-
würfe, denn das Concert (in seiner uns unbekannten ursprung-
*) In dem in der vorigen Anmerkung erwähnten Verzeichniss ist
auch angeführt: »Meine Lebenszeit verstreicht — G-moll. « Damit kann
die im Skizzenbuch vorkommende Bearbeitung gemeint sein und ist dann
in jenem "Verzeichniss in Betreff der Tonart ein Schreibfehler an-
zunehmen.
**) Beethoven hatte schon früher vor, der Sonate ein Intermezzo zu
geben. Siehe Artikel IV.
480
liehen Gestalt) war längst fertig, sondern gilt einer Umarbeitung.
Dies geht aus einigen Bemerkungen hervor, welche zwischen
den auf den ersten Satz zu beziehenden Skizzen vorkommen
und welche lauten: »bleibt wie es war« — »von hier an bleibt
alles wie es war« — »etc. bleibt«. Worauf aber die Um-
arbeitung gerichtet war, ist in Bezug auf den ersten Satz aus
den Skizzen nicht zu ersehen und lässt sich mit Sicherheit
nicht sagen. Die Skizzen zu diesem Satz betreffen sowohl
Tutti- als Solostellen, sind meistens lang und erreichen schliess-
lich die endgiltige Form. Jedenfalls war die Umarbeitung
eine durchgreifende. Will man einer Vermuthung Raum geben,
so lautete das Hauptthema des Satzes ursprünglich anders, als
jetzt, und hat dessen Aenderung die Aenderung eines grossen
Theiles des Satzes nöthig gemacht. Diese Vermuthung gründet
sich darauf, dass nach einer anderwärts befindlichen, früher
geschriebenen Skizze das Anfangsmotiv so.
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also anders lautete als jetzt. Noch jetzt sind einige Stellen
in der Partitur zu finden (man sehe den 17. Takt vor Schluss
des Satzes u. s. w.), welche das Motiv in der Fassung jener
Skizze bringen und welche vielleicht mit Absicht nicht ge-
ändert worden sind. In zweiter Linie lässt sich auch die
gedruckte Cadenz zum ersten Satze des Concertes in Betracht
ziehen, nach welcher, wenn sie zur ersten Bearbeitung gehörte,
das Motiv ebenfalls anders als in der gedruckten Partitur ge-
lautet haben muss. Mit mehr Sicherheit lässt sich angelben,
worauf es beim zweiten Satz abgesehen war. Diese Arbeit
gilt beinahe ausschliesslich dem jetzigen 61. bis 68. Takt des
Satzes. Diese Stelle, welche schon an sich wie eine Art ein-
gelegter Cadenz erscheint, muss in der früheren Fassung ent-
weder viel kürzer oder gar nicht dagewesen sein, so dass
bald oder gleich nach dem jetzigen 60. Takt in das Takt 69
eintretende Tutti eingelenkt wurde. Zuletzt (S. 42) schreibt
Beethoven in ungefähr 20 Takten den Anfang einer (nicht
481
bekannten) Cadenz zum ersten Satz hin, und dann kommt
noch eine Stelle von 6 Takten (Takt 207 bis 212) aus dem
letzten Satz des Concertes. Das Vorkommen jener angefangenen
Cadenz macht es wahrscheinlich, dass dieselbe und mit ihr
die ganze Arbeit durch eine in Aussicht stellende Aufführung
veranlasst wurde.
Nach den Arbeiten zum Coucert erscheinen (8. 42)
BEÖE
r=s
?Üg^l
u. s. w
Lie-be
Lic-bc lass mich los
einige zur Composition vorgenommene Worte aus G-oethe's
Gedicht Neue Liebe neues Leben« und Entwürfe zu Liedern
mit englischem und französischem Text. Jene Skizze zu G-oethe's
Worten lässt keine Beziehung auf die gedruckte Compositum
(Op. 75 Nr. 2) zu.
Nach allen bisher erwähnten Arbeiten erscheinen (S. 59
bis 72) Entwürfe zu den Variationen für Ciavier über Salieri's
Thema »La stessa, la stessissima«*) und dann (S. 73 bis 78)
Entwürfe zum ersten und zweiten Satz des Quartettes in F-dur
Op. 18 Nr. 1. Von den Quartettskizzen nehmen die zum ersten
Satz bei Weitem den meisten Kaum ein. Das Hauptthema des
Satzes musste manche Wandlung durchmachen, ehe es seine
endgiltige Form fand. Man sehe hier (S. 1')).
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u. s. w
*) Salieri's Oper »Falstaff« . iu der das Thema vorkommt, wurde
/um ersten Mal aufgeführt iu Wien am 3. Januar 1799. und Beethoven^
Variationen über das Thema wurden als erschienen angezeigt am
2. März 1799. Diese Daten geben einen sicheren Anhaltspunkt, um die
Zeit zu bestimmen, welcher die Skizzen zu den Variationen und die
ihnen vorhergehenden und folgenden Arbeiten angehören.
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482
dann hier,
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dann hier,
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dann hier (S. 74),
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dann gleich darauf hier,
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483
dann diesen Anfang einer etwas längeren Skizze (S. 75)
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u. s. w.
und zuletzt hier (S. 76) diesen Anfang einer längeren Skizze.
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u. s. w.
Das Thema des Mittelsatzes erscheint (S. 77) einmal in
dieser Form:
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Die letzte Skizze des Skizzenbuches betrifft die »Coda«
des ersten Satzes, stimmt aber nur zum Theil mit der ge-
druckten Fassung überein. Sie bringt aber mit andern Skizzen
den Beweis, dass, als das Skizzenbuch zurückgelegt wurde,
die Arbeit zum ersten Satz ziemlich vorgerückt war.
Dagegen ist die Arbeit zum Adagio wenig vorgerückt.
Die vorkommenden Skizzen, in D-moll und im |-Takt ge-
schrieben, lassen kein festes Thema und kaum mehr als die
in den Druck übergegangene Begleitungsfigur in Achtelnoten
erkennen.
Zwischen den Skizzen zu den beiden Sätzen des Quartettes
in F-dur stehen (S. 74
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3tes in emol
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s
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484
und S. 77)
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33^
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s. w,
zwei liegengebliebene Entwürfe, die mit ihren Ueberschriften
beweisen, dass, als das Quartett in F-dur angefangen war, von
dem der Entstehung nach dritten Quartett noch keine Note
geschrieben war. Das Quartett Op. 18 Nr. 1 ist also der Ent-
stehung nach das zweite.*)
Wir nehmen nun das andere Skizzenbuch vor. Dasselbe
war ebenfalls im Besitz F. A. Grasnick's in Berlin. Der frühere
Besitzer war Aloys Fuchs in Wien, der es, wie von seiner
Hand auf einem vorne eingebundenen Blatte angegeben ist,
»in der Verlassenschafts - Lizitation Beethoven's am 5. No-
vember 1827« gekauft hatte.**) Das Skizzenbuch ist in Quer-
format, hat einen neuen Einband, besteht aus 42 Blättern, von
denen jedoch das letzte und vielleicht auch das vorletzte nicht
dazu gehören, und hat (von S. 1 bis 82) auf jeder Seite
16 Notenzeilen. An einigen Stellen sind Blätter herausge-
nommen. Zwischen Seite 30 und 31 und zwischen S. 58
und 59 sind je 2 Blätter und zwischen S. 62 und 63 ist
1 Blatt herausgenommen. Abgesehen von diesen Lücken und
jenen von der Betrachtung auszuschliessenden Blättern kann
man mit Sicherheit dem Gange des Skizzenbuches folgen.
*) Vgl. den Artikel XXVII. 2. Anmerk. — Ferd. Ries sagt (Biogr.
Not. S. 103): »Von seinen Violin-Quartetten, Opus 18. hat er das dritte
in D-dur von allen Quartetten zuerst coroponirt; das jetzt voranstehende
in F-dur war ursprünglich das dritte.« Ries' erste Angabe bestätigt,
sich, die andere nicht.
**) A. Fuchs giebt im Stuttgarter Beethoven-Album (S. 123) eine
kurze, nicht ganz richtige Beschreibung des Skizzenbuches. Noch un-
richtiger ist eine angeblich auf einer Aufzeichnung 0. Jahn's beruhende
kurze Darlegung in Thayer's »Beethovens Leben«, Bd. 2, S. 115. So
kommen z. B. Skizzen zu den Variationen Op. 44, welche nach dieser
Darlegung im Skizzenbiiche vorkommen sollen, nicht darin vor.
485
Das Skizzenbuch beginnt (S. 1 bis 11) mit der im vorigen
Skizzenbuch abgebrochenen Arbeit zum ersten Satz des Quar-
tettes in F-dur Op. 18 Nr. 1. Die erste Skizze, die im Buche
vorkommt, ist ziemlich lang und beginnt so:
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"•" U. 8. W.
Inmitten der Arbeiten zum ersten Satz erscheinen Ent-
würfe zu den andern Sätzen des Quartettes. Aus diesen Ent-
würfen, die sich lange (bis S. 44) fortziehen, sind einige aus-
zuwählen. Eine nicht benutzte Skizze zum Schluss des
Adagios (S. 9)
Les demiers soupirs
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ist wegen ihrer Ueberschrift merkwürdig. Letztere ist ge-
eignet, die auf einer Erzählung Amenda's beruhende Mit-
theilung, Beethoven habe bei der Composition des Adagios die
Grabesscene aus Romeo und Julie vorgeschwebt, zu unter-
stützen. Der dritte Satz sollte anfangs (S. 10) so
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beginnen. Das Hauptmotiv des letzten Satzes hat anfangs (S. 4 )
ullegrelio
mm . 1
486
und auch späterhin (S. 22),
moderato
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u. s. w.
mit der gedruckten Fassung verglichen, etwas Eckiges in der
Bewegung. Beide Skizzen unterscheiden sich vom Druck auch
durch die angegebenen Tempi.
Zwischen diesen Quartettskizzen finden sich Aufzeichnungen
zu andern Compositionen. Ein Entwurf (S. 26)
Rondo pour le quat. 3.
moderato
yrt
^
t
E
#=£
^v-u
-*-*-
u. s. w.
beweist mit seiner Ueberschrift, dass das der Entstehung nach
dritte Quartett auch jetzt noch nicht angefangen war. Später
(S. 31) begegnen wir einem Ansatz zu Goethe's »Wechsellied
zum Tanze«
31
1^1
Komm mit , o Schö-ne, komm mit mir zum Tan - ze
^m
i=f=f
u. s. w.
und (S. 37 bis 42) Entwürfen zur Composition des Goethe'schen
Liedes »Nähe des Geliebten«, von denen der erste (S. 37)
so beginnt:
i
19-
*=*
£
Ich den - ke
dein,
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u. s. w.
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strahlt,
487
Beethoven hat alle vier Strophen des 1 Gedichtes vorgenommen
und giebt ihnen verschiedene Melodien. Die Strophen sind
durch Zwischenspiele getrennt; die dritte Strophe tritt in G-dur
ein u. s. w. Es sollte demnach ein durchcomponirtes Lied mit
Clavierbegleitung werden. In einem später geschriebenen Ent-
würfe (S. 41), der ebenfalls einem durchcomponirten Liede
mit Clavierbegleitung gilt, hat die der ersten Strophe des
Gedichtes zugetheilte Melodie diejenige Fassung bekommen, in
der sie Beethoven als Thema zu den vierhändigen Variationen
in D-dur verwendet hat. Einem Theil dieses Variationen-
werkes werden wir später begegnen.
Ausserdem erscheinen zwischen den Entwürfen zum Quartett
in F-dur die ersten Entwürfe zum Quartett in G-dur Op. 18
Nr. 2. Dieses Quartett ist also der Entstehung nach das dritte.
Die Arbeit dazu (S. 31 bis 63) zieht sich ziemlich lange fort.
Wir heben einige Skizzen aus. Der erste Satz zeigt erst
(S. 31) diesen,
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später (S. 33) diesen Anfang.
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u. s. w
Die Entwürfe zum zweiten Satz (S. 45 bis 63) sind alle im
C-Takt geschrieben. Eine mit der im §-Takt stehenden ge-
druckten Fassung übereinstimmende Skizze kommt nicht vor.
Auch findet sich keine Skizze zu dem im §-Takt stehenden
Intermezzo. Letzteres muss also später entstanden sein. Dass
aber die gedruckte Fassung des Hauptthenias aus der skizzirten
488
hervorgegangen ist und auf einer allerdings durchgreifenden
Umarbeitung beruht, zeigt ein Blick auf einige der zuerst vor-
kommenden Skizzen. Man sehe hier (S. 48)
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und hier (S. 49).
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Vergleicht man die letzte Skizze mit dem Anfang der ge-
druckten Melodie, so sieht man, dass die Noten rhythmisch
geändert sind und dass bei dieser Aenderung die ursprünglich
zweitaktige Gliederung der ersten Abschnitte des Anfangs-
themas in eine dreitaktige umgewandelt worden ist. Auch
haben die Skizzen im Allgemeinen mit dem Druck das auf
eine Variirung des Hauptthemas abzielende, aus Zweiund-
dreissigstel-Noten und andern kurzen Notengattungen bestehende
Passagenwerk gemeinsam.
Der Anfang des dritten Satzes erscheint zuerst (S. 41) in
dieser Gestalt,
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489
der des letzten Satzes zuerst (S. 53) in dieser,
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später (S. 56) in dieser Gestalt.
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11. S. W
Alle Skizzen zum letzten Satz sind im C-Takt geschrieben.
Während der Arbeit am G-dur-Quartett geschahen die
ersten Striche zum Quartett in A-dur und entstanden die vier-
händigen Variationen in D-dur, zu deren Thema die früher
erwähnte Melodie des Liedes »Nähe des Geliebten« gewählt
ist. Vor dem Blatte, auf dem zuerst Skizzen zu den Variationen
vorkommen (S. 59), sind einige Blätter, auf denen ohne Zweifel
die ersten Entwürfe standen, herausgenommen, so dass sich
über den Beginn dieser Arbeit nichts Näheres angeben lässt.
Die Skizzen, die vorkommen, befassen sich nur mit der letzten
Variation. Das vorhin erwähnte Quartett in A-dur, Op. 18
Nr. 5, ist also in der chronologischen Reihenfolge der Quartette
das vierte. Aus den dazu gehörenden Skizzen (S. 55 bis 74)
lassen sich auswählen: eine der ersten Skizzen zum Anfang
des ersten Satzes (S. 65),
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eine Skizze zum Anfang des zweiten Satzes (S. 69)
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und ein Entwurf (S. 67),
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der das Thema der Variationen in seiner ersten Gestalt zeigt.
Der Entwurf hat eine schwer lesbare Ueberschrift. Man möchte
»Pastorale« lesen. Bei Entwürfen zum letzten Satz
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ist der C-, nirgends der 0-Takt vorgezeichnet.
Zwischen den zum Quartett in A-dur gehörenden Skizzen
finden sich auch (S. 63 bis 80) Entwürfe zum zweiten, dritten
und vierten Satz des Septetts Op. 20 und (S. 63) einige nach-
träglich geschriebene, zum Andante des Quartetts in D-dur
gehörende Stellen. Vom Septett wird zuerst der vierte, dann
der zweite und dann der dritte Satz vorgenommen.
491
In der ersten Skizze zum vierten Satz des Septetts (S. 63)
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erscheint vom Thema nur der erste Theil, und gleich darauf
wird mit Variirung desselben begonnen. Man darf daraus
nicht den Schluss ziehen, dass es die ursprüngliche Intention
Beethoven's war, das Thema nur aus jenem ersten Theil be-
stehen zu lassen.*) Vom zweiten Satz ist (S. 79)
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*) In A. Kretzschmer's »Deutsche Volkslieder mit ihren Original-
Weisen«, Berlin 1838 (S. 181), steht die an einigen Stellen abweichende
Melodie des Variationen-Themas mit der Bezeichnung: »Niederrheinisches
Volkslied« und mit der Bemerkung: »Von Beethoven in seinem Septett
zu Variationen benutzt.« Die Melodie soll also nicht von Beethoven
componirt sein. Worauf sich die Angabe gründet, ist nicht gesagt.
Das Skizzenbuch widerspricht ihr nicht. Dennoch muss ihre Richtigkeit
bezweifelt werden: erstens, weil der Anfang des zweiten Theils der
Melodie mit seinen gleichstufigen Noten einer Volksweise nicht gemäss
ist; zweitens, weil die Richtigkeit der Angabe durch nichts bewiesen
und von keiner Seite bestätigt wird, weil z. B. Ries und Wegeier als
Rheinländer etwas davon gewusst haben müssten und ein Wort darüber
gesagt haben würden.
492
nicht viel mehr, als die Anfangsmelodie angegeben,
man die erste Skizze zum dritten Satz (S. 79) sieht,
M. Corno.
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so kann man der Meinung werden, Beethoven habe demselben
ursprünglich ein eigenes Thema geben wollen und er sei erst
dann auf den Gedanken gekommen, das Thema des zweiten
Satzes der Ciaviersonate Op. 49 Nr. 2 dazu zu verwenden.
Beethoven schreibt dieses Thema, wie die obige Skizze zeigt,
nur bis zum Ende des dritten Taktes und (in seinen Halbnoten
zu Anfang des 1. und 2. Taktes u. s. w.) rhythmisch überein-
stimmend mit der Form hin, die es in jenem Sonatensatz hat.
Wir sehen darin eine Bestätigung des durch andere Skizzen
gelieferten Ergebnisses, dass das im Septett vorkommende
Thema jenem Sonatensatze entlehnt wurde und dass nicht das
Umgekehrte der Fall ist.*)
Die Entwürfe zu den Variationen des Septetts ziehen sich
mit Unterbrechungen beinahe bis zu Ende des Skizzenbuches fort.
Unterbrochen wird die Arbeit u. A. durch die bereits er-
wähnten drei letzten Sätze des Quartetts Op. 18 Nr. 5 und
(S. 75 bis 79) durch die Variationen für Ciavier über P. Winter's
Thema »Kind, willst du ruhig schlafen«. Ausserdem findet sich
auf den ersten zwei Systemen zweier gegenüber liegender
Seiten (S. 70 und 71) eine die Tonart Es-dur oder C-mol!
und den J-Takt andeutende Vorzeichnung, und darüber stehen
die Worte: »des Bagatelles par L. v. Beethoven«. Sonst sind
die Seiten leer geblieben; Beethoven hat keine Note hinge-
schrieben. Die Seiten waren also zur Aufnahme von Bagatellen
bestimmt. Unter den kleinen Stücken, die damals fertig sein
konnten, findet sich nur eines, auf welches jene Vorzeichnung
bezogen werden könnte. Dieses ist die ungedruckte Bagatelle
in C-moll, welche gleichzeitig mit der Sonate in C-moll 0]). 10
Nr. 1 entstand.**)
*) Vgl. »Beethoveniana« S. 1.
**) Vgl. Artikel IV.
493
Aus der Stellung, welche die Skizzen zu den Variationen
über Winter's Thema einnehmen, ergiebt sich, dass die Varia-
tionen geschrieben wurden, als das Quartett in A-dur in den
Skizzen (d. h. dem Skizzenbuche nach) fertig, die Sätze des
Septetts aber noch in Arbeit waren.*)
Wir sind am Ende. Zu erwähnen ist noch, dass in beiden
Skizzenbüchern sehr viele nicht benutzte, meistens für Streich-
quartett, kleinerentheils für Ciavier oder andere Instrumente
gedachte Entwürfe vorkommen, von denen in unserer Dar-
legung nur die wichtigsten erwähnt sind.
Aus den in einigen Anmerkungen niedergelegten chrono-
logischen Ergebnissen ist zu folgern, dass alle Skizzen, welche
von der 59. Seite des ersten Skizzenbuches bis zur 79. Seite
des zweiten vorkommen, in der Zeit von frühestens Januar 1799
bis spätestens December 1799 geschrieben wurden. Das zweite
Skizzenbuch gehört demnach ganz dem Jahre 1799 an, und
beide Skizzenbücher zusammen genommen sind in die Zeit
von ungefähr Mitte 1798 bis Ende 1799 zu setzen. Die in
beiden Skizzenbüchern berührten Compositionen sind, mit Be-
rücksichtigung des Umstandes, dass die kleineren eher fertig
werden mussten, als die grösseren, der Reihe nach:
Lied: »Der Kuss«, Op. 128. Frühere Bearbeitung.
Opferlied. Vom Druck etwas abweichende Bearbeitung.
Rondo für Ciavier in G-dur, Op. 51 Nr. 2.
Geliert's Lied: »Vom Tode«. D-moll. Nur aus der
Skizze bekannt.
(Clavierconcert in B-dur, Op. 19. Umarbeitung.)
Quartett in D-dur, Op. 18 Nr. 3.
Variationen für Ciavier über das Thema »La stessa,
la stessissima«.
Lied: »Nähe des Geliebten«. Vollständig nur aus den
Skizzen bekannt.
Quartett in F-dur, Op. 18 Nr. 1.
*) Die Variationen über »Kind, willst du ruhig schlafen« wurden
am 21. December 1799 als erschienen angezeigt. Die Skizzen dazu
müssen also spätestens gegen Ende 1799 geschrieben worden sein.
494
Vierhändige Variationen in D-dur.
Quartett in G-dur, Op. 18 Nr. 2. Mit Ausnahme de»
später umgearbeiteten zweiten Satzes.
Quartett in A-dur, Op. 18 Nr. 5.
Variationen für Ciavier über das Thema »Kind, willst
du ruhig schlafen«.
Zweiter, dritter und vierter Satz des Septetts Op. 20
Angefangene Arbeit.
Diese Compositionen gehören also alle der Entstehung nach
der Zeit von ungefähr Mitte 1798 bis Ende 1799 an, und sind
die in den letzten acht Zeilen angeführten mit Sicherheit ins
Jahr 1799 zu setzen.
In Betreff der sechs Quartette Op. 18 ist festgestellt,
welche vier zuerst und in welcher Reihenfolge sie componirt
wurden, nämlich: Nr. 3, 1, 2, 5. Von dem Versuch, auch die
Reihenfolge der noch übrigen zu bestimmen, stehen wir ab.
Skizzen dazu sind zwar vorhanden. Es würde aber schwer
oder bedenklich sein, daraus ein chronologisches Ergebniss
gewinnen zu wollen.
XL VII.
Ein anderes Skizzenbnch aus dem Jahre 1808.
Das hier vorzunehmende Skizzenhnch , früher im Besitz
von F. A. Grasnick in Berlin, ist in Querformat, war vor dem
Gebrauch buchbindermässig gebunden, hat einen alten bunten
Umschlag und besteht, zwei vorn und hinten beigebundene
weisse Blätter ausgenommen, aus 86 Seiten mit 16 Notenzeilen
auf jeder Seite. An drei Stellen sind Blätter herausgenommen
worden, und muss das Buch ursprünglich aus 48 Notenblättern
bestanden haben. Zwischen Seite 2 und 3 ist 1 Blatt, zwischen
S. 74 und 75 ebenfalls 1 Blatt, und nach S. 86 sind 3 Blätter
herausgenommen. Nach chronologischer Schätzung ist das
Skizzenbuch in die Zeit von frühestens Mitte 1808 bis spätestens
Anfang 1809 zu setzen.
Beethoven hat sich im Skizzenbuch eingehend nur mit
zwei Compositionen beschäftigt. Die erste derselben ist die
Phantasie für Pianoforte, Chor und Orchester, Op. 80. Der
grösste Theil des Skizzenbuches (S. 1 bis 75) ist ihr gewidmet.
Im Ganzen genommen ist der Gang der Skizzen der der
gedruckten Form. Zuerst wird der instrumentale, dann der
vocale Theil vorgenommen. Auszunehmen ist die Einleitung
für Ciavier allein, über welche später einige Worte zu sagen
sein werden. Die zuerst erscheinende Skizze
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496
betrifft die Stelle, mit der das Orchester einsetzt, und gleich
darauf kommt
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u. s. w.
die zu Grunde gelegte, bekanntlich dem früh componirten
Btirger'schen Liede »Gegenliebe« entnommene Melodie zum
Vorschein. Nun folgt (S. 1 bis 52) eine lange Arbeit zu
Variationen über jenes Thema. Letztere werden so ziemlich
in der Reihe vorgenommen, in der sie im Druck erscheinen,
und ein paralleles Verhältniss zwischen Skizze und Druck
lässt sich auch im Einzelnen bei vielen Stellen beobachten.
Bei den Skizzen zum vocalen Theil lässt sich ein solches
Verhältniss weniger beobachten, und das ist nicht nur zu ver-
stehen von der darin erreichten Lesart, sondern auch vom
Text. Die Skizzen bringen manches Fremde, nicht in die
Partitur Uebergegangene, und die endgiltige Form wird nicht
ganz und weniger erreicht, als beim instrumentalen Theil.
Letzteres ist ein Beweis, dass die Arbeit anderwärts fort-
gesetzt und beendigt wurde. In Betreff des Textes ist Folgendes
anzuführen. Hier (S. 26)
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wollt ihr mit uns ge-hen so wol-len wir euch sehn
u. s. w,
findet sich zum ersten Mal Text bei einer Skizze, der aber
für die Composition, die Beethoven in Arbeit hatte, nicht be-
stimmt gewesen sein kann imd ohne irgend eine Beziehung
untergelegt zu sein scheint. Gleich darauf erscheint eine Stelle
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izz^n
u. s. \v,
dass dein Dank mei-nem Gruss
aus dem früheren Liede, die, weil Noten und Worte von der
ursprünglichen Fassung etwas abweichen, aus dem Gedächtnis*
niedergeschrieben zu sein scheint. Hier (S. 37)
497
j n
hört ihr wohl
hört
hört
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hat zum ersten Mal eine Skizze Worte erhalten, die eine Be-
ziehung zur Phantasie mit Chor zulassen. Die Skizze betrifft
die Stelle, wo zum ersten Mal die Singstimmen einsetzen.
Nun erst kommen in meistens kurzen, abgebrochenen Skizzen
(S. 54, 57 u. s. w.) einzelne Stellen aus dem uns bekannten
Gedicht zum Vorschein. Die bruchstückweise vorkommenden
Worte, die wir in der Reihenfolge, in der sie im gedruckten
Text erscheinen, hier zusammenstellen,
Blüht dann neu und schön empor
Hat ein Geist sich aufgeschwungen
Nehmt denn hin ihr schönen Seelen
Froh die Gaben schöner Kirnst
Wenn sich Lieb und Kraft vermählen
Lohnt dem Menschen Göttergunst
gehören nur der letzten von den drei achtzeiligen Strophen
an, aus denen das Gedicht besteht. Aus den vorhergehenden
Strophen kommt kein Wort vor. Man kann hieraus nicht den
Schluss ziehen, der Text habe ursprünglich nur aus der letzten
Strophe bestanden, denn nach dem Inhalt dieser Strophe
mussten nothwendig Verse vorhergehen. Auffallender Weise
tauchen zwischen Skizzen, welche Worte aus den eben ange-
führten sechs Verszeilen, also aus dem jetzigen Text haben,
wiederholt, so hier (S. 56)
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S
hört ihr wohl hört ihr wohl
hier erst die Sing stimmen
und hier (S. 62),
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V ¥
hört ihr wohl hört ihr wohl
\\. s. w
32
498
jene anrufenden Worte wieder auf, welche die Singstimnien
auch nach einer früher geschriebenen und mitgetheilten Skizze
bei ihrem Eintritt bekommen sollten. Aus allen diesen Er-
scheinungen geht zunächst hervor, dass Beethoven die Com-
position anfing, ohne einen Text in Händen zu haben; denn
hätte er von Anfang an einen geeigneten Text vor sich ge-
habt, so würde er schwerlich den ersten Skizzen Worte bei-
gefügt haben, die mit der Idee des Werkes nicht verträglich
;sind. Ferner ist daraus die Möglichkeit abzuleiten, dass die
Anfangsworte des Gedichtes ursprünglich anders lauteten, als
jetzt; denn Beethoven würde schwerlich bei den Worten »Hört
ihr wohl« geblieben sein, wenn ihm die geeigneteren Worte
»Schmeichelnd hold« vorgelegen hätten.
Von den übrigen Skizzen und Bemerkungen bietet nur
eine kleine Anzahl einiges Interesse. Bei einer Skizze (S. 7)
zum Schluss der dritten Variation für Orchester steht die
Bemerkung:
schon beim letzten Anfang der Contra Bass crescendo.
Man erinnere sich, dass die ersten drei Variationen mit p oder
<lolce bezeichnet sind und dass kurz vor Schluss der dritten
Variation ein Crescendo vorgeschrieben ist. Jene Bemerkung
beweist, dass diese Steigerung eine von Anfang an beabsichtigte
ist. Einige andere Bemerkungen sind dagegen wenig oder
gar nicht benutzt worden. Nach einer Skizze (S. 4) zu dem
gleich nach jener Crescendo -Stelle vom ganzen Orchester ge-
brachten Thema steht:
dann cemb: Variazioni
Diese Bemerkung ist nicht genau befolgt worden. Unmittelbar
folgen keine Ciavier -Variationen. Ferner sind die ersten
Noten des Themas an einer für den vocalen Theil bestimmten
Stelle (S. 63)
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mit einer Vortragsbezeichnung versehen, welche nicht in die
Partitur übergegangen ist. Endlich ist dieser Entwurf (S. 24)
499
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dann Chonu
Cembalo varier
zum Anfang- des vocalen Theils nicht genau und wörtlich zur
Ausführung gekommen.
Von der gedruckten Einleitung für Clavier allein kommt
im Skizzenbuch keine Note vor. Dieselbe entstand, wie ander-
wärts nachgewiesen ist, später und erst im Jahre 1809.*)
Das Skizzenbuch enthält drei Aufzeichnungen, welche einer
Einleitung gelten. Sie beweisen, dass Beethoven auf den
Gedanken, das Werk mit einer längeren Einleitung nach Art
einer freien Phantasie für Ciavier allein beginnen zu lassen,
erst später gekommen ist. Nach der ersten Aufzeichnung (S. 11)
vielleicht mit einem Quartett anfangen —
finale welches sich mit einem quartett in Es anfängt —
Anfang
sollte das Streichquartett anfangen. Dieser kurze Anfang (S. 53)
Anfang der
Fantasie
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*) Vgl. Artikel XXIX.
32
500
scheint für Ciavier gedacht zu sein. Auf eine unzweifelhaft
dem Ciavier zugedachte Einleitung (in C-raoll) ist es hier (S. 75)
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u. s. w.
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abgesehen. Die Skizze, von der unsere Wiedergabe die Haupt-
motive und nur den Anfang, eine etwas später und eine gegen
Ende vorkommende Stelle bringt, füllt im Skizzenbuch beinahe
eine Seite, enthält aber in ihrer fragmentarischen Fassung
Andeutungen, die auf eine längere Ausführung schliessen
lassen. Die ersten Takte sollten später in andern Tonarten
(G-moll, F-moll u. s. w.) wiederkehren u. s. w.
Damit sind die auf die Phantasie mit Chor zu beziehenden
Skizzen zu Ende. Gleich nach jener Skizze zu eiuer Ein-
leitung kommen (S. 76 bis 86) Entwürfe zum ersten Satz des
Clavierconcertes in Es-dur. Ohne Zweifel sind die Skizzen,
die wir hier vor uns haben, die ersten zu diesem Werke. Die
Tonart Es-dur stand von Anfang an fest. Die meisten der
zuerst erscheinenden Skizzen sind auf die Bildung des Haupt-
themas gerichtet. Ein Motiv, ein Thema nach dem andern
wird verworfen. Erst nach mehreren Ansätzen, die nichts ent-
halten, was an das gedruckte Hauptthema erinnern könnte.
501
werden einige Fassungen aufgestellt, die zwar von der end-
giltigen Form noch weit entfernt sind, die aber einen un-
scheinbaren Keim enthalten, der in andern, wieder etwas
später geschriebenen Skizzen umgebildet erscheint und nach
dessen Umgestaltung bald die eudgiltige Form gewonnen
wird. Man sehe zuerst hier (S. 78)
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und hier (S. 78),
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— in welchen beiden Skizzen man sich die erste Note eni-
fernt, die zweite verlängert denken möge u. s. w. — später
hier (S. 80), •
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dann hier (S. 80),
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gleich darauf hier,
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dann hier (S. 80)
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und endlich hier (S. 80).
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Einigen der mitgetheilten und nicht mitgetheilten Skizzen geht
ein Vorspiel für Ciavier allein vorher, und aus diesen Ansätzen
ist die Einleitung, welche der erste Satz endgiltig bekommen
hat, allmählich hervorgegangen. In einer für sich allein
stehenden Skizze (S..81)
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11. s. w.
ist der erste Schritt zur gedruckten Form geschehen. Ob
nicht Beethoven auf den Gedanken, dem Concertsatz ein Vor-
spiel zu geben, in dem nichts auf später eintretende Themen
deutet, durch die kurz vorher geschriebene Einleitung zur
Phantasie mit Chor geführt wurde?
Auch ein anderes Thema des Satzes musste merkwürdige
Wandlungen durchmachen, ehe es seine cndgiltige Form fand.
Man sehe hier (S. 84),
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dann hier (S. 86)
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503
und bald darauf hier (S. 86).
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u. s. w,
Die Arbeit zum ersten Satz des Concertes ist im Skizzen-
buch nicht weit gediehen. Von den andern Sätzen kommt
keine Note vor.
Zwischen den Skizzen zur Phantasie und zum Concert
finden sich, ausser einigen Bemerkungen, nur zwei kleine
Skizzen (S. 38 und 85), die nicht auf jene Werke bezogen
werden können. Aus dieser Erscheinung, die in wenig andern
Skizzenbtichern vorkommt, ist zu schliessen, dass namentlich
die Arbeit zur Phantasie so gut wie gar nicht durch Anderes
unterbrochen wurde und dass es Beethoven um eine rasche
Vollendung des angefangenen Werkes zu thun war.*)
*) Carl Czerny erzählte: Kurz vor der am 22. December 1808 ge-
gebenen Akademie kam ihm » die Idee, ein glänzendes Schlussstück für
diese Akademie zu schreiben. Er wählte ein schon viele Jahre früher
componirtes Lied, entwarf die Variationen, den Chor etc., und der
Dichter Kuffner musste dann schnell die Worte (nach Beethoven's An-
gabe) dazu dichten. So entstand die Phantasie mit Chor Op. 80. Sie
wurde so spät fertig, dass sie kaum gehörig probirt werdeu konnte.
Beethoven erzählte Dieses in meiner Gegenwart.« (S. Thayers Bio-
graphic, Bd. 3, S. 59.) Was den Hergang und die Sache betrifft, so
lässt sich Czerny's Erzählung mit den Erscheinungen, welche die Skizzen
bieten, in Einklang bringen. Nur bezweifeln wir die Richtigkeit der
Angabe in Betreff des Verfassers des Textes. Dieser Zweifel gründet
sich vor Allem darauf, dass in den im Jahre 1845 in 20 Bänden er-
schienenen Werken Christoph Kuffners, welche sogar die unbedeutendsten,
kleinsten Gedichte enthalten, der erwähnte Text nicht zu finden ist und
dass in der im letzten Bande beigegebenen Biographie Kuffners . wo
u. A. von dem Verhältnis* zu Joseph Haydn und Beethoven, von dem
504
Von den erwähnten zwei Skizzen kann nur die erste (in
C-moll)
marcia
£e
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-ß — im requiem lässi
-1 — u. s. w. sich der Todten
Marsch anbringen
wegen einer dabei stehenden Bemerkung beachtenswerth er-
scheinen. Die Bestimmung- ist klar.
Zwischen den Skizzen zur Phantasie finden sich auf einer
sonst leer gebliebenen Seite (S. 32) die mit Bleistift geschrie-
benen Worte:
pastoral Sinfonie keine Maler ey sondern worin die Em-
pfindnngen ausgedrückt sind
welche der genuss des Landes im Menschen hervorbringt
ivobei einige gefühle des Landlebens geschildert werden —
Ruhm sey Gott, in der höh
im Kirchenstyl
heilig im Kirchenstyl
Flauto piccolo Seh . . .
statt pleni sunt coeli Es jauchzen die Himmel die Erde
statt osanna amen
gellerts Lieder könnten dabei gute Dienste thun.
» auf dringendes Verlangen Beethoven's« gedichteten Oratorium »Saul<
und von andern zur Composition bestimmten Dichtungen die Rede ist,
von jenem Text nichts erwähnt wird. Auch sprechen innere Gründe
gegen die Autorschaft Kuffner's. Man muss sich vergegenwärtigen, das*
es hier galt, zu einer gegebenen Melodie Worte zu finden, deren Inhalt
im Allgemeinen gewiss von Beethoven vorher angedeutet war. Die
Worte, die gefunden wurden, sind gewiss von keinem unserer grössten
Dichter, aber sie zeigen in der Lösung jener Aufgabe ein Verständnis 1 *
für die Musik, eine Geschmeidigkeit in der Sprache und einen Schwung,
den man in Kuffner's Gedichten schwerlich finden wird. Eher kann
Friedrich Treitschke der Dichter sein. Und diese Vermuthung wird
dadurch unterstützt, dass Beethoven, als er im Jahre 1809 und ungefähr
ein halbes Jahr später den Text zu einem in »Christus am Oelberg*
einzulegenden neuen Chor haben wollte, gleich an Treitschke denkt.
505
Zur Erläuterung Folgendes.
Am 22. December 1808 gab Beethoven ein Concert, in
dem u. A. die Pastoral-Symphonie und das Gloria und Sanctus
aus der Messe in C-dur zum ersten Mal in Wien aufgeführt
wurden. In jenen Bemerkungen ist es theils auf die Abfas-
sung eines kurzen erklärenden Titels zur Pastoral-Symphonie,
theils auf die Verdeutschung einiger Stellen aus dem Messtext
abgesehen, und die ganze Aufzeichnung gilt hauptsächlich dem
bei jenem Concert auszugebenden Programm*). In jenem Con-
cert gelangte auch die Phantasie mit Chor zur ersten Auffüh-
rung. Hieran knüpft sich das Ergebniss, dass nicht nur sämmt-
liche Skizzen zur Phantasie mit Chor vor dem Tage jener Auf-
führung geschrieben worden sein müssen, sondern dass auch
das Concert in Es-dur vor jenem Tage begonnen wurde; denn
hätte Beethoven die letzten Seiten des Skizzenbuches nicht
mit Entwürfen zum Concert angefüllt gefunden, so würde er
die Arbeit zur Phantasie mit Chor in demselben Skizzenbuche
fortgesetzt haben.
Ferner sind auf dem dem Skizzenbuch am Schluss bei-
gebundenen weissen Blatte die Worte zu lesen:
Geht es nicht mit den Liebhaber Konzerten so reise ich
gleich anfangs in der Fasten
Es gegen Ende der Fasten
Die letzte Zeile ist nicht verständlich. Bei dem Worte „Fasten' 1
kann Beethoven nicht an die Fastenzeit des Jahres 1808, zu
welcher Zeit das Skizzenbuch noch nicht in Angriff genommen
worden sein kann, sondern nur an die des Jahres 1809 ge-
*) Die Stücke aus der Messe wurden zwar mit lateinischem Text
gesungen, durften aber im Programm nicht mit lateinischen Worten
angeführt werden. In Ankündigungen des Concerts sind sie so angeführt :
»Hymne mit lateinischem Text im Kirchenstyl geschrieben
mit Chor und Solos.«
»Heilig mit lateinischem Text im Kirchenstyl geschrieben mit
Chor und Solos.«
Vgl. Schindlers Biographie, L 147 f., Reichardt's Briefe (1810),
I. 256 f. u. s. w.
506
dacht haben. Die Reise, die Beethoven anzutreten gedachte,
kann nur mit dem Ruf nach Cassel in Zusammenhang- gebracht
werden. Beethoven erhielt den Antrag, nach Cassel zu kommen,
angeblich vor dem 1. November 1808; abgelehnt wurde der
Antrag vor dem 1. März 1809*). Auf Grund dieser Daten
muss jene Bemerkimg zwischen October 1808 und März 1809
geschrieben worden sein. Zweifelhafter ist, was für Liebhaber-
Concerte Beethoven gemeint hat. Um die Zeit, von der hier
überhaupt die Rede sein kann, gab es in Wien zwei Gesell-
schaften, welche Concerte jenes Namens gaben. Eine dieser
Gesellschaften gab ihr erstes Concert im November 1807, und
ihr letztes (im Universitätssaale) am 27. März 1808. Das
Orchester stand anfangs unter der Leitung eines Dilettanten,
später unter der des Violinspielers Clement**). Die andern
Liebhaber -Concerte, bei denen Fürst Lobkowitz mit seinem
Orchester betheiligt war, fanden im Winter 1808/9 Statt; ob
auch früher oder später, ist nicht bekannt***). Der Zeit nach
*) In einem in Wien am 1. März 1809 geschriebenen, in der
Leipziger Allg. Musik. Zeitung v. J. 1809) (S. 383) abgedruckten Berichte
heisst es: »Dass Beethoven hier bleibt und nicht nach Cassel geht, ist
jetzt bestimmt.« Vgl. auch Thayers Biographie, Bd. 3, S. 47.
**) Unter Beethoven's Leitung kamen dessen zweite und vierte
Symphonie, die Coriolan- Ouvertüre (diese zum ersten Mal) und andere
Werke zur Aufführung. Vgl. Wiener »Vaterländische Blätter« v. J. 1808.
Hanslick's »Geschichte des Concertwesens in Wien« (S. 75).
***) Reichardt («Vertraute Briefe« I. 218, 465; IL 1) nennt sie die
Liebhaber-Concerte bei der Frau von Rittersburg« . Aufgeführt wurden
ausser Orchester -Compositionen, darunter in Beethoven's Gegenwart
denen Ouvertüre zu »Coriolan«, italienische Arien, Guitarre -Compo-
sitionen (von Giuliani gespielt) u. a. m. Mitwirkende und Zuhörer
waren auf drei kleine Zimmer beschränkt. Nach diesen und andern
Andeutungen, die Reichardt giebt, können die Concerte schwerlich von
der Bedeutung gewesen sein, dass Beethoven sich hätte bewogen finden
können, eigene Compositionen darin zur Aufführung zu bringen oder in
• •iner andern Art mitzuwirken. Man muss aber berücksichtigen, dass
Beethoven, als er die obige Bemerkung schrieb, möglicherweise ab-
warten wollte, ob die Concerte zu einer Mitwirkung oder Betheiligung
ich geeignet zeigen würden und dass die andern Concerte auch nicht
/••rühmt werden.
507
kann Beethoven diese letzteren Liebhaber -Concerte, und die
ersteren kann er nur in der Voraussetzung gemeint haben r
dass sie auch im Winter 1808/9 Statt finden würden.
Das chronologische Ergebniss des Skizzenbuches ist
kurz: das Concert in Es-dur wurde begonnen in der zweiten
Hälfte des Jahres 1808 und bevor die Phantasie mit Chor
fertig war.
XLVIII.
Der dritte Satz der Sonate in Es-dnr Op. 7
ist eines von den vielen Stücken, die nicht in einem Zuge,
sondern stückweise entstanden. Man kann das auf einem ein-
zelnen Bogen sehen, der augenscheinlich die Fortsetzung einer
anderwärts begonnenen Arbeit enthält und auf dessen erster
Seite zu allen Theilen jenes Satzes gehörende abgerissene
Stellen durcheinander stehen*). Es würde schwer sein, von
diesem Abgebrochenen der Entstehung etwas in der gedruck-
ten Composition, wo alles im Fluss erscheint, zu finden. Erst
später erscheinen einige grössere Skizzen, in denen die früher
gefundenen kurzen Stellen zusammengefasst werden. Nach
einer dieser Skizzen, zu der eine (mit + bezeichnete) Variante
gehört,
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510
sollte der zweite Theil des Hauptsatzes anfänglich eine Quarte
tiefer beginnen, als er jetzt beginnt. Die Skizzen zum Minore,
von denen eine so,
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machen sich wegen ihrer Schreibweise (in lauter Viertelnoten)
bemerkbar.
Auf erwähntem Bogen erscheinen später unbekannte Ent-
würfe, z. B. dieser
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die alle, wie aus ihrer Beschaffenheit hervorgeht, zu kleinen
Stücken bestimmt waren. Ohne Zweifel sind diese Stücke in
einer Bemerkung gemeint, die am Rande der letzten Seite
des Bogens steht und die so lautet:
diverse 4 bagatelles de B.
inglese laudier u. s. w.
Der Umstand, dass der Bogen keine Skizze enthält, die auf
den ersten, zweiten und letzten Satz der Sonate Op. 7 bezogen
werden kann, legt die Vermuthung nahe, dass der dritte Satz
der Sonate ursprünglich zu den in jener Bemerkung gemeinten
Bagatellen gehören sollte und er erst später der Sonate ein-
gefügt wurde.
Mehrdeutig ist eine andere Bemerkung, die auf der vor-
letzten Seite des Bogens bei der zuletzt mitgetheilten unbe-
kannten Skizze vorkommt und welche so lautet:
geschrieben und gewidmet das Con. B. C. (?) als Andenken
seines Aufenthalts in P.
512
Der mit einem Fragezeichen bezeichnete Buchstabe erscheint
als ein lateinisches C mit einem unten angefugten, nach Art
einer Cedille nach vorne gezogenen Häkchen, so dass man
ihn auch für ein G halten kann. Thayer (Biographie II, 9)
deutet die letzten Worte auf eine Gräfin Clam Gallas und auf
Prag, wo Beethoven 1796 war. Vielleicht sind die letzten
Worte auch so zu lesen: das Concert Babette Ceglevich (rich-
tig: Keglevich) als Andenken seines Aufenthalts in Pressburg*).
Keine von diesen Lesungen ist wohl als unzweifelhaft richtig
zu betrachten. Immerhin zeigt die Bemerkung, durch was
für ein Motiv Beethoven zu einer Widmung veranlasst werden
konnte.
*) Gewidmet sind der Gräfin B. Keglevich die Sonate Op. 7 und
das Concert in C-dur Op. 15. Pressburg war der Wohnsitz des Fürsten
G. Odescalchi, mit dem sich B. Keglevich im Februar 1801 vermählte.
Es mag gestattet sein, hier eine Stelle aus dem Briefe eines Neffen
der Gräfin B. Keglevich einzurücken. Die Stelle lautet: »Die Sonate
wurde von Beethoven für sie, als sie noch Mädchen und er ihr Lehrer
war, componirt. Er hatte die Marotte — eine von den vielen — dass
er, da er vis-ä-vis von ihr wohnte, in Schlafrock, Pantoffeln und Zipfel-
mütze zu ihr ging und ihr Lectionen gab.*
XLIX.
Einige Entwürfe znm Quintett Op. 16.
Von Interesse ist ein Entwurf
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zum Anfang des zweiten Satzes und ein Entwurf
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514
zum Thema des Mittelsatzes im Rondo des Quintetts für
Ciavier und Blasinstrumente in Es-dur. Beachtenswertk ist
die Stellung des Doppelschlagzeichens im 4. Takt der ersten
Skizze. Das Zeichen ist hier so geschrieben, dass dessen Aus-
führung nicht zweifelhaft sein kann. Bei manchen ähnlichen
Stellen, wo der Doppelschlag eben so auszufahren ist, ist das
Zeichen später und erst über der nächstfolgenden Note an-
gegeben.
L.
Entwürfe zum Trio Op. 11 und zu
unbekannten Stücken.
Zwei im bri Mischen Museum befindliche Bogen enthalten
zu Anfang unbekannte Skizzen und dann Entwürfe zum ersten
und zweiten Satz des Trios ftir Ciavier, Clarinette und Violon-
cell in B-dur Op. 11. Die unbekannten Skizzen nehmen den
meisten Raum ein. Sie betreffen zwei Stücke. Das erste Stück
u. s. w.
scheint in den Skizzen fertig geworden zu sein. Es ist ein
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lang ausgeführtes, rondoartiges Stück in O-dur für Ciavier
und Violoncell. Das zweite Stück (in C-moll)
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hat die Form eines Sonatensatzes. Welche Instrumente Beet-
hoven dabei im Sinne hatte, ist zweifelhaft. Immerhin können
diese Arbeiten zum Beweise dienen, dass manche Compo-
sitionen unfertig in den Skizzen liegen blieben. In einer Skizze
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516
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zum ersten Satz des Trios in B-dur ist die Notation auffallend.
Hat Beethoven beim 5. bis 8. Takt den Sopranschlüssel im
Sinne gehabt oder an eine As-Clarinette gedacht? Und hat
er im 8. Takt, als er den Bassschlüssel hinschrieb, an das
Violoncell gedacht und bei den dann folgenden Noten den
Violinschlüssel im Sinne gehabt? Die ersten Entwürfe zum
Thema des Adagios des Trios, von denen einer so,
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kommen in den ersten Takten der gedruckten Form wenig-
nahe. Man wird hier etwas an den Anfang des Menuettes in
der Sonate Op. 49 Nr. 2 (und im Septett) erinnert. Man
würde wohl zu weit gehen, wollte man vermuthen, Beethoven
habe den Anfang später nur deshalb geändert, um die Aehn-
lichkeit mit jenem Menuett zu vermeiden.
LI.
Skizzen zum Octett Op. 103.
Die anzuführenden Skizzen interessiren uns weniger an
sich, als wegen eines chronologischen Ergebnisses, das sie mit
sich fuhren.
Zwei in der königl. Bibliothek zu Berlin befindliche zu-
sammengehörende Bogen enthalten der Reihe nach: ein un-
bekanntes Lied,
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Entwürfe zum Menuett des Octetts für Blasinstrumente in Es-dur,
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Melodie *)
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*) Vollständiger ist die Stelle mitgetheilt S. 26.
518
und das Nachspiel des Liedes »Feuerfarb'« Op. 52 Nr. 2.
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Dieses Nachspiel giebt einen Anhalt. Das Lied »Feuerfarb'«
war um Neujahr 1793 fertig, ob in der ersten Fassung", wo
das Nachspiel anders lautet, oder mit obigem, offenbar später
entstandenen Nachspiel, ist nicht gewiss.*) Jedenfalls kann
nicht viel Zeit zwischen der einen und andern Fassung liegen.
Da die Skizzen zum Octett früher geschrieben wurden, als
jenes Nachspiel, so lässt sich als die Compositionszeit des
Octetts frühestens das Jahr 1792, spätestens 1793 annehmen.
Für das nach dem Octett bearbeitete, 1796 erschienene
Quintett für »Streichinstrumente Op. 4 bleiben also die Jahre
1793 bis 1796 übrig.
*) Fischenich schreibt am 26. Januar 1793 aus Bonn an Charlotte
von Schiller (Charlotte von Schiller und ihre Freunde, 3. Bd. S. 100) :
"Ich lege Ihnen eine Composition der Feuerfarbe bei .... Sie ist von
einem hiesigen jungen Mann, .... den nun der Kurfürst nach Wien
zu Haydn geschickt hat.«
In seiner ersten Fassung ist das Lied erwähnt in »Beethoveniana-
Seite 7.
LH.
Metronomische Bezeichnung der ersten
elf Streichquartette.
Bei einer früher (»Beethoveniana« S. 131 f.) unter-
nommenen Zusammenstellung der von Beethoven selbst metro-
nomisirten Werke musste die Bezeichnung der ersten elf
Streichquartette unvollständig bleiben, weil ein Exemplar des
Heftchens, welches diese Bezeichnung enthält, damals nicht
aufzufinden war. Dieses Heftchen ist inzwischen zum Vorschein
gekommen. Es ist in Sedezformat und hat den Titel:
Bestimmung
des
musikalischen Zeitmasses
nach
Mälzel's
Metronom
Zweite Lieferung
Beethoven
sämmtliche Quartetten
von dem Author selbst bezeichnet
Wien
bei S. A. Steiner u. Com]).
Na 2812.
520
Das Heftchen besteht aus 12 Seiten. Jedem Quartett ist eine
Seite gewidmet. Rechts stehen die thematischen Anfänge,
und links die Tempi mit den metronomischen Bezeichnungen.
Wir lassen die metronomischen Angaben hier folgen und ver-
weisen in Betreff des Näheren auf das oben angeführte Buch.
Quartett in F-dur, Op. 18 Nr. 1. Erster Satz: Allegro
con brio, J # = 54. Zweiter Satz: Adagio, ^ — 138. Dritter
Satz: Allegro molto, J u = 112. Vierter Satz: Allegro, J = 120.
Quartett in G-dur, Op. 18 Nr. 2. Erster Satz: Allegro, J — 96.
Zweiter Satz: Adagio, J^ - 72. Allegro (f-Takt), J - 69.
Dritter Satz: Allegro, J # = 52. Vierter Satz: Allegro molto,
quasi presto, J = 92.
Quartett in D-dur, Op. 18 Nr, 3. Erster Satz: Allegro, J = 120.
Zweiter Satz: Andante, ^ = 92. Dritter Satz: Allegro, J # = 100.
Vierter Satz: Presto, J # = 96.
Quartett in C-moll, Op. 18 Nr. 4. Erster Satz: Allegro, J = 84.
Zweiter Satz: Andante scherzoso, J. — 56. Dritter Satz:
Menuetto, Allegretto, J # == 84. Vierter Satz: Allegro, & = 66.
Prestissimo, o = 84.
Quartett in A-dur, Op. 18 Nr. 5. Erster Satz : Allegro, J. = 104.
Zweiter Satz: Menuetto, J # — 76. Dritter Satz: Andante can-
tabile, $ = 100. Poco Adagio (Takt 10 vor Schluss), $ = 88.
Vierter Satz: Allegro, * = 76.
Quartett in B-dur, Op. 18 Nr. 6. Erster Satz: Allegro con
brio, o = 80. Zweiter Satz: Adagio ma non troppo, ^ = 80.
Dritter Satz: Scherzo, Allegro, J m = 63. Vierter Satz: Adagio
(La Malinconia, |-Takt), J^ = 58. Allegretto quasi allegro
(|-Takt), J. = 88. Prestissimo (Takt 21 vor Schluss), J. = 112.
Quartett in F-dur, Op. 59 Nr. 1. Erster Satz: Allegro, J — 88.
Zweiter Satz: Allegretto vivace, J. = 56. Dritter Satz: Adagio
molto, ^ = 88. Molto cantabile (Takt 72 von Anfang), ^ = 88.
Vierter Satz: Allegro (Thöme russe), J -■ 126. Adagio ma
non troppo (Takt 19 vor Schluss), } = 69. Presto (Takt 9
vor Sehluflg), ; = 92.
521
Quartett in E-moll, Op. 59 Nr. 2. Erster Satz: Allegro, # . = 84.
Zweiter Satz: Molto adagio, J = 60. Dritter Satz: Alle-
gretto, J # = 69. Vierter Satz: Presto, & = 88. Piü presto
(26 Takte vor Schluss), & = 112.
Quartett in C-dur, Op. 59 Nr. 3. Erster Satz: Andante
con moto, J = 69. Allegro vivace, J = 88. Zweiter Satz:
Andante con moto, J. = 56. Dritter Satz: Menuetto grazioso,
J = 116. Vierter Satz: Allegro molto, o = 84.
Quartett in Es-dur, Op. 74. Erster Satz: Poco adagio,
J = 60. Allegro, J = 84. Zweiter Satz: Adagio raa non
troppo, J* = 72. Dritter Satz: Presto, J. = 100. Piü presto
quasi prestissimo (Alternative in C-dur), °' =100. Letzter
Satz: Allegretto con Variazioni, J = 100. Un poco piü vivace
(zu Anfang der 6. oder letzten Variation), J = 76. Allegro
(Takt 11 vor Schluss), J - 84.
Quartett in F-moll, Op. 95. Erster Satz: Allegro con
Lrio, J — 92. Zweiter Satz: Allegretto ma non troppo, j — 66.
Dritter Satz: Allegro assai vivace, J # = 69. Piü allegro
(24 Takte vor Schluss\ J t = 80. Letzter Satz: Larghetto, J^= 56.
Allegretto agitato, J. = 92. Allegro (Takt 43 vor Schluss —
im Verzeichniss steht das Tempo: Allegro molto), & = 92.
LIII.
Ein unvollendetes Quintett.
Im Jahre 1826 erhielt Beethoven von dem Verleger
Diabelli den Antrag, ein Quintett zu schreiben. Ob es, wie
man nach dem Verzeichniss des musikalischen Nachlasses
Beethoven's (Nr. 173) schliessen muss, ein »Violinquintett«,
oder, wie es im Briefwechsel mit Diabelli heisst, ein »Quintett
für Flöte« werden sollte, ist zweifelhaft. Beethoven ging auf
den Antrag ein und hat die Arbeit ziemlich weit geführt
Ein Satz (Andante maestoso in C-dur) ist sogar fertig und,
leider nicht in der ursprünglichen Gestalt, bei Diabelli u. Comp,
gedruckt worden. (Vgl. Thematisches Verzeichniss S. 152 und
»Beethoveniana« S. 79.) Die übrigen Sätze waren in den
Skizzen angefangen. Eine der ersten dazu gehörenden Skizzen
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findet sich in einem im Sommer 1826 gebrauchten Taschen-
skizzenheft, das ausserdem Arbeiten zu den letzten Sätzen
der Quartette Op. 135 und 130 enthält. Später geschriebene
und zahlreichere Skizzen finden sich in einem früher bei
A. Schindler, jetzt in der königl. Bibliothek zu Berlin befind-
lichen kleinen Skizzenbuch. Die ersten 12 Seiten desselben
sind beinahe ausschliesslich dem Quintett gewidmet. Dieser
Anfang (Seite 6)
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für das Scherzo und dieser (S. 5),
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geändert erscheint, für den letzten Satz bestimmt gewesen zu
sein. Von einer Verwendung der Flöte ist in den Skizzen
nichts zu sehen. Es scheint demnach, dass es auf ein Streich-
quintett abgesehen war. Beethoven ist über der Arbeit ge-
storben. Das zuletzt erwähnte Skizzenbuch ist von Seite 13
«an leer. Nach der letzten Skizze (S. 12),
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die jedoch nicht zum Quintett zu gehören scheint, ist von
Schindlers Hand bemerkt: »Dies hier auf dieser Seite sind
die letzten Noten, die Beethoven ungefähr 10 bis 12 Tage
vor seinem Tode in meinem Beisein geschrieben.«
LIV.
Der erste Entwurf zum Finale
des Quartetts Op. 130.
Bekanntlich wurde Beethoven in Folge der ungünstigen
Aufnahme, welche die ursprünglich das Finale des Quartetts
in B-dur Op. 130 bildenden Fuge Op. 133 bei der ersten
Aufführung (am 21. März 1826) fand, bewogen, ein anderes
Finale zu schreiben. Diese Arbeit wurde begonnen, als er im
Sommer 1826 mit dem Quartett in F-dur Op. 135 beschäftigt
war. Das zuerst dazu bestimmte Thema
Finale in B zum
4ten Quartett
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525
zeigt gar keine Aehnlichkeit mit dem uns bekannten. Ob es
zu bedauern ist, dass jener Ansatz verworfen wurde und
einer andern Arbeit Platz machte? Wenigstens ist ein Keim
zu dem Humor, der sich im jetzigen Finale entfaltet und
durch den es so einzig da steht, darin nicht zu finden. In
der Ueberschrift hat sich Beethoven verschrieben. Das Quar-
tett in B-dur ist von den letzten sechs Quartetten der Ent-
stehung nach das dritte.
LV.
Eine Bagatelle in A-moll.
Vor mehreren Jahren ist ein Ciavierstück in A-moll er-
schienen, das im Autograph überschrieben ist: „Für Elise am
27. April zur Erinnerung von L. v. Bthvn." In einer Ausgabe
ist 1808 als das Jahr der Composition angegeben. Worauf
sich diese letztere Angabe gründet, ist nicht gesagt. Haltbar
ist sie nicht.
Ein Bogen enthält auf der ersten Seite und auf den
obersten Systemen der vierten Seite den mit der gedruckten
Form ziemlich tibereinstimmenden Anfang und Schluss jenes
Ciavierstücks,
Nr. 12. molto qrazioso
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u. s. w.
auf der zweiten Seite eine Bemerkung
Der Tod könnte ausgedrückt werden durch eine Pause
und Entwürfe zu einem ungedruckten Marsch in F-dur,
— ^ _ ^ "n?= — ?
527
auf der dritten Seite und auf den unteren Systemen der
vierten Seite wieder Entwürfe zu jenem Marsch. Dass viel
Zeit zwischen dem Niederschreiben der angeführten ver-
schiedenen Stellen vergangen sei, ist nicht anzunehmen. Die
zum Ciavierstück gehörenden Stellen können höchstens einige
Monate vor den Entwürfen zum Marsch geschrieben sein.
Letzterer hat in einer Abschrift aus dem Nachlass des Erz-
herzogs Rudolf die Aufschrift: »Marsch für S. K. Hoheit den
Erzherzog Anton von Ludwig van Beethoven 1810 Baaden
am 3ten Sommermonath« (Juni). Die auf der zweiten Seite
vorkommende Bemerkung bezieht sich auf Egmont (vgl. Par-
titur S. 71), mit welchem Werke Beethoven im Frühjahr 1810
beschäftigt war. Hieraus ergiebt sich als die Compositions-
zeit des Ciavierstücks die erste Hälfte, genauer (mit Heran-
ziehung des auf dem Autograph angegebenen Datums): der
27. April des Jahres 1810.
Besagter Bogen ist von Beethoven mit andern Bog^n, die
ebenfalls Arbeiten zu kleinen Stücken enthalten, zusammen-
gelegt worden, und hat der erste davon die Ueberschrift »Baga-
tellen« erhalten. Die vorkommenden Stücke sind zum Theil
als Bagatellen (in Op. 119 und 126) gedruckt worden. Die
Bezeichnung des Stückes in A moll als »Bagatelle« ist also zu
vertreten.
LVI.
Skizzen zur Symphonie in C-moll and zu
einigen anderen Werken (Op. 61, 69).
Von den auf vorhandenen losen Bogen und Blättern vor-
kommenden Skizzen zur Symphonie in C-moll sind, ausser den
bereits an einem andern Orte mitgetheilten,*) einige des Heraus-
hebens und der Beachtung werth.**)
Eine in ihrem weitern Verlauf der gedruckten Form nahe
kommende Skizze zum Anfang des dritten Satzes
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zeigt in ihrem Anfang eine auffallende Abweichung von der
gedruckten Form. Der Anfang des Themas ist nach vorne ver-
längert. In Folge dieser Verlängerung macht sich das Takt-
gewicht, welches das Thema mit seinem zu zweitaktiger Glie-
derung geneigten Rhythmus verlangt, gleich beim Eintritt
fühlbarer, als es im Druck der Fall ist. Im Druck erscheinen
die eisten vier Noten des Themas im Auftakt. Beethoven hat
*) S. Beethovcniana S. 10 f. und 62 f.
*) Die meisten von den in diesem Artikel benutzten Blättern be-
finden sich in der königl. Bibliothek zu Berlin.
529
später die in der Skizze stellenden Vortakte vielleicht aus dein
Grunde entfernt, weil sie, als ein unnöthiger Ballast, als nicht
wesentlich zum Thema gehörend und ausser ihm stehend, das-
selbe in seiner melodischen Bildung beeinträchtigt haben wür-
den. Bei der ersten Wiederholung des Themas nach dem
Trio lag die Sache anders. Hier ist einer von jenen Vor-
takten stehen geblieben.
Ursprünglich sollte der dritte Satz so
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schliessen, und sollte der vierte Satz ohne Ueberleitung ein-
treten. Diese Ueberleitung, welche also später ins Auge ge-
fasst wurde, ist wiederholt und verschieden entworfen worden.
Hier einer der ersten Entwürfe dazu.
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Von den später versuchten Fassungen legen wir diese
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und diese vor.*)
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*) Die letzte von diesen Stellen ist einer Skizze entnommen, welche
vom 2. Theil des Trios des 3. Satzes bis weit in den 4. Satz hinein reicht
und, mit Ausnahme eines Theils der oben ausgezogenen Stelle, fast ganz
und im Wesentlichen mit der gedruckten Fassung übereinstimmt. Daraus
ist zu schliessen, dass, als die Skizze geschrieben wurde, die ganze
Symphonie in ihren Hauptzügen fertig skizzirt war.
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zu gehören. In allen diesen Skizzen ist von dem Orgelpunkt
auf Quint und Octav, den Beethoven in der Partitur vor dem
Finale angebrncht hat, nichts zu neben. Erst ganz zuletzt ist
Beethoven auf die jetzige Fassung gekommen, und es ist mög-
lich, dass er, als er das Werk in Partitur schrieb, noch an
531
der Stelle änderte. Diese Möglichkeit wird aus dem zunächst
Mitzuteilenden von selbst hervorgehen. Damit haben wir den
Beweis, dass die mehr eigenartig als schön zu nennende Ueber-
leitung zum letzten Satz nicht ein Werk der ersten Conception r
vielleicht das Ergebniss späterer Reflexion war.
Auf dem obersten und untersten System der ersten zwei
Seiten eines ursprünglich zur Partitur der C-moll-Symphonie
bestimmten Bogens steht eine der 1. Violine
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und eine dem Contrabass zugedachte Stelle aus der Ueber-
leitung vom dritten zum vierten Satz der Symphonie. Die
Stelle des Contrabasses stimmt mit dem Druck überein, die
der 1. Violine aber nicht. Warum Beethoven den Bogen ver-
warf, wissen wir nicht. Man kann vermuthen, er habe sich
verschrieben, oder es sei ihm eine andere Fassung der Stelle
eingefallen. Wir nehmen das Letztere an. Später fand der
Bogen eine andere Verwendung. Auf der dritten Seite des-
selben stehen 29 Takte aus dem letzten Satz der G-moll-
Symphonie von Mozart. Diese Nachbarschaft ist eine Ver-
rätherin. Sie verräth, dass die ersten neun Noten des Themas
des dritten Satzes von Beethoven's C-moll-Symphonie, der Ton-
folge (nicht dem Rhythmus und der Tonart) nach, ganz die-
selben sind, wie die ersten neun Noten des Themas des letzten
Satzes von Mozart's G-moll- Symphonie. Ob Beethoven die
Aehnlichkeit bemerkt hat? — Ferner finden sich auf den mitt-
leren Systemen der 2. Seite jenes Bogens, also zwischen den
zur Ueberleitung vom dritten zum vierten Satz der C-moll-
Symphonie gehörenden Stellen, Entwürfe zur Composition des
Goethe'schen Liedes »Sehnsucht« (»Nur wer die Sehnsucht
kennt«). Einer dieser Entwürfe
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532
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betrifft die zweite von den vier zu jenem Liede componirten
und herausgekommenen Melodien. Dieses Zusammentreffen
trägt zu einer genaueren Bestimmung der Oompojsitionszeit der
C-moll-Symphonie bei. Die vier Melodien waren nach dem
dem Originalmanuscript beigefügten Datum, am 3. März 1808
fertig. Jener Entwurf muss früher geschrieben sein, da in-
zwischen noch die dritte und vierte Melodie des Liedes ge-
schrieben werden mussten. Als der Entwurf geschrieben wurde,
war, wie aus jenem Zusammentreffen hervorgeht, die Sym-
phonie in den Skizzen ganz, in der Reihschrift bis zu Ende
des dritten Satzes fertig. Berücksichtigt man nun, dass einige
Zeit zwischen der Ausscheidung jenes Bogens und der Rein-
schrift der vier Melodien vergehen musste und dass nicht sehr
viel Zeit vergehen konnte, bis das Finale der Symphonie in
Partitur fertig geschrieben war: so wird man nicht anstehen,
die Beendigung der C-moll-Symphonie spätestens in den März
1808 zu setzen. Die Möglichkeit, dass sie schon 1807 fertig
wurde, ist damit nicht ausgeschlossen. Das Ergebniss, zu
welchem andere Skizzen geführt haben (vgl. »Beethoveniana«
S. 16 u. 69), lässt sich mit dem hier gewonnenen in Einklang
bringen.
Skizzen zur Symphonie in C-moll treffen einerseits zu-
sammen mit Skizzen zum Violinconcert, andererseits mit Ar-
beiten zur Sonate für Pianoforte und Violoncell in A-dur.
Einige zusammengehörende Bogen bringen auf einer Seite
zuerst einen abgebrochenen Entwurf
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zum Anfang des ersten Satzes der Symphonie in C-moll und
gleich darauf Entwürfe
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des letzten Satzes desselben Werkes zum Vorschein kommt.
Auf zwei andern zusammengehörenden Bogen erscheinen
zuerst Entwürfe
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zum letzten Satz der Sonate für Pianoforte und Violoncell in
A-dur und dann der gedruckten Form nahe kommende Entwürfe
534
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U. 8. W.
zum zweiten Satz der Symphonie in C-moll.
Das Violinconcert, das, wie die Skizze zeigt, damals noch
nicht weit gediehen war, war, nach der Ueberschrift des Auto-
graphs, im Jahre 1806 fertig- und soll, nach einer Angabe
C. Czerny's,*) »in sehr kurzer Zeit« componirt worden sein.
Die Sonate Op. 69 wurde begonnen 1807 und war im Anfange
des Jahres 1808 fertig. Die ersten Züge zur Symphonie in
C-moll geschahen, so viel bekannt ist, im Jahre 1803. Fertig
war sie, wie vorhin angegeben, spätestens im März 1808.
Beethoven hat also mehrere Jahre und, wie die Skizzen er-
geben, mit Unterbrechungen daran gearbeitet.
Als beachten swerth ist noch anzuführen ein früherer
und ein späterer Entwurf
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zum Scherzo der Sonate Op. 69. Beide abgebrochene Entwürfe
kommen wieder auf andern Blättern vor.
*) Pianoforte- Schule, 4 Theil', S. 117. Bei der von Czerny an-
gegebenen Jahreszahl (1808) ist wohl ein Druckfehler anzunehmen.
LVII.
Skizzen zur »Adelaide« und zu einigen
andern Stücken.
Auf einem in der königl. Bibliothek zu Berlin befindlichen
Blatte finden sich Entwürfe zum Recitativ des Bürger'schen
Liedes »Seufzer eines Ungeliebten«
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und zu den ersten zwei Sätzen des Sextetts für Streichinstru-
mente und Hörner in Es-dur Op. 81 b .
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536
Erstere Entwürfe kommen der gedruckten Form wenig, letz-
tere sehr nahe. Ferner finden sieh auf einem im Archiv der
Gesellschaft der Musikfreunde in Wien aufbewahrten Blatte
Entwürfe zu dem Schluss des zu jenem Bürger' sehen Liede
gehörenden Liedes »Gegenliebe«
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und zur »Adelaide«.
u. s. w.
Gegengunst
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Aus der Beschaffenheit dieser Skizzen geht hervor, dass das
Lied »Gegenliebe« damals bald fertig, die »Adelaide« jedoch
erst im Entstehen begriffen war. Da nach andern Ermittelun-
gen die Composition, d. i. die Vollendung der »Adelaide« in die
erste Hälfte des Jahres 1795 zu setzen ist, so ist als die wahr-
scheinliche Compositionszeit der andern in den Skizzen be-
rührten Stücke, nämlich des Sextetts Op. 81 b und des Doppel-
liedes »Seufzer eines Ungeliebten und Gegenliebe«, eine etwas
frühere Zeit, also 1794 oder Anfang 1795 anzunehmen.
Skizzen zur »Adelaide« finden sich nur auf einzelnen zer-
streuten Blättern. Die meisten Skizzen sind kurz. Von den
grösseren ist eine auf den ganzen zweiten Theil sich beziehende
die anziehendste*).
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Die Skizze ist eine von den zuletzt geschriebenen und ohne
Text. Letzterer lässt sich aber leicht unterlegen. Skizze und
Druck treffen bei den Hauptpunkten zusammen und gehen
dann wieder auseinander. Man wird bemerken, dass in der
538
Skizze das Vorspiel ohne Auftakt erscheint. Von den andern
Abweichungen lassen sich folgende hervorheben. Die gleich
nach dem Vorspiel eintretende Melodie ist im Druck um einige
Takte verlängert worden und hat dadurch mehr Schwung be-
kommen. Am Schluss dieser Melodie und im weiteren Verlauf
leidet die Skizze an einigen Wiederholungen, die im Druck
vermieden sind. Die in der Skizze im 13. Takt eintretende
Phrase wird nach vier Takten mit unwesentlicher Aenderung
auf gleicher Stufe wiederholt; im Druck erfährt sie bei der
Wiederholung eine eingreifende Aenderung. Im 33. und 34.
Takt der Skizze wird eine Stelle vom Pianoforte in derselben
Lage gebracht, in der sie vorher vorkommt; im Druck wird
sie bei ihrer Wiederholung eine Quarte höher gelegt. In der
Stelle in B-moll werden in der Skizze (Takt 52 f.) einige
Schritte unverändert, im Druck variirt wiederholt. In Folge
dieser und anderer kleinen, feinen Aenderungen, welche der
Druck aufweist, sind die Mittelpartien mehr herausgehoben
worden und hat das Ganze mehr Colorit bekommen. Der
Schluss ist im Druck neu componirt, und nur die letzten Noten
der Skizze sind beibehalten. Die Aenderungen sind ein Be-
weis, wie streng Beethoven bei der Arbeit war. Sie sind von
der Art, dass man der Ansicht wird, Beethoven habe sich
dabei weniger von der freien schöpferischen Phantasie, als
von dem, was man im engeren aesthetischen Sinne Geschmack
nennt, leiten lassen.
Erwähnenswerth sind auch zwei Stellen, welche auf einer
leer gebliebenen Seite des Manuscriptes der ungedruckten,
spätestens 1797 entstandenen Variationen für Blasinstrumente
über ein Thema aus »Don Giovanni« sich verzeichnet finden
und von denen eine
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auf die »Adelaide«, die andere
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539
auf das Lied »La partenza« zu beziehen ist. Für eigentliche
Skizzen kann man die Stellen nicht nehmen. Dafür sind sie
zu kurz; auch spricht ihr vereinzeltes Vorkommen dagegen.
Die erste Aufzeichnung lässt sich als die nachträglich versuchte
Aenderung einer früher anders lautenden Stelle betrachten. In
den Druck ist die Aenderung nicht übergegangen. Wenn man
der andern Stelle, wie sie oben notirt ist, die dazu gehören-
den Worte
Io vivrö sempre in pene.
io non avrö piü bene.
unterlegt, so kommen zwei Fehler zum Vorschein. Der erste
Fehler ist, dass die zweite Sylbe des Wortes vivrö ein
schlechtes Taktglied bekommt; der andere, dass das Wort
non auf eine gute Taktzeit fällt und daher, den andern
Worten gegenüber, zu sehr betont ist. Beide Fehler sind im
Druck vermieden, und gewiss war Salieri an deren Beseitigung
betheiligt. Vgl. »Beethoven's Studien«. I. 227.
LVIII.
Ein Skizzenheft ans dem Jahre 1824.
Dasselbe befindet sich, einem andern Hefte beigebunden,
in der königl. Bibliothek zu Berlin und besteht ans 30 Blättern
in Querformat mit theils 12, theils 16, theils 8 Notenzeilen
auf der Seite. Die nicht nur in der Rastrirung, sondern auch
in der Farbe des Papiers verschiedenen Blätter waren, bevor
sie, ohne Zweifel von Beethoven selbst, zu einem Hefte ver-
einigt wurden, an mehreren Stellen beschrieben. Dieser Um-
stand macht es rathsam, die vor der Heftung und zu verschie-
dener Zeit geschriebenen Skizzen und Aufzeichnungen von den
nach der Heftung und in chronologischer Folge geschriebenen
in der Betrachtung zu trennen.
Als der früheren Zeit angehörend sind zu erwähnen: ein
Entwurf zum ersten Satz der neunten Symphonie; Andeutungen
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35
2
wieder die
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2 Hände
etc.
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zu einem vierhändigen Clavierstttck;*) Reihen von Sext- und
Quartsext-Accorden u. dgl. und (auf der andern Seite) eine
*) Die Arbeit, zu der BeethoveD hier ansetzt, ist nicht zur
Ausführung gekommen, wenn auch in Briefen wiederholt von einer
solchen die Rede ist. L. Nohl (Biogr. HT, 855) erwähnt eines am
7. August 1819 von Beethoven geschriebenen Briefes, in dem es sich
541
von fremder, ausclieinlich von eines Knaben Hand geschriebene,
den Quintsext-Accord betreffende Hebung aus Türk's »Kurze
Anweisung zum Generalbassspielen« (1. Ausg., § 132, S. 181)*);
ein Ansatz
Messe aus cis-moll
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zu einer dritten Messe; ein mit der gedruckten Form nicht
ganz übereinstimmender Entwurf
Die Flam-me
um eine vierhändige Sonate in F handelt. Dass die obige Skizze nicht
dieser Sonate gelten kann, geht aus der Verschiedenheit der Tonarten
hervor. Die Tonart der Skizze ist entweder Es-dur oder E-dur. Schindler
theilt mit CBiogr. IT, 95), Beethoven habe i. J. 1824 von dem Verleger
Diabelli den Antrag erhalten, eine vierhändige Sonate zu schreiben und
Beethoven habe diesen Antrag angenommen. Am 24. August 1824 schreibt
Beethoven an Diabelli u. Comp.: »Es war mir nicht möglich, Ihnen
eher zu schreiben. Sie wünschen eine, grosse 4 händige Sonate. Es
liegt zwar nicht in meinem Wege d. g. zu schreiben, aber ich will
Ihnen gern meine Bereitwilligkeit hierin zeigen, und werde sie schreiben.«
In einem späteren Briefe an die Verlagshandlung schreibt Beethoven,
sie würde »die 4händigen Sonaten ganz gewiss« von ihm erhalten.
Dem Verleger Schlesinger schreibt Beethoven am 15. Juli 1824 von einer
vierhändigen Ciaviersonate. Dass Beethoven im Sinne hatte, ein solches
Werk zu componiren, kann demnach nicht bezweifelt werden. Ausser
der oben mitgetheilten Skizze findet sich aber in den uns bekannten
Skizzenbüchern aus der späteren Zeit nichts, was auf eine solche Com-
position bezogen werden könnte.
*) Das Blatt, das diese Aufzeichnungen enthält, war offenbar ur-
sprünglich für den Unterricht bestimmt. Der Schüler war Beethoven's
Neffe, Karl, und der Lehrer war der Oheim selber. Die Seite, auf der
die von Beethoven geschriebenen Accorde stehen, erscheint verkehrt ein-
geheftet, so dass man, wenn man sie lesen will, das Heft umwenden muss.
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zum Opferlied Op. 121b; ein Entwurf
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zum Anfang desselben Liedes, aber ohne Text und mit
metrischer Bezeichnung, wobei zu bemerken ist, dass letztere
zuerst hingeschrieben wurde und dass es diesem Umstände
zuzuschreiben ist, wenn, wie man es an einigen Stellen in
dem mitgetheilten Bruchstück sehen kann, das Zeichen der
Kürze nicht immer an der richtigen Stelle angebracht ist; einige
Versuche
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im Fünfvierteltakt; Entwürfe
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zu einer Bach-Ouverture; ein mit der gedruckten Fassung nicht
ganz tibereinstimmender Entwurf
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zum Bundeslied Op. 122; endlich wieder ein Ansatz (inDes-dur)
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zu einem für die dritte Messe bestimmten Dona nobis pacem.
Die nach der Heftung geschriebenen und ins Jahr 1824
zu setzenden Skizzen betreffen ausschliesslich Compositionen
für Streichquartett. Zuerst (S. 1 bis 42) erscheinen Skizzen
zum dritten Satz des Quartetts in Es-dur Op. 127. Die ersten
Skizzen sind auf die Bildung des Hauptthemas gerichtet. Sie
sind kurz, sind flüchtig geschrieben und geben kein deutliches
Bild. Das in ihnen gewählte Motiv zeigt wohl hin und wieder
eine Aehnlichkeit mit dem in der gedruckten Partitur vorkom-
menden, jedoch erscheint es auch anders. Der Vordersatz des
achttaktigen Themas bewegt sich zwar ungefähr eine Octave
aufwärts, der Nachsatz abwärts, und ist letzterer wenigstens
in einer Skizze einer andern Stimme tibergeben als ersterer,
jedoch wird der Nachsatz nicht, wie es in der Partitur der
Fall ist, durch Umkehrung des Vordersatzes gewonnen. Dieser
Schritt geschieht erst später (S. 32).
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die Tonart der Parallele zur Aufstellung des Themas, und
hier (S. 34)
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erscheint letzteres in der Lage, in der es im Druck gebracht
wird. Es scheint also, dass Beethoven erst im Verlauf der
Arbeit auf den Gedanken kam, das Mittel der Umkehrung zur
Bildung des Nachsatzes anzuwenden und letzteren einer andern
Stimme zu übergeben.
Einige der später geschriebenen Skizzen bringen Erschei-
nungen, die über das in der Partitur erreichte Ziel hinaus-
gehen. So ist z. B. in einer auf vier Systemen geschriebenen
Skizze (S. 42) jedem der vier Instrumente theils ein eigenes
Motiv, theils eine besondere Notengattung übergeben, die es
acht Takte hindurch beibehalten und fortführen soll. Die erste
Violine bekommt in jedem Takt
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eine Viertelpause und eine Halbnote, die zweite Violine hat
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eine aus dem Hauptmotiv entstandene Klausel, die Viola
bekommt durchweg Viertel- und das Violoncell Achtelnoten.
Dabei stehen folgende Bemerkungen:
alle 4 Stimmen auf eine jede un altrum cantum —
bei jeder Wiederholung alle 4 St. umgewandt.
Wenn Beethoven unter dem letzten Worte, wie wir annehmen,
verstand: versetzt oder verwechselt (nicht: mit oder ohne Ver-
wechslung der Stimmen in Gegenbewegung aufgestellt), so
hatte er es auf den vierfachen Contrapunkt abgesehen.
545
Etwas räthselhaft sind die rhythmischen Versuche, welche
Beethoven (S. 42) in vier abgebrochenen Skizzen
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mit einem Motiv anstellt. Sie können nur der Stelle kurz vor
Eintritt des Trios (Presto) und der Coda gelten. Jedoch ist
anzunehmen, dass die Umgebung, in der sie sich Beethoven
dachte, damals eine andere war, als auf die wir sie jetzt be-
ziehen.
Inmitten der Entwürfe zum Quartettsatz linden sich (S. 3
bis 43) Entwürfe zürn zweiten Satz desselben Quartetts, über
welche bereits anderwärts berichtet ist*), und (S. 9) zwei
Choralzeilen, von denen eine
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nicht figurirt, die andere etwas figurirt ist. Der Gedanke,
mit dem sich Beethoven in diesen letzten Ansätzen beschäftigt,
ist bald darauf in anderer Weise zur Ausführung gekommen.
*) Siehe den Artikel XXII.
35
546
Später (S. 43 bis 55) erscheinen Entwürfe zum letzten
Satz des Quartetts Op. 127. Das Thema hatte anfangs, wie
diese zwei Skizzen zeigen,
ig i = i jjji§iii§iii iii
etc.
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eine kürzere Fassung, als es jetzt hat. Anführen lässt sich
noch eine verworfene, ursprünglich zur Mittelpartie desselben
Satzes bestimmte Skizze (S. 53)
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und ein Entwurf (S. 54),
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dessen Fassung mit einigen Aenderungen beibehalten wurde.
547
Bald nach Beginn dieser Arbeit geschahen auch die ersten
Züge zum ersten Satz des Quartetts in A-moll Op. 132. Zu-
erst wird zum Hauptthema angesetzt. Auf die Bildung des-
selben sind mehrere, meistens abgebrochene Skizzen gerichtet,
z. B. diese
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mit einer später geschriebenen Variante,
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dann diese (S. 46),
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diese (S. 46)
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11. s. w.
diese (S. 47)
S
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und diese (S. 57).
^~f ffi-1 l fr Q
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35'
548
Ansätze, die auf die Einleitung bezogen werden können, finden
sich hier (S. 52),
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hier (S. 56)
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und hier (S. 57),
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wo das gesuchte Motiv gefunden ist. Zur Auffindung desselben
können andere Skizzen beigetragen haben. Hiervon späten
Aus den übrigen Skizzen heben wir eine (S. 57) aus
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wegen ihres Beethoven'schen Zuges und weil man in ihr das
Embryo zu einer in der Partitur ganz anders gefassten Stelle
(Takt 10 bis 12) des Allegros sehen kann.
549
Nun wird auch bald zu andern Sätzen desselben Quartetts
angesetzt. Der letzte Satz sollte ursprünglich diesen Anfang
(S. 49)
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bekommen. Gleich darauf (S. 49)
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erscheint das wirklich gewählte Thema, jedoch mit merklichen
Abweichungen von der gedruckten Form.*) Dieser Anfang (S. 50)
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war dem zweiten und dieser (S. 51)
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*) Eine früher geschnobene Skizze, welche Anklänge au das Thema
enthält, ist S. 180 angeführt.
550
dem dritten Satz zugedacht. Der ersten Intention nach sollte
also, so ist aus den Skizzen zu entnehmen, das Quartett aus
vier Sätzen bestehen.
Noch ist von einer Erscheinung Kenntniss zu nehmen.
Unmittelbar vor und nach der zuerst mitgetheilten Skizze zur
Einleitung des Quartetts in A-moll ist (S. 52)
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ein Fugenthema in zwei verschiedenen Fassungen verzeichnet,
und zwar stehen diese drei erwähnten Skizzen im Räume
dreier Notenzeilen übereinander. Dasselbe Fugenthema wird
bald darauf (S. 53)
Thema
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nochmals in anderer Lage aufgestellt. Das skizzirte Fugen-
thema kann für keine der Arbeiten, die Beethoven damals
vorhatte oder an die er denken konnte, bestimmt gewesen
sein. Wir müssen also jene Skizzen, wie so manche andere,
für Aufzeichnungen halten, die vor der Hand keine Bestim-
mung hatten. Unbenutzt liegen geblieben sind sie aber nicht.
Es ist aus ihnen später das Thema der Quartettfuge Op. 133
hervorgegangen. In den diese Fuge betreffenden Skizzen wird
das Thema zuerst in einer Fassung
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aufgestellt, die über dessen Abstammung und über die Herüber-
nahme aus dem vorliegenden Heft keinen Zweifel lässt. Später
wird es so
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551
und so
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und noch anders verändert, bis die endgiltige Form gefunden
ist*). Aber auch aus der Nähe, in welcher in vorliegendem
Heft die Skizzen zum Fugenthema zu der Skizze zur Einleitung
des A-moll- Quartetts stehen, lässt sich ein Ergebniss ziehen.
Es ist wahrscheinlich und wird fast zur Gewissheit, dass Beet-
hoven aus den Skizzen zum Fugenthema das aus vier Ganz-
noten bestehende Motiv geschöpft hat, mit dem der erste Satz
des Quartetts in A-moll eingeleitet wird und das auch später
darin zur Verwendung kommt. Von jenen Fugenskizzen wäre
also eine zweifache Wirkung ausgegangen.
Keiner der im Skizzenheft berührten Quartettsätze hat
darin seine endgiltige Fassung gefunden; sogar deren Haupt-
themen sind nicht alle endgiltig festgestellt; länger fortgespon-
nene Skizzen kommen wenig vor; und unter den nach der
Heftung geschriebenen Skizzen findet sich keine, die nicht als
eine Quartettarbeit gedeutet werden könnte. Mit diesen Er-
scheinungen macht das Heft den Eindruck, dass es Beethoven
vor Allem auf rasche Conception, auf das Hinwerfen einer
Anzahl Skizzen ankam, die nöthig waren, um den Grundstock
zu mehreren Quartettsätzen zu bilden, und deren weitere Aus-
führung einer späteren Zeit überlassen wurde.
*) Siehe Artikel I.
LIX.
Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1816.
Dasselbe befindet sich, einem andern Hefte beigebunden,
in der königl. Bibliothek zu Berlin, ist in Querformat, besteht
aus 16 Blättern und hat auf jeder Seite 16 Notenzeilen. Ur-
sprünglich war das Heft grösser; es fehlen Blätter. Audi
mögen die zwei ersten Blätter ursprünglich nicht dazu gehört
haben. Ein chronologisches Ergebniss ist aus dem Hefte nicht
zu ziehen.
Zuerst (S. 1) erscheinen Skizzen
Marsch .... für die
trombe
u. s. w
zu einem Marsch, dessen Bestimmung unbekannt ist. Die
dann folgende Arbeit (S. 5 bis 31) betrifft fast ausschliesslich
den zweiten und dritten Theil des letzten Satzes der Sonate
für Ciavier in A-dur Op. 101. Angefangen wurde dieser Satz
in einem an anderer Stelle beschriebenen Skizzenbuche.*)
*) Siehe Artikel XXXV. Die Sonate Op. 101 zeigt im Autograph
das Datum »1816 im Monath November« und erschien im Stich im
Februar 1817. Diese Daten können hier wiederholt werden, weil Thayer
im dritten Bande von »Beethoven's Leben« (S. 382) die unrichtige An-
gabe, die Sonate sei am 15. (18. Februar? — Thayer giebt den Monat
nicht an) 1816 öffentlich gespielt worden, aufrecht hält. Urheber dieser
Angabe scheint Schindler (Biogr. I. 240) zu sein.
553
Jedoch schliessen sich die hier und dort vorkommenden Skiz-
zen nicht aneinander an. Zwischen beiden Heften muss eines
liegen, das zur Ausbildung des ersten Theils jenes Satzes ge-
dient hat. Ein grosser Theil der im vorliegenden Heft vor-
kommenden Skizzen gilt dem Fugato. Das zu Grunde liegende
Thema erscheint in verschiedenen Fassungen, z. B. hier (S. 5) so,
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hier (S. 5) so,
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und hier (S. 11) so.
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Nach der ersten der hier mitgetheilten Skizzen scheint es, dass
das Fugato ursprünglich in einer der Oberstimmen (also zwei
Octaven höher, als im Druck) begonnen werden sollte. In
Betreff der zweiten Skizze, wo das Thema in einer andern
554
Tonart (D-dur) auftritt, ist zu bemerken, dass Beethoven an-
fangs daran dachte, auch in der Coda des Satzes ein Fugato
anzubringen. Wo dieses Fugato beginnen sollte, kann man
bei dieser Skizze (S. 6) sehen.
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In andern Skizzen werden Engführungen gesucht, und am
Schluss dieser zum Ende des zweiten Theils gehörenden Skizze
(S. 27)
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555
ist es auf eine Vergrösserung des Hauptmotives abgesehen,
von der wenig in den Druck tibergegangen ist. Auf andere
Stellen sich beziehende Skizzen können wir übergehen. Die
Skizzen nähern sich allmählich der endgiltigen Form, und es
scheint, dass die Arbeit zu dem Satze im vorliegenden Hefte
ganz zu Ende geführt wurde.
Anzuführen ist noch ein zwischen den Skizzen zum Sonaten-
satz (S. 32) vorkommender Ansatz mit einer Bemerkung,
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später im Quartett in A-moll zur Anwendung kam, und (S. 32)
ein Ansatz
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mit 4 Stimmen
Lisch aus, mein Licht, sonst hast du lu - stig auf-ge-brannt
zu dem Liede »Resignation«, aus dem hervorgeht, dass Beet-
hoven dasselbe anfangs mehrstimmig behandeln wollte.
LX.
Entwürfe zu Clärchens Liedern.
Eine ziemlich beträchtliche Anzahl meistens auf einzelnen
Blättern vorkommender Skizzen giebt Gelegenheit, den Weg
zu beobachten, den Beethoven bei Composition der Lieder
Clärchens nahm. Am meisten nimmt das erste Lied unser
Interesse in Anspruch.
Die Arbeit beginnt mit der Vornahme einzelner Text-
abschnitte und kommt in den ersten Skizzen, z. B. in dieser,
Die Trommel ge-riihret
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über eine prosodische Behandlung des Textes nicht hinaus.
Eine Wortmelodie wird gesucht, und ein Streben nach volks-
tümlicher Fassung, nicht nach Charakterisirung ist bemerkbar.
Diese declamatorische, die einfachste Liedform anstrebende
Behandlung des Textes wird aufgegeben. Beethoven tritt dem
Inhalt des Gedichtes und damit der Situation näher. Er gebt
auf den Sinn einzelner Wörter und auf ein Ausmalen derselben
ein. Die Trommel
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557
wird ins Spiel gebracht, ein marschartiger Zwischensatz
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wird aufgestellt und bald gesellt sich auch das Soldatenpfeif-
chen hinzu. Diese in kurzen und abgebrochenen Skizzen
niedergelegten Vorbereitungen führen zu einer grossen Skizze,
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in der alle Elemente der Tonmalerei, die das Gedicht bieten
konnte, vereinigt . sind. Beethoven hat des Dichters Worte
wörtlich genommen. Das unschuldige Bürgermädchen hat sich
emancipirt. Man sieht sie schreiten, marschiren, und sie singt
ein mit allem Zubehör ausgestattetes munteres Soldatenlied.
Diese realistische Auffassung macht einer idealistischen
Platz. Beethoven fasst das Bild Clärchens in den weitesten
Rahmen und, von der nächsten Umgebung absehend und den
dunkeln Hintergrund der Dichtung im Auge, giebt er ihm
einen dtistern Zug. Clärchen, das Schicksal ihres Geliebten
ahnend, singt kein munteres Lied mehr. An die Stelle der
bisher vorherrschenden Durtonarten (B-, G- und D-dur, — nur
eine kleine Skizze hat H-moll) tritt eine Molltonart (F-moll),
und bei dieser wird geblieben. Aus den dieser Auffassung
angehörenden Skizzen ist die gedruckte Fassung hervorge-
gangen*).
Die Composition des Liedes hat also drei Stadien durch-
laufen. Beethoven ist von einer lyrischen Behandlung der ein-
fachsten Art ausgegangen, hat dann ein dramatisch ausge-
stattetes Charakterlied aufgestellt und ist schliesslich auf eine
*) Später geschriebene, der gedruckten Form entsprechende Skizzen
finden sich in einem Skizzenheft aus dem Jahre 1810. Siehe den
Artikel XXX.
559
symbolische Darstellung geführt worden. Man hat die Auf-
fassung, zu der Beethoven gelangt ist, getadelt und gesagt,
das Lied sei nicht einfach genug, sei zu opernmässig behan-
delt, sei für das Schauspiel viel zu sehr geschmückt u. s. w.
Wie dem nun auch sein mag: aus den Skizzen ergiebt sich,
dass die getadelte Auffassung das Resultat verschiedener Ver-
suche war und dass zu den von Beethoven verworfenen Auf-
fassungen eben diejenige gehört, aufweiche in jenen Einwürfen
als die richtige hingedeutet wird. Nach diesem Ergebniss
kann nicht bezweifelt werden, dass Beethoven das Lied mit
Absicht so componirt hat und dass er die von ihm gewählte
Auffassung für die geeignetste hielt. Man muss das Lied
nehmen, wie es ist. Es ist ein echt Beethoven'sches Produkt.
Ist das Lied fehlerhaft aufgefasst, so ist der Fehler in der
subjectiven Natur Beethoven's, in seiner Neigung zu charak-
terisiren und zu symbolisiren zu suchen.
Die Skizzen zum andern Liede Clärchens bieten eine Er-
scheinung, die der bei dem ersten Liede beobachteten fast
entgegengesetzt ist. Beethoven hat sich gleichzeitig mit zwei
verschiedenen Bearbeitungen getragen, und scheint ihm die
Wahl zwischen beiden nicht leicht geworden zu sein. Skizzen
zur einen Bearbeitung stehen zwischen Skizzen zur andern.
Eine von diesen Bearbeitungen ist in den Druck übergegangen.
Von der andern Bearbeitung giebt folgende Skizze eine Vor-
stellung.
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Wie man sieht, ist der darin vorkommende Refrain in anderer
Taktart derselbe, den das Lied im Druck hat. Möglich, dass
Beethoven der Bearbeitung im f-Takt zuletzt deswegen den
Vorzug gegeben hat, weil sie einfacher ist und die Worte in
ihr nicht so oft unterbrochen werden.
LXL
Frühe Compositionen.
Unter dieser Ueberschrift mag von den der frühen und
frühesten Zeit Beethoven's angehörenden, bisher nicht erwähn-
ten Skizzen zu Compositionen eine kleine Anzahl vorgeführt
werden.
Um 1790 wurde nach einer Skizze, welche so
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u. s. w.
Im Arm der Lie- be
anfangt, das Liedchen von der Kühe (Op. 52 Nr. 3) concipirt*).
Dass das Lied »Wer ist ein freier Mann?« sehr früh com-
ponirt wurde, sagt schon Wegeier (Biogr. Not. S. 47). Wir
dürfen jedoch das Wort »sehr früh« nicht im engsten Sinne
nehmen. Auf einigen der Bonner Zeit angehörenden Blättern
finden sich Skizzen, von denen eine, deren Oberstimme so
Vier männliche Stimmen
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u. s. w.
beginnt, mit der gedruckten Bearbeitung nichts gemein hat.
Eine Annäherung an die gedruckte Form ist bei dieser ab-
gebrochenen
*) Ueltzen'8 Gedicht erschien zuerst im Göttinger Musenalmanach
für das Jahr 1788.
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562
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sichtbar. Pfeffel's Gedieht erschien zuerst mit einer Compo-
sition von C. F. G. Schwenke im Vossischen Musenalmanach
für 1792. Seinem Inhalte nach kann das Gedicht durch die
französische Revolution hervorgerufen worden sein. Auf Grund
jener Jahreszahl und des früher Erwähnten können obige Skiz-
zen nur in die Zeit zwischen Ende 1791 und November 1792
fallen. Auffallend ist die Aehnlichkeit einiger Stellen in Beet-
hoven's Composition mit einigen Stellen in Schwenke's Com-
position, so dass man nicht umhin kann, einen Einfluss der
letzteren auf die erstere anzunehmen. So beginnt z. B.
Schwenke's Composition
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u. s. w.
Wer ist ein freier Mann?
mit einer Wendung, die Beethoven ganz ähnlich später an-
bringt. Beethoven's Composition ist in zwei autographen Be-
arbeitungen vollständig vorhanden. Beide weichen etwas von
einander ab und gehören der ersten Wiener Zeit an. Eine
Bearbeitung stimmt mit der gedruckten Form tiberein.
563
Früh oonoipirt wurde ferner das Flohlied (Op. 75 Nr. 3).
Der früheste Entwurf dazu
Es war einmal ein König
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der Anfang
wird das
Ende
kann der Handschrift nach 1790 oder später, aber aus dem
Grunde nicht vor 1790 geschrieben worden sein, weil der Text
(in Goethe's »Faust. Ein Fragment«) erst in jenem Jahre ge-
druckt wurde. Ein später, der Handschrift nach gegen 1800
geschriebener Entwurf
Es war einmal ein König
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knüpft an jenen Entwurf an und stimmt an einigen Stellen
mit der gedruckten Bearbeitung tiberein. Wie man sieht, ist
ein »Chorus« darin angebracht, jedoch fehlt die Spielerei des
Knickens, wie sie der Druck bringt.
36*
564
Als frühe, längst vor dem Jahre 1800 entstandene Com-
positionen nennen wir nach vorhandenen Skizzen noch die
Melodien des achten und zwölften von den i. J. 1803 erschie-
nenen zwölf Contretänzen.
Eine Skizze zum Anfang der ersten der mit Opuszahlen
versehenen Ciaviersonaten darf wohl als eine Merkwürdigkeit
betrachtet werden. Hier ist sie.
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Uebereinstimmendes mit der gedruckten Form bietet die Skizze
genug. Anfang und Ende des ersten Theils des Sonatensatzes
sind im Wesentlichen festgestellt. Aber auch Abweichendes
kommt vor. (In der Vorzeichnung hat man sich ein P hinzu-
zudenken.) Das Hauptmotiv und die im 2. Takt eintretenden
begleitenden Accorde setzen in der Skizze auf guten Takt-
theilen ein, correspondiren also insofern rhythmisch miteinander.
Im Druck hingegen hat das Hauptmotiv bei seinem ersten Ein-
tritt einen Auftakt, die Begleitungsfigur eine Vorpause bekom-
men. Die Mitte fällt auf den ersten Blick durch ihre Ver-
schiedenheit vom Druck auf. Im Druck herrscht das melo-
dische Wesen, in der Skizze Passagenwerk vor. Wenn man
jedoch die harmonische Grundlage dieses Passagenwerks auf-
sucht, so wird man finden, dass dieser im Druck verwendete
Bassgang
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darin versteckt ist.
Das Blatt, auf dem die Skizze vorkommt, enthält eine
Randbemerkung
noch ein halbes Jahr in dem C. — [Contrapunkt] und
er kann arbeiten was er will
567
und ausserdem Entwürfe zu dem ungedruckten Liede »Dein
Silber schien durch Eichengrün«. Letztere entstanden früher,
als die Sonatenskizze. Jene Bemerkung klingt, als wenn sie
aus Joseph Haydn's Munde käme. Gewiss sind es Worte
eines Andern, die Beethoven angehen.
Hier mag denn auch des Verhältnisses gedacht werden,
welches sich zwischen den ersten sechs oder sieben Takten
einer der frühesten Bonner Zeit angehörenden Skizze
Presto. Sinfonia.
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u. s. w.
und dem Anfang des ersten Allegro's (in Es-moll) in dem
zweiten der i. J. 1785 componirten drei Ciavierquartette be-
obachten lässt. Beide Stücke haben in verschiedener Tonart
im Wesentlichen dasselbe Anfangsthema. Wahrscheinlich hat
Beethoven jenes ursprünglich für einen Symphoniesatz be-
stimmte Thema später eben so wissentlich benutzt, wie es bei
einigen aus jenen Ciavierquartetten in die Ciaviersonaten Op. 2
Nr. 1 und 3 hinübergenommenen Themen und Gängen ge-
schehen ist. An einer Stelle des Blattes, welches die obige
Skizze enthält, macht Beethoven die Notiz: »macht zusammen
4 r. und 3 g.« Ueber den Ort, wo das geschrieben wurde, ist
nicht zu zweifeln.
LXIL
Skizzen zu den Variationen Op. 120
finden sich an verschiedenen Orten und meistens auf losen
Bogen und Blättern, und was diese Vorlagen enthalten, ist
nur geeignet, Einzelheiten aus dem Verlauf der Arbeit vor
Augen zu legen.
Die ältesten von den vorhandenen Skizzen
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sind mit Bleistift geschrieben und flüchtig hingeworfen. Man
sieht die Arbeit noch in ihrem ersten Stadium begriffen.
Meistens ist nur der Anfang und das festzuhaltende Motiv
einer Variation angegeben. In der skizzirten l., 2. und 6.
Variation lassen sich die Embryonen der gedruckten 3.', 4. und
7. Variation erkennen. Bemerkenswerth ist, dass Beethoven
in jenen Skizzen, dem Grundbass des Themas folgend, im
ersten Abschnitt (nämlich in den ersten vier Takten, vom
ersten Auftakt bis zum zweiten Viertel des vierten Taktes ge-
zählt) die tonische Basis nicht verlässt und sich erst beim Ein-
tritt des zweiten Abschnittes zur Dominante wendet, und dass
hingegen in später geschriebenen Skizzen und im Druck (bei
der 3. und 4. Variation) die Wendung zur Dominante früher
und noch vor Schluss des ersten Abschnittes geschieht. Diese
»Licenz« war also anfangs nicht da.
Später geschriebene Skizzen, z. B. diese
Vielleicht so anfangen
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-4» — •-
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±*H*J
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zeigen die Arbeit vorgeschritten. Beethoven sucht schon das
zu fugirende Thema der 32. Variation, und in einer Skizze
zur 3. Variation ist (zu Anfang des 4. Taktes) die vorhin er-
wähnte Wendung zur Dominante schon erfolgt. Vorstehende
Skizzen wurden gegen Ende 1822 geschrieben.
Eine in ziemlich dieselbe Zeit fallende Gruppe von Skizzen
betrifft die 10. bis 22. Variation. Die Skizze zur 18. Variation
Presto
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ist zu Anfang mit »Presto« bezeichnet. Im Autograph hat
Beethoven das Tempo: »Poco moderato« und im Druck ein
noch langsameres Tempo (Moderato) gewählt. Von den übrigen
Skizzen ist eine zur 11.
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und eine zur 22. Variation heiTorzuheben.
U. 8. W.
Aria Don Giovavni
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8. W.
571
Eine Skizze zur 20 Variation ist mit der Zahl 17 versehen.
Hieraus lässt sich der Schluss ziehen, dass von den ersten 20
Variationen drei noch nicht angefangen waren.
Wieder andere Blätter zeigen die Arbeit
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etc.
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der Beendigung nahe. Beethoven arbeitet an den letzten
Variationen. In den Skizzen zur 32. Variation wird das zu
fugirende Thema vergrössert und in verschiedenen Taktarten
aufgestellt. Man wird dabei an eine Form der alten Canzone
erinnert, der man bei Frescobaldi, A. Poglietti und noch bei
J. S. Bach begegnen kann.
572
Zu den zuletzt geschriebenen, wieder auf andern Blättern
befindlichen Skizzen gehören auch einige zur 3., 4., 9. und
10. Variation. Der Anfang einer derselben ist in den »Beet-
hoveniana« mitgetheilt.
Aus der Umgebung, in welcher mehrere der erwähnten
und angegebenen Skizzen erscheinen, ist zu schliessen, dass
Beethoven mit Unterbrechungen an den Variationen arbeitete.
Die unterbrechende Arbeit war meistens die zum ersten Satz
der neunten Symphonie. Beendigt wurde die Arbeit zu den
Variationen spätestens im Frühjahr 1823. Wann sie begonnen
wurde, ist aus den Skizzen nicht zu ersehen. Die Angabe
Schindlers (Biogr., II. 34), die Verlagshandlung Diabelli u.
Comp, habe »in der Winterzeit von 1822 auf 1823 einer
grossen Anzahl Componisten den Plan zur Herausgabe eines
Collectiv -Werkes von Variationen für Pianoforte vorgelegt«
u. s. w., ist, was das Datum betrifft, unrichtig. Dass jene Ver-
lagshandlung ihren Plan viel früher ausgeheckt hatte, lässt
sich durch den von Franz Schubert gelieferten Beitrag be-
weisen. Dieser Beitrag zeigt im Autograph das Datum: »März
1821«. Man wird sich aber damit auch noch nicht zufrieden
geben wollen, wenn man einen Brief liest, den Beethoven am
10. Februar 1820 an Simrock schrieb und in dem Beethoven
eine Composition mit den Worten erwähnt: »Grosse Ver-
änderungen über einen bekannten Deutschen — welche ich
Ihnen unterdess nicht zusagen kann«. Beethoven kann damit
nur die Variationen Op. 120, die aber noch lange nicht fertig
waren, gemeint haben. An das von ihm gebrauchte Wort
»Deutschen« darf man sich nicht stossen. Die Benennungen
Deutscher, Deutscher Tanz und Walzer waren damals
bei den Componisten in Wien gleichbedeutend. In dieser
Hinsicht lässt sich auf einige Compositionen Fr. Schubert's
verweisen, welche einmal diesen, ein ander Mal jenen Namen
tragen. Man sehe im Thematischen Verzeichniss der Werke
Schubert's z. B. (S. 23 ff.) die verschiedenen Ueberschriften der
Tänze Op. 18 Nr. 1, 2 und 3.
LXIIL
Liegengebliebene Arbeiten.
Wir unternehmen hier eine Zusammenstellung derjenigen
unbenutzt liegengebliebenen Compositionsentwurfe , welche,
meistens aus dem Grunde, weil sie auf einzelnen Blättern
vorkommen, bisher nicht erwähnt werden konnten und die
uns am meisten der Beachtung werth erscheinen und zur Er-
weiterung der Kenntniss von Beethoven's Thätigkeit beitragen
können. Alle vorhandenen nicht zur Ausführung gekommenen
Entwürfe vorzuführen würde tiberflüssig und auch wohl un-
tunlich sein. Bei der zu treffenden Auswahl wird sich unser
Augenmerk zuerst und vorherrschend auf Entwürfe zu Gesang-
compositionen richten. Man wird aus solchen einen Schluss
auf die Bekanntschaft Beethoven's mit unserer Litteratur
machen können.
Ein Blatt enthält den Entwurf
pt E pf^^mzizmE
HS U. S. W.
Ich der mit flal-tern-dem Si?m u. s. w.
zu einem Liede. An einer andern Stelle des Blattes stehen
Entwürfe zu den Variationen für Ciavier und Violine über
das Thema »Se vuol ballare«. Demnach ist jener Entwurf in
das Jahr 1792 zu setzen.
574
Ein anderes Blatt enthält hier
Herder
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Nen - ne nicht das Schicksal grausam,
und hier
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u. s. w.
Nen • ne nicht
Ansätze zur Composition eines Gedichtes aus Herder's »Nacht
und Träume«. Auf demselben Blatte steht die von Beethoven
seinen vierhändigen Variationen in C-dur zu Grunde gelegte
Melodie von Graf Waldstein. Demnach können jene Entwürfe
ungefähr dem Jahre 1793 angehören.
Auf einem der Handschrift nach der Zeit vor 1800 an-
gehörenden Blatte steht eine Melodie
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Der Hold-st - li-gen son • der fVank sing ich fröh-li - chen
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Min -ne-sang, denn die Rei- ne, die ich mei - ne, winkt mir lieb-li-chen
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Ha - be-dank. Ha - be
dank
zu Voss' »Minnelied«. Beethoven schreibt die Melodie nochmals
— E-JL-
*
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U. 8. W.
in anderer Taktart hin, streicht diese Fassung aber durch.
Nebenan ist bemerkt: »Titel — leichte Lieder« Beethoven
dachte also an eine Zusammenstellung solcher Lieder.
575
Ungefähr zur selben Zeit entstanden Entwürfe
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Mei - ne Ruh ist
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U. 8. W.
zur Composition eines Gedichtes aus Goethe's »Faust« und ein
im Entwurf vollständiges Lied mit diesem Anfang.
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-m — u. s. w.
Ich sah sie heut, o Lie - bei
Goethe's »Rastlose Liebe« wurde als durchcomponirtes
Lied entworfen. Der Entwurf füllt drei Seiten, wurde wahr-
scheinlich zwischen 1800 und 1804 geschrieben und fangt so an.
je
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5^5
u. s. w.
Dem Schnee, dem Re - gen, dem Wind ent - ge-gen
Matthisson's »Wunsch« wurde wiederholt und zu verschie-
denen Zeiten zur Composition vorgenommen. Hier stehe ein
Ansatz,
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Noch ein - mal, noch ein - mal möcht ich, eh in die
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der im Jahre 1804 geschrieben wurde, als Beethoven mit der
Oper »Leonore« beschäftigt war.
576
Aus dem Jahre 1808 ist ein Entwurf
Coro.
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Lasst uns fröh-lich
sein u. s. w.
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zu einem kurzen Chor zu verzeichnen.
Ungefähr im Jähre 1820 entstand ein Entwurf
A moll.
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Sah ein Knab ein Bös - lein stehn, Rös- lein auf der Hei - de,
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war so jung und mor-gen-schön,
lief er schnell es an - zu-
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sehn, sah's mit vie - len Freu -den
zu Goethe's »Heidenröslein«. Beethoven nahm das Lied später
nochmals vor.
Unter den der Zeit vor 1800 angehörenden Entwürfen zu
Instrumental -Compositionen findet sich eine hübsche Melodie.
D. C.
Beethoven hat sich in den letzten Takten verschrieben, und
muss der Werth einiger Noten geändert werden.
577
Gegen Anfang: 1823 machte Beethoven einen Ansatz
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u. s. w.
grave introduzione in die (Jantate
zur Composition einer Einleitung: für die Cantate »Der glor-
reiche Augenblick«. Dass er das Vorhaben, eine solche Ein-
leitung zn schreiben, einige Jahre später noch nicht aufgegeben
hatte, geht aus einem Briefe vom 12. Juni 1825 an den Ver-
leger Haslinger hervor, in dem Beethoven schreibt: »Die Par-
titur der Cantate brauche ich einige Tage, da ich eine Art
Ouvertüre dazu schreiben möchte«.
Beethoven ist auf keines der in seine späteren Jahre
fallenden und nicht zur Ausführung gekommenen Vorhaben so
oft zurückgekommen und bei keinem hat er so lange beharrt,
als bei dem, eine Ouvertüre über den Namen Bach zu schrei-
ben. Einzelne Skizzen zu dieser Arbeit sind bereits ander-
wärts mitgetheilt worden und kommt es hier nur auf eine Zu-
sammenstellung der vorhandenen Entwürfe an. Letztere finden
sich an vier Orten vertheilt. Die erste Andeutung zur Com-
position einer Bach-Ouverture ist in einer Bemerkung
auch statt einer neuen Sinfonie eine neue Overture auf
Bach sehr fugirt mit 3 (Posaunen? Subjekten?)
enthalten, welche zwischen Skizzen zur neunten Symphonie
vorkommt und ihrer Umgebung nach in das Jahr 1822 zu
setzen ist*). Ungefähr derselben, vielleicht einer etwas späteren
Zeit gehören einige Entwürfe an, von denen der erste so,
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Vgl. den Artikel XX.
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u. s. w.
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und ein dritter so anfängt.
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u. s. w.
579
Dann kommt Beethoven auf sein Vorhaben zurück in einigen
Ansätzen, von denen einer
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U. 8. W.
sich mit dem Thema, andere
u. s. w
sich mit der Durchführung- des Hauptmotivcs befassen. Diese
Ansätze wurden nach ihrer Umgebung (Skizzen zum Opferlied
Op. 121 b und zu dem Kanon »Schwenke dich«) wahrscheinlich
im Jahre 1823 geschrieben. Der letzte Ansatz*)
Bach
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Maestoso
geschah im Jahre 1825.
Mit Ausnahme der vier Noten, welche der Name »Bach«
bietet und an welche überall angeknüpft wird, sind die in
den Skizzen zur Bach-Ouverture aufgestellten Themen so ver-
schieden, dass bei ihnen nicht, wie bei Skizzen zu andern
Werken, von Umbildungen eines frei concipirten Themas, son-
dern nur von dem Festhalten eines entlehnten Motives die
Rede sein kann. Jenes Motiv sollte den Kern der Composition
*) Bereits augeführt im Artikel I. Vax verweisen ist auch auf Marx'
«Beethoven«. 2. Aufl. II. '291, und auf Schindlers Mittheilung in Hirsch-
bach's » Kepertorium « v. J. 1844 S. 1. Einige der am letzteren Orte
gebrachten Skizzen (in C-moll) gehören jedoch nicht, wie Schindler an-
giebt, zur Bach-Ouverture.
37*
_580_
bilden. Aber nicht die Gtinstigkeit des Motives allein gab die
Anregung zu dem Vorhaben, sondern der Erklärungsgrund ist
hauptsächlich darin zu suchen, dass Beethoven sich zu jener
Zeit viel mit Fugencomposition beschäftigte und dass ihm
J. S. Bach als das höchste Muster in jener Compositionsform
erschien. In der Ouvertüre über den Namen Bach und in
deren ausgesprochenem fugirtem Wesen sollte der Kunst Bach 's
eine Huldigung dargebracht werden.
LXIV.
Ein Brief-Concept
Die Briefe Beethoven's, welche an Verleger gerichtet und
geschäftlicher Art sind, sind in der Regel von fremder Hand
geschrieben und von Beethoven nur unterschrieben. Beethoven
begleitet einmal (in einem Schreiben an den Verleger Schott
vom 20. Mai 1824) einen solchen Brief mit den Worten: »Ich
habe durch einen Geschäftsmann diesen Brief schreiben lassen,
da ich wenig bewandert in dergleichen«. Da nun aber zu
einigen von diesen Briefen sich die von Beethoven's Hand ge-
schriebenen Concepte aufgefunden haben, in denen mit fast
kaufmännischer Vorsicht die bei einer Rechtsabtretung zu be-
rücksichtigenden Punkte (Bestimmung des Honorars, Angabe
der Zeit und Art der Bezahlung u. s. w.) angegeben sind: so
kann man wohl der Meinung werden, es könnten dabei auch
andere Motive mit im Spiele gewesen sein, als die blosse Un-
bewandertheit in geschäftlichen Dingen. Man kann darüber
aber jetzt nicht urtheilen, weil die dazu nöthigen, beweis-
kräftigen Briefschaften noch nicht in genügender Anzahl ge-
sammelt sind. Es mag hier genügen, zur Vervollständigung
des vorhandenen Materials durch Mittheilung eines einschlägigen
Schriftstückes beizutragen. Das Schriftstück ist der von Beet-
hoven aufgesetzte Entwurf zu einem Briefe an den Verleger
Schlesinger in Berlin.*) Wir theilen es mit allen Schreibfehlern
*) Das Original ist im Besitz des Mittheilers.
582
(mit Errechnung der vergessenen Wörter), Aenderungen, Rand-
bemerkungen u. dgl. so genau als möglich mit.. Die Rand-
bemerkungen Beethoven's stehen in der folgenden Wiedergabe
neben den Stellen, zu welchen sie gehören, und verweist jedes-
mal, wie im Original, ein Zeichen (x, f, Vi-de) darauf hin.
Die von Beethoven durchstrichenen Stellen, welche sich theils
im Texte, theils am Rande des Conceptes befinden, haben wir
mit eckigen Klammern [ ] eingefasst. Beethoven schreibt:
Baden am
15ten Juli.
Euer Wohlgebohren !
Mit grossem Vergnügen erhielt ich
ihre allgemeine Berl. Musik. Zeitung,
u. bitte sie mir selber immer theil-
haftig zu machen, durch Zufall ge-
riethen mir einige Blätter davon in
die Hände worin ich den geist-
reichen Hr. Redakteur Hr. Marx
sogleich erkannte, u. wünsche dass er
fortfahre das Höhere und wahre Ge-
biet der Kunst immer mehr aufzu-
decken, welches gewinn für dieselbe
sein wird, u. das blosse Silbenzählen
etwas in abnähme bringen dürfte. — ^
auf ihr Verlangen zeige ich ihnen an, X
dass ich ihnen 2 grosse neue Violin § §* f
Quartetten überlassen könnte, das ^ ^ : £
Honorar für eines wäre 80 tt, [XJ |- «
denn Seit einiger Zeit sucht man von s ^
allen Seiten sehr meine werke u. so ^ ^
ist mir auch schon auf die 4tetten P
S. t . *•
dieses gebothen, ebenso Z. B. auf eine % \
4 händige Klavier Sonate dasselbige, M §
Co
583
Vi- ich glaube aber, dass da Sie diese
Quartetten nach Paris London schicken
können -f* eher noch mehr geben könn-
ten jedoch bin ich damit zufrieden,
nach London schicke ich selbst nichts
mehr, seit mein Freund u. Schüler
Mies nicht mehr da ist, da die corre-
spond. u. das Besorgen zu viel Zeit
wegnimmt, und ein Priester des Apoll
ohnehin mit d. d. verschont sein müste,
leider fordern unterdessen die Um-
stände, dass der blick von oben auch
sich [in die Tiefe verlieren muss, da-
hin , wo die bösen Unterirdischen
Mächte hausen] auf die Erde verlieren
muss. — um ihnen übrigens einen Be-
weiss zu geben, wie ich auf sie rück-
sicht können sie mir einen Wechsel
auf ein gutes Hauss hier auf 3 auch
4 Monathe anweisen, auf Erhaltung
dieses erhalten sogleich die quartetten,
doch erwarte ich jetzt erst ihre ge-
neigte Antwort, worauf ich ihnen dann
schreiben werde, wann sie den Wechsel
schicken sollen, gegen welchen alsdenn
die 4tetten dort sogleich abgegeb. wer-
den, denn es ist nicht Ehrenvoll u.
zu Umständl. erst zu warten bis diese
werke erst in Berl. ankommen, — ich
halte es überall so, sie können sich
drauf verlassen, dass die 4tetten so-
gleich als ich den Wechsel erhalte gegen
selben abgeg. werden — gern werde
ich ihnen auch zuweilen einen Beitrag
einen Kanon oder d. g. zur B. allg.
Z. liefern , wenn man es ivünschen
wird — eilen sie nun mit der ant-
a-
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wort, damit ich gerade diese Metten [XJ J<
welche ich wünschte, dass H. Marx
zuerst zu gesichte bekäme, bei ihnen ^'
in Berlin [heraus] erschienen. §
Euer wohlgebohren ^
mit [aller] Achtung 1
[Ergebenster]
St,
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Beethoven
schicken sie ihren Brief gefälligst
gleich durch die Briefpost, denn lange
kann ich nicht ivarten. Es braucht
gar nichts als an Ludwig van Beet-
hoven in Wien.
Eine Jahreszahl hat Beethoven nicht angegeben. Seinem
Inhalt nach kann das Schreiben nur dem Jahre 1825 ange-
hören. Die zwei Quartette, welche Beethoven anbietet, sind
das in A-moll (Op. 132) und das in B-dur (Op. 130). Beide
wurden im Jahre 1825 componirt; jedoch war zur Zeit, da
Beethoven den Brief aufsetzte, das in B-dur noch nicht fertig.
Die vierhändige Clavier-Sonate taucht auch in der Correspon-
denz mit Diabelli auf. In einem Briefe vom 24. August 1824
an Diabelli macht sich Beethoven anheischig, eine vierhändige
Sonate gegen ein Honorar von 80 Dukaten zu schreiben; in
einem andern Briefe schreibt er sogar von vierhändigen
Sonaten«, welche Diabelli »ganz gewiss« von ihm erhalten
würde. Dass Beethoven im Sinne hatte, solche zu schreiben,
kann nicht bezweifelt werden; man kann aber mit Grund
zweifeln, dass etwas davon fertig wurde. Beethoven erwähnt
ferner die von Marx redigirte Berliner allgemeine musikalische
Zeitung. Die erste Nummer derselben erschien am 7. Januar
1824. Was endlich Ferdinand Ries, den »Freund und Schüler«
IWethoven's betrifft, so kann man bemerken, dass derselbe
London nach zwölfjährigem Aufenthalte im Sommer 1824 ver-
und nach Godesberg bei Bonn zog.
Was mit dem mitgetheilten Entwurf geschehen sollte er-
fahren wir aus einigen Briefen Beethoven's an seinen Neffen,
585
in welchen auf jenen Entwurf Bezug genommen wird. In
einem Briefe (ohne Datum) heisst es u. a.: »Lieber Sohn! Du
siehst aus den Beilagen alles — schreibe diesen Brief an
Schlesinger .... Fasse manches besser, ich glaube, dass man
auf 80 4± wohl rechnen könnte. — Wenn es nöthig?! warte
mit dem Brief an Galitzin, jedoch den an Schlesinger besorge
Samstags«. In einem andern Briefe (geschrieben in »Baden
am löten Juli« also an demselben Tage, wie der vorliegende)
heisst es u. a.: »Lieber Sohn! In dem Briefe an Schlesinger
ist noch nachzufragen, ob Fürst Radziwil in Berlin ist. —
Wegen den 80 # kannst du auch schreiben, dass selbe nur
in C. Gulden, der q$ zu 4 fl. 30 kr. brauchen gezahlt zu wer-
den, jedoch überlasse ich dir das selbst, denn zu viel ist es
nicht für den, da er England und Frankreich mit hat. —
Wegen dem Wechsel von 4 Monathen musst du dich auch
recht ausdrücken« u. s. w. Der Neffe sollte also den Brief
ins Reine schreiben und die Reinschrift befördern. Ob es ge-
schehen, wissen wir nicht. Es ist aber nicht zu bezweifeln,
da Schlesinger bald darauf (nach Schindler im August 1825,
vgl. dessen »Biographie« II, S. 113 u. 118) eiüs der ange-
botenen Werke, das Quartett in A-moll, übernahm.
LXV.
Die Clavierstimme zu Op. 61.
Die autographe Partitur des Violin-Concerts Op. 61 ent-
hält auf dem untersten, leer gebliebenen System manche An-
deutungen von Beethoven's Hand, welche sich auf die Bearbei-
tung der concertanten Violinstimme dieses Werkes zu einer
Ciavierstimme beziehen. Sie kommen nur bei den zwei ersten
Sätzen, und auch hier nicht überall, vor; ferner geben sie
selten die ganze Ciavierstimme, sondern meist nur die Partie
der linken Hand. Ungeachtet dieser Unvollständigkeit und
Lückenhaftigkeit sind sie dennoch geeignet, auf die Betheili-
gung Beethoven's an jener Bearbeitung ein Licht zu werfen.
Beim ersten Anblick kann es scheinen, Beethoven habe
die Andeutungen für sich selbst gemacht, um sie später bei
einem von ihm selbst unternommenen Arrangement zu benutzen.
Bei näherer Betrachtung wird man jedoch von dieser Ansicht
zu einer andern gedrängt, welche sich dahin ausspricht, Beet-
hoven habe jene Andeutungen nicht für sich selbst, sondern
für einen Abschreiber gemacht, der dann aus ihnen und der
dazu gehörenden concertanten Violinstimme die Ciavierstimme
zusammenzusetzen hatte. Wer dieser Mitarbeiter Beethoven's
war, wird wohl schwer zu ermitteln sein. Es ist aber nur
zu wahrscheinlich, dass derselbe auch nach einer gewissen
mündlichen Anweisung verfahren musste und dass Beethoven
später seine Arbeit durchsah, änderte und hinzufügte.
Hier ist nun, in Betreff der für die rechte Hand hinzu-
zusetzenden Solostimme, auf eine eigentümliche Erscheinung
aufmerksam zu machen, welche in dem Bericht über das
587
Violin-Concert in originaler Gestalt näher zur Sprache kommt.
Die autographe Partitur enthält innerhalb ihres Partitur-
Systems eine Lesart der concertanten Violinstimme, welche
man wohl als die ursprüngliche bezeichnen muss, und unter-
halb des Partitur-Systems auf leer gebliebenen Notenzeilen viele
Varianten zu einzelnen Takten und grösseren oder kleineren
Gruppen der erwähnten Solostimme. Veranlasst wurden diese
Varianten offenbar durch die Schwierigkeit, welche die ur-
sprüngliche Lesart dem ausführenden Violinspieler bot; und
man kann wohl sagen, dass wenn auch manche Stellen durch
solche Veränderung an Ausführbarkeit gewannen, sie doch an
musikalischer Bedeutung einbüssten. Dies geht hervor aus
einer Vergleichung der gedruckten und endgiltigen mit der
ursprünglich geschriebenen Lesart der Violinstimme. Nun ist
aber klar, dass alle Bedenken wegen der technischen Unaus-
führbarkeit oder Schwierigkeit der Violinstimme bei einer
Uebertragung auf das Ciavier wegfallen mussten und hier die
ursprüngliche Lesart, soweit sie mit dem Charakter des Claviers
zu vereinen war, wieder in ihr Recht treten konnte. Ein Blick
auf die gedruckte Ciavierstimme, namentlich im ersten und
letzten Satz, wird es zur Genüge zeigen, dass hier häufig die
ursprüngliche, in der gedruckten Violinstimme verlassene Les-
art beibehalten ist. Ist es doch auch denkbar, dass lediglich
der Wunsch und die Absicht, soviel als möglich die ursprüng-
liche Lesart zu retten und zu erhalten, die Clavier-Bearbeitung
veranlasste.
Hier ist nun die Frage aufzuwerfen, ob in der Ciavier-
stimme, wie sie gedruckt ist, die ursprüngliche Lesart so viel
als möglich mit Rücksicht auf den Charakter des Claviers bei-
behalten ist, und ob nicht Verwechslungen mit Varianten u. 8. w.
vorgefallen sein können. Die innerhalb des Partitur-Systems
des Autographs stehende Violinstimme, welche wir im Allge-
meinen als die ursprüngliche bezeichnen, zeigt hier und da
manche Aenderungen, welche Beethoven mit einzelnen Noten
und Figuren oder mit längeren Stellen vorgenommen hat. Sie
sind zum grössten Theil der Art, dass man sie als Verbesse-
rungen ansehen muss, und dann hat Beethoven in der Regel
588
das, was früher da stand, so durchstrichen oder so unkennt-
lich gemacht, dass über die Ungiltigkeit desselben kein Zweifel
sein kann. Derartige Verbesserungen kommen namentlich im
letzten Satz vor, welcher sichtlich flüchtiger und schneller als
die beiden ersten Sätze niedergeschrieben wurde. Hier und
überhaupt in solchen Fällen muss nicht das, was zuerst, son-
dern das, was darauf zunächst geschrieben war, als giltige
Lesart verstanden werden. Abgesehen von solchen Verände-
rungen finden sich, namentlich im ersten Satz, auch einige
oder mehrere Stellen, welche Beethoven leicht durchstrichen
hat, so dass sie sehr gut zu lesen sind, welche aber den
Varianten gegenüber als zur ursprünglichen Lesart gehörend
betrachtet werden müssen. Ein bestimmter Grund, warum
Beethoven solche Stellen durchstrichen, und fast alle andern,
auch wenn sie Varianten haben, nicht durchstrichen hat, ist
nicht anzugeben. Am besten mag solche Unregelmässigkeit in
der Bezeichnung aus dem Entstehen der Varianten zu erklären
sein; denn diese entstanden, wie sich aus der Handschrift er-
giebt, zu ganz verschiedenen Zeiten, zum Theil sogar, worauf
wir noch zurückkommen werden, später als die Andeutungen
für die Ciavierbearbeitung; jene durchstrichene Stellen aber
mögen die ersten gewesen sein, welche aus technischen Grün-
den Varianten erhielten und bedurften.
Nach diesen Auseinandersetzungen sind wir so weit ge-
kommen, um behaupten zu können, dass in der Ciavierstimme,
wie sie gedruckt ist, Verwechslungen der ursprünglichen Les-
art mit Varianten vorgefallen sein müssen. Dies möge an der
ersten betreffenden Stelle, welche vorkommt, gezeigt werden.
Der 12. Takt im 1. Solo des 1. Satzes heisst in der gedruckten
Ciavierstimme
589
Jede dieser Stimmen, für sich betrachtet, ist authentisch, denn
jede findet sich von Beethoven's Hand geschrieben vor. Die
Stimme der rechten Hand ist eine Variante der Violinstimme
und was die linke Hand hat, ist dafür besonders angedeutet.
Wie beide Stimmen aber zusammenpassen und wie die ganze
Stelle in Zusammenhang und als Folge der in den drei vor-
hergehenden Takten in beiden Händen gleichmässig fortschrei-
tenden Terzengänge erscheint, darüber werden wohl schwer-
lich die Ansichten weit auseinander gehen. Die ursprüngliche
Lesart der Violinstimme ist
Diese Stelle ist durchstrichen, aber dennoch leicht zu lesen,
und führt ein »Vi-de« auf die erwähnte Variante. Statt der
zweitvorletzten Note hatte Beethoven anfangs, eine Quart
höher, a geschrieben; das e ist eine unwesentliche Aenderung.
Auf den damab'gen Ciavieren, welche nur bis ins viergestrichene
c gingen, konnte die Stelle nicht gespielt werden. Dieser
Umstand machte eine Aenderung nöthig und hat auch Beet-
hoven in seiner Andeutung für die linke Hand darauf Rück-
sicht genommen. Es ist aber darauf aufmerksam zu machen,
dass in dieser der in den vorhergehenden Takten begonnene
oder angedeutete Terzengang fortgesetzt wird und dass ebenso
eine früher und zuerst geschriebene, aber später gestrichene
Andeutung für die linke Hand, welche so hiess
f-f-f- *
— —
nur als eine Fortsetzung jenes Terzenganges erscheinen kann.
Es kann nun wohl kein Zweifel sein, dass Beethoven, als er
diese Andeutungen schrieb, auch für die rechte Hand, analog
590
der ursprünglichen Lesart der Violinstimme und mit Rücksicht
auf den Umfang des Claviers; ein gleichmässiges Fortgehen in
gebrochenen Terzen im Auge hatte. Der die vorliegende
Stelle betreffende Fall wird dann zu lösen sein in folgender
Weise :
-o»-<c=-to>-
Druck von C. G. Röder in Leipzig.
/
/
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PLEASE DO NOT REMOVE
CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET
UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY
ML
•
Nottebohm, Gustav
410
Zweite Beethoveniana
B4N88
1887
Music